Die BTCC zeigte in Croft drei turbulente und von vielen Zwischenfällen und Safety Car-Phasen geprägte Rennen, in denen sich mit Colin Turkington, Rob Collard und Ashley Sutton drei Fahrer verschiedener Marken die Siege holten. Für den jungen Ash Sutton war es außerdem sein Premierensieg in der BTCC, die in dieser Saison nun zehn verschiedene Sieger in 15 Rennen gesehen hat.
Nach den letzten Läufen in Oulton Park hatte man ja schon vermuten können, dass die urplötzlich erstarkten Subaru des Team BMR auch in Croft eine gute Figur machen würden. Der Kurs in Yorkshire, der in den letzten Jahren meist fest in BMW-Hand lag, kommt durch sein Layout heckgetriebenen Fahrzeugen sehr entgegen. Und die Subaru waren nicht nur mit von der Partie, sie zeigten sich sogar leicht stärker als die favorisierten BMW. Dass es dann letzten Endes doch nur ein Subaru-Sieg in Croft werden sollte, haben sich Colin Turkington und Jason Plato selbst auf die Fahne zu schreiben. Und dass in Lauf 3 weder ein Subaru noch ein BMW den Sieg holte, sondern ein MG, lag vornehmlich am Regen und einem fulminant auffahrenden Ash Sutton.
Für das erste unrühmliche „Highlight“ des Wochenendes sorgten allerdings die Meisterschaftsaspiranten Matt Neal und Rob Collard bereits im Qualifying, als beide kollidierten und ihre Einsatzgeräte nachhaltig beschädigten, sodass an eine Zeitenjagd nicht mehr zu denken war. Die entsprechend schlechten Startplätze 13 (Collard) und 17 (Neal) waren die logische Folge. In der Schuldfrage schlägt das Pendel eher in die Richtung Matt Neal, der in eine Lücke stieß, die Collard ihm weit genug offen ließ, dann aber dennoch in den BMW seines Kontrahenten hineinstieß. Fraglich ist, ob Neal sich auch ohne Kollision überhaupt deutlich besser hätte qualifizieren können; Teamkollege Gordon Shedden kam seinerseits nämlich nicht über Startplatz 15 hinaus, was die mit Abstand schlechteste Qualifying-Platzierung der Dynamics-Honda seit Menschengedenken seit Ewigkeiten darstellte.
Die erste Startreihe für den ersten Lauf in Croft war identisch zu der von Oulton Park vor drei Wochen: Colin Turkington sicherte sich erneut die Pole Position und Rookie Dan Lloyd schaffte es mit einer späten Zeitenattacke im Eurotech-Honda erneut auf den zweiten Startplatz. Leider erlebte Lloyd dieses Mal ein relativ kurzes Rennen: Beim Start setze er sich neben Turkington und versuchte, über die Außenbahn auf Biegen und Brechen vor diesem in die erste Kurve einzubiegen. Turkington behielt seine Linie jedoch bei und der Honda wurde von der Front des Subaru breitseits getroffen, rodelte durch den Kies und landete im Reifenstapel. Damit war der Arbeitstag des vielsversprechenden Nachwuchstalents auch schon gelaufen, denn in den beiden folgenden Läufen gelang es Lloyd, der zugab bei der Attacke zu optimistisch gewesen zu sein, nicht mehr, noch mal weiter nach vorne zu fahren. Ein weiterer Leidtragender des Startcrashs war der von P5 gestartete Sam Tordoff, der sich durch die Kollision vor ihm irritiert verbremste und einige Plätze verlor.
Nach der kurzen Safety Car-Phase zum Bergen des gestrandeten Lloyd-Honda sicherten Turkington und Plato eine Subaru-Doppelführung ab, die bis ins Ziel halten sollte. Dahinter verteidigte sich Ash Sutton erfolgreich gegen Jack Goff im besten BMW und holte sich sein erstes Podium in der BTCC. Hinter Goff landete Andrew Jordan auf einem sicheren fünften Rang, gefolgt vom überraschend starken Jake Hill im Toyota Avensis des Team Hard.
Auf P7 kam Rob Collard, der es schaffte, einige Positionen gegenüber seinem Startplatz gutzumachen, ins Ziel. Bemerkenswert war dabei, dass er das Rennen auf dem harten Reifen fuhr, der in Croft eigentlich über Performance-Nachteile gegenüber der weicheren Mischung verfügte. Generell hatte sich der Großteil des Feldes dafür entschieden, den harten Reifen, der dieses Mal für ein Rennen vorgeschrieben war, im letzten Lauf zu fahren, da für diesen ohnehin Regen angekündigt war.
Hinter Collard komplettierten Mat Jackson, Tom Ingram, der in der Quali mit P12 seine bislang schwächste Leistung in diesem Jahr abgeliefert hatte, und Árón Smith die Top Ten. Die Meisterschaftsführenden Matt Neal (ebenfalls auf den harten Reifen unterwegs) und Sam Tordoff sahen nur auf P12 beziehungsweise P13 die Zielflagge, während Gordon Shedden gar nur auf P15 kam.
