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BTCC: Analyse Oulton Park 2016 und Vorschau Croft

von Sebastian Focks
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Subaru ist da! Die BTCC schrieb in Oulton Park mit dem ersten Subaru-Sieg Geschichte. Colin Turkington holte sich sowohl die Pole Position als auch den Sieg im ersten Lauf. Als zweiter großer Gewinner des Wochenendes reist BMW-Pilot Sam Tordoff mit einem Sieg und zwei zweiten Plätzen aus Oulton Park ab.

Ich muss mal wieder Abbitte leisten. Nach dem Rückzug der Subaru für die Rennen in Thruxton hatte ich das gesamte Engagement ein wenig in Frage gestellt. Nun hat mich die Mannschaft rund um Teamchef Warren Scott eindeutig eines besseren belehrt. Wie aus dem Nichts sind die Subaru plötzlich mit bei der Musik. Colin Turkington fuhr bereits zu Beginn der Qualifikation eine Rundenzeit, an die kein anderer Fahrer mehr herankommen sollte. Und wie man es von Turk gewohnt ist, brachte er die Pole Position im ersten Lauf zu einem sicheren Start-Ziel-Sieg nach Hause. Teamkollege Jason Plato rundete mit dem dritten Platz, den er in den folgenden beiden Läufen jeweils wiederholen konnte, die tolle Subaru-Leistung ab.

Plato1Da stellt sich natürlich die Frage, wie das alles sein kann. In Donington war man noch weit weg von der Spitze. Und bevor man die Autos in Thruxton wegen der Probleme mit der Benzinversorgung zurückzog, waren die Zeiten, die man in den freien Trainings hinlegte, auch nicht gerade berauschend. Aber man hatte seit dem Thruxton-Wochenende vier Wochen Zeit, sich mit den bislang gesammelten Daten ganz in Ruhe um die Verbesserung des Wagens zu kümmern. Und diese Zeit hat man anscheinend optimal genutzt, war unter anderem ausgiebig testen und konnte insbesondere an der Balance und Fahrwerksabstimmung arbeiten.

Turkington-01Das größte Manko bleibt zwar weiterhin die mangelnde Motorleistung, aber Oulton Park bietet wenig Highspeed-Abschnitte, weshalb der fehlende Top-Speed hier nicht so sehr ins Gewicht fällt. Ganz im Gegenteil konnten die Subaru sogar beim Herausbeschleunigen aus langsamen Ecken sehr gut mithalten. Traktion und Drehmoment sind also vorhanden und es fehlt einzig oben heraus.

Turkington6Auch der Heckantrieb dürfte sich positiv ausgewirkt haben. Oulton Park ist üblicherweise eine Strecke, die den Hecktrieblern entgegenkommt (im ersten und zweiten Lauf waren mit Turkington, Tordoff und Plato sogar ausschließlich heckangetriebene Autos auf dem Podium, im dritten mit Tordoff und Plato zwei). Das ganze macht natürlich Mut für die beiden kommenden Veranstaltungen in Croft und Snetterton – zwei Strecken, auf denen sich Hecktriebler ebenfalls besonders wohl fühlen.

PlatoTurkingtonNach seinem Sieg im ersten Lauf musste Turkington sich beim Start zum zweiten Lauf Sam Tordoff geschlagen geben, brachte den zweiten Rang aber ebenso sicher ins Ziel wie zuvor den Sieg. Im dritten Lauf folgte dann noch ein siebter Platz für Turkington. Teamkollege Jason Plato brachte nach Startplatz 6 das Kunststück fertig, in jedem der drei Läufe auf den dritten Platz zu fahren. Im Gegensatz zu Turkington hatte er dabei alle Hände voll zu tun und lieferte sich einige sehenswerte Duelle – unter anderem mit Gordon Shedden im ersten Lauf und Josh Cook im dritten Lauf. In diesem profitierte Plato zwar vom Reifenplatzer des uneinholbar vor ihm liegenden Shedden, aber sein Manöver, mit dem er sich in der letzten Kurve der letzten Runde den dritten Platz holte, war mehr als sehenswert.

Cole-1Auffallend war, dass James Cole und Warren Scott in den beiden anderen Subaru das Tempo von Turkington und Plato nicht mal annähernd mitgehen konnten. War das im Falle von Scott noch zu erwarten, ist es bei James Cole durchaus überraschend. Der letztjährige Ford-Pilot war kaum schneller als Warren Scott und kam weder in der Quali noch in den Rennen über das hintere Mittelfeld hinaus. Möglicherweise sind aber auch nicht alle vier Subaru auf dem gleichen technischen Stand – das werden dann die kommenden Rennen genauer zeigen.

