Obwohl das ADAC GT Masters als Ergänzung des DTM-Erlebnisses am Lausitzring gedacht war, sollten die teils chaotischen Wertungsläufe fünf und sechs sehr unterhaltsam sein und die Problematiken der Strecke etwas überdecken. Ein ähnliches Kunststück gelang der International GT Open, welche auf dem unbeliebten Circuit Paul Ricard packende Szenen lieferte.
ADAC GT Masters:
Ein erster guter Indikator für den Erfolg des sogenannten „Motorsport Festivals“ waren die verhältnismäßig gut gefüllten Tribünen des Kurses in der Niederlausitz. Der Vergleich zum Vorjahr fällt jedoch schwer, da damals (Anfang Juli) große Hitze eine Herausforderung für alle Beteiligten dargestellt hat. Während die großen Windräder im Umfeld des stillgelegten Ovals vom mäßigen Wind profitieren konnten, bog das 34 Boliden umfassende Feld in geordneten Zweierreihen auf die Start-Ziel-Gerade ab. Durch die Breite des Asphaltbandes in der Anfahrt zu ersten Kurvenkombination begünstigt fächerten die Maschinen weit auf. Bis auf den #99 Precote Herberth Motorsport Porsche 911 GT3 R (Renauer/Ragginger) in der Führungsposition sollten die anderen Boliden ihre Ränge durch die schwierigen ersten Kurven verteidigen müssen. Renauer im silber-weißen 911 erhielt zwar zu Beginn einen größeren Schubser, der ihm aber schlussendlich sogar helfen sollte. Der auffälligste Renner der Startphase war der #7 Bentley Team Abt Continental GT3 (Jöns/Abt), der sich wie ein schwarz-gelber Rammbock von Startplatz zehn aus nach vorne kämpfte. Schubert Motorsport musste nach nur wenigen Runden schon auf den neu eingesetzten #19 BMW M6 GT3 (Mackschien/Hürtgen) verzichten, da dieser eklatant an Geschwindigkeit verlor. Das reguläre Schwesterauto mit der Nummer 20 (Krohn/Delétraz) hielt zur gleichen Zeit Rang drei. Die Bilanz der ersten zehn Minuten waren viele zu ruppige Duelle, durch die das Masters nicht mehr weit entfernt von einem klassischen Tourenwagenrennen gewesen ist. Jesse Krohn in seinem #20 BMW M6 GT3 versuchte, den Anschluss an die zweitplatzierte #69 Callaway Competition Corvette C7 GT3 (Assenheimer/Schwager) aufrechtzuerhalten, aber langfristig gesehen holte der #63 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 (Ineichen/Engelhart) zügig auf. Schließlich konnte der grüne Kampfstier am Ende von Start-Ziel überholen. Ein Überholvorgang, der klassisch auf dieser Strecke ist und zu den einzig realistischen Alternativen für Platzwechsel gezählt wird. Im Gegensatz zum hart umkämpften Mittelfeld entstanden nach 15 Minuten die ersten größeren Abstände an der Spitze. Unter anderem deswegen kam der Beginn des Boxenstoppfensters für viele Teams wie gerufen. Die meisten Topmaschinen wählten die ersten fünf Minuten als passenden Zeitraum für die Abfertigung an der Box. An der Grenze zum Ablaufen des 10minütigen Countdowns drehte der #1 Team Zakspeed Mercedes AMG GT3 (Asch/Ludwig) mit Ludwig am Steuer den #50 YACO Racing Audi R8 LMS GT3 (Geipel/Frey) ins Kiesbett, wo der Plauener Audi stranden sollte. So musste die nun ausgestiegene Rahel Frey die erste Neutralisierung des Rennens vom Streckenrand aus verfolgen. Für beide Teams war dieser Vorfall logischerweise sehr ärgerlich, da man aus der jeweiligen Perspektive von einem guten Saisonstart sprechen konnte, der durch das überambitionierte Manöver an der Grenze zur Top 10 gefährdet wurde. Noch bevor die Nummer eins zur Rechenschaft gezogen werden konnte, ließ das Team aus Niederzissen den Mercedes abstellen. Von Platz eins aus grüßte nach der SC-Unterbrechung weiterhin der #99 Herberth Motorsport Porsche, welcher nun den #63 GRT Lamborghini sowie die #69 Callaway Competition Corvette als direkte Verfolger einordnen musste. Nur wenige Runden später sollte der Audi R8 der Rennleitung nochmals ausrücken, da die Härte im Feld wieder Opfer gefordert hatte. Nach einem harten Kontakt versuchte Daniel Abt den #7 Bentley weiter am Limit zu bewegen, aber unterschätzte den Zustand des auffälligen Briten. Somit rutschte er in den #15 Phoenix Racing Audi R8 LMS GT3 (Pommer/ Winkelhock) und nahm beide Maschinen aus dem Rennen. Markus Winkelhock war zu Recht äußert verärgert über sein Pech, aber nach einem klärenden Gespräch am Abend soll die dicke Luft verflogen gewesen sein. Den Restart etwa sieben Minuten vor Ende der normalen Rennzeit erwischte Martin Ragginger dieses Mal nicht so perfekt, musste sich deswegen aber nur kurz in Acht nehmen vor Engelharts #63 GRT Lamborghini. Durch das komprimierte Feld entstand wiederum einiges an Blechschäden, was jedoch de facto zu vernachlässigen war; vor allem im sportlichen Niemandsland ging oft das Talent aus. So konnte selbst eine später zurückgezogene Untersuchung den Sieg von Herberth Motorsport nicht mehr verhindern. Robert Renauer sowie Martin Ragginger im Zusammenspiel mit leicht veränderter Balance of Performance waren am Samstag kaum zu schlagen. Durch eine wie so oft überzeugende Leistung von Rolf Ineichen im ersten Stint feierte man beim Grasser Racing Team Platz zwei und den Sieg in der Gentleman-Kategorie. Auf den #63 Lamborghini folgte auf der tiefsten Stufe des Podiums das Duo um Assenheimer (damit Sieg in der Juniorenwertung) und Dominik Schwager in der #69 Callaway Competition Corvette. Zugegebenermaßen überraschte der hohe Unterhaltungswert des Rennens, welcher höchstens durch die vielen Unfälle etwas getrübt wurde. Sollte eine Band aus der zweiten Reihe etwa dem Festival-Headliner die Show stehlen?
Im zweiten Lauf auf dem fast 16 Jahre alten Renngelände führte der Münchener Dominik Schwager in seiner orange-schwarzen Corvette die 34 Renner Richtung Rennfreigabe. Nachdem selbige erfolgt war, brach Chaos aus, welchem der Sieger des Vortages schutzlos ausgeliefert war. In einer „4-wide“-Konstellation wurde es trotz der Streckenbreite dann doch zu knapp und Martin Ragginger musste den Porsche in Folge eines Kontaktes abstellen. Auch nach der ersten Kurve kam es zu einigen Rangeleien, die so viele Trümmerteile hinterließen, dass sich die Rennleitung zur Ausrufung der ersten SC-Phase gezwungen sah. Offensichtlich sahen viele Fahrer eine Konkurrenz im gleichzeitig stattfindenden ersten Rennen der BTCC auf dem malerischen Oulton Park Circuit und wendeten die gleichen Methoden an. Der von Rang vier aus gestartete Christian Engelhart musste außerdem früh in seinem #63 GRT Lamborghini an die Box kommen. Somit überlebte von den Podiumteams des Vortages nur die #69 Callaway Competition Corvette C7 GT3, die ihre Schwester-Corvette mit der Nummer 77 (Gounon/Keilwitz) als direkte Verfolgerin im Rückspiegel sah. Mit dem erfolgten Neustart baute Keilwitz enormen Druck auf, aber fand sehr lange keine passende Überholmöglichkeit auf dem kurvenreichen Parcours. Dahinter duellierten sich der #29 Montaplast by Land Motorsport Audi R8 LMS GT3 (de Phillippi/Mies) und der #16 