Rückkehr in die Siegerstraße: Fünf Runden vor Schluss rang Joao Paulo de Oliveira Kazuki Nakajima zur Wiederholung seines Vorjahreserfolgs am Fuji Speedway nieder. Teamkollege Yuhi Sekiguchi rundete mit dem Bronzerang das gelungene Impul-Ergebnis ab. Stoffel Vandoorne schied nach Bremsversagen aus.
Bereits 2014 zählte der Lauf am Fuße des heiligen Berges Fuji zu einem der besten Rennen der Saison – und auch die diesjährige Ausgabe enttäuschte zu keiner Sekunde. Windschattenduelle, eine Safety-Car-Phase, ein hochdramatisches Duell um den Sieg sowie ein Foto-Finish im Mittelfeld. Der Fuji Speedway zeigte sich vergangenes Wochenende von seiner schönsten Seite, auch wenn das Wetter nicht ganz mitspielen wollte. Immer wieder wurde die Gegend nahe des kleinen Städtchens Oyama von vereinzelten Regenschauern heimgesucht. Es sollte erst bis zum Rennen dauern, als die Fahrer eine komplett trockene Fahrbahn bei sehr schwülen Temperaturen um die 25 Grad zur Verfügung hatten.
Den regnerischen Umstand machte sich Rookie Stoffel Vandoorne zunutze, der in seinem erst dritten Super-Formula-Qualifying mit 1:40.778 Minuten seine Pole-Position-Premiere feierte. Dahinter platzierten sich Titelverteidiger Hiroaki Ishiura, Joao Paulo de Oliveira, Bertrand Baguette sowie Yuhi Sekiguchi. Dandelion-Teamchef Kiyoshi Muraoka platzte sprichwörtlich vor Freude über Vandoornes Fabelrunde. Vielmehr: Der Belgier eroberte die erste Pole-Position für einen Honda-befeuerten Boliden auf Toyotas Haus- und Teststrecke seit Loic Duval 2010 für just den gleichen Rennstall. Den Jubel vom Samstag konnte Stoffel Vandoorne allerdings nicht in einen Triumph im Rennen ummünzen.
Bereits am Start kam der belgische GP2-Champion nicht gut vom Fleck. Dies machte sich sofort Hiroaki Ishiura, Joao Paulo de Oliveira sowie Kazuki Nakajima zu nutzen, der mit einem seiner bekannten Raketenstarts von Position sechs auskommend nach vorne schoss. Für Vandoorne kam es noch schlimmer: Im Kampf um die Spitzenposition verbremsten sich er und Hiroaki Ishiura beim Zufliegen auf die erste Kurve. Die Konkurrenz bedankte sich und drängten Vandoorne wie auch den Titelverteidiger auf den vierten sowie fünften Rang zurück. Ishiura schien arge Probleme gehabt zu haben, um in den Rhythmus zu kommen, da er auch im vierten Umlauf ausgangs der Prius-Kurve vom Kurs abkam und dadurch auf die achte Position zurückfiel. In just der gleichen Runde beging auch Joao Paulo de Oliveira einen Fehler, der zusammen mit Kazuki Nakajima im Schlepptau die Führung übernahm. Einen Quersteher in der allerletzten Kurve bedingt, gelang es so dem zweifachen Super-Formula-Meister am Impul-Toyota des Brasilianers vorbeizuziehen. „Heute machte ich es mir schwieriger als es nötig gewesen wäre“, gab Oliveira nach dem Rennen zu Protokoll. Fortan gab nämlich der TOM’s-Pilot das Tempo an. Unter anderem mit der schnellsten Rennrunde im sechsten Umlauf (1:25.759), gelang es Nakajima zu Beginn einen Puffer von 3,7 Sekunden herauszufahren.
