Brad Keselowski gewann am Sonntag in Talladega nach einem sehr unruhigen und unfallträchtigen Restrictor-Plate-Krimi die Highspeed-Lotterie von Alabama. Bevor es am nächsten Wochenende in Kansas unter Flutlicht weitergeht, müssen wir über die Sicherheit auf den Superspeedways reden, auch wenn es wieder 35.000 $ kostet.
Analyse Talladega Mai 2016
Als ich am Montag auf der Arbeit gefragt wurde, wer denn das Rennen in Talladega gewonnen hätte, musste ich ernsthaft überlegen und weniger als 24 Stunden nach der Zieleinfahrt war es mir nicht möglich, mich an den Sieger zu erinnern. Ich musste nachschauen und dann fiel der Groschen, dass es Brad Keselowski war, der in überragender Manier in der Schlussphase drei komplette Linien hinter sich einfach wegblocken konnte und ganz nebenbei die meisten Führungsrunden ansammelte. Warum aber war mir das zwischenzeitlich entfallen? Nein, es war ausnahmsweise nicht der Alkohol! Mir blieb diese Restrictor-Plate-Schlacht definitiv aus anderen Gründen in Erinnerung – RTL-aktuell-würdigen Gründe, und daher müssen wir mal wieder reden.
Das Rennen musste gut eine Viertelstunde früher gestartet werden, da die Wetterlage sich nicht besonders aussichtsreich präsentierte. Bereits in den Werbepausen von FOX konnte man auf Motorvision TV die dunklen Wolken und auch den Regen am Superspeedway vorbeiziehen sehen. Dementsprechend ging es turbulent los, denn im Falle eines Abbruchs wollte natürlich jeder ganz vorne liegen. Was ich nicht verstand, war, dass man bereits vor Erreichen der Halbzeit three-wide über die Strecke donnern musste. Natürlich ist das für die Fans extrem toll und schön anzuschauen, aber den Fahrern bringt es doch nichts, sofort das Auto zu riskieren. Ich will mich aber nicht beschweren, dass ich an diesem Abend nicht ein einziges Mal Single-File-Racing zu sehen bekam.
Dementsprechend häufig und leider auch schwer kamen die Unfälle herein und wir können fast von Glück reden, dass diese nicht schlimmer und heftiger ausgegangen sind – das Potenzial war jedenfalls vorhanden. „Fast von Glück“, sage ich, weil die NASCAR mit ihren CoT-Kabinen wahre Panzer auf die nahezu komplett von SAFER-Barriers umzogene Strecke schickt. Mit dem alten Auto möchte ich mir das Talladega-Rennen vom Sonntag lieber gar nicht vorstellen, denn Dale Earnhardt Jr. und Danica Patrick mussten harte Einschläge wegstecken und Chris Buescher sowie Matt Kenseth konnten sich bei ihren Überschlägen auch einmal bzw. mehrmals die Strecke von oben ansehen. Hier stellt sich die Frage für mich, ob die tollkühnen Fahrer sich in ihren – im wahrsten Sinne des Wortes – fliegenden Kisten nicht ein wenig zu sicher fühlen.
Da werden Autos bei 320 km/h unter die gelbe Linie gedrückt, was dann im Falle Michael Waltrip auch prompt schiefging. Ich möchte an dieser Stelle nicht über die Fahrkünste von MW urteilen, aber man bekam den Eindruck, er hätte doch ruhig ein wenig stärker bremsen können, um auf dem Apron zu bleiben, anstatt mit 50 Sachen weniger als der Rest des Feldes in Turn 3 wieder das Banking hochzuschießen. Dass es so am Ende nur zu zwei Big-Ones gekommen ist, war großes Glück, denn oft passierten die Unfälle an den etwas lichteren Stellen im Paket. Dass bei Dale Earnhardt Jr. dann auch noch das Lenkrad von der Lenksäule rutschte, wirkte schon fast wie Slapstick auf dem Hochseil ohne Netz und doppelten Boden. Hat er ernsthaft gedacht, er kann den Wagen mit der Faust um die Lenksäule steuern? Laut eigener Aussage soll dieser Versuch wohl einige Schmerzen verursacht haben. Ja gut, aber was soll man in so einem Moment geistesgewärtig auch anderes versuchen?
An zwei Punkten muss die NASCAR nach diesem Wochenende noch arbeiten: Punkt eins sind die fliegenden Autos, da die Roof-Flaps in ungünstigen Situationen so überflüssig sind wie ein Kropf. Nun hat man mit der neuen/alten Lugnut-Regelung endlich das Risiko minimiert, dass Reifen auf den Grills der Fans im Infield landen, da muss man sich doch Sorgen um die Höhe und Stabilität der Fangzäune zu den Zuschauern im Inneren der Strecke machen. Hier sollten die Offiziellen lieber proaktiv tätig werden. Punkt zwei ist das Werfen von Cautions mitten im Kampf um den Sieg. Schon die XFINITY-Series lieferte ein enttäuschendes Finish, obwohl man zumindest hätte abwarten können, bis der Sieger über die Linie fährt, bevor die gelbe Flagge rauskommt. So gewann schließlich ein eigentlich ausgeschiedener Elliott Sadler das Rennen.
