Die ersten Rennen in der Jubiläumssaison der ADAC GT Masters waren sehr abwechslungsreich und boten einige Überraschungen. Die Pirelli World Challenge verzichtete wegen ihres TV-Partners leider auf einen Stream, was die internationalen Fans in Schwierigkeiten brachte.
Rennen 1:
Bereits am Freitag war das Wetter in der Magdeburger Börde sehr wechselhaft und von einigen Schauern durchzogen. Dieses Muster sollte auch den Samstag über bestehen bleiben und beispielsweise in der ADAC Formel 4 für Verwirrung sorgen. In der Qualifikation am Morgen sicherte sich das Duo Connor de Phillippi und Christopher Mies im #29 Land Motorsport Audi R8 LMS die erste Pole des neuen Jahres. Darauf folgte das Meisterfahrerpaar der Vorsaison vom Team Zakspeed. Sebastian Asch und Luca Ludwig kamen gut mit dem neuen #1 Mercedes AMG GT3 zurecht und zeigten auf beeindruckende Art und Weise, warum sie letztes Jahr so stark gewesen sind. Auf den Plätzen dahinter sammelten sich ganz unterschiedliche Marken, die auch im Rennen für viel Bewegung sorgen sollten.
Obwohl der Start bei trockenen Bedingungen grundsätzlich problemlos erfolgte, wurden von der Rennleitung Untersuchungen eingeleitet, da man mit der schnelleren rechten Seite unzufrieden war. In ihr befanden sich unter anderem der #8 Bentley Team Abt Continental GT3 (Hamprecht/Smith) und der #1 Team Zakspeed Mercedes AMG GT3. Die Rolle des #29 Land Motorsport R8 LMS hinsichtlich der erforderten konstanten Beschleunigung konnte nicht abschließend geklärt werden, aber trotzdem wurden der Nummer 8 und 1 eine zusätzliche Boxenstoppzeit von fünf Sekunden zugewiesen. Durch die Enge der Strecke waren Überholmanöver in der Anfangsphase sehr rar und das Feld bemühte sich darum, dass es kompakt zuging. Nach einer guten Viertelstunde flog die GT3-Debütantin Mikaela Åhlin-Kottulinsky im #44 Aust Motorsport Audi R8 LMS in ein Kiesbett ab, weil sie die Randsteine in der schnellen Schikane unterschätzte: ein typischer Rookiefehler. Einige Runden mussten die anderen 31 GT3-Renner deswegen hinter dem Safety Car zirkulieren. Zwischen der Rennfreigabe und dem Öffnen des Pflichtboxenstoppfensters in der 25. Rennminute blieb es ruhig. Die Spitze ließ einige Runden verstreichen, bis sie ihre obligatorische Aufgabe antrat, was den Bestraften wieder einige durch die SC-Phase verlorene Sekunden einbrachte. Dem #8 Bentley Continental GT3 schadeten die fünf Sekunden de facto am meisten und mit einer zusätzlichen Durchfahrtsstrafe für zu hohe Geschwindigkeit in der Boxengasse war das Rennen endgültig gelaufen. Unbeeindruckt von diesen Altlasten des Starts zeigte sich hingehen das Team Zakspeed, das trotz der Umstände günstig in der Spitze platziert war. Nach der Boxenstoppphase schaffte es auch der #28 Land Motorsport R8 LMS (Hoevenaars/Basseng), sich vorne zu etablieren, wo sich ein spannendes Duell zwischen dem Führenden Christopher Mies im #29 R8 LMS und seinem Verfolger Luca Ludwig im #1 AMG GT3 abzeichnete. Eine knappe Viertelstunde vor Ende wurde das Feld noch einmal vor Herausforderungen gestellt. Zum einen zwang ein ausrollender Bonaldi Motorsport Lamborghini Huracán GT3 die Rennleitung zum Ausrufen der zweiten Neutralisierung. Etwa zwei Minuten später fing es zudem an zu tröpfeln, was genau in die Zeit des Neustarts fiel. Der Sprint zur karierten Flagge war geprägt von etlichen sehr sehenswerten Duellen, die jedoch meist im hinteren Teil des Feldes angesiedelt waren. Auch wenn der Regen relativ schwach bleiben sollte, wurde eine sogenannte „wet session“ ausgerufen. Der Höhepunkt des ersten Laufs ergab sich etwa zwei Minuten vor Schluss. In der Anfahrt zur sehr kniffligen ersten Kurve sammelte Ludwig seinen ganzen Mut und drückte sich neben den 24h-Nürburgring-Sieger Mies. Selbiger bewies seine Klasse, indem er fair blieb und sich seinem Schicksal ergab. In der dieses Jahr ergänzten Runde nach dem Ablauf der Zeit war der Audi-Pilot auch nicht mehr in der Lage zu kontern. Dies war nur ein kleiner Stimmungsdämpfer, weil das Schwesterauto mit der #28 einen weiteren Podiumsplatz für Land Motorsport erkämpfte. Der Einstand für die Aufsteiger und ihren Hauptsponsor Montaplast war ein voller Erfolg. Da Connor de Phillippi erst 23 Jahre alt ist, verbuchte man zusätzlich noch den Sieg in der Juniorenkategorie. In der Trophywertung der Gentlemen reüssierte der achtplatzierte #63 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 (genauer gesagt Rolf Ineichen als Partner von Christian Engelhardt). Der erste Schlagabtausch der sieben Marken war sehenswert und steigerte die Vorfreude auf den Sonntag, wo es noch ereignisreicher zugehen sollte.