Während die Spitzenreiter in ihrer eigenen Liga fuhren, probierten sich im hinteren Feld einige Fahrer an einer anderen Strategie. So bog am Ende der zehnten Runde Takashi Kogure als erster in die Boxenstraße, wo er neben Benzin auch zwei neue Vorderreifen aufgezogen bekam. André Lotterer tat es ihm einen Umlauf später gleich, verzichtete aber auf einen Gummiwechsel. Der gebürtige Duisburger (Startplatz sieben) fiel nach einem Kupplungsproblem am Start auf den zehnten Rang hinter Narain Karthikeyan zurück, an dem er keinen Weg vorbeifand. Mit Hilfe des vorgezogenen Stopps versuchte TOM’s ihrem Piloten freie Fahrt zu geben, um mit mehreren schnellen Runden am Stück auf die vorderen Positionen aufzuholen.
In der 16. Runde fand Kazuki Nakajimas kontrollierter Vorsprung ein vorzeitiges Ende, als Yuji Kunimoto sich drei Umläufe nach seinem Boxenstopp in der ersten Kurve drehte. Die Rennleitung reagierte prompt und neutralisierte das Rennen mit dem Safety Car, um den auf der Mitte der Strecke gestrandeten Cerumo-Inging-Toyota des Japaners zu bergen. Grund für den Dreher war ein beschädigtes Getriebe, das nach einem Rempler von Kamui Kobayashi Öl verlor und letztlich blockierte. Für den Zwischenfall wurde der ehemalige Formel-1-Star mit einer Durchfahrtsstrafe belangt. Die Verschnaufpause nutzten alle Teams für einen Boxenstopp, wobei die meisten wie bereits in Suzuka auf einen Reifenwechsel verzichteten. Großer Nutznießer der bevölkerten Boxenstraße war André Lotterer, der so auf die siebte Position nach vorne gespült wurde. Innerhalb der Top-6 gab es hingegen keine Veränderungen, so dass Kazuki Nakajima das Feld vor Joao Paulo de Oliveira, Bertrand Baguette, Stoffel Vandoorne, Yuhi Sekiguchi, James Rossiter, André Lotterer sowie Koudai Tsukakoshi, Narain Karthikeyan und Hiroki Ishiura zum Restart in der 20. Runde führte.
Lotterer ließ nichts anbrennen und griff sofort Vordermann Rossiter an, der sich nach drei weiteren Runden dem dreifachen Le-Mans-Sieger geschlagen geben musste. Direkt folgten die Attacken des Deutschen auf den fünftplatzierten Yuhi Sekiguchi. Der Japaner ließ sich von der Erfahrung des 34-jährigen Deutschen jedoch nicht abschrecken. Sehr zur Freude seines am Kommandostand jubelnden Teamchefs Kazuyoshi Hoshino verteidigte Sekiguchi konsequent aber stets fair. In diesem bis zum Rennende nicht ablassenden Duell hat Hoshino sich wohl selbst wiedererkannt, schließlich war die japanische Motorsportlegende besonders für seinen aggressiven wie auch stets konsequenten Fahrstil bekannt. Gänzlich auf seinen neuen Schützling konnte sich der sechsfache Champion der höchsten japanischen Formelkategorie allerdings nicht konzentrieren. Denn obgleich Kazuki Nakajima nach dem Restart einen erneut kleinen Puffer auf Verfolger Oliveira herausfahren konnte, holte dieser ab der 34. Runde mit großen Schritten auf den Spitzenreiter auf. 1,5, 1,3, 0,8, 0,6 Sekunden – in der 43. Runde hing der Brasilianer förmlich im Getriebe des Japaners.
