Der GP von England begann enttäuschend, hing in der Mitte etwas durch und war am Ende aber gar nicht mal so schlecht. Und Lewis Hamilton zeigte seine Klasse.
Es gibt ja viele Regeln in der Formel Eins. Zum Beispiel, wie viel man am Funk so reden darf (dazu später noch was). Und dann gibt es die Regel, dass die Rennleitung entscheidet, wann man hinter dem Safety Car startet und wann nicht. Wir haben hier ja grundsätzlich die Einstellung, dass Sicherheit immer vor geht. Und ja, es war zu viel Wasser in den ersten drei Runden, zudem hatte es in den Tagen vorher nicht geregnet, sodass die Piloten nicht wussten, wo auf der Strecke Wasser steht und wo nicht. Und unter den gegebenen Regel hatte die Rennleitung dann keine andere Chance, als hinter dem SC zu starten. Dass nach drei Runden die Strecke befahrbar war und das halbe Feld an die Box ging, als das SC reinkam, war dann aber schon so eine Sache. Es zeigt, dass man die Regeln ändern muss.
Es könnte so leicht sein
Warum fährt man nicht hinter dem SC bis zu drei Einführungsrunden, die man von der Renndistanz abzieht (muss man, wegen Spritverbrauch), lässt aber das Feld dann in seine Startpositionen fahren, um einen regulären Start zu ermöglichen? Man ist oft so schnell dabei mit neuen Regeln und eine solche würde nichts verändern. Wenn nach drei Runden die Strecke weiter zu stark unter Wasser steht, kann man den stehenden Start absagen und das SC bleibt einfach weiter draußen. Dadurch ändert sich für die Fernsehstationen nichts, die Fans und die Fahrer bekommen ihren Start und das Rennen kann seinen normalen Gang gehen. Gleichzeitig bleibt die Sicherheit gewährt.
Durch den SC-Start hatte Hamilton vorne natürlich erst Mal leichtes Spiel. Die Gischt war noch stark genug, dass Rosberg ein wenig abreißen ließ, um dann seinen Rückstand bei fünf Sekunden einzupendeln. Da schien das Rennen für den Deutschen auch noch offen zu sein, denn es gab ja noch die Frage, wann man denn auf die Intermediates oder die Slicks wechseln sollte.
Weil das halbe Feld aber schon auf den Inters unterwegs war, konnte die Spitzengruppe bequem abwarten und auf den Moment warten, in denen die Piloten mit den Intermediates in einzelnen Sektoren schneller wurden. Der richtige Zeitpunkt für den Wechsel auf die Inters und auf die Medium war dann nicht schwer zu erwarten, zumal es wegen Wehrlein auch noch das VSC gab.
Rosbergs Rennen wurde aber verkompliziert, nachdem er sich von Verstappen in Becketts düpieren ließ. Dem Mercedes-Piloten war am Eingang das Heck leicht weg gerutscht, der Niederländer nutzte das eiskalt und setzte sich neben Rosberg. Auch wenn das Manöver natürlich mutig war – unüblich ist es an der Stelle nicht. Verstappen setzte, nicht zu Unrecht, auch darauf, dass Rosberg ihn nicht blocken würde und so eine Kollision möglich gewesen wäre. Rosberg fiel dann aber zu einem für ihn denkbar ungünstigen Zeitpunkt hinter den Red Bull zurück. Als die Strecke abtrocknete, war er klar der schnellste Mann auf der Strecke, kam aber an Verstappen nicht vorbei, weil dieser mal wieder geschickt die Stärken des RB12 ausspielte. Wie schon Räikkönen in Spanien verzweifelte Rosberg an der Traktion des Red Bull. Obwohl der Mercedes rund eine Sekunde schneller war, kam er nicht vorbei.
Danach war sein Rennen gelaufen, denn Hamilton kontrollierte vorne den Abstand. Der Brite hatte aber auch über das gesamte Wochenende das bessere Auto und war schneller als Rosberg. Mehr als Platz 2 war da eh nicht drin.
Fast wäre es dann gar nichts mehr geworden, denn das Getriebe streikte plötzlich bei Rosberg, der im siebten Gang festhing. Zwar konnte er weiterfahren, aber dann kam es eben zu einem Funkverkehr, der ihm den zweiten Platz kostete. Mercedes gab die Anweisung, eine bestimmte Einstellung zu wählen, was erlaubt war. Nicht erlaubt war die Anweisung, dass Rosberg den siebten Gang nicht mehr nutzen sollte. Der Unterschied zwischen beiden Funksprüchen: Der eine war erlaubt, weil er damit einen schweren Schaden am Wagen umgehen konnte, der andere war eine Fahreranweisung, die ist nicht erlaubt.
Funken oder nicht funken
Nach stundenlangen Diskussionen brummte die FIA Rosberg dann eine 10-Sekunden-Strafe auf, die ihn auf P3 zurückwarf. Mercedes hat dagegen aber wiederum Protest eingelegt. Tatsächlich ist die Argumentation nicht so richtig nachvollziehbar, denn die Anweisung, den siebten Gang nicht mehr zu nutzen, war ja Teil der Strategie, einen schweren Schaden vom Wagen abzuwenden.