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 (Stolz/Bortolotti) um den dritten Gesamtrang. Schlussendlich setzte sich das GRT-Gefährt durch, musste aber eine leicht geöffnete Motorhaube hinnehmen. Der Land Motorsport Audi R8 LMS GT3 hingegen beendete die längere Auseinandersetzung mit einem eingedrückten Scheinwerfer. In dieser Reihenfolge bog die Spitze nach und nach im Laufe des Pflichtboxenstoppfensters in die Pitlane ab. Vor allem die beiden Callaway Competition Corvette C7 GT3 blieben bis kurz vor Ende des Countdowns auf der Strecke und bekämpften sich lieber gegenseitig. Da Keilwitz an Schwager verzweifelte, nutzte er den Stopp des Rivalen, um dank freier Fahrt einen Zeitvorteil zu generieren. Dieser Schachzug erwies sich als kluge Strategie, die die Führungsposition für seine Ablöse namens Jules Gounon einbrachte. Für die Kollegen der #69 lief es sogar so schlecht, dass auch der #16 GRT Lamborghini vorbeiziehen konnte. Glücklicherweise wurde die zweite SC-Phase des Rennens erst nach Ablauf der zehn Minuten nötig, als der #22 MRS GT-Racing Nissan GT-R Nismo GT3 (Feige/ Schothorst) mit dreckigen Reifen ins Kiesbett rutschte. Gounon erwischte den Neustart nach circa fünf Minuten am besten und verfolgte bestimmt gespannt im Rückspiegel, wie die #69 die Doppelführung für Callaway Competition wieder herstellen konnte. Etwa elf Minuten vor Ablauf der Rennzeit drehte sich der #1 Team Zakspeed Mercedes AMG GT3 zur Seite weg. Der Auslöser dafür war eine gebrochene Aufhängung, welche sich der weiße AMG GT3 im Kampf mit dem #17 KÜS TEAM75 Bernhard Porsche 911 GT3 R (Jahn/Cairoli) zugezogen hatte: ein schwarzes Wochenende für die Titelverteidiger. An sich waren die Plätze im vorderen Bereich bezogen, aber wenige Minuten vor Ende ereilte die Truppe des #16 GRT Lamborghini Huracán GT3 die schlechte Nachricht einer Durchfahrtsstrafe. Man hatte nicht der geforderten Geschwindigkeit in der Boxengasse entsprochen. Die Schlussphase wurde begleitet von harten Manövern im hinteren Mittelfeld, die teilweise am Montag noch nachträglich bestraft wurden. Im Hause Callaway Competition feierte man wenige Minuten später den verdienten Doppelsieg. Die dominante Nummer 77 verbuchte zusätzlich noch den Klassensieg in der Juniorenwertung, da der 21 Jahre alte Gounon den Formalitäten entsprach. Durch den regelwidrigen Stopp des Grasser Racing Teams und die bessere Pace rückte der #29 Land Motorsport R8 LMS GT3 auf Podiumsplatz drei vor. Für de Phillippi und Mies gab es damit wichtige Punkte für den Meisterschaftskampf. Kurz vor Saisonhalbzeit haben die beiden mit 83 Punkten jeweils nur drei Zähler Vorsprung auf die Rennsieger des Sonntags. Luca Ludwig und Sebastian Asch sind zwar aktuell die drittbeste Paarung, aber mit 54 Punkten tendenziell schon weit abgeschlagen. Kein Gentleman-Bolide wurde im zweiten Lauf offiziell klassifiziert. Das „Motorsport Festival“ sollte auch die letzten Zweifler überzeugt haben und hinter den Kulissen hofft man auf eine Fortsetzung. Wir würden uns eine weitere Zusammenarbeit und vielleicht auch eine Ausweitung dieser Synergie sehr wünschen. Der Rennkalender nennt den Red Bull Ring als nächste Saisonstation, der vom 22. bis 24. Juli zur GT Masters einlädt. In Anbetracht des sich anbahnenden knappen Zweikampfs um den Titel lohnt sich das Einschalten sicherlich. Den Teams und Verantwortlichen wünschen wir eine angenehme Sommerpause.
