Letzten Freitag hat Audi in München den neuen R18 vorgestellt. Die Erwartungen waren groß, und als der Vorhang gelüftet wurde, staunte man nicht schlecht.
Vor über 1,5 Jahren begann die Entwicklung des 2016er Autos für die WEC. Die grundsätzlichen Punkte waren dabei klar: Erhöhung der zur Verfügung stehenden elektrischen Energie, Schaffung des dafür notwendigen Gewichtspotenzials, Überarbeitung der Fahrwerkskinematik samt besserer Reifennutzung und eine verbesserte Aerodynamik, gerade im Frontbereich. Der Verbrennungsmotor sollte beibehalten werden, während von Anfang an feststand, dass das Schwungrad einem Batteriesystem würde weichen müssen. Die Gründe dafür sind vielfältig: In den Jahren 2012 bis 2014 hatte Audi zum einen regelmäßig mit einem Ausfall des Schwungrades zu kämpfen. Es gab praktisch kein 24-Stunden-Rennen bislang, in dem nicht mindestens ein Schwungrad ausgefallen ist. Im Gegenteil: Gerade 2012 und 2013 ist es de facto immer ausgefallen. Dies liegt an der bekannten Problematik, wie man über 24 Stunden das Hochvakuum trotz der zahlreichen Schläge und Stöße aufrechterhalten kann. Diese Kräfte wirken auf das Gehäuse, welches dadurch Micro-Risse aufweist. Diese werden größer und größer, bis das Hochvakuum nicht mehr durch die Vakuumpumpe aufrechterhalten werden kann. Ein zweiter wichtiger Punkt war aber auch die Energiemenge sowie deren Aufnahme sowie Abgabe. Bis 2014 konnte man maximal 0,5 MJ aufnehmen. Das bedeutet eine Boost-Dauer von 2,5 Sekunden bei 200 kW Leistung. Nicht gerade viel, zumal man gerade in Le Mans auf der Bremse mehr rekuperieren kann. Ein weiterer Nachteil besteht durch die geringe Größe, dass man nicht über mehrere Kurven Energie rekuperieren und dann an signifikanten Stellen mehr Energie zum Boosten verwenden kann. Ein bedeutender Nachteil gegenüber Porsche, welche dadurch gerade im Verkehr bessere Zeiten erzielen konnten, da die Boliden aus Weissach die Energie flexibler zum Überrunden einsetzen konnten, wenn man auf eine Gruppe auflief, obwohl vorher kaum harte Bremszonen da waren. Ein Schritt in Richtung Batteriepaket war daher logisch, da Superkondensatoren zwar eine hohe Leistungsdichte aufweisen, aber die Energiedichte zu gering ist. Mit ähnlichen Problemen hatte Toyota 2014 und vor allem 2015 immer wieder zu kämpfen. Mit einher geht natürlich auch eine Steigerung der elektrischen Leistungsfähigkeit des KERS an der Frontachse. Diese wird man von circa 200 kW auf mindestens 300 kW gesteigert haben. Die große Frage war allerdings im Vorfeld: Geht man auf 6 MJ oder wagt man tatsächlich den Schritt in die 8 MJ-Subklasse? Unterm Strich hat man sich zu ersterem entschieden, was anfangs etwas verwunderlich wirken mag, sieht man doch die Performance-Gewinne, welche Porsche mit dem Aufstieg in die 8 MJ-Klasse geschafft hat. Ein genauer Blick auf die tatsächliche Energiemenge, welche dann auf der Straße ankommt (basierend auf den Zielwerten in Sachen Energieeffizienz aus der letzten EoT für 2015), zeigt einen Unterschied im Reglement zwischen Benziner und Diesel:
Diese Gesamtenergiemenge, welche unter Berücksichtigung der thermischen Effizienz des Diesels in der 8 MJ-Klasse auf die Strecke gebracht wird, ist laut bisheriger EoT geringer als in der 6 MJ-Klasse. Folgerichtig ist auch die Leistung des Verbrenners geringer als sie in der 6 MJ-Klasse wäre:
Weniger Motorleistung bedeutet auch weniger Topspeed. Gerade dies ist in Le Mans ein nicht zu unterschätzender Faktor, zumal für 2016 eine Überarbeitung der EoT mit 10 MJ weniger Kraftstoffenergie sowie entsprechend verringerter Motorleistung durch einen verringerten Durchfluss ansteht.
Der Vorteil bei einem Move in die 8 MJ-Klasse wäre nur dahingehend vorhanden, dass man ein Drittel mehr Energie zum Boosten zur Verfügung hätte. Möchte man diese möglichst effizient nutzen, müsste man im Vergleich zum 6 MJ-Auto aber zum einen das Gewicht des Batteriepakets ebenfalls um ein Drittel erhöhen. Der limitierende Faktor ist hier nicht die Energiedichte (MJ/kg), sondern die Leistungsdichte (kW/kg). Von der reinen Energiemenge wäre zum Beispiel der Porsche in der Lage, ein vielfaches der erlaubten 8 MJ zu speichern. Neben diesem zusätzlichen Gewicht kommt aber noch ein weiterer Faktor hinzu. Man müsste die Leistung des KERS entsprechend anheben und stößt damit an eine weitere Grenze des Reglements: Für 2016 hat man für Grade 2-Tracks (also nur in Le Mans) ein Limit von 300 kW eingeführt. Sprich: Der eigentliche Nutzen der 8 MJ-Klasse wird durch das Reglement verringert, da ja der RP6 genau für Le Mans entwickelt wurde. All dies sind Argumente, die gerade beim Diesel und in Hinblick auf Le Mans für die 6 MJ-Klasse sprechen, während bei den Benzinern die 8 MJ-Klasse zu bevorzugen ist.
