In „Florida’s Sunshine City“ ging es in den vier PWC-Rennen hoch her. Langsam festigen sich ehemalige Geheimfavoriten und Perspektivfahrer als echte Meisterschaftsanwärter und Kräfteverhältnisse zeichnen sich ab.
Renntag 1:
Der Freitag in den Straßen von Saint Petersburg sollte mit einer kleinen Überraschung beginnen, denn der von Porsche geförderte Michael Lewis im #41 EFFORT Racing Porsche 911 GT3R holte die Pole für das leidgeplagte Team aus dem texanischen Angleton. Gleichzeitig befand sich das nun größtenteils reparierte Schwesterauto auf dem Weg an die Strecke. In den Hallen von Alex Job Racing im zwei Stunden entfernten Tavares kämpfte der Großteil des Teams erfolgreich um den Renneinsatz bis in den Morgen des Tages. Jedoch standen noch kleinere Feinarbeiten im Fahrerlagerzelt an, damit man im Samstagsrennen von hinten starten konnte. Doch zurück zur Qualifikation, wo es sehr knapp an der Spitze zuging. Die Polezeit für das Rennen eins betrug 1:13.017min und im Hundertstelbereich folgten dahinter Álvaro Parente im #9 K-PAX Racing McLaren 650S GT3 und Johnny O’Connell im #3 Cadillac ATS-V.R. GT3. Ein vielversprechendes und enges Ergebnis für den Samstag.
We can't thank #alexjobracing and @PorscheRaces enough for helping us get her here pic.twitter.com/bLvrMhSB29
— EFFORT Racing (@EFFORTRacing) March 11, 2016
Noch am selben Tag trug die GTS-Klasse ihr erstes Rennen aus. Das 14 Boliden starke Feld bot ein spannendes und abwechslungsreiches 50-minütiges Rennen. Von Startplatz eins aus startete Jack Roush Jr. in seinem #60 Roush Performance Road Racing Ford Boss 302 und war auf beeindruckende Art und Weise in der Lage, einen Start-Ziel-Sieg einzufahren. Dies war erstaunlicherweise der erste Sieg für den Routinier in der World Challenge und nach dem katastrophalen Saisonauftakt redlich verdient. Während Platz eins nie in Gefahr war, sollte dahinter ein sehenswerter Kampf um die Podiumsplätze das Renngeschehen bestimmen. Der als Tabellenführer angereiste Lawson Aschenbach startete in seinem #10 Chevrolet Camaro Z28 von Platz zwei, ließ sich aber im Verlauf des Rennens von der Konkurrenz aufreiben. Brett Sandberg im #13 KTM X-Bow GT4 hing lange Zeit im Heck des pechschwarzen Muscle Cars und wurde auch vom Teamkollegen von Roush Jr. namens Nate Stacy im #14 Ford Boss 302 eingeholt. Dem engen Kontaktsport der Dreiergruppe fiel Aschenbach zum Opfer, sodass sich Seitenteile des Camaros lösten und das Auto bedeutend langsamer wurde. Somit konnten sich beide vorbeischieben und so respektive Platz zwei und drei ins Ziel bringen.