Tordoff3Aber so großartig die Leistung der Subaru in Oulton Park auch war, der Mann des Wochenendes ist zweifelsfrei BMW-Pilot Sam Tordoff. Tordoff qualifizierte sich hinter dem überraschenden Daniel Lloyd auf Startplatz 3. Bereits beim Start schnappte er sich dann Lloyds Civic und cruiste mit einigem Abstand zu Colin Turkington auf den zweiten Platz. Beim Start zum zweiten Lauf übernahm Tordoff schnell die Führung von Turkington und brachte seinen ersten Saisonsieg 2016 sicher unter Dach und Fach. Im dritten Lauf machte der West Surrey-Pilot dann einige Positionen gut und wurde nach Sheddens Ausfall erneut Zweiter. Insgesamt war Oulton Park das erste Rennwochenende in diesem Jahr, bei dem für Tordoff mal alles glatt lief und die exzellenten Platzierungen brachten ihm genügend Punkte ein, um die Tabellenführung mit einem Punkt Vorsprung vor Matt Neal zu übernehmen.

Collard2Vor Oulton Park hatte Neal sich die Tabellenführung noch mit Tordoffs Teamkollegen Rob Collard geteilt. Collard machte sich seine Chancen aber einmal mehr mit einem schlechten Ergebnis in der Quali zunichte. Startplatz 16 bedeutete viel Arbeit und Risiko für den West Surrey-Stammpiloten. Aber wie es von ihm zu erwarten war, ging Collard dann in den Rennen volle Attacke und pflügte jeweils geradezu durchs Feld. Für jeden Tourenwagen-Fan war es ein wahrer Augenschmaus, Collard dabei zuzusehen, wie er Gegner für Gegner niederrang.

Collard4Aber wie das eben so ist, wenn man von Zweikampf zu Zweikampf eilt, wurden Collards Anstrengungen nur wenig belohnt. Im ersten Lauf schoss ihn Jeff Smith in der Haarnadelkurve ab, was ein gutes Rennen zunichtemachte und nur den 23. Platz bedeutete. Von dort aus hatte sich Collard im zweiten Lauf schon sensationell bis auf den sechsten Platz nach vorne gearbeitet, als ihm nach einem genialen Fight mit Josh Cook ein Reifen platzte – P25 war die bittere Folge. Aber Collard war im absoluten Angriffsmodus, arbeitete sich im dritten Lauf erneut durch das Feld und landete am Ende auf dem sechsten Platz. Die Tabellenführung hat er natürlich verloren, liegt aber mit 28 Punkten Rückstand immer noch auf einem aussichtsreichen dritten Platz.

Shedden3Ohne die Unfälle hätte Collard freilich beste Chancen gehabt, weiterhin die Meisterschaft anzuführen. Aber über „hätte“ und „wäre“ sollte der West Surrey-Pilot besser ebenso wenig nachdenken, wie Honda-Pilot Gordon Shedden. Der zeigte nach Startplatz 5 erneut sehr solide Leistungen in den ersten beiden Läufen, in denen er sich im direkten Zweikampf nur Jason Plato geschlagen geben musste und jeweils Vierter wurde. Im letzten Lauf eroberte Shedden schnell den zweiten Rang und führte gemeinsam mit Teamkollege Matt Neal das Feld an. Als alles schon nach einem sicheren Honda-Doppelsieg aussah, platze Shedden kurz vor Schluss ein Reifen, und statt der Punkte für den zweiten Platz, war eine Nullnummer die Folge. Platz 4 in der Meisterschaft, einen Punkt hinter Rob Collard ist zwar gut, aber ohne den Reifenplatzer wäre Shedden in direkter Schlagdistanz zur Spitze. Aber wie gesagt, „hätte“ und „wäre“ sollte Shedden lieber aus seinem Sprachschatz streichen.

NealBesser lief es für Teamkollege Matt Neal, der zwar die Tabellenspitze verloren hat, aber nun mit nur einem Punkt Rückstand auf Platz 2 in der Meisterschaft liegt. Mit Startplatz 8 war er zwar nicht ganz so gut wie sein Teamkollege, aber angesichts des hohen Zusatzballasts solide. Im ersten Lauf verlor Neal dann eine Position und wurde hinter dem erneut starken Árón Smith nur Neunter. Im zweiten Lauf duellierte er sich unter anderem sehr sehenswert Josh Cook und wurde hinter dem MG Siebter. Dank des Reverse Grid bedeutete dies die Pole Position für den letzten Lauf, die Neal in einen sicheren Start-Ziel-Sieg verwandelte.

JacksonM-2Nach der sehr guten Leistung in Thruxton kamen die Ford in Oulton Park auf keinen grünen Zweig. Mit P12 (Jordan) und P23 (!) (Jackson) qualifizierten sich beide Motorbase-Piloten außerhalb der Top Ten. Jackson bemühte sich dann in den Rennen, nach vorne zu kommen, war aber mehr als einmal in Kollisionen verwickelt, die ein besseres Resultat als den zehnten Platz im zweiten Lauf vereitelten. Jordan kam nach dem zehnten Platz im ersten Lauf zwei Mal auf den achten in den beiden anderen Läufen. Die Pole und damit eine gute Ausgangsbasis, um für eine Überraschung im dritten Lauf zu sorgen, verpasste er dabei nur denkbar knapp.

