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IndyCar: Analyse 100th Indianapolis 500

von Rainer
6 Kommentare

Alexander Rossi konnte in seiner ersten IndyCar-Saison direkt das größte Rennen der Welt gewinnen. Als Rookie war er der größte Außenseiter im favorisierten Team von Michael Andretti.

DLY-9252_AAndretti Autosport ging mit fünf Fahrern ins Rennen und besonders Ryan Hunter-Reay war in der ersten Rennhälfte unglaublich stark. Im ständigen Wechsel mit James Hinchcliffe sammelte er insgesamt 52 Führungsrunden an. Sehr schnell war auch Townsend Bell, der immerhin zwölf Runden in Führung lag. Beim Stopp in Runde 117 kollidierten aber Bell und Hunter-Reay in der Boxengasse und beide verloren durch die Reparaturen eine Runde auf die Spitze. In Runde 125 wurde Marco Andretti langsam und musste das halbe Feld passieren lassen. Der Luftdruck im rechten Vorderreifen hatte sich zu stark erhöht und damit war das Fahrverhalten des Honda Dallara dahin. Damit waren nur noch Alexander Rossi und Carlos Munoz für Andretti Autosport in der Spitzengruppe. Am Ende sollten beide einen Doppelsieg feiern.

Noch bevor das Rennen freigegeben werden konnte, musste Buddy Lazier an die Box und sein defektes Gaspedal reparieren lassen. Erst mit 50 Runden Rückstand konnte er das Rennen aufnehmen. Das erste knappe Rennviertel unter Grün wurde von Ryan Hunter-Reay und James Hinchcliffe an der Spitze geprägt. Nur Josef Newgarden konnte in einem Chevrolet mit den schnellsten Hondas mithalten. In Runde 47 entdeckte die Rennleitung Debris auf der Gegengerade und rief die erste Caution aus. Das ganze Feld nutzte die Gelegenheit für einen weiteren Boxenstopp. Entsprechend eng wurde es in der Boxengasse und Will Power wurde mit einem „clear, clear, clear“ in Tony Kanaan hinein herausgeschickt. Die Strafe der Rennleitung war die Zurücksetzung an das Ende des Feldes. Erst in den letzten Runden des Rennens konnte sich Will Power wieder in die Top 10 vorarbeiten.

Das war der Auftakt eines sehr unglücklichen Indy 500 für Team Penske. In Runde 64 verlor Juan Pablo Montoya seinen Wagen in Kurve 2 und rutschte hart in die Betonmauer. Für den Titelverteidiger war das Rennen beendet. Nach Jimmy Bryan (1959) und Jonny Rutherfort (1977) war Montoya erst der dritte Titelverteidiger, der das Rennen als Letzter abschloss. In der Gelbphase wurde diesmal Simon Pagenaud bei einem „Improper Pit Exit“ erwischt und auch der Franzose durfte den Restart von ganz hinten in Angriff nehmen. Später litt der Motor von Pagenaud unter Fehlzündungen, sodass er sich nicht mehr in die Spitzengruppe vorkämpfen konnte. Nach drei Siegen in Folge sprang diesmal nur Platz 19 heraus.

MWY_3472Damit war Helio Castroneves der letzte Pfeil im Köcher von Team Penske. In Runde 90 konnte er erstmals die Führung des Rennens übernehmen. Nur drei Runden später wurde das Rennen mit einem heftigen Crash von Sage Karam unterbrochen. Karam hatte sich von Startplatz 23 kommend bis in die Top 10 verbessert. Im Kampf mit Townsend Bell um Platz 4 verlor er aber auf der Außenlinie von Kurve 1 seinen Wagen und schlug hart in die Safer-Barrier ein. Bell, der selbst unter einem übersteuernden Wagen litt, war dabei schuldlos. Nur zehn Runden nach dem Restart in Runde 105 drehte sich Mikhail Aleshin in Kurve 2, vergleichbar zu Juan Pablo Montoya, in die Mauer. Beim Ausweichen verlor Conor Daly seinen Wagen und kollidierte leicht mir Aleshin. Für beide war das Rennen beendet. Während der Boxenstopps in dieser Caution nahm Townsend Bell sich und Ryan Hunter-Reay aus der Spitzengruppe. Insgesamt gab es zu viele Zwischenfälle in der Boxengasse. Gerade die Sicherheit der Mechaniker war teilweise stark gefährdet.

