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ELMS: Analyse 4h Red Bull-Ring

von StefanTegethoff
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GT7D9541Glück für die einen, Pech für die anderen, so lässt sich das Rennen vom vergangenen Sonntag in einem Satz zusammenfassen. Es war eine starke Performance, die Thriet by TDS den zweiten Sieg im dritten Lauf der European Le Mans einbrachte, aber hätte nicht der stärkste Konkurrent aus dem Hause G-Drive mehrfach Pech gehabt, wäre es für die französische Truppe zumindest deutlich schwieriger geworden. In der LMP3 gewann wieder die United Autosport-Mannschaft um Alex Brundle, doch hier bedurfte es einer nachträglichen Bestrafung des ursprünglichen Siegers, um die Serie fortzusetzen. Und auch GTE-Sieger JMW wurde bei seiner starken Leistung durch günstig gefallene Full Course Yellows unterstützt, sodass der Sieg am Ende mit einer Runde Vorsprung überdeutlich war.

LMP2

Die erste Überraschung gab es schon in der Qualifikation: Paul-Loup Chatin brannte im Ligier-Nissan des Panis-Barthez-Teams eine 1’20.700 in den Asphalt und war damit eine halbe Zehntelsekunde schneller als Mathias Beche und weitere sieben Zehntel schneller als Harry Tincknell. Damit schlug ein Ligier – und noch dazu eines der wenigen Michelin-bereiften Autos – die beiden Top-Favoriten, doch Chatin ist beileibe kein Schlechter, wie er schon mehrfach unter Beweis stellen konnte.

GT7D1405Am Start konnte sein Teamkollege Timothé Buret sich behaupten und behielt auch für einige Zeit die Nase vorn, doch dann kamen gleich mehrere Rückschläge für sein Panis-Barthez-Team auf einmal. Ein defekter rechten Frontscheinwerfer hatte ihnen schon eine Verwarnung durch die Rennleitung eingebracht, doch die Strafe kam auf der Strecke: In der schnellen letzten Rechtskurve versuchte Buret mit einem späten Manöver, Rory Butcher im JMW-Ferrari zu überrunden, der ihn jedoch – vermutlich mangels Licht – nicht wahrnahm und auf seiner Linie blieb, obwohl der Ligier-LMP2 schon neben ihm war. Beide blieben auf der Strecke, doch der Liger war leicht beschädigt.

Zudem hatte Buret am Start bereits vor der Grünschaltung der Ampel die Spur gewechselt und damit die Grid-Formation verlassen, um sich vor den zweitplatzierten Thiriet by TDS-Oreca zu setzen. Kurz nachdem die Strafe verkündet wurde, rutschte Buret dann noch in der schnellen Bergab-Links, die heute Würth-Kurve heißt, in den Kies. Nach einem starken Beginn war das Rennen damit für das französische Team gelaufen.

GT7D0812In der nächsten Rennphase kam es zum Duell zwischen Thiriet by TDS und Eurasia Motorsport, das jedoch eher indirekt geführt wurde und nicht im direkten Nahkampf. Dabei behielt der Thiriet-Oreca meist die Nase vorn. Giedo van der Garde konnte im alten, aber immer noch flotten G-Drive-Gibson nur kurzzeitig mal in Führung gehen, wurde aber durch einen Plattfuß zurückgeworfen. Für die Vorjahressieger (damals noch als Jota Sport) wurde das restliche Rennen zur Aufholjagd: Gut eine Minute galt es in den verbleibenden drei Stunden gutzumachen, doch mit Simon Dolan als einem der schnelleren Silber-Piloten und Harry Tincknell schien das möglich.

Einige der Full Course Yellows (insgesamt waren es „nur“ vier, obwohl der Red Bull-Ring noch über eine Reihe tiefer Kiesbetten zum Eingraben verfügt) kamen zu günstigen Zeitpunkten für das Thiriet-Team, sodass man durch gleich zwei erforderliche Wechsel der Frontpartie wegen nicht funktionierender Scheinwerfer nicht allzu viel Zeit verlor. Dieses Problem trat erstaunlich häufig auf in diesem Rennen; ob die Kerbs etwas damit zu tun hatten oder es einfach nur Pech war, ist schwer zu sagen.