Jordan2Oulton Park passte den Ford also so gar nicht, was insofern überraschend ist, als dass man im letzten Jahr noch eines der besten Fahrwerke hatte und es gerade darauf in Oulton Park ankommt. Hier zeigt sich, wie schon mal beschrieben, dass der Wechsel von den GPRM-Bauteilen auf die neuen RML-Komponenten den Ford nicht gut passt. Im letzten Jahr hatte man mit den GPRM-Fahrwerkskomponenten ein perfekt abgestimmtes Fahrzeug, was sich bislang nicht auf die neuen Bauteile übertragen lässt. Dass der Ford trotz Beschneidung im Turbo-Boost noch immer ordentlich Dampf auf der Kette hat, zeigte sich in Thruxton, aber solange es Motorbase nicht gelingt, dem Focus ein solides Grund-Setup zu verpassen, wird die Leistung der Ford weiterhin von Strecke zu Strecke schwankend sein.

Morgan3Einen ähnlichen Leistungsabfall gegenüber Thruxton erlebte Adam Morgan mit seinem Mercedes. Durch seinen Sieg in Hampshire hatte er sich still und heimlich zum Mitanwärter auf die Meisterschaft aufgeschwungen, erlebte dann aber in Oulton Park ein mehr als durchwachsenes Wochenende. In der Quali reichte es wegen Problemen an der Lenkung nur zu Startplatz 27. In den Rennen folgten dann die Plätze 24, 12 und 10. Morgan liegt zwar weiterhin auf Platz 5 in der Meisterschaft, hat aber nun 31 Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze.

Ziemlich gut war Tom Ingram unterwegs, der endlich mal von Problemen verschont blieb und drei saubere Rennen hinlegen konnte. Nach dem vierten Startplatz musste er sich zwar Jason Plato und Gordon Shedden geschlagen geben, konnte aber seinerseits Rookie Dan Lloyd überholen und wurde Fünfter. Es folgten zwei hart verteidigte vierte Plätze in den beiden anderen Läufen. Dabei war auffallend, dass es dem Toyota sehr an Rennspeed mangelte und sich zweitweise das gesamte Feld hinter Ingram zu stauen schien, was einige sehr spektakuläre Kämpfe dahinter ermöglichte.

LloydNeben der Pole von Turkington war nach der Quali das bestimmende Thema der zweite Startplatz für Rookie Dan Lloyd im Eurotech-Honda. Der Newcomer legte in seinem erst zweiten BTCC-Qualifying eine blitzsaubere Leistung hin und startete aus der ersten Reihe. Zwar musste er sich schon beim Start Sam Tordoff geschlagen geben und auch der weitere Rennverlauf zeigte, dass es Lloyd insbesondere in den BTCC-typischen Zweikämpfen noch an Erfahrung mangelt, aber P6 war dennoch ein gutes Resultat. Im zweiten Lauf rieb Lloyd sich dann in diversen Scharmützeln auf und wurde nur Zwölfter, bevor er im letzten Lauf einen Ausfall hinnehmen musste.

Hier gibt es alle Ergebnisse aus Oulton Park. Und wer sich die einzelnen Rennen noch mal anschauen möchte, wird hier auf der Website der ITV fündig. Die Stände in der Meisterschaft können hier als PDF abgerufen werden.

Die nächsten BTCC-Rennen finden am kommenden Wochenende in Croft statt. Der 3,4 Kilometer lange Kurs in Yorkshire ist traditionell eine Strecke, die Hecktrieblern entgegenkommt. Im letzten Jahr holten sich die BMW sogar alle drei Laufsiege. Mit den plötzlich erstarkten Subaru haben die bayerischen Fabrikate aus dem Team von West Surrey Racing aber möglicherweise ernsthafte Konkurrenz bekommen. Als nachteilig könnte sich für die Subaru jedoch ihr fehlender Top Speed herausstellen. Croft verfügt über einige sehr schnelle Abschnitte (insbesondere die lange Gerade zwischen Schikane und Tower Bend), in denen man ohne gute Höchstgeschwindigkeit chancenlos ist. Daher ist Croft auch ein sehr guter Gradmesser, um zu sehen, wo die Subaru tatsächlich stehen.

Für die BMW und insbesondere Sam Tordoff ist Croft natürlich die ideale Strecke, um die frisch eroberte Tabellenführung zu festigen. Abzuwarten bleibt nur, wieweit Tordoff in der Quali und im ersten Lauf vom vollen Zusatzgewicht beeinflusst wird. Und auch wenn Croft den heckangetriebenen Fahrzeugen besonders gut liegt, darf man natürlich die Honda auf keinen Fall vernachlässigen. Neal und Shedden liegen weiterhin sehr aussichtsreich in der Meisterschaft und werden alles daran setzen, die Tabellenführung zurückzuerobern. Auf dem Schirm sollte man außerdem die in Sachen Top Speed besonders gut aufgestellten Ford und Mercedes haben.

Leider überschneidet sich das erste BTCC-Rennen mit der Schlussphase aus Le Mans. Je nach Rennverlauf an der Sarthe kann sich ein kurzes Rüberzappen nach Yorkshire aber durchaus lohnen. Start des ersten Laufes ist um 13:00 Uhr. Die beiden anderen Läufe starten um 15:40 und 18:05.

Sutton5

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