Dahinter wurde es ebenfalls eng, als sich hinter dem drittplatzierten Bertrand Baguette ein förmlicher Zug, zu dem sich gar der etwas abgeschlagene, auf Rang sieben liegende James Rossiter hinzugestellte. Grund für den plötzlichen Leistungseinbruch des Belgiers ist ein Abbauen der sogenannten „camber shims“. Somit kämpfte der Nakajima Racing-Pilot zwar mit viel Herz, aber stumpfen Waffen. Das Spektakel war chaotisch wie spektakulär zugleich. Zunächst bremste sich Sekiguchi, leicht im Drift, sowohl an Vandoorne wie auch Baguette vorbei, wobei letzterer direkt kontern konnte. Dies nutzte Lotterer eiskalt aus, indem er die Einladung einer offenen Tür von Vandoorne einnahm und sich auf die fünfte Position vorbeischob. Kurz darauf dann die Schrecksekunde des Rennens: Im Formationsflug auf die erste Kurve schießend, brach die linke Bremse an Stoffel Vandoornes Dandelion-Honda, der umgehend im hohen Tempo abflog und dabei auch noch fast den Wagen von James Rossiter abräumte. Glücklicherweise ist die Auslaufzone an dieser Stelle sehr großräumig, weshalb der Belgier ohne anzuschlagen im Kies stecken blieb. Die Mühen der letzten Runden sollten sich auch nicht für seinen Landsmann auszahlen. Nachdem Baguette die Konkurrenten ziehen ließ, steuerte er die Box an, wo er seinen Boliden nach Erkennung des Schadens gefrustet abstellen musste. Ohne die Probleme hätte es das bisher beste Super-Formula-Resultat für den 30-Jährigen werden können. Auch als Reaktion auf den Ausfall Vandoornes scherzte er aber bereits nach dem Rennen: „Fuji 1. Belgien 0. Doch wir schlagen zurück!“ Für Nakajima Racing selbst war es ein bitterer Doppelausfall, nachdem Daisuke Nakjima wegen eines schweren Unfalls in der schnellen 300R-Kurve im Training am Sonntagmorgen nicht am Rennen teilnehmen konnte. Der jüngere Bruder von Kazuki blieb unverletzt. Der zerstörte Bolide war bis zum Rennstart jedoch nicht mehr reparierbar.
An der Spitze blieb es nicht minder spannend. Kazuki Nakajima versuchte mit allen Mitteln den zu diesem Zeitpunkt deutlich schnelleren Joao Paulo de Oliveira hinter sich zu halten. Fünf Runden vor Schluss dann die Entscheidung: Besser aus der finalen Kurve kommend, sog sich der Brasilianer im Windschatten am Toyota-Werksfahrer vorbei. Diesem blieb keine Zeit zum Kontern, da sich Oliveira umgehend um rund drei Sekunden absetze. Doch damit noch nicht genug der Spannung: Im Mittelfeld setzte sich in einem spektakulären Foto-Finish Hiroaki Ishiura gegen Narain Karthikeyan für Platz sechs durch. Ähnlich Oliveira zu Beginn des Rennens, kam der Inder in der letzten Kurve leicht ins Rutschen. Dies nutzte der Titelverteidiger gnadenlos aus, um sich auf den finalen Metern noch am ehemaligen Formel-1-Fahrer vorbeizuziehen. Am Ende trennten beide gerade mal mickrige 0,007 Sekunden!
Am lautesten jubelte nach 250 km jedoch Joao Paulo de Oliveira. Nicht nur, dass er sich ein nachträgliches Geburtstaggeschenk bereitete. Sein erster Saisonsieg dürfte auch eine Art von persönlicher Genugtuung gewesen sein, schließlich verlor er wegen eines Reifenschadens an just gleicher Stelle im Mai vier Runden vor Schluss den sicher geglaubten Sieg beim 500-Kilometer-Rennen der Super GT. Der drittplatzierte Rookie Yuhi Sekiguchi rundete mit seinem bis dato besten Resultat das für Impul gelungene Podiumsresultat ab. Teamchef Kazuyoshi Hoshino, der offenbar irgendwann zwischen Sekiguchis Verteidigungsaktionen und Oliveiras Überholmanöver die Stimme verlor, dürfte gleichzeitig auch ein Stein vom Herzen gefallen sein. Nach einem schwachen Saisonstart ist das Traditionsteam wieder an der Spitze angekommen. Das