Rennen 2:
Im nassen Qualifikationstraining schlug der Sieger des Vortages zu und verwies die neue #77 Callaway Competition Corvette C7 GT3 (Guonon/Keilwitz) auf Platz zwei, was aus der Perspektive der Wochenendergebnisse wohl das Highlight des Teams war. Außerdem schaffte es der #24 kfzteile24 – APR Motorsport R8 LMS (Stoll/Vanthoor), sein Potential abzurufen.
Bis zum Rennstart war die winklige Strecke weitestgehend abgetrocknet und bot gute Voraussetzungen für den zweiten Lauf. Nach nur 40 Sekunden musste dieser jedoch gleich durch eine rote Flagge unterbrochen werden, da drei havarierte Boliden den Ausgang von Kurve eins blockierten. Doch was war passiert? Im breit aufgefächerten Feld sah Christian Engelhardt im #63 GRT Lamborghini Huracán GT3 seine Chance und stach in eine Lücke, die jedoch letztendlich nicht groß genug war. Leidtragender war die neue #77 Corvette C7 GT3, die sich aufgrund des Kontakts ins Feld wegdrehte und dabei erheblichen Schaden nahm. Ironischerweise mussten die beiden Markenkollegen vom Attempto Racing Team (#66 und #67) ebenfalls dafür büßen. Im weiteren Verlauf schloss die Rennleitung die Untersuchungen ohne Konsequenzen ab und erklärte das Geschehen zu einem Rennunfall. Die Bergung der Boliden samt Entfernung von ausgetretenen Flüssigkeiten forderte mehr als zehn Minuten. Einige angeschlagene Fahrzeuge mussten in der Zwischenzeit von den Teams geflickt werden. Mit neu angesetzten 55 Minuten führte das Pace Car wenig später das Feld zum Neustart. Doch kurz darauf waren schon wieder die Dienste des Rennleitungs-R8 vonnöten. Der #25 kfzteile24 – APR Motorsport R8 LMS flog samt Fahrer Edward Sandström aufgrund einer Berührung mit einem Bentley in die Leitschienen ausgangs der zweiten Kurve ab. Das Heck trug einen größeren Schaden davon, aber der Schwede blieb Gott sei Dank unverletzt. Nach nur vier Minuten erfolgte die Freigabe und bis zur Öffnung des Pflichtboxenstoppfensters änderte sich nicht viel. Schon zu Beginn rutschte der #22 MRS GT-Racing Nissan GT-R Nismo GT3 in ein Kiesbett und blieb stecken. Wohl unter dem Eindruck der Kontroversen aus Misano stehend wartete man jedoch das Ende des Fensters für die dritte Neutralisierung ab. Das Aussitzen der Rennleitung wirkte nicht sehr kompetent und zeigt auf, dass es Änderungsbedarf im Regelwerk geben könnte. Ein eingegrabenes Bergungsfahrzeug sorgte für Lacher in den Boxen, doch die missliche Lage des Sportwarts konnte schnell aufgelöst werden. Auch in der dritten SC-Phase ging etliches an Rennzeit verloren. In den restlichen acht Minuten waren vor allem die Fehler des #3 Bonaldi Motorsport Lamborghini Huracán GT3 formatfüllend. Patrick Kujala ging zu ruppig in etliche Zweikämpfe, was beispielsweise den #8 Bentley Continental GT3 von Hamprecht in einen Dreher schickte und so eine vierte und letzte SC-Phase einläutete. Das Wochenende für die Kemptener Bentley Boys war endgültig gebraucht. Das alles spielte sich nur fünf Minuten vor Ende ab und dementsprechend war die Restzeit unter Grün minimal. Doch trotz der Einschränkung hatte der zweite Lauf noch eine dramatische Wendung im Angebot. Der bis dahin führende #1 Team Zakspeed AMG GT3 in den