Der Formula E-Tross bewegt sich nach dem tollen Lauf in Buenos Aires Anfang Februar von Süd- nach Mittelamerika, um das erste „neue“ Rennen der zweiten Saison zu bestreiten: der Mexico City ePrix, auf dem der fünfte von elf WM-Läufen ausgetragen wird, ist neu im Kalender. Als Austragungsort hat man sich das wohlbekannte Autodromo Hermanos Rodriguez ausgesucht. Es ist das erste Gastspiel der Formula E auf einer permanenten Rennstrecke – von Testfahrten in Donington abgesehen. Doch von der Grundidee der Macher, die Formula E in die Herzen der Städte zu bringen, weicht man damit nur ein wenig ab: Das Autodromo liegt zwar etwa 5 km entfernt vom zentralen Plaza de la Constitución, aber dennoch mitten im Siedlungsgebiet des 20 Millionen-Ballungsraums der mexikanischen Hauptstadt.
Gefahren wird allerdings nicht auf dem „großen“ Kurs, der im Vorjahr nach großem Umbau sein Formel 1-Comeback feierte, sondern auf einer abgewandelten Variante des Oval-Kurses, der seit vielen Jahren von der mexikanischen NASCAR-Serie genutzt wird. Doch das „Foro Sol“, das Baseball-Stadion im Infield der Strecke, in dem beim Grand Prix so viel Stimmung herrschte, wurde selbstverständlich auch für den ePrix einbezogen. Um es richtig kompliziert zu machen, wird aber nicht in die typische Oval-Richtung (also linksherum) gefahren, sondern die Boliden starten in die gleiche Richtung wie die Formel 1.
Durch drei Schikanen und den Haken durch das Stadion wird das Oval unterbrochen; alle drei Schikanen scheinen unterschiedlich ausgestaltet zu sein. Für Turn ½ muss man anscheinend in einem Rechtsknick abbremsen, was die Piloten fordern dürfte. Nach der langen Kurve 3 durch den Wald muss man wiederum noch am Kurvenausgang hart abbremsen für einen etwas größeren Rechts-Links-Haken. Nach einer kurzen Geraden geht es rechts ab ins Stadion, die Einfahrt (Kurve 7) und das nach einer weiteren kurzen Geraden folgenden Tripel aus enger werdenden Linkskurven scheinen ebenfalls Potenzial für eine herausfordernde Streckenpassage zu haben. Mit drei Rechtskurven geht es wieder aus dem Stadion heraus und zurück in den zweiten Bogen des Ovals, der von einer weiteren, eng scheinenden Rechts-links-rechts-Schikane mittig unterbrochen wird.
Auf den ersten Blick schien die Strecke wenig herzumachen – doch wenn die Schikanen geschickt ausgeführt sind, dürfte in allen drei Fällen das Anbremsen in den Kurven bei den schweren Formula E-Boliden für Rutscher und Verbremser sorgen und somit (hoffentlich) Überholmanöver ermöglichen. Und auch die Dreifach-Links im Stadion dürfte mit diesen Autos eine spannende Aufgabe für die Fahrer bieten, vor hoffentlich gut gefüllten Tribünen und damit stimmungsvoller Kulisse.
Die Fahrer, die die Herausforderungen der Formula E bislang am besten gemeistert haben, sind Sebastien Buemi und Lucas di Grassi (zwischen denen es mit 80 vs. 76 Punkten knapp zugeht) sowie Sam Bird, der mit 52 Zählern etwas zurückliegt. Buemi hat mit dem e.dams-Renault das Auto mit dem wohl besten Antriebsstrang zur Verfügung, di Grassi ist mit dem ABT Schaeffler-Monoposto ebenfalls sehr gut ausgestattet. DS Virgin (mit Bird) und Dragon Racing (mit Venturi-Antriebsstrang und Loic Duval sowie Jerome d’Ambrosio) bilden die zweite Garde. Dragon Racing konnte mit Panasonic einen neuen großen Sponsor gewinnen.