Dabei stellt sich aber die Frage: Wenn halt was kaputt geht, geht halt was kaputt. Das ist dann Pech und passiert in jedem Rennen. Ich finde es in Ordnung, wenn man per Funk einem Fahrer sagt: Du hast da ein Problem mit dem Getriebe, stell den Wagen ab bzw. kann sein, dass Du gleich stehen bleibst. Gleiches gilt selbstredend für Probleme mit den Bremsen und anderen sicherheitsrelevanten Bereichen. Niemand soll wegen eines technisches Problems wie einem schleichenden Plattfuß einen schweren Unfall haben. Aber alles andere kann man meiner Meinung nach getrost weglassen. Das würde die Regeln auch vereinfachen und Klarheit schaffen.
Zurück zum Rennen: Das erstaunlichste in England war die Form von Ferrari. Wobei man sagen muss – die war schon in Baku schlecht. Und in Österreich. Lag Vettel da wenigstens noch einigermaßen aussichtsreich auf einem Podiumskurs, ging in Silverstone nichts. Weder in der Quali noch im Rennen. Vettel rutschte mit 90 Sekunden Rückstand auf P9 ins Ziel, nachdem er sich im Rennen (wie viele andere) ein paar Ausflüge in die britische Rasenlandschaft erlaubt hatte. Aber hinter Carlos Sainz ins Ziel zu kommen (der sich auch drehte), kann jetzt nicht im Sinne von Ferrari sein. Bei Räikkönen lief es auch nicht viel besser. P5 ist auch nicht das, was man gerne hätte, vor allem aber betrug der Abstand zu Ricciardo bemerkenswerte 43 Sekunden. Gut, auch der Finne rutschte zweimal von der Strecke, verlor dabei aber nicht viel Zeit. Da sind die 43 Sekunden eben doch eine Ohrfeige.
Die guten Platzierungen der Red Bull bedeuten dann auch, dass diese bis auf sechs Punkte in der Team-WM-Wertung an die Ferrari heran gekommen sind. Und mit Ungarn kommt dann noch eine Strecke, die dem Red Bull besser liegen sollte als dem Ferrari, der scheinbar nur noch auf schnellen Kursen ohne viele Kurven sein Leistungspotential entwickeln kann. Die Italiener werden eine Menge zu tun haben in der Sommerpause.
Ein ebenfalls bemerkenswertes Rennen fuhren die beiden Force India. Perez schwamm in den ersten Runden dank der Boxenstopps irgendwie auf P4, konnte sich dort aber gegen die Red Bull und Ferrari nicht halten. Hülkenberg hatte es ein bisschen schwerer, weil er zu spät auf die Intermediates gewechselt hatte. Ein kleiner Fehler seines Teams, der aber bedeutete, dass er sich durchs halbe Feld kämpfen musste. Das tat er dann allerdings mit Bravour. Eines seiner besseren Rennen. Nebenbei bemerkt: Beide Piloten werden auch 2017 bei Force India bleiben.
Die Top Ten rundete dann Kyvat ab, der auch ein zähes Rennen hatte, aber sich durchbeißen konnte. Dass er einen Punkt abstauben konnte, lag auch an den völlig unsortierten Williams. Die hatte man eigentlich auf Augenhöhe mit den Force India erwartet, aber davon war das Traditionsteam weit, weit entfernt. Weder in der Quali noch im Rennen konnte man die erwartete Performance bringen. Und das auf einer Strecke, die dem Wagen eigentlich liegen sollte. Wenn man sich die letzten Ergebnisse so anschaut und sieht, dass Force India nur noch 19 Punkte hinter Williams liegt, dann kann man nur zum Schluss kommen, dass man in der Entwicklung in letzter Zeit irgendwo falsch abgebogen ist. Bei Williams hält sich auch sehr, sehr hartnäckig das Gerücht, dass Jenson Button 2017 dort fahren wird.
Die McLaren waren erwartungsgemäß schwächer im Rennen, aber brachten immerhin Alonso in Q3, was schon eine kleine Überraschung war. Denn auf einem Kurs mit 70% Vollgasanteil geht dem Honda meist der Energiespeicher aus. Scheinbar haben die Japaner das Problem aber langsam etwas besser im Griff, auch wenn Button davon berichtete, dass er auf der Hangar Straight gegen alle anderen keine Chance habe. Den schlechten Topspeed macht der McLaren aber mit guter Traktion und hohen Kurvengeschwindigkeiten weg.
Von Renault, Sauber und Manor war erwartungsgemäß wenig zu sehen. Manor verlor beide Autos, Renault und Sauber jeweils eins. Immerhin streiten sich dank den Fortschritten bei Manor jetzt drei Teams um die goldene Ananas und so weit vom Mittelfeld sind sie auch nicht weg.
Nächstes Rennen: Ungarn in 14 Tagen.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Red Bull Mediahouse, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1