Händen von Sebastian Asch hatte noch unter eingeschalteten Lichtern einen Abstand aufgebaut und infolgedessen eine Zeitstrafe erhalten. Nutznießer ist der „Übeltäter des Starts“, der vom bärenstarken Rolf Ineichen zum großen Triumph geführt wurde. Somit gewann man die Gesamtwertung sowie die Trophy und schaffte noch einen versöhnlichen Abschluss für die italienische Marke aus Sant’Agata Bolognese. Auf Platz zwei beendeten de Phillippi und Mies in ihrem R8 das zweite Rennen und holten auch den zweiten Sieg in ihrer Unterkategorie. Die Audi-Kollegen Vanthoor und Stoll aus der Nummer 24 von APR Motorsport komplettierten das Podium. Erwähnenswert ist zudem der vierte Platz des Schweden Felix Rosenqvist zusammen mit Nikolaj Rogivue im zweiten Team Zakspeed AMG GT3 (#21). Das Auftaktwochenende hat viele bleibende Eindrücke hinterlassen. Vor allem das Meisterduo aus dem letzten Jahr ist wohl die stärkste Kraft gefolgt von einigen Audi-Paarungen. Vom 29.04.2016 bis 01.05.2016 gastiert die GT Masters auf dem Sachsenring, der wegen des Motorradsporthintergrunds ebenso kurvenlastig und anspruchsvoll sein wird.
Die Vorfreude auf den Klassiker der Pirelli World Challenge war schon am Freitag gedämpft, weil der Lauf als TV-Rennen ausgewählt wurde. Deswegen mussten die Fans aus dem Ausland auf das Rennen vollständig verzichten und auch in den Staaten lief das Rennen nur zeitversetzt auf CBS Sport. Da also kein Rennverlauf geschildert werden kann, folgt nur eine kurze Übersicht der Ereignisse. In den Straßen von Long Beach gab es nur sehr wenige Überholmanöver, die größtenteils aus dem Acura-Lager stammten. Die beiden TLX-GT starteten von relativ weit hinten und nutzten ihren Top-Speed-Vorteil. Durch mehrere SC-Unterbrechungen war die effektive Rennzeit relativ gering. An der Spitze dominierten die McLaren, wo zudem auch die Cadillac-Boliden mitmischten. Ein US-Fahrzeug überquerte sogar die Linie als Erster, aber Johnny O’Connell im#3 Cadillac ATS-V.R. GT3 musste seinen Sieg an den von ihm überholten Polesitter Álvaro Parente im #9 K-PAX Racing McLaren 650 GT3 abgeben, da ein Vergehen am Motor mit einer 10-Sekunden-Strafe geahndet wurde. In der GTA-Wertung überragt der Mexikaner Martin Fuentes im #7 Ferrari 458 GT3 weiterhin die Konkurrenz.
In der Woche vor der Veranstaltung in Long Beach verkündete die SRO Motorsports Group, dass man nun ein sogenannter ‘Stakeholder‘ der Pirelli World Challenge sei. Außerdem umfasst diese wirtschaftlich bedeutsame Entwicklung eine Berufung Stéphane Ratels in den Verwaltungsrat. In diesem Rat sitzen zudem Bob Woodhouse (lange Jahre in den Serien der SCCA), Peter Cunningham (Real Time Racing), Jim Haughey (K-PAX Racing) und Charles Morgan (früher Fahrer in der Rolex Sports Car Series). Man darf gespannt sein, wie sich diese Personalie auf die Zukunft der PWC auswirken wird. Sicherlich stärkt es den Oberbau der weltweiten GT3-Serien. Bereits nächstes Wochenende fährt die World Challenge im Rahmen der IndyCar Series auf dem Barber Motorsports Park. Die GT/GTA-Kategorie, der GT Cup und die GTS-Kategorie werden jeweils zwei Läufe durchführen. Die entsprechenden Startzeiten findet Ihr in unserem TV-Planer.
