Das ADAC GT Masters erlebte auf dem Red Bull Ring ein unberechenbares Wochenende mit einigen für die Beteiligten schmerzhaften Entscheidungen, die unter anderem einen Rennsieger vom Podium stürzen sollten. In der Fahrerwertung konnte sich dadurch bereits der erste Titelfavorit absetzen. Des Weiteren werfen wir einen kurzen Blick auf die beiden Läufe der International GT Open in Silverstone.
ADAC GT Masters
Die Qualifikation am frühen Samstagmorgen sah zwei Red-Flag-Unterbrechungen, die jedoch nicht unfallbedingt waren. Zuerst rollte kurz vor Halbzeit der 20-minütigen Sitzung der #11 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 (Beretta/Pohler) aus und musste durch den Seitenausgang entfernt werden. Fahrer Michele Beretta schaute mehrmals besorgt in den Diffusor, aber äußere Schäden waren nicht erkennbar, sodass nach fünf Minuten die Wiederfreigabe erfolgte. In der darauf folgenden Sitzungszeit kristallisierte sich eine Bentley-Doppelführung heraus, die dank eines eigenen Problems auch final standhalten sollte. Jordan Pepper im Pole-Bentley Team Abt Continental GT3 mit der Nummer sieben (Pepper/Abt) rollte nach einem langen Rutscher über einen bekannten gelben Randstein aus: die zweite rote Flagge. Durch das vorzeitige Ende war auch der zweite Platz für den #8 Bentley Team Abt Continental GT3 (Hamprecht/Jöns) gesichert. Drittbestes Fahrzeug des ersten Qualifyings wurde der #20 Schubert Motorsport BMW M6 GT3 (Krohn/da Costa). Am Steuer des Bajuwaren saß zwar nicht der GT-Debütant António Félix da Costa, aber dank der starken Leistung des Kollegen Jesse Krohn durfte sich der Portugiese auch über eine sehr gute Ausgangslage freuen. Diese wurde einige Stunden nach der Qualifikationssession sogar besser, da der schwarz-gelbe Bentley seine Pole und damit auch das Samstagsrennen nicht wahrnehmen konnte. Ein undichtes Teil im Bereich des Krümmers machte die Nummer sieben für den Renntag irreparabel. Somit rückten die vorher genannten einen Platz nach oben, was zumindest eine Bentley-Pole erhalten konnte. Auf Rang drei lag nun die #77 Callaway Competition Corvette C7 GT3-R (Gounon/Keilwitz). Diese unguten Nachrichten für das Bentley-Team aus dem Allgäu reduzierten das Feld auf 32 Boliden. Schon vor der Formierung des Startes wurden noch weitere Änderungen an der Startaufstellung erforderlich, denn der Nummer 20 Schubert BMW fiel bei der technischen Nachkontrolle durch und wurde ans Ende des Feldes verwiesen: so viel zur guten Ausgangslage.
