Phoenix aus der Asche oder nur ein Strohfeuer? Die Umstrukturierungen bei Ferrari scheinen das Team wieder in Fahrt gebracht zu haben. Hauptverantwortliche: Maurizio Arrivabene und Sebastian Vettel.
Drei Siege, dreimal P2 und P2 in der Konstrukteurs-WM. 2015 lief es deutlich besser für Ferrari als noch in der Vorsaison. Was ein wenig überraschend war, wenn man sich die Ergebnisse aus dem Vorjahr anschaut. Die besseren Ergebnisse haben drei Gründe.
Erstens: Der Motor
Ferrari hatte sich im 2014 verkalkuliert. Man war davon ausgegangen, dass man im ersten Jahr den Titel eher mit Beständigkeit und nicht über den reinen Speed gewinnen würde. Dann kam Mercedes und lieferte beides ab. Die Zuverlässigkeit des Ferrari war vorhanden, über den Winter sorgte man dafür, dass der Motor auch mehr Leistung ablieferte. Man verbesserte die reine Motorleistung, schraubte aber auch die Leistung des Hybrid-Systems hoch. Shell lieferte zudem neue Motoröle und mischte den Sprit passender. Heraus kam ein Motor, der dem Mercedes in wenig nachstand. In Sachen Leistung war man fast auf Augenhöhe, der Spritverbrauch sah sogar besser aus als der des Mercedes.
Zweitens: Das Chassis
Ferrari hat über den letzten Winter das Chassis komplett neukonstruiert. Was nötig war, um den umgebauten Motor einpassen zu können. Als einziges Team behielt man über die gesamte Saison die lange Nase bei, was daran lag, dass Ferrari aufgrund der Konstruktion der Vorderachse keine sinnvolle Veränderung vornehmen konnte. Der etwas längere Radstand war dann auch ein Resultat der Überlegungen des Winters. Auffallend war, dass der Ferrari in Sachen Reifenverschleiß so zu den besten Chassis im Feld gehörte. Vettel gewann mit den Supersoft in Malaysia und Singapur. In Ungarn gewann er bei großer Hitze mit den Soft. Bei diesen Rennen zeigte das Chassis, was es konnte, aber gleichzeitig hatte es Schwächen auf den mittelschnellen Tielke-Strecken.
Drittens: Sebastian Vettel
Die größte Verstärkung des Teams heißt Sebastian Vettel. Wirkte er 2014 bei Red Bull noch gehemmt und relativ lustlos, änderte sich seine Laune bei Ferrari komplett. Einen so gelösten, entspannten und vor allem witzigen Vettel hatte man bisher in der Formel Eins nicht gesehen. Nach dem Sieg in Malaysia konnte man förmlich sehen, wie der Ballast von ihm abfiel. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass er das Team weiter antrieb und schnell zu einer zentralen Figur bei Ferrari wurde. Das Team liebt ihn, die Ferrari-Fans mittlerweile auch. Schuld daran waren Auftritte wie diese:
Natürlich muss man auch Maurizio Arrivabene erwähnen, der dem Team eine neue Richtung gegeben hat und der im Paddock eine echte Bereicherung zwischen all den Technokraten darstellt. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Basis für den Erfolg von Ferrari noch von Luca di Montezemolo gelegt wurde. Er holte Vettel zu Ferrari, er strukturierte die Abteilungen so um, dass sie erfolgreicher arbeiten konnten. Arrivabene hat aber ohne Zweifel dafür gesorgt, dass das gesamte Team einen neuen Schub bekam.
Aber ist Ferrari denn nun in der Saison an die Mercedes herangekommen? Die von uns ausgewerteten Daten sagen: eher nein. Der Abstand in Australien war etwas größer als zuletzt in Abu Dhabi, aber hier hatte Ferrari auch wieder einen leichten Vorteil bei den Supersoft. Wenn Rennen mit der meist üblichen Kombination Medium/Soft gefahren wurden, lagen die Mercedes deutlich vorn. Vielleicht hat Ferrari zwei Zehntel aufgeholt, mehr war es aber nicht. Im Vergleich zum letzten Jahr hat man rund 0,7 Sekunden auf die Mercedes gewonnen, aber der Abstand war in diesem Jahr meist weiter so groß, dass sich Mercedes wenig Sorgen machen musste. Da Ferrari sich aber in einigen Punkten noch verbessern kann, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Lücke im nächsten Jahr bei den stabilen Regeln etwas kleiner wird.
Bleibt das Jahr von Kimi Räikkönen. Dass der Finne in der Quali gegen Vettel wenig Chancen haben würde, war klar. Er verlor das Quali-Duell mit 15:4. Deutlicher kann es kaum sein. Im Rennen sah die Sache, was die Rundenzeiten angeht, aber anders aus. Dazu kam, dass der Finne gleich fünf Mal ausfiel, bei Vettel gab es nur einen (selbstverschuldeten) Ausfall. Der Abstand von knapp 130 Punkten auf Vettel ist aber dennoch zu groß. Selbst wenn Räikkönen in den Rennen, in denen er nicht ins Ziel kam, 12 bis 15 Punkte gesammelt hätte, wäre der Abstand immer noch recht groß. Das Ferrari dem Finnen noch ein weiteres Jahr gibt, hat andere Gründe. Der Finne liefert fleißig Punkte, an guten Tagen liegt er mit Vettel auf Augenhöhe. Auf dem Fahrermarkt gab es keine richtigen Optionen. Perez kommt nicht in Frage, ebenso wenig Hülkenberg. Grosjean wäre eine Möglichkeit gewesen, aber auch ein Risiko. Räikkönen ist die sichere Variante – jedenfalls für 2016. Für die Saison 2017 wird man sich etwas anderes überlegen, aber da kommt der Fahrermarkt eh in Bewegung.
Bilder: Ferrari