GT7D0961Thiriet by TDS lag nach drei Stunden deutlich auf Siegkurs, der Eurasia-Oreca und der SMP-BR01 lagen gut 1’15 zurück. Dahinter jedoch nahte Harry Tincknell auf seiner Aufholjagd heran. Den russischen Boliden überholte er in Runde 128 und in Runde 133 konnte Tincknell sogar durch den anderen Stopp-Rhythmus bedingt die Führung erobern. Doch dann drehte sich Remy Striebig, der mit Abstand langsamste LMP2-Pilot, beim Herausbeschleunigen aus der zweiten Kurve, der Haarnadel oben am Berg, beim Herausbeschleunigen so ungünstig direkt vor Tincknells Nase, dass dieser keine Chance zum Ausweichen hatte und mit dem linken Kotflügel in die Seite des Pegasus-Morgan fuhr.

Nach dem erforderlichen Boxenstopp samt Wechsel dieses Kotflügels (beim Gibson gibt es nicht eine Gesamt-Frontpartie, die zu wechseln wäre) fand sich Tincknell auf Rang 3 wieder, der Zeitverlust hatte sich aufgrund der durch den Zwischenfall hervorgerufenen Full Course Yellow in Grenzen gehalten. Doch der G-Drive-Gibson schien auch unter der Hülle leicht beschädigt, nach einem kurzen Ausrutscher beim Restart konnte Tincknell nicht die nötigen Zeiten gehen, um den nur wenige Sekunden vor ihm fahrenden Eurasia-Wagen einzuholen; dass Tracy Krohn mit einem Dreher in den Kies kurz vor Schluss noch eine letzte Gelbphase auslöste, half seinen Bemühungen auch nicht.

GT7D2388So siegten am Ende Matias Beche, Pierre Thiriet und Ryo Hirakawa für Thiriet by TDS mit knapp 52 Sekunden Vorsprung vor Pu Junjin, Nick de Bruijn und Tristan Gommendy, die im Eurasia-Oreca ein starkes Rennen ablieferten; bereits im Vorjahr waren Pu und de Bruijn am Red Bull-Ring sehr gut unterwegs gewesen. Simon Dolan, Harry Tincknell und Giedo van der Garde wurden Dritte mit sieben Sekunden Rückstand auf das Eurasia-Team – gelungene Schadensbegrenzung an einem schwierigen Tag. Mit 58 Zählern führt G-Drive weiterhin die Meisterschaft an, doch Thiriet by TDS rückt mit dem zweiten Sieg in Folge (nach Ausfall beim Auftakt in Silverstone) auf 51 Punkte heran. SMP Racing ist mit konstant guten Platzierungen auf Rang 3 mit 42 Punkten der nächste Verfolger.

LMP3

Bei den „Baby-Prototypen“ hatte erstmals nicht United Autosport die Oberhand. Die Pole hatte auch hier das Panis-Bartzeh-Team inne, der 23-jährige Simon Gachet war am Samstag anderthalb Zehntel schneller als der beste Verfolger, Wayne Boyd im #3 United Autosport-Ligier. Alex Brundle erwischte keine gute Runde und schaffte es nur auf Rang 8, fand jedoch nach dem Start schnell den Weg nach vorn. Doch um die Spitze stritten andere. David Droux, ein junger Schweizer, von dem man – wie von Gachet – in den nächsten Jahren im Sportwagen-Motorsport noch mehr hören könnte, eroberte schon in Runde 1 die Führung und gab sie in seinem gesamten Stint (bis Runde 40) nicht mehr ab.

GT7D1419Nach der ersten Stopp-Sequenz ging die Führung an den früheren F1-Testfahrer Giorgio Mondini, der die schnellsten Zeiten des LMP3-Feldes fahren konnte, schneller als Droux, Sean Rayhall, Roman Rusinov und Alex Brundle. Im Eurointernational-Ligier fuhr er eine deutliche Führung heraus, die auch sein Teamkollege Marco Jacobini nach dem Fahrerwechsel zunächst halten konnte. Doch ein Zwischenfall in der letzten Kurve beendete das Rennen des Eurointernational-Duos abrupt, und wieder war Remy Striebig involviert: Die verfügbaren Bilder geben Anlass zu der Vermutung, dass er so langsam unterwegs war, dass der LMP3-Führende ihn auf der Innenseite der Kurve zu passieren versuchte; von hinten kam augenscheinlich ein etwas übereifriger Stefano Coletti im SMP-BR01 angerauscht und traf das Heck des LMP3 – alle drei drehten sich synchron in die Auslaufzone und Jacobini musste zur Reparatur an die Box.