Box statt Pole – so kanns gehen, wenn der Defektteufel das Rennglück k.o. schlägt. #RedBullRing pic.twitter.com/BGzA0wO6Qj
— Bentley Team ABT (@BentleyTeamABT) July 23, 2016
Die Top 3 der endgültigen Startreihenfolge sah den #8 Abt Bentley auf der Pole, die #77 Callaway Competition Corvette auf zwei und den #17 KÜS TEAM75 Bernhard Porsche 911 GT3 R (Jahn/Estre) auf Position drei. Bereits vor dem eigentlichen Rennstart gab es also etliche Verschiebungen, Strafen und Ausfälle. Bei strahlendem Sonnenschein in der Steiermark gestaltete sich der Start sehr gesittet und problemlos. Der #17 TEAM75 Bernhard Porsche in den Händen von David Jahn erwischte eine besonders gute Anfangsphase und stürmte mit begeisternden Manövern an die Spitze, wo er bis zur Boxenstoppphase verbleiben sollte. Fabian Hamprecht konnte er allerdings nicht abschütteln, der seinen Bentley Continental GT3 im Windschatten des Porsches hielt. Während sich das Duo vorne also absetzte, entwickelte sich dahinter ein sehenswertes Duell zwischen der #77 Corvette und dem #24 kfzteile24 APR Motorsport Audi R8 LMS GT3 (Stoll/Vanthoor) um den letzten Podiumsplatz. Direkt dahinter positionierte sich wiederum der #99 Precote Herberth Motorsport Porsche 911 GT3 R (Renauer/Ragginger), der mit Rückenwind aus Paul Ricard angereist war. Der bei den 24h siegreiche Porsche 911 GT3 R wurde entsprechend im Fahrerlager präsentiert. In der Zeit bis zu den Pflichtboxenstopps und danach blieb die Ordnung vorne grundsätzlich erhalten, da keinem Team grobe Fehler unterliefen. Kurz vor Ende der zehn Minuten kam es zu einem heftigen Abflug, als dem #32 Bonaldi Motorsport Lamborghini Huracán GT3 (Spengler/Zonzini) der linke Hinterreifen platzte. Glücklicherweise rutschte der gelbe Renner in die Auslaufzone und konnte dort problemlos aus dem Kiesbett geborgen werden. Das Timing erinnerte fatal an das Problem von Vettel am Monatsfang beim Großen Preis von Österreich, aber der Pirelli-Einheitsreifen der GT Masters ging durch ein spezielles Problem der italienischen Lamborghini-Truppe in die Knie.
Nur wenige Minuten später kollidierten zwei Meisterschaftsanwärter, da Christopher Mies in der letzten Kurve seinen #29 Montaplast by Land-Motorsport Audi R8 LMS GT3 (Mies/de Phillippi) in eine nicht vorhandene Lücke zum #99 Herberth Motorsport Porsche schob. Das Rennen war damit für beide beendet. Die deswegen ausgerufene Safety-Car-Phase nahm sieben Minuten in Anspruch. Kévin Estre konnte den TEAM75 Bernhard Porsche beim Neustart in der Führungsposition halten und war bis zum Rennende nicht mehr einzufangen. Im Verfolgerfeld gab es eine Durchfahrtsstrafe für den #24 kfzteile24 Audi, der zu schnell in der Boxengasse war. Noch bevor er die Strafe antrat, gab er dem vor ihm liegenden #8 Abt Bentley einen Schubser in der ersten Kurve, welcher eine stark beschädigte Schnauze für den orangenen R8 zur Folge hatte. Der Bentley Continental GT3 blieb jedoch ohne schwerwiegende Schäden und landete auf Podiumsplatz zwei. Außerdem gewann man dadurch die Juniorenwertung für Hamprecht am Samstag: ein gelungener Geburts- und gleichzeitig Renntag für Christer Jöns. Die #77 Corvette schloss das Rennen zwar „nur“ auf Rang drei ab, aber die übernommene Führung in der Meisterschaft war der entscheidende Erfolg am Samstag. In der Gentleman-Klasse gingen die Siegerehren an den sechstplatzierten #63 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 (Engelhart/Ineichen). Trotz gegenteiligen ersten Meldungen verblieb Engelhart im grünen Italiener, was das kongeniale Duo mit dem Schweizer Ineichen zusammenhielt. Dank des in der ersten vollen Saison siegreichen TEAM75 Bernhard wird die Reihe an Debüttriumphen in der GT Masters fortgesetzt, was für die Attraktivität und den abwechslungsreichen Charakter der Serie in diesem Jahr spricht.
Durch den etwas früheren Start des Sonntagsrennens rutschte auch die zweite Qualifikation etwas nach vorne. Auch hier kam es zu einer Unterbrechung durch eine rote Flagge aufgrund eines Drehers der #13 RWT Racing Corvette Z06.R GT3 (Barth/Lips), die sich unglücklich am Kurvenscheitelpunkt festfuhr. Sonst war es im Gegensatz zum Vortag etwas ruhiger. Eine Korrektur in der vorderen Startreihenfolge wurde trotzdem nötig, da Estres beste Runde (Rang drei zu diesem Zeitpunkt) im #17 TEAM75 Bernhard Porsche unzulässig war. Die Pole-Position ging an Daniel Keilwitz, der die #77 Corvette nur knapp schneller als Vanthoor (#24 kfzteile24 Audi) bewegte. Den dritten Startrang erbte der #7 Abt Bentley, der am Vortag so böse vom Pech heimgesucht wurde. Somit ergab sich eine spannende Konstellation für den offiziellen Start der zweiten Saisonhälfte (Rennen 8 von 14).