Auch in Großbritannien erfolgte der Saisonstart der British GT, der jedoch nur in der Form einer Zusammenfassung auf MotorsTV zu sehen sein wird. Das mehrstündige Rennen war von Gelbphasen durchzogen und musste schlussendlich vorzeitig wegen eines brennenden Autos abgebrochen werden. Bester GT3-Renner auf dem GP-Kurs in Brands Hatch war der TF Sport Aston Martin Vantage (Johnston/Adam). In der GT4-Klasse reüssierte Optimum Motorsport, deren R8 LMS in der anderen Klasse heftig verunfallte, mit ihrem Ginetta G55 (Johnson/Robinson). Am 1. Mai fährt man den zweiten Wertungslauf in Rockingham.
Neben der Pirelli World Challenge erwartet die Freunde des GT3-Sportes ein Höhepunkt des Jahres, denn der Blancpain GT Series Endurance Cup feiert seinen Einstand im traditionsreichen Monza. Neben den Allesfahrern, denen wir uns in der Saisonvorschau gewidmet haben, werden weitere Teams hinzukommen. Die Entry List enthält aktuell (Stand: 21.04.2016) 57 Boliden mit einer gewachsenen Markenvielfalt. Beispielsweise wird Emil Frey Racing mit dem neuen Topfahrer Stéphane Ortelli und dem schon etwas älteren Jaguar GT3 vor Ort sein. Die schiere Menge an Einsätzen (über 170 Fahrer) macht eine umfassende Vorschau nahezu unmöglich. Bekannte Ergänzungen zu den bisher gesehenen Teams sind Zakspeed, Black Falcon (jeweils Mercedes), Konrad Motorsport, Barwell Motorsport (jeweils Lamborghini), Scuderia Praha (Ferrari) und IMSA Performance (Porsche). Letztes Jahr war vor allem Lamborghini stark unterwegs, aber ob das BOP-Paket für schnellere Strecken dieses Jahr auch passen wird, ist eine Frage der Zukunft. Gleiches gilt auch für Audi, deren alter R8 LMS ultra kein Freund der langen Geraden gewesen war. Jedenfalls reist WRT mit voller Mannstärke (beide Vanthoors, Pierre Kaffer, Peter Kox u.v.m.) an und bei entsprechendem Topspeed kommen die Favoriten in der Nähe Mailands eindeutig aus Belgien. Doch auch McLarens Garage 59 könnte nach der Enttäuschung in Misano zurückschlagen. Vor allem der BGTEC-Ergänzungsfahrer Shane van Gisbergen könnte den Ausschlag geben. Selbst die anderen Marken sind bei passenden Grundvoraussetzungen siegfähig. Man kann sich also auf eine drei Stunden lange Windschattenschlacht mit vielen Antworten auf drängende Fragen bereitmachen. Der Start erfolgt am Sonntag um 15:00 Uhr und im Rahmenprogramm lassen sich zum Beispiel die sehenswerte Blancpain Lamborghini Super Trofeo, die Formula Renault 2.0 NEC oder auch die GT4 European Series finden. Letztere sollte streng im Auge behalten werden, da sie das Potenzial für größeres in sich trägt.
Mit diesen Aussichten im Hinterkopf wünschen wir Euch ein spannendes Motorsportwochenende.
Die verwendeten Bilder aus Oschersleben stammen vom Racingblog-Kollegen Felix Tiedge. Wir bedanken uns für die tollen Eindrücke.
Bilderquelle / Copyright: Felix Tiedge; Pirelli World Challenge; Blancpain GT Series
2 Kommentare
Jo der Artikel war nach meinem Geschmack, wenn ich das mal so schreiben darf. Ich verstehe was von Autos und auch Rennen. Also guter Artikel, tolle Webseite wollte ich noch schreiben.
@ GEORGE:
Vielen Dank für Deine Rückmeldung und das Lob.
Eine schöne Woche wünscht
Phil
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