Renntag 2:
Der Samstag der Pirelli World Challenge begann schon früh um 09:35 Uhr Ortszeit. Nach zwei Einführungsrunden im strahlenden Sonnenschein fächerte das geschrumpfte Feld (17 GT-Boliden, vier Cup-Fahrzeuge und nur zwei GTA-Wagen) auf und bot in der Anfahrt zur ersten Kurve einige harte Duelle. Michael Lewis, der bereits in der IMSA Porsche GT3 Cup Challenge überzeugen konnte, schaffte es konsequent, den McLaren 650S GT3 von Parente auf Abstand zu halten. Während sich die Top 3 davonschleichen konnten, sah man im hinteren Mittelfeld einige spannende Manöver. Ein Grund dafür war unter anderem der erwähnte Patrick Long, welcher im erneuerten #31 Porsche 911 GT3R langsam, aber beharrlich nach vorne preschte. Der PWC-Meister aus dem Jahr 2011 zeigte seine Klasse und sollte das Rennen auf Platz sieben beenden. Der Kalifornier passierte auch die Kampfgruppe um Ryan Eversley (#43 RealTime Racing Acura TL-X) und die beiden Bentley Team Absolute Continental GT3 (#87 Andrew Palmer und #88 Adderly Fong), welche sich mehrmals zu nahe kamen. Einer anderen Berührung fiel Davison im #33 Always Evolving Nissan GT-R Nismo GT3 zum Opfer. Dabei brach sein Heckflügel, der später in der Boxengassen entfernt wurde. Ohne diesen Teil des ausgeklügelten Aerokonzepts bestritt er die restliche Rennhälfte, um der Punktevergaberegel gemäß gewertet zu werden. Nachdem Eversley erst das Manöver des Rennens im Verkehr gegen Fong zeigen konnte, machte er einen kapitalen Fehler im Duell gegen dessen Teamkollegen. In der ersten Kurve schickte der Acura-Pilot Andrew Palmer durch einen kleinen Kontakt in einen Dreher. Fairerweise wartete er auf ihn und ließ ihn wieder vorbei, um die Strafe zu umgehen. Ein besonders bitterer Moment für das Team, da der Acura mit neuem Heckantrieb auf den Straßenkursen die besten Chancen haben sollte. Zehn Minuten später durchfuhr die Spitze zum letzten Mal das Ziel. Michael Lewis belohnte EFFORT Racing mit einem dominanten Start-Ziel-Sieg. Dahinter folgten der Parente-McLaren und Altmeister O’Connell im Cadillac. Im Porsche 911 GT3 Cup gewann die Nummer 20 von Sloan Urry und der GTA-Zweikampf konnte von Martin Fuentes im #07 Ferrari 458 Italia GT3 entschieden werden.
Die ersten Rennen in Florida konnten jeweils ohne Safety Car absolviert werden. Das sollte sich jedoch beim zweiten GTS-Rennen am späten Nachmittag ändern. Startplatz eins hatte sich Brett Sandberg in seinem #13 KTM X-Bow GT4 gesichert, mit dem Vortagessieger Roush Jr. und dessen Fordkollegen Nate Stacy im Rücken. Der Drittplatzierte erwischte einen perfekten Start und schob sich auf Platz eins vor. Die erste nur wenige Minuten lange Neutralisierung erfolgte nach einem Dreher des #62 Maserati GranTurismo MC Trofeo (Mark Klenin), welcher eigentlich postwendend weiterfahren konnte. Die zweite SC-Phase war leider mehr als berechtigt. Der ehemals führende Stacy schlug hart in die Mauer nach Kurve 13 ein und zerstörte seine gesamte Front. Die Schwäche des KTM in Startszenarien konnte Roush Jr. geschickt nutzen und legte somit den Grundstein für den zweiten Sieg. Der Bann war gebrochen. In der letzten Kurve schob sich zwar Brett Sandberg noch neben ihn, aber touchierte dabei leicht die Mauer. Ein Zwischenfall, der durchaus grenzwertig war. Auf Platz drei beendete der grundsolide Parker Chase im #19 Ginetta das Rennen.