Der Start zur Mittagszeit war wie am Vortag unfallfrei und größtenteils geordnet, was jedoch auch nur dank der großen Auslaufzone in der ersten Kurve ermöglicht wurde. Die Top 3 blieb im Verlauf der ersten Umrundung erhalten, aber im Hintergrund entstand ein enges Duell um Rang vier. Selbigen belegte der #20 Schubert BMW, der das Rennen am Vortag nach dem erzwungenen Start am Ende des Feldes auf Platz 22 beendet hatte. Durch den reparierten schwarz-gelben Bentley waren es am Sonntag im Übrigen wieder 33 Teilnehmer. Attackiert wurde der Schubert-Bolide von der #69 Callaway Competition Corvette C7 GT3-R (Assenheimer/Schwager). Dieses Duell endete nach zwölf Minuten ziemlich unglücklich, als die Corvette mit blockierter Hinterachse in den M6 rutschte, was dem deutsch-amerikanischen Boliden die Aufhängung vorne links kostete. Dies verhinderte aber nicht das Zurückhumpeln an die Box.
Nach etwa 20 Minuten wurde der Kampf zwischen der #77 Corvette und dem #24 kfzteile24 Audi wieder intensiver, was der Qualität des Audi-Werksfahrers Vanthoor geschuldet war, der jedoch vor dem Öffnen des Pflichtboxenstoppfensters keinen Weg mehr vorbei finden konnte. Im 10-minütigen Intervall kam es zum nächsten Rückschlag für Schubert Motorsport, denn der BMW M6 mit dem eingewechselten Krohn rollte Richtung Streckenrand aus. Offensichtlich war eine sogenannte „Tasche“ nahe genug, um keine Neutralisierung auszurufen, die natürlich äußerst unbeliebt in diesem Rennabschnitt ist. Zu dieser kam es erst kurz nach dem Ablauf der Zeit, da der #33 Car Collection Motorsport Audi R8 LMS GT3 (Frankenhout/Haase) ausgangs Kurve eins stehen blieb: ein spannender Auftakt für das letzte Renndrittel. Doch kaum war es freigegeben, musste schon wieder interveniert werden. Der Grund dafür war ein Tête-à-Tête zwischen dem #36 bigFM Racing Team Schütz Motorsport (Dienst/Zanella) und dem #22 MRS GT-Racing Nissan GT-R NISMO GT3 (Schothorst/Feige), die sich höchst unnötig und unglücklich ins Kiesbett verabschiedeten. Die Doppelbergung dauerte dann doppelt so lange, was eine Restzeit von zehn Minuten zur Folge hatte. Der #24 kfzteile24 Audi hatte sich im Zuge der Boxenstoppzeit die Führung gesichert und ließ sich selbige nicht mehr abspenstig machen. Das war Stunden später die Aufgabe der Rennleitung, die bei beiden orangenen APR Motorsport Audis Regelwidrigkeiten feststellte. Eine sehr schmerzhafte „technische Unregelmäßigkeit“, die beide Renner aus der Tageswertung riss.