Im Cup-Rennen wurde zwar auch Brad Keselowski Mikrometer vor dem Zielstrich durch eine Caution eingebremst, doch das spielte bei seinem Vorsprung eigentlich keine Rolle mehr. In beiden Fällen hätte ich es jedoch für in Ordnung befunden, wenn man noch ein wenig gewartet hätte – den Big-One konnte mit der gelben Flagge doch auch niemand mehr verhindern. Bitte versteht mich abschließend nicht falsch, das Rennen in Talladega war gerade aufgrund des Three-Wide-Charakters eines der besten und spannendsten Restrictor-Plate-Events in der jüngsten Vergangenheit, allerdings sorgen die Auswirkungen auch für Gesprächsstoff und deckten Probleme auf, die es nun anzugehen gilt. Hoffen wir, dass NASCAR die richtigen Schluss zieht und das ohne, dass wieder jemand 35.000 $ zahlen muss.
Werfen wir noch schnell einen Blick auf den Rest vom Schützenfest, der es mit waidwunden Autos irgendwie in die Top-10 geschafft hat: Hinter Brad Keselowski liefen Kyle Busch, Austin Dillon, Jamie McMurray und Chase Elliott in den Top-5 ein. Besagte Top-10 komplettierten Tony Stewart bzw. nach dem angekündigten Fahrerwechsel Ty Dillon, Clint Bowyer, Kurt Busch, Ryan Blaney und Trevor Bayne. Sehr achtbar präsentierten sich dabei Elliott und Bayne, die nach Keselowski und „Überflieger“ Matt Kenseth die meisten Führungsrunden einsammeln konnten. Ein tolles Rennen fuhr auch Landon Cassill, dem es gelang, für Front Row Motorsports einen elften Platz einzufahren – vor Michael Waltrip übrigens. Dale Earnhardt Jr. wurde nach seinem Unglück im Earnhardt-Country nur Letzter. Achso, und der Regen kam dann übrigens gar nicht…
Das gesamte Rennergebnis kann bei Jayski inklusive weiterer Statistiken noch einmal nachgeschaut werden. Es folgen wie gewohnt die Fahrerwertung und die Owner-Punkte, die Bildergalerie befindet sich am Ende des Artikels.
Vorschau Kansas Mai 2016
Am nächsten Wochenende solltet ihr alle zuerst an die Altvorderen – speziell die Mama, denn der Papa ist sicherlich noch blau vom Donnerstag – denken: Es steht der Muttertag auf dem Programm. Vielleicht ladet ihr Mutti einfach dazu ein, mit euch reinzufeiern, und das geht am besten in der Nacht von Samstag auf Sonntag mit der NASCAR auf dem Kansas Speedway. Auf dem 1,5-Meilen-Oval wird das progressive Banking zwischen 17 und 20 Grad nämlich unter Flutlicht befahren. Die Strecke ähnelt mit ihrem runden Charakter sehr dem Chigacoland Speedway und ist laut Fahrermeinungen auch recht gut mit seiner Intermediate-Schwester vergleichbar.
Nach einer Menge Shorttracks und Superspeedways bekommt das neue Aero-Paket somit wieder eine Chance, sich zu beweisen. Die letzten Rennen in Kansas sind mir irgendwie nicht wirklich in Erinnerung geblieben. Vermutlich ist das der Fall, weil Joey Logano zwei der letzten vier Ausgaben gewinnen konnte, dabei handelte es sich übrigens um die Chase-Rennen im Oktober. Das Frühjahr beherrschte Hendrick Motorsports 2014 und 2015 mit Jeff Gordon und Jimmie Johnson geschlossen und gerade diese Truppe benötigt nach den letzten Rennen mal wieder ein Erfolgserlebnis, da man zuletzt im März in Fontana in der Victory-Lane stand. Obwohl Joe Gibbs Racing zuletzt 2012 und 2013 mit Denny Hamlin und Matt Kenseth in Kansas gewann, sollte man diese Mannschaft nach ihrem Run im April mit je zwei Siegen in Folge von Kyle Busch und Carl Edwards trotzdem auf dem Schirm haben.
Zum Abschluss folgen an dieser Stelle wie gewohnt noch die Entry-List sowie ein Zeitplan für das TV-Programm am Wochenende.
Donnerstag, 05.05.
20:30 Uhr, Truck Series Practice, nicht im TV
22:30 Uhr, Truck Series Practice, nicht im TV
00:30 Uhr, Truck Series Final Practice, nicht im TV
Freitag, 06.05.
17:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, FS1
19:30 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, FS1
22:30 Uhr, Truck Series Qualifying, FS1
00:30 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, FS1
02:30 Uhr, Truck Series Rennen (Toyota Tundra 250), FS1 ab 2 Uhr
Samstag, 07.05.
01:30 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (GoBowling 400), FS1 & Motorvision TV ab 1 Uhr