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ELMS: Vorschau 4h von Imola

von StefanTegethoff
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Nach dem WEC-Kracher vergangenes Wochenende in Spa-Francorchamps legt nun die kleine kontinentale Schwester mit ihrer Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans nach: Am Sonntag trägt die European Le Mans Series ihr zweites Saisonrennen über die gewohnte Distanz von vier Stunden auf dem früheren Grand Prix-Kurs von Imola aus. Wie in Silverstone dürfte es dabei wieder in allen drei Klassen – LMP2, LMP3 und LMGTE – bunt zur Sache gehen.

imola autodromo veduta aerea

Der Austragungsort in der Emilia-Romagna sollte den meisten Motorsport-Fans wohlbekannt sein: Das Autodromo Enzo e Dino Ferrari südlich des 70.000 Einwohner zählenden Städtchens Imola war von 1980 bis 2006 Gastgeber für den Formel 1-Tross. Eine große Sportwagen-Geschichte hat die 1953 errichtete Anlage nicht. Aber nachdem die „alte“ Le Mans Series im Jahre 2011 dort erfolgreich debütierte (das Rennen gehörte auch zur zweiten Ausgabe des WEC-Testballons namens Le Mans Intercontinental Cup, Peugeot holte damals einen Doppelsieg), wurde das Rennen ab 2013 fester Bestandteil der runderneuerten European Le Mans Series.

Mit den LMP2-Boliden als Top-Kategorie in der „neuen“ ELMS passt diese Serie recht gut zu Imola, denn mit all den über die Jahre eingefügten Schikanen schienen die „großen“ Prototypen der Strecke entwachsen zu sein – dies würde wohl ebenso für die heutigen Werks-LMP1-Wagen mit ihren gewaltigen Beschleunigungswerten gelten, die etwas mehr Auslauf benötigen. Für Rennsport mit multiplen Klasse birgt Imola ohnehin eine Gefahr, die ohne die LMP1 aber beherrschbarer scheint: Die Vollgas-Passagen weisen vielfach leichte Schwünge und Knicke auf, die für Missverständnisse beim Überrunden langsamerer Fahrzeuge sorgen können. Insbesondere bei dem großen LMP3-Feld mit vielen eher unerfahrenen Fahrern ist hier Vorsicht und Rücksichtnahme geboten.

GT7D1073Rücksicht nehmen müssen vor allem die LMP2-Piloten, die sich auf das in einigen Wochen anstehende 24h-Rennen vorbereiten, aber natürlich auch um ihre eigene Meisterschaft kämpfen (zu der – anders als bei der WEC – Le Mans nicht dazuzählt). Die Führung haben nach dem Sieg in Silverstone Simon Dolan, Giedo van der Garde und Harry Tincknell für G-Drive Racing inne. Das unter russischer Flagge, aber mit Jota Sport aus England als Einsatzteam antretende Team wird es diesmal allerdings schwerer haben, da nicht davon auszugehen ist, dass sich die Konkurrenz wieder so schnell selbst dezimiert wie beim Saisonauftakt.

Insbesondere von Thiriet by TDS (wieder mit Beche/Hirakawa/Thiriet) ist mehr zu erwarten, der Ausfall früh im Rennen kam ebenso überraschend wie der gleichzeitige Ausrutscher von Tristan Gommendy im Eurasia-Oreca. Bei Jota / G-Drive wird man sicherlich auch dem in dieser Saison neu hinzugestoßenen Kollegen van der Garde auf die Finger geklopft haben, dass es sich um einen Teamsport handelt und dass Angriffe auf die schnellste Rennrunde in der letzten Runde bei sicherer Führung unangebracht sind.

Krohn Racing profitiert in Imola davon, dass mit Olivier Pla einer der schnellsten LMP-Fahrer hinzustößt, nachdem er in Silverstone bei seinem Ford GT-Werksengagement eingespannt war; allerdings bedürfte es wieder Fehlern der Konkurrenz, um nach vorn zu kommen, denn Tracy Krohn ist nicht schnell genug für Podiumsplätze aus eigener Kraft. Da ist eher schon wieder mit den beiden SMP-BR01-Boliden sowie mit den neuen Team SO24 by Lombard und Dragonspeed zu rechnen, die in Silverstone Potential zeigten. Auch Greaves Motorsport blieb beim Heimrennen hinter seinen Möglichkeiten zurück. Dragonspeed, neben IDEC Sport das einzige ELMS-LMP2-Team ohne sicheren Le Mans-Startplatz, plant für 2017 schon die Möglichkeit von zwei Einsatzfahrzeugen.

Murphy Prototypes tritt mit komplett geändertem Fahrer-Lineup an, man will bei dem irischen Team weiter jungen Talenten eine Chance geben. In Imola werden für Greg Murphy antreten: Garry Findlay (26, aus Norfolk in England, mit VdeV-Erfahrung), Patrick McClughan (20, aus Nordirland, durfte als Gewinner der Sunoco Challenge dieses Jahr beim Continental Tire Sports Car-Rennen in Daytona antreten) und Seán Doyle (22, aus Irland und in den dortigen Nachwuchsserien erfolgreich gewesen). Die drei Jungs werden sicherlich nicht um den Sieg mitfahren, aber vielleicht ist einer von ihnen ein LMP-Star von morgen.