Der zweite Lauf bot dann viel Aufschrei-Potential, denn er lieferte den ersten teaminternen Schlagabtausch zwischen den Subaru-Speerspitzen Turkington und Plato. Wer Jason Plato nur ein wenig kennt, weiß, dass es ihm trotz aller Teamplayer-Eigenschaften nicht gefallen haben dürfte, dass die ersten Subaru-Siege an Turkington gingen. Entsprechend breit dürfte er unter dem Helm gegrinst haben, als er sich beim Start zum zweiten Lauf die Führung von seinem Teamkollegen holte und als Erster in die erste Kurve einbog. So machte sich das Subaru-Gespann also dieses Mal in der Reihenfolge Plato vor Turkington auf die Reise in die ersten Runden; dahinter folgten unmittelbar die BMW von Jack Goff und Rob Collard, der mal wieder einige Positionen beim Start gutgemacht hatte.
Die ersten Vier setzten sich rasch vom restlichen Feld ab und sowohl Turkington als auch Collard deuteten ihren vor ihnen liegenden Teamkollegen an, dass sie schneller fahren könnten. In Runde 5 holte sich Turkington zunächst die Führung vom vermutlich durch eine Schmutzflagge irritierten Jason Plato zurück. Aber Plato ließ seinerseits nicht locker und setze in Runde 8 beim Anbremsen von Tower Hill eine Attacke, die man so machen kann, aber bei einem Teamkollegen auch nicht unbedingt machen muss: Beide Subaru kollidierten und Turkington rauschte wild querstehend durch die Kurve, womit er seinerseits den BMW von Jack Goff blockierte. Rob Collard schaltete dagegen blitzschnell, setze sich beim Herausbeschleunigen neben die sich noch sortierenden Subaru und holte sich mit der rechten Fahrzeugseite durch die Wiese fahrend die Führung.
Dahinter gelang es Jason Plato wenigstens, die gewagte Attacke gegen seinen Teamkollegen erfolgreich abzuschließen und P2 zu erobern. Hinter Turkington auf P3 folgte Goff auf P4. An dieser Reihenfolge sollte sich dann bis zur Zieldurchfahrt nichts mehr ändern und Rob Collard kam dank Schützenhilfe seitens Subaru zu einem überraschenden, aber nicht unverdienten Sieg. Mit deutlichem Abstand folgte auf P5 Ash Sutton vor Mat Jackson und Tom Ingram. Dahinter landete ein gegen Rennende äußerst aggressiv fahrender Sam Tordoff, der in den letzten Runden zunächst Matt Neal und Andrew Jordan überholt hatte und sich dann mehrfach an Tom Ingram versuchte. Die letzte Attacke setze er in der letzten Runde beim Hinausbeschleunigen aus der Hairpin auf Start-Ziel, wobei er sich sogar die halbe Front an der Heckstoßstange von Ingrams Toyota abfuhr, aber dennoch nicht vorbei kam. Jordan und Neal komplettierten die Top Ten, während Gordon Shedden in einem erneut schwachen Rennen nur als 13. die Ziellinie überquerte.
Pünktlich zum dritten Lauf öffnete der Himmel dann seine Schleusen und spielte damit all denen in die Karten, die sich dafür entschieden hatten, den schwächeren härteren Reifen im letzten Rennen zu fahren. Da die Rennleitung den Lauf als Wet Race deklarierte, stand es nun jedem frei, Regenreifen aufziehen, die bei den Bedingungen ohnehin die deutlich bessere Wahl waren. Mit Mat Jackson, Gordon Shedden und einigen anderen gab es zwar ein paar Pokerspieler, die zum Start auf eine abtrocknende Piste setzten und Slicks aufzogen, aber die ersten Runden sollten schnell zeigen, dass diese Entscheidung gründlich danebenging. Mag man diesen Zug bei Gordon Shedden, der auf Startplatz 15 ohnehin nicht viel zu verlieren hatte, noch nachvollziehen können, so erscheint er bei Mat Jackson, der immerhin auf dem aussichtsreichen dritten Startplatz stand, doch ein wenig sinnlos. Statt sicherer Punkte und möglicherweise sogar Hoffnungen auf einen Sieg gab es für Jackson reihenweise Ausritte und am Ende eine Kollision mit Aiden Moffat, die sein Rennen beendete.
Die Pole Position für den dritten Lauf ging auf Basis des Reverse Grid an Sam Tordoff, der damit beste Chancen hatte, sich in der Meisterschaft weiter von Mat Neal abzusetzen. Beim Start verteidigte Tordoff seine Führung dann zunächst auch gegen Tom Ingram und konnte sich auch um einige Sekunden absetzen. Eigentlich hätte die Sache nun gemäß der Formel „Croft = Super für Hecktriebler“ durch sein müssen, wäre da zum einen nicht der Regen gewesen, der den Vorteil der Hecktriebler gegenüber den Fronttrieblern nivellierte, und wäre da zum anderen nicht ein famos auffahrender Ash Sutton gewesen, der seinen MG am absoluten Limit über den Kurs von Croft prügelte.