e.dams-Renault hatte in dieser Saison nur einmal Probleme: in Putrajaya, wo es sehr heiß war. Für Samstag sind in Mexico City 25°C vorhergesagt – das dürfte die Technik des französischen Antriebsstranges gut überstehen. Sebastien Buemi geht also wieder einmal als Favorit in Quali und Rennen – es scheint so, als könne er sich nur selbst schlagen, wie in Buenos Aires, als er sich in der Qualifikation drehte und von hinten starten musste. Patzt Buemi, sind andere schnell da, weil das Formula E-Feld im Großen und Ganzen recht eng beisammen ist.
Mit Salvador Duran, der in Buenos Aires das Cockpit von Nathanael Berthon übernahm, ist ein Mexikaner am Start, der für Stimmung bei seinen Landsmännern und -frauen sorgen könnte. Ein Top-Ergebnis ist von ihm jedoch nicht zu erwarten, dafür waren seine Ergebnisse in dieser und der vergangenen Saison zu schwach. Duran und sein Teamkollege Antonio Felix da Costa werden für das Aguri-Team von nun an in der Lackierung seines neuen Hauptsponsors Gulf an den Start gehen.
Das Rennen startet am Samstag um 23 Uhr mitteleuropäischer Zeit und geht über 43 Runden, da die Strecke nur knapp 2,1 km lang ist. Die Kürze der Strecke dürfte taktische Variationen erleichtern, was den Zeitpunkt der Boxenstopps angeht, da ein Pilot, der sparsam mit seiner Energie umgeht, so die eine oder andere Runde später die Box zum Fahrzeugwechsel ansteuern kann. Mit dem zweiten Fahrzeug kann er dann mehr Energie auf kürzerer Distanz einsetzen. Nelson Piquet jr. ist stets ein Kandidat hierfür. Dies könnte dem Rennen, das Eurosport ab 22:45 live überträgt, zusätzliche Spannung verleihen.
News
Neuigkeiten gibt es zum Berlin ePrix. Der soll weiterhin am 21. Mai als achter Saisonlauf stattfinden. Da allerdings der Flughafen Tempelhof bekanntlich für die Unterbringung von Flüchtlingen in Anspruch genommen wird, muss die Formula E weichen. Es wurde allerdings ein interessanter Ausweichstandort gefunden: die Karl-Marx-Allee, die geschichtsträchtige Prachtstraße der DDR nahe des Ostberliner Zentrums um den Alexanderplatz. Es ist ein Rennen „rund um den Strausberger Platz“ und – wie beim Mexico City ePrix – scheint die Strecke bei genauerem Hinsehen mehr zu bieten als auf den ersten Blick. Eine ausführliche Vorschau auf das Rennen gibt es im Mai.
Weniger erfreuliche Nachrichten gibt es leider in Bezug auf den Fahrplan für die technische Entwicklung der Formula E. Nach der letzten Sitzung des World Motorsport Council wurden zwei Ausschreibungen veröffentlicht: eine für Entwicklung und Bau einheitlicher Batterien für alle Fahrzeuge ab Saison 5, eine für Entwicklung und Bau eines Einheitschassis, ebenfalls ab der fünften Saison. Damit ist das Thema „Freigabe der Batterie-Entwicklung“ zunächst auf Jahre vom Tisch; ursprüngliche hätte diese Entwicklungsoption bereits in den nächsten Jahren freigegeben werden sollen, doch es wird ein teures Wettrüsten befürchtet, da die Entwicklung fortschrittlicher Akkus bekanntlich eine der größten Schwierigkeiten der Elektromobilität darstellt. Der Schritt ist nicht erfreulich, aber bei pragmatischer Sichtweise durchaus nachvollziehbar. Schon zur nächsten WMSC-Sitzung sollen die Bewerber dem Gremium zur Auswahl vorgestellt werden.
(Bilder: Formula E Media)