Somit grüßt nun die #77 Callaway Competition Corvette C7 GT3-R von der Spitze des Endergebnisses und der Gesamtwertung. Außerdem holte Gounon zusätzlich den Sieg in der Juniorenwertung, was den spannenden Zweikampf zwischen ihm und de Phillippi dort verstärkt. Mit 120 Zählern kann man nun auf 29 Punkte Vorsprung auf die ehemals Führenden im #29 Land-Motorsport Audi bauen. Nach dem Crash am Vortag und der verlorenen Meisterschaftsführung reiste man sehr schlecht gelaunt ab und kritisierte die BoP bei jeder sich bietenden Möglichkeit, obwohl man durch die Endergebnisanpassung auf Platz sechs vorrutschte. Platz zwei ging an den #7 Abt Bentley, was vor allem dem Filius der Allgäuer Tuningschmiede Auftrieb verleihen sollte bei seinen GT3-Bestrebungen. Komplettiert wurde das Podium von der aktuellen Meisterpaarung Sebastian Asch und Luca Ludwig im #1 AMG-Team Zakspeed Mercedes AMG GT3, die sich an dem Wochenende trotz mangelnder Pace gut verkauft haben und Platz drei in der Gesamtwertung mit 79 Zählern festigten. Platz vier in dieser wird belegt von dem Gentleman-Trophy-Sieger in Lauf zwei in Form des #63 GRT Huracán, wo man wohl froh über die Wahl Engelharts als Partner von Ineichen ist. Ineichen verkürzte somit den Rückstand auf Remo Lips aus der #13 RWT Racing Corvette.
Es wird zu beobachten sein, ob Keilwitz und Gounon am Nürburgring (05.08. bis 07.08.) den ersten großen Schritt Richtung Meisterschaft gehen können. Mies und de Phillippi haben hoffentlich nur einmalig ihre Devise der Konstanz aus den Augen verloren und kehren gestärkt in den Eifelwald zurück.
Bilderquelle / Copyright: ADAC GT Masters
International GT Open
Zum Abschluss des Reports folgt nun ein kurzer Blick in die International GT Open, die trotz der geringen Starterzahl immer wieder erstaunlich gute Endspurte hinlegt. So kam es auch am Samstagnachmittag, da das 70-minütige Rennen eine starke Wendung erlebte. Der von der Pole-Position gestartete Côme Ledogar im #88 Garage 59 McLaren 650S GT3 dominierte in seinem Stint nach Belieben und schenkte seinem Kollegen Alexander West einen riesigen Vorsprung. Der konnte ihn nicht nutzen und stürzte auf Platz zehn von insgesamt 13 Starten ab. Dies ist jedoch charakteristisch für die GT Open, da reine Profipaarungen sehr selten sind. Dazu beigetragen hat aber auch ein unglücklicher selbst verschuldeter Dreher elf Minuten vor Ende. Während West mit sich selbst haderte, kämpfte eine Hand voll Boliden um den frei gewordenen Spitzenplatz. In einem packenden Lamborghini-Duell, das sich aus der Kampfgruppe herausbildete, setzte sich schlussendlich der #18 Nigel Mustill Lamborghini Gallardo Rex GT3 (Dolby/Enge) gegen den #27 Orange 1 Team Lazarus Lamborghini Huracán GT3 (Biagi/Crestani) durch. Rang drei ging an den #1 BMW Team Teo Martín M6 GT3 (Ramos/Schothorst).
Die Geschichte des zweiten Laufs und seiner 60 Minuten ist schnell erzählt. Etwas überraschend holte sich der #48 FF Corse Ferrari 488 GT3 (Stanley/McNeilly) die Pole-Position. Die Organisatoren waren so stark von der Leistung der Bronze-Truppe überrascht, dass sie sofort in den Pro-Am-Bereich aufsteigen mussten, was akzeptiert wurde. Bei leichtem Regen, der nicht genügend für den Verzicht auf profillose Reifen war, verlor die #48 schnell die Führung an den #34 TF Sport Aston Martin Vantage GT3 (Yoluc/Hankey), die das Rennen auch gewinnen sollte. Für das neue Ferrari-Modell ging es bis auf Platz sieben zurück, was auch besser zum Leistungsvermögen der Paarung passte. Rang zwei ging an den anderen Teo Martín BMW M6 GT3 mit der Nummer zwei (Yacamán/Monje) und Position drei an den #59 Garage 59 McLaren 650S GT3 (Benham/Tappy), was vielleicht eine gute Generalprobe für die 24 Stunden von Spa sein könnte.
„Wie auf’s Stichwort“ endet der Report mit einem Querverweis auf die diese Woche erscheinende Vorschau mit allem nötigen Vorwissen für die größte GT3-Schlacht des Jahres.
Bilderquelle / Copyright: ADAC GT Masters; International GT Open