Die andere Komponente des Antriebstranges bleibt gleich: Als Verbrenner kommt nach wie vor der 4.0l V6 TDI zum Einsatz.
Kommen wir nun zu den Änderungen, die auf den ersten Blick auffallen: die Form des Monocoque und die Aerodynamik. Das Monocoque wurde im Vergleich zu 2014 und 2015 zum einen rechteckiger gestaltet. Die Radien, gerade in Richtung Y (also zur Seite) sind kleiner geworden. Zum anderen fällt die deutlich schmalere Front auf. Zum einen hat man nun vorne deutlich schmalere Crash-Strukturen. Dabei fällt auch der vordere Bereich des Moncoques mitsamt des Fußbereichs schmaler aus. Infolgedessen musste auch die Sitzposition etwas nach hinten rücken. Ein Umstand, der aber kaum Probleme machen dürfte, denn bislang war der Audi das Auto, welches den Fahrer am weitesten vorne positioniert hatte, während zum Beispiel im Toyota der Fahrer über 100 Millimeter weiter hinten platziert war. Dadurch wandert auch die Position des Motors leicht nach hinten, was der Gewichtsverteilung etwas zugutekommt, denn vorne hat man nun aufgrund des Batteriepakets und der größeren E-Traktionsmaschine mehr Gewicht. Um dem verringerten Platz zwischen Motor und Getriebe sowie dem höheren Gewicht des Batteriepakets Rechnung zu tragen wurde ein neues Getriebe mit 6 anstelle von 7 Gängen entwickelt.Durch die deutlich schmaleren vorderen und höheren Crash-Elemente hat man vorne mehr Platz für die Aerodynamik geschaffen. Man will hier mehr Luft durch das Auto führen und hat dadurch Platz für weitere Elemente geschaffen. Bislang hatte man vorne eine Kombination aus Frontflügel mitsamt Flap gefahren, welche dann nach oben durch tieferliegende Flächen abgedeckt wurde. Nun hat man über dem Frontflügel ein weiteres Element hinzufügen können, welches zwar eine konstante Dicke aufweisen muss, aber hier auch für Abtrieb sorgt. Dies wird nicht weit darüber durch ein weiteres, ähnliches Element abgedeckt. Grundsätzlich hat die gesamte Konstruktion deutlich mehr Ähnlichkeiten mit einem Frontflügel, wie wir ihn aus der F1 kennen, als bislang und dient wieder mehr der Durch- und vor allem der Unterströmung dieser Elemente, denn gerade die Luft unter diesen Elementen ist deutlich sensibler als der Luftstrom, welcher über einen Flügel, eine aerodyanmische Fläche oder einen Flap strömt. Im Gegenzug dazu hat man ganz unten beim Frontflügel nun die Geometrie verändert und der gesamte Flügel fällt nun deutlich weniger geschwungen aus, als dies noch beim 2014er und 2015er Auto der Fall war. Dafür hat man hier oben auf den Radhäusern wieder die seitlichen Luftleitflächen hinzugefügt, welche die Luft über die vorgeschriebenen Öffnungen leiten sollen.
Generell wird es interessant zu sehen sein, wie sich die Aero bewährt, denn 2015 litt man bei den WEC-Rennen vom Nürburgring und Austin darunter, dass man an der Vorderachse zu wenig Abtrieb generierte und daher die Reifen nicht zum Arbeiten bekommen hat.
Von der Seite fällt auf, dass die Radhausverkleidungen deutlich rechteckiger sind und mehr dem Porsche in seiner Le Mans-Spezifikation ähneln. Grundsätzlich dient diese Geometrie dazu, zum einen möglich wenig Luftwiderstand zu erzeugen, zum anderen aber auch die Umströmung nach innen Richtung Frontflügel zu maximieren und gerade die Überströmung, welche auch leichten Auftrieb erzeugt, zu minimieren. Auch sind die Öffnungen für die Radhäuser nicht zu sehen, was darauf schließen lässt, dass sich hier noch einiges tun wird. Generell scheint man aber wohl der bislang verfolgten Richtung mit der möglichst niedrigen Motorabdeckung und dem hinten auslaufenden Auspuff treu zu bleiben. Von der Seite betrachtet fallen die Änderungen im hinteren Bereich relativ überschaubar aus. Allerdings muss man hier zwei Dinge beachten: Offizielle Fotos gibt es von diesem Bereich kaum und das Auto wurde gerade hier sehr schnell wieder abgedeckt. Zudem fehlen hier die Einlässe für die Bremsenkühlung und auch die vordere Entlüftung der Radhäuser ist beim 2015er Auto wesentlich ausgeklügelter, als auf den Bildern dargestellt. Auch werden die Endplatten kaum so bleiben, denn normalerweise geht mit dieser Schräge eine Zunahme des Luftwiderstandes einher. Ferner ermöglicht diese Geometrie nicht, ein DRS, wie man es 2015 in Le Mans mit den nach vorne verlängerten zweiteiligen Endplatten hatte, zu integrieren. Von daher erwarte ich für das erste Rennen noch einige Veränderungen und wie die Aero dann für Le Mans aussehen wird, darüber darf auch schon spekuliert werden.Kurz nach der Vorstellung wurde das Auto auch wieder verhüllt und gerade vom hinteren Bereich gibt es kaum Bilder. Danach wurde noch bekannt gegeben, dass Audi 2016 in der WEC und in Le Mans mit den bekannten Fahrern in der #7 und der #8 an den Start gehen wird. Ein drittes Auto gibt es diesmal für Le Mans nicht. Darauf haben sich Audi und Porsche geeinigt, denn im Zuge des VW-Abgasskandals will man ein Zeichen setzen, dass man bereit ist, Kosten zu senken, obwohl die Budgets für 2016 bislang unverändert bleiben.