Home Formel EinsF1 Formel Eins: Analyse GP von Russland 2016 – Glück und Pech

Formel Eins: Analyse GP von Russland 2016 – Glück und Pech

von DonDahlmann
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Sieben Siege, die Konkurrenz mit Problemen. Schon jetzt sieht es so aus, als würde erneut ein Mercedes-Pilot Weltmeister werden. Und Rosberg hat zur Zeit alle Trümpfe in der Hand.

F1_Race_Russia_2016_13Bequemer können die Rennen für Nico Rosberg nicht laufen. Ferrari hadert mit technischen Problemen und Daniil Kvyat, Teamkollege Hamilton mit der Technik. Und so langsam kann man sehen, dass dem Briten die Sache auf die Nerven geht. Nach dem Rennen blieb er lange im Auto sitzen und sprach per Funk mit seinen Ingenieure über das, was mal wieder schief gelaufen ist. Auf dem Siegerpodest hatte er keine Lust zu feiern und eine Gratulation an Rosberg wurde zumindest nicht im Fernsehen übertragen. Das andauernde Pech nervt ihn sichtbar.

Dabei sah es gar nicht so schlecht aus, denn in den Trainingssessions war Hamilton teilweise schneller als Rosberg. Doch ein Schaden am Energiespeicher, der schon in China aufgetreten war, ließ ihn Q3 vermissen. Und damit blieb nur der zehnte Startplatz, also mitten im Getümmel. Aber der Weltmeister fuhr ein richtig gutes Rennen. Nachdem er mit ein bisschen Glück das Chaos um Vettel überstanden hatte, duschte er schnell Räikkönen ab und mühte sich nach dem ersten Stopp an Bottas vorbei. Innerhalb weniger Runden reduzierte er den Rückstand auf P1 von knapp 13 auf sieben Sekunden. Er brannte eine schnelle Runde nach der anderen runter und es sah nicht so aus, als ob Rosberg eine Antwort finden würde. Wobei man aber gegen Ende des Rennens sehen konnte, dass Rosberg doch noch Reserven im Wagen hatte. Es kann gut sein, dass er seine Reifen schonte, um Hamilton am Ende auf Distanz halten zu können.

GP RUSSIA F1/2016Doch der Brite musste seine Verfolgungsjagd abbrechen, nachdem die Box ein Problem mit dem Wasserdruck vermeldete. Nach dem Rennen hieß es, der Motor habe Wasser verloren, aber offenbar nur so wenig, dass Hamilton das Rennen beenden konnte. In England wundert man sich zunehmend über die technischen Probleme des Briten. Manche sehen die Ursache darin, dass Mercedes im Winter die Crews von Hamilton und Rosberg ausgetauscht hat, aber der Deutsche hatte letztes Jahr auch nur selten Ärger mit dem Motor. Es ist wohl eher so, dass das Glück, dass Hamilton in den letzten zwei Jahren hatte, sich auf die Seite von Rosberg geschlagen hat. Aber man weiß ja auch, dass solche Strähnen nicht ewig halten. Der Abstand in der WM ist bei noch 17 Rennen überschaubar. Allerdings kommen jetzt mit Spanien und Monaco zwei Strecken, die Rosberg minimal besser liegen sollten.