Dino Lunardi erbte im Duqueine Engineering-Ligier die Führung und gab sie bis ins Ziel nicht mehr ab, obwohl Christian England plötzlich in der meisterschaftsführenden #2 von United Autosport von hinten aufs Podium stürmte. Doch auch seine Aufholjagd wurde von Tracy Krohns Dreher und der folgenden Gelbphase gestoppt. Lunardi / Droux / Halliday blieben vorn und stiegen für Duqueine Engineering aufs Podium – doch die Freude hielt nicht lange: Die Mindestzeit beim Fahrerwechsel war nicht eingehalten worden, die Rennleitung verhängte eine Strafe von vier Sekunden.

GT7D2442So stehen am Ende doch wieder Christan England, Mike Guasch und Alex Brundle für United Autosport in der Siegerliste, ohne das Rennen ein einziges Mal angeführt zu haben. Auch die Meisterschaftsfürhrung baut das Team mit dem dritten Sieg im dritten Rennen aus: Mit 75 Punkten liegen sie nun komfortabel vor der #19 von Duqueine, die nach der Strafe als Zweite gewertet wurde und nun auf 42 Punkte kommt, und vor der #6 von 360 Racing, in der das Trio Woodward / Kaiser / Swift Rang 3 am Red Bull-Ring eroberte (28 Punkte).

LMGTE

In der einzigen GT-Kategorie der ELMS war es endlich das Wochenende von JMW Racing: Das britische Ferrari-Team wurde zwar am Samstag noch vom Porsche-Youngster Matteo Cairoli von der Pole ferngehalten, doch von Platz 2 aus eroberte das junge schottische Talent Rory Butcher schnell die Führung – und behielt sie, selbst nachdem er mit dem unbeleuchteten LMP2-Führenden Timothé Buret aneinander geraten war. Auch Butchers Ablöse, der Gentleman Driver Rob Smith, hatte mit schwierigem Überrundungsverkehr zu kämpfen und kam nicht ohne Probleme durch seinen Stint; er musste die Führung an Marco Seefried abgeben, der einen starken Stint im Proton-Porsche #77 fuhr.

DSCF9132Doch der dritte Mann, Ferrari-Veteran Andrea Bertolini, konnte die Spitze im Schlussstint mit konstant schnellen Zeiten zurückerobern. Dass die Gelbphasen für das Team teils günstig fielen und Boxenstopps ohne großen Zeitverlust ermöglichten, vergrößerte den Vorsprung noch weiter. Am Ende siegten Butcher / Smith / Bertolini mit gut einer Runde Vorsprung, während hinter ihnen die übrigen Ferraris um die Podiumsplätze kämpften: Am Ende konnten sich Perazzini / Cioci / Aguas um 1,3 Sekunden vor Talkanitsa jr. / Talkanitsa sr. / Pier Guidi behaupten. Der Beechdean-Aston Martin wurde noch in der Schlussphase von den Ferraris von Rang 2 verdrängt, da Alex Macdowall einen schwachen Stint fuhr.

In der Meisterschaft geht es nach diesem Lauf sehr knapp zur Sache: AT Racing (Vater und Sohn Talkanitsa) führen mit 48 Punkten denkbar knapp vor dem Beechdean-Aston Martin mit 47 Zählern. Von hinten rückt JMW näher heran, die trotz Aberkennung des Sieges in Silverstone nun bereits 43 Punkte aus zwei Rennen geholt haben. Der bessere der beiden Proton-Porsches, die #77, ist mit 38 Zählern ebenfalls noch in Reichweite.

DSCF6519In der vierplatzierten #88, ebenfalls vom Proton-Team, hat sich der junge Matteo Cairoli in seinem ersten ELMS-Lauf beweisen dürfen: Mit Pole und schnellster Rennrunde, jeweils mehr als eine Zehntel schneller als der Nächstbeste, sowie einem starken Stint, in dem er den #88 Porsche bis auf Rang 2 nach vorn fuhr, hat er sein Potenzial bestätigen können und wird hoffentlich nicht sein letztes Porsche-GTE-Rennen gefahren sein.

Der nächste Lauf der ELMS wird über die gewohnte Distanz von vier Stunden am 28. August in Le Castellet, auf dem Circuit Paul Ricard, ausgetragen.       

(Bilder: ELMS Media)

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