Viel Glück für Fernando Alonso, interessante Strategien und spannende Zweikämpfe. Die Formel Eins ist spektakulär in ihre neue Saison gestartet.
Der McLaren war kaum noch als Formel Eins-Wagen zu erkennen. Zusammengefaltet, völlig zerstört, ein rauchender Haufen aus Trümmern und zersplitterter Kohlefaser. Einen derartigen Anblick hat man zum Glück lange nicht mehr gesehen. Und zum Glück ist die Sicherheit in der Formel Eins heute so groß, dass Fernando Alonso völlig unverletzt aus dem Wrack klettern konnte.
Another amazing shot #AusGP @alo_oficial crawling from the wreckage (via @ams_sport ) pic.twitter.com/GYKK4rgGZr
— Axis Of Oversteer (@AxisOfOversteer) 20. März 2016
Es war ein Rennunfall, keine Frage. Alonso sagte nach dem Unfall, dass er etwas zu knapp dran war, die Analyse der Daten ergab, dass Guiterrez ein paar Meter früher bremste, was mit seinen älteren Reifen zu tun hatte. Alonso hatte sechs Runden zuvor gestoppt, der HaasF1-Pilot war noch auf den Soft, mit denen er das Rennen gestartet hatte. Es zeigte sich aber auch, dass Kiesbetten eben nicht die ideale Lösung für die Sicherheit sind.
Das Rennen selber zeigte sich dafür von seiner guten Seite. Der Start brachte die Ferrari nach vorne, was einerseits überraschend war, andererseits die Startschwäche der Mercedes, die man teilweise aus dem letzten Jahr kannte, mal wieder aufzeigte. Hamilton fiel im Getümmel bis auf P7 zurück, Rosberg konnte sich immerhin auf P3 festsetzen.
Bis zum Unfall von Alonso ergab sich eine spannende Konstellation. Die Ferrari konnten sich nicht absetzen, gleichzeitig steckte Hamilton hinter den Toro Rosso und er kam nicht vorbei. Da half auch die Mehrleistung des Mercedes-Motors nichts, was insofern überraschend war, da im Heck des Toro Rosso der 2015er Ferrari-Motor steckt.
Ohne die Unterbrechung wäre es in Sachen Strategie spannend geworden. Die Ferrari hatten sich einen Satz Supersoft aufgespart, Rosberg hätte mit den Soft dagegenhalten müssen. Die strategischen Möglichkeiten von Ferrari waren also besser, auf der anderen Seite hätte es immer die Möglichkeit eines Undercut gegeben.
Der Unfall änderte dann alles. Mercedes nutzte die Pause, um Rosberg auf die Medium zu setzen, Ferrari entschied sich für die Supersoft. Das war im Grunde richtig gedacht, wenn man davon ausging, dass Rosberg auf den Soft bleiben würde. Rosberg hatte keinen Satz Supersoft mehr, mit den Soft hätte er noch einmal an die Box fahren müssen. Ebenso wie Ferrari, die sich aber ausmalten, dass man mit den Supersoft einen Vorsprung würde rausfahren können. Immerhin lag man in Sachen Rundenzeiten einigermaßen gleichauf.
Mercedes entschied sich, wie 80% des Feldes, für eine andere Strategie und nahm die Medium. Eine nicht ungefährliche Entscheidung, waren doch noch 37 Runden zu fahren. Sollte mit den Medium generell kein Problem sein, aber wie würden sich die Reifen am Ende verhalten?
An der Stelle zahlte sich das exzessive Testprogramm von Mercedes aus, die in Barcelona fast ausschließlich auf den Medium unterwegs waren. Kombiniert mit den Daten, die man aus den Vorjahren von der Strecke in Melbourne hatte, ergab sich ein klares Bild: Die Medium würden durchhalten, wenn sie nicht allzu sehr gefordert wurden.
Es ergab sich eine sehr interessantes Konstellation. Trotz freier Strecke, trotz der Supersoft, war der Ferrari nicht schneller als der Mercedes. Und dies, obwohl der Unterschied zwischen beiden Mischungen mehr als eine Sekunde betragen müsste. Und das war die eigentliche Überraschung des Rennens, dass Mercedes auf den Medium so schnell war wie Ferrari auf den Supersoft.
Bedeutet das, dass Mercedes mal wieder total überlegen ist? Wie immer zu Beginn einer Saison ist das schwer zu sagen. Es scheint so, dass die Ferrari, wie im letzten Jahr, eher die weichen Reifen bevorzugen, während die Mercedes mit den weicheren Mischungen nicht so gut klarkommen. Allerdings hatten Rosberg und Vettel ungefähr den gleichen Reifenverschleiß im ersten Stint auf den Supersoft.
Generell kann man aber sagen, dass der Abstand zwischen Ferrari und Mercedes geschrumpft ist. Wie erwartet liegt er bei circa 0,5 Sekunden, was immer noch in ganze Menge ist. In Bahrain wird man sehen, wie eng es wirklich ist.
Klar ist auch, dass hinter Mercedes und Ferrari eine Lücke klafft. Ricciardo auf P4 lag 24 Sekunden zurück, Massa im Williams gar 58 Sekunden. Und dies, obwohl das Rennen ja unterbrochen war. Der Abstand der beiden Top-Teams ist riesig, umso enger ist es im Mittelfeld.