Bei Ferrari raufte man sich die Haare. Erst der Getriebewechsel bei Vettel, dann der Crash in der ersten Kurve. Kvyat war klar der Schuldige und suchte nach dem Rennen für die erste Kollision auch keine Ausreden. Was Vettel aber nicht wirklich half. Die Italiener hatten dem Deutschen für das Rennen in Russland einen neuen Motor eingebaut (der dritte in diesem Jahr), der deutlich mehr Leistung bringen soll. Im Training robbte sich Vettel auf sieben Zehntel an die Mercedes ran, was aber immer noch ein mächtiger Abstand ist. Im Rennen schrumpft der Abstand erfahrungsgemäß etwas. Räikkönen war mit dem alten Motor unterwegs und verlor fünf Zehntel pro Runde, Vettel wäre vermutlich im Bereich von zwei oder drei Zehnteln gewesen. Genaueres wird man in Spanien sehen. Aber der Unfall bedeutet auch, dass Vettel aus dem WM-Kampf schon fast raus ist. 67 Punkte Rückstand sind schon jetzt zu viel, es sei denn Mercedes fällt zweimal komplett aus und Vettel gewinnt jeweils. Nicht unmöglich, aber das müsste dann auch in den nächsten Rennen passieren. Ferrari ist näher dran, ohne Zweifel, aber immer noch ein Stück weit weg.

F1_Race_Russia_2016_25Ein gutes Rennen lieferten die Williams, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten blieben. Dass man mit den Budgets von Mercedes und Ferrari nicht mithalten kann, ist logisch. Man lag in Russland rund sechs Zehntel hinter den Ferrari, was schon nicht schlecht ist. Aber insgesamt fährt man im Nirvana hinter Ferrari und vor dem Rest der Welt. Nur Red Bull kann, je nach Strecke, den Briten gefährlich werden. Da die an diesem Wochenende völlig von der Rolle waren, konnte sich Williams bis auf sechs Punkte in der Team-WM rankämpfen. Das wird ein schöner Kampf um P3 zwischen den beiden Teams.

Mehr wäre für Williams aber nicht drin gewesen. Bottas hielt sich lange auf P2 und konnte sogar Hamilton hinter sich halten. Aber der FW38 hat einen etwas höheren Reifenverschleiß als der Mercedes und der Ferrari, was dazu führte, dass Bottas früher an die Box kommen musste. Williams war ein bisschen in der Klemme. Einerseits musste man befürchten, dass Hamilton noch vor dem Stopp am Finnen vorbeikommen würde, andererseits drohte der Undercut. Die Entscheidung, Bottas an die Box zu holen, war dann auch richtig, denn Bottas blieb vor dem Briten. Dass der dann am Finnen dank DRS doch vorbeikommen konnte, war Pech. Es wäre auch ungewöhnlich gewesen, wenn Williams ein rund eine Sekunde schnelleres Auto hätte hinter sich halten können.

Fernando Alonso on track.Die Überraschung des Rennens lieferte aber McLaren ab. Auf einer ausgesprochenen Power-Strecke konnte Alonso mit P6 endlich wieder Punkte sammeln und auch Button gelang der Sprung in die Top Ten. Das sind positive Zeichen für das von Krisen gebeutelte Team und sie machen Hoffnung, dass Honda so langsam den Anschluss ans vordere Mittelfeld findet. Natürlich war das gute Ergebnis auch begünstigt durch den Ausfall von Vettel und die schlechte Leistung der Red Bull. Aber immerhin lief es mal wieder für McLaren. Dass das nicht die Regel sein wird, dürfte man in Spanien sehen, aber generell geht es in kleinen Schritten für das Traditionsteam nach vorne. Verdient haben sich die Briten das auf jeden Fall.

Warum die Red Bull in Russland so schlecht waren, ist ein kleines Rätsel. Wenn man sieht, dass der deutlich schlechtere Renault auf P7 einlief, so sollte für Red Bull mehr drin gewesen sein. Offensichtlich bekam Red Bull aber die Reifen nicht in ein vernünftiges Arbeitsfenster. Mit den Supersoft ging es, mit den Soft nur schwer. Man probierte es aber mit den Medium und dem Versuch, Ricciardo damit durchfahren zu lassen. Aber das ging nicht gut, denn weil man keine Temperatur in die Reifen bekam, hatte der Australier mit Graining zu kämpfen. Man musste noch mal an die Box und die Soft aufziehen. Damit fiel man hinter Wehrlein zurück und hatte nur wenig Zeit für die Aufholjagd. Ricciardo landete am Ende auf P11, sieben Sekunden hinter Button, was den strategischen Fehler von Red Bull deutlich macht.