GT7D1654United Autosport war vor der Saison Favorit in der LMP3-Klasse und hat diese Rolle beim Auftaktrennen mit seinem Doppelsieg bestätigt. Die Fahrerkombos Brundle/Guasch/England und Patterson/Bell/Boyd dürften auch in Imola wieder ein Wörtchen bei der Vergabe der vorderen Plätze mitreden. Harte Konkurrez kommt von den beiden Graff-Ligiers (Trouillet/Petit/Guibbert und Falb/Rayhall/Potolicchio), wobei das zweite Auto in Silverstone mit Getriebeproblemen zurückfiel. Insgesamt hielten sich die technischen Probleme in der noch jungen (und stark kostenbegrenzten) Klasse aber in Grenzen; wie auf Fahrerseite ist hier aber noch Konsolidierungspotenzial.

Neu hinzu kommt das zweite Auto des italienischen Teams Eurointernational mit den Fahrern Andrea Dromedari und Fabio Mancini; Letzterer sammelte 2013 schon einmal Punkte und Erfahrung in der GTC-Klasse der ELMS. Dromedari ist ein langjähriger Kart-Rennfahrer, der erst 2007 im Alter von 42 Jahren in den Automobil-Rennsport gewechselt ist. Nach Ferrari Challenge und der italienischen Superstars-Serie versucht er sich nun in einem der neuen Einsteiger-Prototypen.

Eine weitere Änderung gibt es auch beim LMP3-Ableger von Murphy Prototypes Murphy/3Dimensional.com. Der Ave-Riley-Prototyp ist immer noch nicht rennfertig, soll nun aber für die dritte Runde am Red Bull-Ring so weit sein. Das Team hält jedoch nicht am Ginetta-Chassis aus Silverstone fest, sondern wechselt – ohne Angabe von Gründen – auf den Ligier JS P3. Damit haben wir in Imola de facto eine Einheits-Klasse, denn die gesamte Konkurrenz setzt ebenfalls auf den Ligier aus dem Hause Onroak. Pilotiert wird der Murphy-Wagen vom 56-jährigen Barrie Baxter sowie von Alex Kapadia und Rob Garofall, der im Vorjahr den LMP3-Klassensieg in Imola holte.

Für die LMP3-Klasse ist Imola der Probelauf für den großen Auftritt beim „Road to Le Mans“-Rennen auf dem Circuit de la Sarthe am Samstagmorgen vor dem 24h-Rennen. In dem etwa einstündigen Lauf werden sie gemeinsam mit den Gran Turismo-Boliden aus dem Michelin GT3 Le Mans Cup an den Start gehen, der in Imola sein Debütrennen bestreitet – leider zunächst nur mit zehn gemeldeten Fahrzeugen. Die Vorschau dazu gibt es ebenfalls hier im Racingblog.

ALP70761Die LMGTE-Klasse sorgte in Silverstone nach der Zielflagge für etwas Tumult: Erst wurde das Siegerteam JMW disqualifiziert (aufgrund fehlender Teile am Unterboden / Splitter, die ihn wahrscheinlich schneller gemacht hätten, aber Regeln sind Regeln), dann wurde der Gast-Aston Martin rückversetzt, weil Richie Stanaway zwei Kurven vor Schluss im Kampf um Rang 3 mit Allessandro Pier Guidi aneinandergeraten war: Stanaway schaffte es über die Linie, Pier Guidi nicht, bekam aber den Podiumsplatz nachträglich zugesprochen. Radio Le Mans berichtete aber einige Tage später, dass doch eher der Italiener der Unfallverursacher gewesen sei; die Kamera fing die Szene nicht ein.

JMW ist nach wie vor erster Reservist für die 24 Stunden von Le Mans; aktuell zeichnet sich aber bei keinem Team auf der Startliste eine Absage ab, sodass die Briten in dieser undankbaren Position verbleiben könnten. Umso mehr will Jim McWhirters Fahrer-Trio Bertolini/Butcher/Smith nun noch einmal beweisen, dass sie spätestens 2017 wieder einen festen Platz verdient haben – der sicherste Weg zum Le Mans-Startplatz wäre natürlich der Titelgewinn.

Da der Stanaway-Aston Martin nur in Silverstone am Start war, ist der härteste Konkurrent im Kampf um den LMGTE-Titel wohl der Beechdean-Aston Martin mit Howard/Turner/Macdowall, der einen Le Mans-Startplatz sicher hat. Die AF Corse-Besetzungen in der ELMS sind – bei aller Qualität des Teams – fahrerisch im Durchschnitt nicht stark genug und der AT Racing-Ferrari von den wechselhaften Leistungen der Familie Talkanitsa abhängig (auch wenn sie in Silverstone eher Pech zurückwarf); in Imola ist hier anstelle von Allessandro Pier Guidi der AF Corse-WEC-Pilot Davide Rigon als Profi-Unterstützung am Start. Le Mans-Starter Formula Racing aus Dänemark blieb bislang blass, könnte aber auch noch vorn eingreifen.

Das Garage 56-Team um den vierfach amputierten Frédéric Sausset ist nach dem erfolgreich absolvierten Testlauf in Silverstone diesmal nicht am Start. Insgesamt ist die Starterzahl damit auf 42 Fahrzeuge gefallen.

Das vierstündige Rennen wird am Sonntag um 14 Uhr gestartet. Eine TV-Übertragung fällt in Deutschland diesmal aus; MotorsTV ist am Sonntag mit der Blancpain Endurance Series befasst. Allerdings wird es wie gewohnt einen Livestream auf dailymotion.com geben, der – wie das Live-Timing – auch auf europeanlemans.com zu finden sein wird. Noch einmal sei an dieser Stelle auch auf den dort zu findenden Spotter Guide verwiesen, der insbesondere in der bunten LMP3 für Überblick sorgt.

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