International GT Open:
Die Skepsis im Vorfeld der beiden Rennen im südfranzösischen Le Castellet war groß. Riesige Auslaufzonen und nur 16 Starter klangen wenig verlockend. Noch am Samstag schien ein Beitrag im Report ziemlich unrealistisch, aber sehr unterhaltsame Duelle auf der Mistral-Geraden sollten den Lauf zu einem Klassiker machen. Von der Pole-Position aus startete Côme Ledogar im #88 Garage 59 McLaren 650S GT3 (Ledogar/West) ins Rennen, erlitt aber nach nur 25 Minuten des 70minütigen Rennens einen kapitalen Reifenschaden. Da der talentierte Werksfahrer aus Frankreich sehr dominant davon ziehen konnte, entstand somit auch wieder ein spannender Kampf um den Sieg. Kurz vor dem Beginn des Boxenstoppfensters übernahm der #27 Orange 1 Team Lazarus Lamborghini Huracán GT3 (Biagi/Crestani) dementsprechend die Spitzenposition, die er aber nach dieser Phase an den #1 Teo Martín Motorsport BMW M6 GT3 (Ramos/Rodríguez) abgeben musste. Der zweite M6 GT3 des Teams (Yacaman/Monje) mit der Nummer zwei musste wegen einer kaputten Lichtmaschine das Rennen auf halber Höhe aufgeben. In den letzten 20 Rennminuten schoben sich die besten fünf Boliden zu einer großen Kampfgruppe um den Sieg zusammen, die teilweise in Zweierreihen die letzten Runden antrat. Doch selbst dieser atemberaubende Kampf konnte Teo Martín Motorsport nicht davon abhalten, am Samstag zu gewinnen.
Das Sonntagsrennen entsprach schon mehr den geschilderten Klischees. Dieses Mal sollte der andere Garage 59 McLaren 650S GT3 mit der Nummer 59 (Benham/Tappy) als erster Wagen Start-Ziel überqueren, aber auch das zweite Duo konnte davon nicht profitieren. Der Grund dafür war das eigentliche Highlight des Rennens in der Form des Duells um den Sieg mit dem #34 TF Sport Aston Martin Vantage GT3 (Yoluc/Hankey). Wenige Minuten vor Ablauf der Zeit kollidierten die Sieganwärter, obwohl der Hauptanteil des 60minütigen Laufs sehr fair zwischen ihnen verlief. Somit gewann der #27 Orange 1 Team Lazarus Lamborghini Huracán GT3 in der Abstauberposition liegend, welcher am Vortag ebenfalls Probleme mit dem #34 TF Sport Aston Martin hatte. Für die Serie geht es erst Ende Juli weiter, wenn der Rennzirkus vom 23. bis 24. Juli auf dem Silverstone Circuit gastiert.
Apropos Silverstone Circuit: Am kommenden Wochenende folgt auf Rock am (Lausitz-) Ring die Motorsportvariante des Glastonbury Festivals. Die British GT lud sich nämlich die GT4 European Series als Gastserie zum „Silverstone 500“ ein. Doch im Gegensatz zur deutschen Veranstaltung werden die europäischen GT4-Renner sich der Konkurrenz im Rennen stellen. Stand Dienstag darf sich der geneigte MotorsTV-Empfänger auf 18 GT3-, 16 GT4- und 17 GT4-ES-Nennungen freuen. Falls die GT4 European Series einen Livestream anbieten wird, findet Ihr alle Formalitäten in den TV-Zeiten. Generell sind am kommenden Wochenende einige „kleinere“ GT-Serien weltweit unterwegs. Die GT Asia wird Rennen im thailändischen Buriram austragen, die Australian GT Trophy Series befährt den Winton Motor Raceway und die Italian GT gastiert auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli. Inwiefern ein GT3-Report im Hinblick auf diese bunte Mischung Sinn macht oder ob bereits auf Le-Mans-Vorberichte umgestiegen wird, klärt sich in den kommenden Tagen. Trotzdem wünschen wir Euch ein spannendes Rennsportwochenende weltweit und freuen uns mit Euch auf die 24 Heures du Mans.
Bilderquelle / Copyright: ADAC GT Masters