Renntag 3:
Da die IndyCar Series durch einige Zwischenfälle mehr Zeit in Anspruch nahm, musste die Pirelli World Challenge das Zeitfenster um 15 Minuten nach hinten verlegen, was jedoch unproblematisch war. Ein starker Wind fegte bei bewölktem Himmel über die Straßen von Saint Petersburg und brachte die Grid Girls mit ihren viel zu großen Fahnen in die Bredouille. Außerdem wirbelte er noch die kleinteiligen Überreste von zerborstenen Carbonaufsätzen durch die Luft. Die ersten drei Starter waren identisch mit dem Grid des Vortages (#41 Lewis – #9 Parente – #3 O’Connell). Erwähnenswert ist noch der siebte Startplatz für Patrick Long, dessen faszinierende Aufholjagd auch positive Auswirkungen für den Sonntag hatte. Während Michael Lewis wiederholt den Start perfekt erwischte, wurde O’Connells Cadillac ATS-V.R. GT3 durchgereicht. Wie im ersten Rennen fächerte das Feld auch am Sonntagnachmittag stark aus. Auch deswegen fand sich Long plötzlich auf Platz vier wieder. James Davison als Pechvogel des ersten Rennens hatte dieses Mal ein glückliches Händchen und steuerte den intakten #33 Always Evolving Nissan GT-R Nismo GT3 auf Platz zwei. Nach nur wenigen Runden schlug der #00 Porsche 911 GT3 Cup mit Corey Fergus am Steuer brachial in die Mauer der dritten Kurve ein. Diese wurde meterweit verschoben und riss zudem den Motor aus dem Cup-Porsche. Nach anfänglich großer Sorge um den noch im Fahrzeug befindlichen Piloten konnte später Entwarnung gegeben werden. Im Angesicht des zerstörten Porsche ist dies die bestmögliche Nachricht, die man sich wünschen konnte. Der Abtransport dauerte dementsprechend lange und ein Bagger mit Palettengabelaufsatz nahm sich des verschobenen Betonklotzes an. So konnte man fast die gesamte erste Rennhälfte diesem unverhofften Treiben zuschauen. Nach dem Ende der Neutralisierung fand sich die Kampfgruppe aus dem ersten Rennen wieder. Dieses Mal blieb jedoch Eversleys Acura TLX-GT verschont und das Pech auf der Seite von Bentley. Diese nämlich hatten sich zwei K-PAX McLaren 650s GT3 als neue Opfer auserkoren. Zuerst drehte die #88 von Adderly Fong mit Parente die Speerspitze des britischen Herstellers in der ersten Kurve und im Hintergrund dieser Szenerie schob dessen Teamkollege Andrew Palmer mit der #87 das junge McLaren-Talent namens Austin Cindric in den Reifenstapel. Dort lag er gestrandet mit gebrochener Aufhängung hinten links und ohne Heckflügel, was die zweite SC-Phase auslöste. Strafen wurden im Nachhinein aber nicht ausgesprochen. Zum Abschluss gab es noch einen zwei Runden umfassenden Sprint ins Ziel, den Michael Lewis entscheiden konnte. Auf dieses Talent sollte man achten. Genauso wie auf Michael Cooper im #8 Cadillac ATS-V.R GT3, der sich noch geschickt auf Platz drei kämpfte, da Long einem merkwürdig aussehenden Verbremser zum Opfer fiel. Den Platz dazwischen sollte Davison füllen. Martin Fuentes (GTA: #07 Ferrari 458 Italia GT3) und Sloan Urry (GT Cup: #20 Porsche 911 GT3 Cup) reüssierten in den unteren Kategorien. Weiter geht es für die GT- und GTA-Klasse im kalifornischen Long Beach Mitte April, wo man nur ein Rennen austragen wird. Der Traditionsstadtkurs ist ein besonderes Highlight im Kalender. Die GTS kommt erst eine Woche später wieder mit auf Reisen zum Barber Motorsports Park.