gleiche gilt auch für TOM’s, deren Saisonstart ähnlich desaströs verlief und sie sich am Fuji mit den Plätzen zwei (Nakajima) und vier (Lotterer) in die Spitzenpositionen zurückkämpften. Tabellenführer Naoki Yamamoto erlebte hingegen kein gutes Wochenende. Nach einer schwachen Qualifikation (Platz 14) musste er kurz vor Halbzeit seinen Mugen-Honda mit einem technischen Defekt abstellen. Die Spitzenposition konnte er dennoch behalten. So führt der Champion von 2013 die Meisterschaft weiterhin mit 13 Punkten vor Joao Paulo de Oliveira (zehn Punkte) an, der sich trotz zweier Nullrunden somit eindrucksvoll im Meisterschaftskampf zurückmeldet. Dahinter ist es ebenfalls eng: Yuji Kunimoto (9,5 Punkte), Hiroaki Ishiura (9 Punkte), Koudai Tsukakoshi (9 Punkte), Kazuki Nakajima (8 Punkte), André Lotterer (7,5 Punkte) sowie Stoffel Vandoorne (7 Punkte). Der Meisterschaftskampf bleibt somit weiterhin spannend. Nachdem die Japan Race Promotion (JRP) verkündete, dass das wegen der schweren Erdbeben von Kumamoto ursprünglich für September geplante Rennen in der Autopolis mit zwei unterschiedlich langen Sprintläufen in Okayama ausgetragen wird, wohl auch als Kompensierung für das just an gleicher Stelle wegen Starkregens vorzeitig abgebrochenen zweiten Saisonlauf, bleibt der Titelkampf auch weiterhin fair. Nächste Station der Super Formula während ihrer Hochsommer-Tour: Motegi am 21. August.
Rennergebnis Round 3 Fuji Speedway
Aktueller Meisterschaftsstand
News: Der weiche Reifen für Motegi
Wie bereits in der Vorschau verkündet, wird Serienausstatter Yokohama zum kommenden Rennen am Twin Ring Motegi eine zweite, weichere Reifenmischung mitbringen. Hierzu hat JRP-Präsident Akira Kurashita im Vorfeld des dritten Saisonlaufs weitere Informationen bekanntgegeben. So wird der ursprünglich als „S Tyre“ getaufte Pneu einfach nur „Soft Tyre“ genannt, um etwaige Verwirrungen mit anderen Reifen zu vermeiden. Gleichzeitig wurde die derzeitige Spezifikation, die seit Suzuka im Einsatz ist, als „medium“ betitelt. Anders als ursprünglich angenommen, ist die rot markierte weiche Mischung vorerst nur für das Rennen in Motegi angedacht. Anschließend sollen die Daten genau untersucht und die Stimmen der Beteiligten eingeholt werden. Nach Angaben von Präsident Kurashita sei der zukünftige Einsatz von zwei Reifenspezifikationen eng mit der Entwicklung der Super Formula verbunden. Sollte sich die weiche Mischung in Motegi ohne größere Probleme bewahrheiten, darf jedoch davon ausgegangen werden, dass er auch bei den verbleibenden Saisonrennen zum Einsatz kommen wird. Zur Vorbereitung wurde im Anschluss an das Rennen am Fuji Speedway am vergangenen Montag ein Testtag ausgetragen, um den Teams die Möglichkeiten zu geben, den weichen Reifen zu erproben. Den ersten Stimmen zufolge soll dieser etwas über eine Sekunde schneller als die härtere Mischung sein. Es sei aber durchaus möglich, dass der Unterschied auf dem Zwillingsring höher ausfällt. Alle Fahrer waren vom erhöhten Grip-Level begeistert. Laut Kazuki Nakajima würde sich der Reifen nicht sonderlich anders anfühlen. Allerdings sei es deutlich einfacher, sofort Grip aufzubauen. Hiroaki Ishiura und André Lotterer ergänzten, dass der Verschleiß deutlich signifikanter als beim Medium-Pneu sei, so dass das Reifen-Management auf den Longruns eine größere Rolle spielt. Joao Paulo de Oliveira erwartet dadurch einige interessante Strategien. Insgesamt werden den Teams zwei neue Soft- sowie Medium-Reifensätze zur Verfügung stehen. Hierzu gesellen sich noch zwei gebrauchte Sätze vom Fuji-Wochenende.
Copyright Photos: Japan Race Promotion