F1 - RUSSIAN GRAND PRIX 2016Aber so konnten die Renault, die sonst immer noch im Nirgendwo rumfahren, ein paar Punkte einsammeln. Magnussen fuhr ein beherztes Rennen, profitierte vom Chaos am Start und setzte ein paar schöne Überholmanöver. Er konnte sich Grosjean im Haas vom Hals halten, hatte allerdings auch das Glück, dass sich der Franzose wiederum mit Perez im Force India rumschlagen musste, was den Haas-Piloten Zeit kostete. Bei Renault wird man aufatmen, dass man ein paar Punkte eingesammelt hat, denn die sind ja wichtig für die Ausschüttung der Gelder am Ende des Jahres. Das Renault in den nächsten Rennen noch mal in die Nähe von Punkten kommt, ist eher unwahrscheinlich.

Bei Force India wird man sich über den Start-Crash geärgert haben, denn ein spät bremsender Guiterrez schoss Hülkenberg ab. Der Deutsche, der in der Quali erneut eine Niederlage gegen Perez einstecken musste, konnte so keine Runde fahren und damit verpasste er auch eine Chance auf Punkte. Die Force India dringend braucht, denn im Moment liegt man nur auf P8 in der Team-WM. Das Problem liegt in der Front. Das Chassis hat als eines der wenigen Fahrzeuge noch eine lange Nase. Normalerweise müsste man umbauen, aber bisher ist der Umbau nicht in Sicht.

Schön war zu sehen, dass sich Sauber mal kurz im vorderen Mittelfeld zeigte. Zwar fiel Ericsson im Rennen wieder aus den Top Ten raus, aber immerhin gab es mal ein Lebenszeichen der Schweizer. Interessant war die Reifenwahl von Sauber. Als einziges Team nahm man zwei Mal die SuperSoft für den Schweden. Was darauf hindeutet, wo die grundsätzlichen Probleme bei Sauber liegen. Auch sie haben Probleme, den „sweet spot“ für die Reifen zu finden, und das Chassis neigt dazu, die Reifen zu unterfordern. Leider fehlt auch bei Sauber das Geld für eine Weiterentwicklung.

F1_Race_Russia_2016_10Für Toro Rosso wäre im Rennen mehr drin gewesen. Sainz kam in Runde 11 an die Box, was dann stark nach einer Zwei-Stopp-Strategie roch. Verstappen kam erst in Runde 22, was den Niederländer die Chance gab, weit nach vorne zu fahren. Weil alle anderen vor Verstappen an die Box kamen, rutschte der zeitweise bis auf P2 nach vorne. Nach dem Stopp etablierte er sich bequem auf P6 und fuhr dort ungefährdet, bis sein Ferrari-Motor das Zeitliche segnete. Bei Sainz lief es nach dem frühen Stopp nicht schlecht, aber am Ende rächte sich der frühe Stopp, weil die Soft komplett eingingen. Er musste Grosjean passieren lassen, ebenso Button.

Ein insgesamt unterhaltsamer Grand Prix, dank der engen Verhältnisse im Mittelfeld, die immer wieder für Überraschungen sorgten. Das wird auch in den anderen Rennen so bleiben. Vorne wird Mercedes weiter dominieren, Ferrari macht den Deutschen das Leben aber langsam etwas schwerer. Das dürfte noch interessant werden, wenn denn Mercedes nicht auch noch nachlegt. Und darüber schwebt die Frage: Wie lange hält das Glück von Rosberg an?

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Williams F1, Renault Sport, Red Bull/Getty, Force India, McLaren, Haas, Sauber

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1 Kommentare

Walter 2 Mai, 2016 - 12:29

Blieb Hamilton nicht deswegen nach dem Rennen noch sitzen, weil die Kontrollleuchten über der Airbox noch geld signalisierten und nicht grün?

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