Von P5 gestartet verlor Sutton zunächst einen Platz an Colin Turkington, konnte in Runde drei aber zusammen mit diesem an Jack Goff vorbeigehen und einen Platz gutmachen. Nach einer Safety Car-Phase zur Rennmitte wegen der Kollision zwischen Jackson und Moffat schnappte sich Sutton zunächst Colin Turkington und kurz danach auch Tom Ingram für P2. Sukzessive holte er dann in den letzten Rennrunden auf den führenden Sam Tordoff auf, aber es war klar, dass es bis ins Ziel spannend werden sollte, da Tordoff sich zuvor schon ein ganzes Stück abgesetzt hatte.
Da aber das Glück meist auf der Seite des Tüchtigen ist, kam in Runde 13 erneut das Safety Car wegen einer Kollision zwischen Jeff Smith und Hunter Abbott raus und Tordoffs Polster war schlagartig dahin. Mit noch zwei zu fahrenden Runden klebte Sutton beim Restart direkt an Tordoffs Stoßstange und nutze einen kleinen Fehler des BMW-Piloten im Bereich Sunny In sofort, um sich die Führung und seinen ersten Sieg in der BTCC zu holen. Chapeau Ashley Sutton, chapeau MG! Ein Sieg war der Truppe rund um Triple Eight Racing auf jeden Fall zu gönnen.
Der geschlagene Sam Tordoff komplettierte mit Tom Ingram, der sich nach seinem enttäuschenden Qualifying sukzessive in den Rennen verbesserte, das Podium. Auf P4 sah ein erneut stark fahrender Rob Collard die Ziellinie, gefolgt von Andrew Jordan und Josh Cook, die sich in der letzten Kurve der letzten Runde noch brachial an Colin Turkington vorbeigepresst hatten. Áron Smith, Jack Goff und Jason Plato komplettierten die Top Ten. Matt Neal kam einmal mehr auf einen nur enttäuschenden elften Rang, während Gordon Shedden durch seine falsche Reifenwahl komplett verwachste und nur 22. wurde.
Die erschreckend schwache Leistung der Dynamics-Honda führt dazu, dass mit Sam Tordoff vor Rob Collard (-12 Punkte) nun zwei BMW die Meisterschaft anführen. Matt Neal liegt mit 15 Punkten Rückstand auf Platz 3 gefolgt von Andrew Jordan und Jack Goff. Der amtierende Champion Gordon Shedden ist nach dem desaströsen Wochenende auf Platz 9 in der Meisterschaft abgerutscht und hat nun über 52 Punkte Rückstand.
Ein komplettes Wochenende zum Vergessen erlebten außerdem die Mercedes. Das Auto passte einfach nicht zur Strecke und nach schwacher Quali folgten in den Rennen dann viele Kollisionen und Zwischenfälle. Nachdem er schon in Oulton Park viel Pech hatte, hat sich Adam Morgan damit (vorerst) aus dem Kreis der Anwärter auf den Independent-Titel verabschiedet.
Alle Ergebnisse aus Croft sowie die kompletten Meisterschaftsstände können hier abgerufen werden.
Die BTCC macht nun erst mal Sommerferien und startet erst am letzten Juli-Wochenende in Snetterton in die zweite Saisonhälfte. Bis dahin ist auf jeden Fall genug Zeit, sich so seine Gedanken zum Reglement, zu den starken Subaru und der Zukunft zu machen. Denn nachdem die Subaru auf einmal so dermaßen flott unterwegs sind, regen sich im BTCC-Paddock schon ein wenig die Gemüter. Matt Neal nannte den Subaru angesichts der Reglementsauslegung, die dieser provoziert, „Frankenstein“ und kündigte an, dass man selber auf lange Sicht nur mit einem ähnlichen, heckgetrieben Fahrzeug konkurrenzfähig bleiben könne (Quelle: Touring Car Times).
Neal spielt damit darauf an, dass der Subaru Levorg eigentlich ein allradgebtriebenes Auto ist. Da Allradantrieb in der BTCC aber verboten ist, war es dem Team BMR freigestellt, das Fahrzeug auf Front- oder Heckantrieb umzubauen. Eben darin sehen Mat Neal und einige andere eine unsportliche Ausreizung des Reglements, die den Subaru gegenüber anderen Autos bevorteilt (dazu kommt dann noch der schwerpunktmäßig günstig sitzende Boxermotor, der aber ja nun mal da ist). Laut Neal überlege man beim Team Dynamics nun selber, mit dem neuen Civic, der 2017 auf den Markt kommt und ebenfalls Allradantrieb haben wird, ähnlich zu verfahren und diesen auf Heckantrieb umzubauen. Eine spannende Diskussion also, die da entsteht – und die eigentlich immer dann entsteht, wenn ein Auto etwas „anders“ ist als alle anderen und trotzdem schnell. Ich denke, die Kirche im Dorf zu lassen, kann auch nicht verkehrt sein. In Oulton Park und Croft ging der Subaru tatsächlich sehr gut – und auch Snetterton dürfte dem Auto ganz gut liegen. Aber man sollte dennoch erst mal die weitere Saison abwarten, um zu beurteilen, ob der Subaru konzeptionell tatsächlich so überlegen ist.