Wochenendvorschau und Neuigkeiten:
Diesen Freitag stehen die 12 Stunden von Mugello im hügligen Norden der Toskana an. Typisch für die 12h-Veranstaltungen der 24h-Series ist eine Aufteilung auf zwei Tage. Um 14:00 Uhr wird ein gewohnt riesiges Starterfeld die traditionsreichen 5,245 Kilometer in Angriff nehmen. Vier Stunden später um 18:00 Uhr wird das erste Segment bereits abgeschlossen sein. Der Countdown für die restlichen acht Stunden startet Samstagmorgen ab 09:30 Uhr und wird dementsprechend um 17:30 Uhr sein Ende finden. Wie mittlerweile gewohnt wird Radio Le Mans, die mit ihren bekannten Personalien auch in Sebring sein werden, mit Hilfe eines HD-Streams das Renngeschehen der von Creventic sanktionierten Serien übertragen. Der Blickfang der Veranstaltung werden höchstwahrscheinlich die zwei SCG 003C sein, welche neben der VLN und den 24h Nürburgring ein weiteres Spielfeld hinzubekommen haben. Wenn man die 24h Dubai verfolgt hat, wird man in der Klasse A6 viele bekannte Gesichter wiedererkennen. Alleine Car Collection Motorsport sendet drei Audi R8 LMS nach Italien. Das Lamborghini nahe stehende GRT Grasser Racing Team mit einem Huracán GT3 gehört ebenso zu den Favoriten wie der Ram Racing Mercedes AMG GT3. Optimum Motorsport, deren Audi R8 LMS in der Anfangsphase in Dubai überraschend stark war, sollte ebenfalls im Auge behalten werden. In der Übersicht gesehen schrumpft das GT3-Feld wieder auf die normale Stammbesetzung zurück nach dem Jahreshighlight im Januar. Trotzdem erwarten uns hochklassige zwölf Stunden mit einem sehr vielfältigen Feld.
A capacity 32 car grid set for @AustralianGT at Grand Prix round this week! https://t.co/cU7rLns1P0 pic.twitter.com/ko1p6nVL5B
— 🇦🇺🏆 Australian GT (@AustralianGT) March 13, 2016
Der turbulente Saisonauftakt der Australian GT findet schon am Donnerstag seine Fortsetzung. Im Rahmen der Formel 1 fährt man auf dem Traditionskurs im Albert Park vier Rennen mit einer Länge von jeweils 30 Minuten, bei welchen wegen der besonderen Kürze der Pflichtstopp entfällt. Wie die Wahl bei den Doppelbesatzungen ausfallen wird, ist im verlinkten Tweet nachzulesen. Neben den in der Saisonvorschau beschriebenen Zugängen darf man sich zusätzlich auf ein Duo von Aston Martin Vantage GT3 freuen. Zum einen steigt Tony Quinn in die Einzelfahrerkategorie mit seinem neuen Fahrzeug um und zum anderen bekommen wir dafür ein neues Vater-Sohn-Team (Andrew und George Miedecke), deren Renner von Matt Stone Racing vorbereitet wird.
TV-Zeiten:
Donnerstag: ab 08:15 Uhr Rennen eins
Freitag: ab 01:25 Uhr Rennen zwei
Samstag: ab 02:05 Uhr Rennen drei
Sonntag: ab 1:35 Uhr Rennen vier
(vgl. TV-Zeiten der Racingblogseite)
Der zweite GT3-Report endet mit einer elektrisierenden Neuigkeit. Nachdem bereits die Formel E und die Trophée Andros in die Sphären des Elektroantriebs vorgedrungen sind, dürfen sich nun auch Freunde des GT-Sports auf eine neue Kategorie freuen. Die für 2017 geplante Electric GT World Series hat vergangene Woche erste Erläuterung zu den Vorhaben öffentlich gemacht. Das Tesla Model S P85+ wird das „Vorbildmodell“ der Serie werden, aber natürlich sind andere Elektrokonzepte in der Zukunft zugelassen. Man wird sich stark an der Formel E orientieren, welche unweigerlich die Initialzündung für das neue Projekt darstellte. Zehn Teams mit jeweils zwei leicht angepassten Rennern werden in sieben Rennen rund um die Welt antreten. Es gab bereits vielversprechende Tests in Barcelona und Jarama, und auf der Suche nach den sieben Rundkursen hat man schon diverse europäische Traditionskurse auf der Liste.
Abschließend wünschen wir Euch viel Spaß beim Großkampfwochenende rund um die Welt. Empfohlen sei noch der Porsche GT3 Cup USA und vielleicht ein größerer Fokus auf die GTD-Klasse in Sebring.
Bilderquelle: Pirelli World Challenge, 24h Series