DRG_4047Als sich ab Runde 125 auch Marko Andretti aus der Spitzengruppe verabschiedete, sah es gar nicht schlecht für Helio Castroneves und seinen vierten Sieg aus. James Hinchcliffe war mit dem Fahrverhalten seines Honda Dallara mit steigender Fahrbahntemperatur nicht mehr so zufrieden und Tony Kanaan konnte sich mit zu viel Abtrieb nicht an der Spitze des Feldes halten. In Runde 150 profitierte Castroneves von einem weiteren Zwischenfall. Gerade als er in der Boxengasse war, verlor Buddy Lazier bei der Ausfahrt ein Rad und es wurde eine Caution ausgerufen. Einige seiner Kontrahenten, wie Carlos Munoz und Scott Dixon, waren noch nicht an der Box und verloren einige Positionen.

16C_8312-1In Runde 162 war das Glück von Helio Castroneves aber aufgebraucht. JR Hildebrand fuhr im Windschatten auf seinen Wagen auf und nur der Abweiser hinter dem rechten Hinterrad verhinderte einen schweren Unfall. Dabei brach aber ein Teil und der Abweiser flatterte im Wind. Nach den Ereignissen in Pocono im Vorjahr hätte die Rennleitung Castroneves eigentlich sofort an die Box rufen müssen. In Runde 164 rutschte Takuma Sato, auf Platz 12 liegend, in Kurve 4 in die Wand und löste so die letzte Caution des Rennens aus. Das war das Ende eines wieder sehr guten Indy 500 des Japaners. Fast das komplette Feld kam an die Box. Durch die Reparatur verlor Castroneves viele Plätze und musste den Restart in Runde 168 von Platz 18 in Angriff nehmen. Hinter ihm in der Führungsrunde lagen nur Simon Pagenaud, Sebastien Bourdais und Gabby Chaves, die kurz vor dem Ende der Caution noch einmal zum Nachtanken an der Box waren.

Abgesehen von JR Hildebrand und Alex Tagliani, die auf einer anderen Strategie unterwegs waren, war für alle anderen Fahrer die restliche Renndistanz um circa fünf Runden zu lang, um es ohne weiteren Stopp ins Ziel zu schaffen. Die große Frage war nun, ob es jemand riskieren würde, ohne Stopp ins Ziel zu fahren und ob das dann auch gelingt. Erste Kandidaten für den Fuel-Gamble waren Sebastien Bourdais auf Platz 14, Simon Pagenaud auf Platz 18 und Scott Dixon auf Platz 5, der ein Großmeister im Benzinsparen ist.

Scott Dixon war bis dahin, im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Tony Kanaan, der ab Runde 50 fast durchgehend in den Top 6 zu finden war, eher unauffällig unterwegs. Zusammen mit Charlie Kimball hielt er sich meist zwischen den Positionen 8 und 15 auf. Rookie Max Chilton spielte keine Rolle im Vorderfeld und kam auf Platz 15 ins Ziel.

Nach dem finalen Restart suchten Tony Kanaan und Josef Newgarden ihr Heil in der Flucht. Ohne auf den Benzinverbrauch zu achten, fuhren sie schnelle Runden. Von hinten kam aber Carlos Munoz immer näher und übernahm in Runde 191 die Führung. In derselben Runde ging Scott Dixon an die Box und der erste potenzielle Gambler war aus dem Spiel. In den nächsten Runden kamen auch die anderen Fahrer zum Nachtanken. Tony Kanaan nahm in Runde 192 sogar noch vier neue Reifen. Am Ende sollte Platz 4 dabei herausspringen. Fünf Runden vor dem Ende folgten Josef Newgarden und Carlos Munoz an die Box und plötzlich lag Alexander Rossi in Front. Ryan Hunter-Reay hatte sich mit Rundenrückstand zurückfallen lassen und in seinem Windschatten konnte Rossi einiges Benzin sparen. Ob es aber reichen sollte, war fraglich.

