Mercedes hat heute in Goodwood den neuen AMG GT R vorgestellt. Bei der schärferen Variante des AMG GT hat man den Motor und vor allem das Fahrwerk im Auge gehabt.
Mit dem AMG GT ist Mercedes ein kleiner Glückstreffer gelungen. Gelungene Form, der vermutlich beste V8-Turbo, den man für Geld kaufen kann und das alles zu einem Basispreis von 115.430 Euro (mit 462 PS) oder 134.351 Euro (510 PS). Schon der AMG GTS mit 510 PS hat derartig viel Leistung, dass er die 1.615 kg Leergewicht spielend durch die Kurven treibt. Doch das reicht AMG nicht. Bekanntermaßen hat es auch vom Vorgänger des GT, dem SLS, jede Menge Varianten gegeben, meist in geringer Stückzahl aufgelegt. Von der GT3-Variante bis zum brachialen „Black Series“ – bei den Sportwagen legt Daimler immer gerne noch mal Schippe drauf.
Die nackten Zahlen versprechen schon so einiges. Die Leistung des 4-Liter V8 Biturbo im GT R steigt auf 585 PS. Mehr als genug, auch wenn die Konkurrenz von Audi in Form des R8 V10+ 610 PS abliefert, der Ferrari F488 sogar 670 PS. Mehr Leistung ist in diesen Regionen aber nicht zwingend immer besser. Klar, Audi und Ferrari schlagen den AMG beim Topspeed (330 km/h vs. 318 km/h im AMG), aber mal ehrlich, wann spielt das schon eine Rolle, außer in Quartett-Spielen?
Der Motor des AMG GT, der in abgewandelter Form auch im C63 werkelt, ist jedenfalls ein Gedicht. Die AMG-Ingenieure haben die beiden Turbolader ins V, also zwischen die beide Zylinderköpfe des Achtzylinders gelegt. Die dementsprechend kurzen Wege, die die Luft aus dem Turbolader zurückzulegen hat, machen sich im Ansprechverhalten deutlich bemerkbar. Egal, ob Lastwechsel oder die Beschleunigung aus dem Stand – ein Turboloch ist nicht zu spüren. Und doch hat AMG noch mal nachgelegt.
Die Leistungssteigerung um 75 PS wurde mit Hilfe neuer Turbolader mit einer geänderten Verdichterbearbeitung und kleinerer Wastegate-Steuerdose sowie einer schärferen Applikation der Motorsteuerung erreicht. Der Ladedruck der Turbolader stieg im Vergleich zum AMG GT von 1,2 auf 1,35 bar. Hinzu kommen optimierte Auslasskanäle sowie eine modifizierte Verdichtung. Der gesamte Verbrennungsprozess wurde neu abgestimmt. Nicht wenig Arbeit, um den Motor zu tunen.
Das Ergebnis im Datenblatt: Statt der 310 km/h des GTS schafft der GT R 318 km/h, und während der GTS in 3,8 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt, benötigt der GT-R zwei Zehntel weniger. Und dafür die ganze Arbeit und 75 PS mehr? Den Ingenieuren ging es nicht um die Fahrleistung auf einer schönen langen Geraden, sondern darum, den GT-R vor allem auf der Rennstrecke und der Landstrasse besser werden zu lassen. Die Summe der genannten Änderungen soll vor allem dafür sorgen, dass der Motor schneller und aggressiver auf die Pedalbefehle des Fahrers reagiert.
Damit diese auch vernünftig umgesetzt werden, hat man das Fahrwerk massiv verändert. Das gilt vor allem für die Spurweite, die etliche Millimeter gewachsen ist, um so einerseits die Traktion zu verbessern, andererseits sollen so aber auch die Kurvengeschwindigkeiten steigen. Das Gewindefahrwerk hat Uniball-Gelenklager an den unteren Querlenkern der Hinterachse. Sie sind deutlich verschleißfester als Querlenkerbuchsen und haben konstruktionsbedingt kein Spiel, wodurch sich Spur und Sturz auch bei hoher Belastung nicht verändern.
Wie im professionellen Motorsport kann der Fahrer sein persönliches Setup wählen und die Federbasis mechanisch stufenlos einstellen. Damit lassen sich das Nick- und Wankverhalten sowie die Traktion des AMG GT R gezielt beeinflussen, um sie den eigenen Bedürfnissen oder der jeweiligen Rennstrecke anzupassen. Das gilt auch für die neu entwickelte Traktionskontrolle, die dem Fahrer insgesamt acht Stufen zur Verfügung stellt.
Auch an der Aerodynamik wurde gearbeitet. An dem starren Heckflügel auf dem Kofferraum werden sich sicher die Geister scheiden. Weniger sichtbar sind zwei andere Dinge. Zum einen hat man unter dem Auto an der Front ein Carbon-Bauteil anbracht, das ab 80 km/h (wenn der Race-Mode gewählt wurde) ausfährt und den Unterdruck unter dem Auto verstärkt. Zum anderen gibt es, wie mittlerweile auch bei anderen Supersportwagen, bewegliche Lamellen in der Frontschürze.
Normalerweise sind die Lamellen geschlossen – auch bei Höchstgeschwindigkeit, beim Bremsen und in schnellen Kurven. Diese Stellung reduziert den Luftwiderstand und ermöglicht es, die Luft gezielt in Richtung Unterboden zu lenken, um den vorderen Auftrieb noch weiter zu reduzieren. Erst wenn bestimmte Temperaturen an vordefinierten Komponenten erreicht sind und der Kühlluftbedarf besonders hoch ist, öffnen sich die Lamellen und lassen maximale Kühlluft zu den Wärmetauschern strömen.
So weit, so schön das alles. Aber was kostet der Spaß, fragt sich der geneigte Beobachter, wenn ihn das sehr grüne Grün in den Bildern gefallen sollte. Da die Verkaufsfreigabe erst Mitte November ist, steht der Preis noch noch nicht fest. Aber wenn auf eine Zahl im Bereich von 160.000 Euro tippt, liegt man vermutlich nicht weit daneben. Ausgeliefert wird die scharfe Variante dann ab März 2017.
Bilder: Daimler AG / AMG