Dass Red Bull einen Schritt gemacht hat, konnte man in den Tests erahnen, der RB12 scheint ein deutlich besseres Chassis zu sein. Aber auch Renault hat über den Winter gearbeitet. Gut sichtbar war das, als beide Toro Rosso hinter dem Renault von Palmer hingen. Trotz DRS brauchte Sainz eine Ewigkeit, um an Palmer vorbeizukommen. Einfach so auf der Geraden ging es jedenfalls nicht. Offensichtlich wird es ab Kanada ein weiteres Motorupdate geben, das noch mal einen Schritt nach vorne bringen soll. Zumindest ist es ein positives Ergebnis für Red Bull, dass man Ricciardo auf P4 gebracht hat. Negativ: Kvyat bliebt in der Einführungsrunde stehen.
Aber da wo Red Bull ist, hatte man eigentlich Williams vermutet. Doch die taten sich in Australien sehr schwer. Massa kam zwar auf P5, landete aber trotz der vermeintlich besseren Strategie mit den Medium 30 Sekunden hinter dem Red Bull. Bottas steckte das gesamte Rennen hinter dem Force India von Hülkenberg fest und kam nicht in die Nähe eines Überholversuches. Es kann natürlich an der Strecke und an den Reifen gelegen haben, aber der Abstand des Williams war am Ende einfach etwas sehr groß. Hoch gerechnet fehlen rund 1,5 Sekunden auf die Spitze. Pro Runde, versteht sich.
Eine positive Überraschung bot das brandneue HaasF1-Team. Dass man als quasi B-Team von Ferrari schnell sein würde, war zu erwarten. Allerdings war es überraschend, dass man ohne technische Probleme ins Ziel kam und die Pace hatte, dank einer guten Strategie, auf P6 zu landen. Das sind wichtige Punkte für ein neues Team und angesichts der guten Leistung von Grosjean kann man auch davon ausgehen, dass das nicht die letzten Punkte für Haas waren. Auf jeden Fall eine bravouröse Leistung des gesamten Teams.
Die Toro Rosso wurden am Ende etwas unter Wert geschlagen. P4 wäre für Verstappen drin gewesen, hätte man eine andere Strategie eingeschlagen. Aber Toro Rosso traute den Medium auch nicht über den Weg und entschied sich für eine konservative Variante mit den Soft und später den Medium. Das Problem: Bottas, Hülkenberg, Grosjean und Massa setzten auf die Medium. Zwar gelang es Verstappen und Sainz, die Lücke schnell zuzufahren, vorbei kamen sie dann aber nicht. Verstappen beschwerte sich (mal wieder) über einen „langsamen“ Sainz, kam aber seinerseits nicht am Spanier vorbei. Dennoch wird mit den Toro Rosso zu rechnen sein.
McLaren sah in der Quali nicht schlecht aus, im Rennen lief es aber nicht so gut. Das lag auch an der gewählten Strategie (SS, M nach dem Restart), aber damit hätte Button eigentlich vor den beiden Renault landen müssen. Die Rundenzeiten des McLaren sahen zumindest auf den Medium nicht schlecht aus, aber auch hier wird man die weiteren Rennen abwarten müssen. Ob es schon für Punkte reicht, ist schwer zu sagen, aber angesichts der massiven Konkurrenz wird es schwer.
Sauber fuhr ein Rennen „unter ferner liefen“, was nichts Gutes für den Rest der Saison verheißt. Immerhin konnte man im letzten Jahr in Australien noch Punkt holen. Dieses Jahr scheint man weit, weit weg vom Mittelfeld zu sein.
Bei Manor lief wenig zusammen. Wehrlein lag bis zur Unterbrechung auf P14, was angesichts der schlechten Leistung in der Quali etwas überraschend war. Manor lag weiter zurück, als man angesichts der technischen Ausrüstung erwarten konnte. Im Rennen fuhr er die zwölfschnellste Runde (1:32.673min), womit er nicht viel langsamer als die Renault war. Auch wenn er am Ende den letzten Platz belegte, waren zumindest die Rundenzeiten besser, als seine Platzierung. Man wird Manor etwas mehr Zeit geben müssen.
Nächstes Rennen ist in zwei Wochen in Bahrain. Eine Strecke, die die Teams gut kennen und auf der sich zeigen wird, wie die Abstände im Feld sind.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Red Bull Contentpool, HaasF1, WilliamsF1, Sauber, RenaultF1, Force India
6 Kommentare
Ich habe mich bisher noch nicht mit den Regeländerungen für 2016 auseinandergesetzt, lese ich das oben richtig, dass die Teams nun drei Reifenmischungen pro Rennen haben – in dem Fall nun supersoft, soft und medium?
@ Dominik:
Korrekt, die Teams (oder Fahrer?) der dritten Quali-Session haben jetzt eine dritte Mischung im Rennen zur Wahl, wobei nach wie vor mindestens zwei davon gefahren werden müssen. Ausserdem gibt es ab Monaco für enge Stadtkurse eine neue „Ultrasoft“-Mischung (Farbmarkierung Magenta, für die extra weichen Rundenzeiten…).
@ Dominik:
Ja, das ist richtig. 3 Mischungen, wovon 2 genommen werden müssen
@ Dominik:
Die genauen Regeln sind hier ganz gut erklärt. https://youtu.be/kgERH1gWF1s
@ nona:
@ Nils Carstensen:
@ Tsoran:
Vielen Dank für Eure Antworten! Jetzt weiß ich Bescheid.
„Es zeigte sich aber auch, dass Kiesbetten eben nicht die ideale Lösung für die Sicherheit sind.“
Seh ich etwas anders. Klar ohne das Kiesbett hätte er sich wahrscheinlich nicht so überschlagen, allerdings hat eben dieses auch gewaltig Tempo rausgenommen. Bei einer asphaltierten Auslaufzone wäre Alonso nahezu ungebremst in die Reifenstapel und die Mauer geknallt, das wäre wahrscheinlich verheerender gewesen.
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