DLY-9153_AMit einer halben Runde Rückstand folgte Rossis Teamkollege Carlos Munoz, der noch von Josef Newgarden bedrängt wurde. Das Benzin in Rossis Wagen reichte gerade noch bis auf die Start- und Zielgerade und so gewann, nach Helio Castroneves 2001, wieder ein Rookie das größte Rennen des Jahres. Die letzte Runde absolvierte Rossi mit einer Geschwindigkeit von nur 179,784 mph, Munoz war ganze 40 mph schneller. Der Wechsel von der Formel 1 hat sich für ihn schon nach nur sechs Rennen ausgezahlt. Für Bryan Herta, der vor der Saison seine #98 in die Fusion mit Andretti Autosport gebracht hatte und den Wagen auch beim Indy 500 betreute, war es nach 2011 mit Dan Wheldon der zweite spektakuläre Sieg beim Indy 500. Interessant ist auch, dass nach dem ersten (Ray Harroun 1911) und dem 50. (Graham Hill 1966) auch das 100. Indy 500 von einem Rookie gewonnen wurde.

Andretti Autosport war vom ersten Trainingstag an das schnellste Team im Feld. Ein Doppelsieg ist so keine große Überraschung. Ohne den Unfall von Townsend Bell und Ryan Hunter-Reay hätte es sogar eine langweilige Andretti-Dominanz geben können. So blieb aber noch ein wenig für die Chevrolets, insbesondere für Ed Carpenter Racing mit den Plätzen 3 (Newgarden) und 6 (Hildebrand) sowie Chip Ganassi Racing mit den Plätzen 4 (Kanaan) und 5 (Kimball), übrig.

CF5I1814Mit steigender Streckentemperatur konnte James Hinchcliffe nicht mehr ganz an die Leistungen der ersten Rennhälfte (27 Führungsrunden) anknüpfen. Am Ende kam er auf Platz 7 vor Scott Dixon und Sebastien Bourdais ins Ziel. Gerade bei Bourdais und noch mehr bei Pagenaud frage ich mich, warum man nicht auch gezockt hat. Man hatte etwas mehr Benzin an Bord als Rossi und viel zu verlieren hatte man auch nicht. Das gilt eigentlich auch für Will Power und Helio Castroneves, die auf die Plätze 10 und 11 nicht besonders stolz sein dürften.

Die Honda waren über lange Strecken die dominierenden Wagen im Feld. Vom eigentlich schnellsten Honda-Fahrer Graham Rahal war aber nicht viel zusehen. Im Gegensatz zu den Stadt- und Rundkursrennen hatte man bei RLL Racing keine gute Abstimmung für den Wagen gefunden. Schon während Training und Qualifikation kam Rahal nie in die Nähe der Andretti- und Schmidt-Honda. Am Ende lag er auf Platz 14 zwischen Marco Andretti und Max Chilton.

Die besten Teilzeitfahrer waren JR Hildebrand (Platz 6), Oriol Servia (Platz 12) und Alex Tagliani (Platz 17). Gerade Hildebrand hat wieder gezeigt, dass er auf dem IMS einer der schnellsten Fahrer ist. Sein Teamchef Ed Carpenter musste in Runde 98 seinen Dallara mit einem technischen Defekt abstellen. Sehr positiv ist auch Platz 18 von Pippa Mann hervorzuheben. Sie konnte sich somit vor ihren Teamkollegen platzieren. Auch Platz 22 für Matt Brabham ist ein sehr gutes Ergebnis. Stefan Wilson hingegen schied in Runde 119 mit einem elektrischen Defekt aus.

Das ganze Ergebnis gibt es auf der Homepage der IndyCar Series als PDF.

16C_1856-1Im Ganzen war es ein fast perfektes Indianapolis 500. Nur die Haubitzen am Eingang waren ein wenig unpassend. Sonst passte aber einfach alles: die Zuschauer, die Stimmung, die Zeremonien vor dem Rennen, der enge Kampf um die Spitze und ein extrem spannendes Finale mit sensationellem Sieger. Auch im Hinblick auf die Sicherheit war fast alles im grünen Bereich. Die Fahrer blieben weitestgehend von schweren Unfällen, auch schon in den Trainings, verschont. Sicherlich sind einige Fahrer hart in die Wand eingeschlagen, aber solange sie aussteigen und sich nur den Staub abklopfen müssen, gehören solche Unfälle zum Indy 500 dazu. Auch die neuen Sicherheitsfeatures haben ihren Zweck erfüllt. Kein Wagen ist aufgestiegen und das neue Seil hat die Nase von Montoyas Wagen am Chassis gehalten. Fragwürdig bleiben aber noch einige Dinge am Indianapolis Motor Speedway selbst wie zum Beispiel die „Abtrennung“ von Boxengasse und Start- und Zielgeraden.

Für die 500 Meilen von Indianapolis wurde die doppelte Anzahl an Meisterschaftspunkten verteilt. Auch für die Qualifikation gab es Extrapunkte, sodass sich Alexander Rossi ganze 124 Punkte gutschreiben lassen konnte. Damit verdoppelte er seine bisherige Ausbeute fast und liegt mit 203 Punkten aktuell auf Platz 6 der Meisterschaftswertung. Da sowohl Simon Pagenaud als auch Scott Dixon und Helio Castroneves kein sehr erfolgreiches Rennen hatten, hat sich an der Spitze wenig geändert. Pagenaud führt mit 292 Punkten vor Dixon (235 Punkte) und Castroneves (224 Punkte). Einen großen Sprung nach vorne haben auch Josef Newgarden (211 Punkte) und James Hinchcliffe (205 Punkte) auf die Plätze 4 und 5 gemacht. Die größten Verlierer des Wochenendes sind Juan Pablo Montoya (187 Punkte) und Graham Rahal (173 Punkte), die nur auf den Plätzen 10 und 12 liegen.

Der einzig richtig negative Gedanke am Sonntagabend war, dass es nun wieder fast ein Jahr dauert, bis die IndyCar wieder durch den Indianapolis Motor Speedway fliegen. Mit der IndyCar-Saison geht es aber schon am nächsten Wochenende mit zwei Rennen in Detroit weiter.

(c) Photos: IndyCar Media; Chris Jones, Chris Owens, Shawn Gritzmacher, John Cote, Forrest D. Mellot, David Yowe, Joe Skibinski, , Karl Zemlin, Walt Kuhn, Dana Garrett, Mike Young, Jim Haines, Leigh Spargur, Eric McCombs

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6 Kommentare

j82 31 Mai, 2016 - 08:31

Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht!
Es hat sich ein kleiner Tippfehler eingeschlichen: Dan Wheldon hat mit Herta 2011 nicht 2001 gewonnen.

Daniel 31 Mai, 2016 - 08:52

@ j82:

Danke fürs Aufpassen. Ist korrigiert.

Stefan 31 Mai, 2016 - 10:03

Auch von mir vielen Dank für den ausgezeichneten Beitrag!

Was mir beim Rennen wieder unfassbares Kopfschütteln bereitet hat, ist die Tatsache, dass die Rennleitung Castroneves rundenlang mit seinem losen Hinterteil durch das Oval hat jagen lassen. In meinen Augen eine unmögliche Aktion, gerade in Hinblick auf die jüngere Vergangenheit.

Crusher75 31 Mai, 2016 - 12:25

Danke j82, Daniel, Stefan

Ja, man hätte Helio direkt in die Box holen müssen. Wobei das „rundenlang“ auch etwas übertrieben ist. Wenn meine Notizen stimmen, fand die Kollision zwischen Hildebrand und Castroneves auf Start-Ziel Ende Runde 160/Beginn 161 statt. Takuma Sato verlor seinen Wagen in Kurve 4 zum Ende von Runde 162. Castroneves wäre somit ziemlich exakt zwei Runden mit dem gebrochenen Abweiser im Rennspeed gefahren.

nona 31 Mai, 2016 - 22:44

Ähm… dass das erste Indy 500 von einem Rookie gewonnen wurde, ist jetzt nicht sooo wahnsinnig bemerkenswert… logischerweise war jeder Fahrer im Feld ein Rookie…

Stefan 6 Juni, 2016 - 11:45

@ Crusher75:

Aufzeichnungen habe ich nicht, gefühlt kam es mir jedoch wie rundenlang vor. Aber als Indy500-Rookie ist das beim IMS mit dem Gefühl auch so eine Sache. ;)

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