Beim GP von Deutschland dominierte Lewis Hamilton in schon fast langweiliger Manier. Und Nico Rosberg stolpert von einer Krise in die nächste.
Der erste GP von Deutschland seit zwei Jahren brachte immerhin eins: viele Fans. Waren die Tribünen am Freitag noch gähnend leer, sah das am Sonntag deutlich besser aus. Im Motodrom, das in den letzten Jahren oft erschreckend leer schien, waren die Tribünen gut gefüllt, auch der Rest sah nicht schlecht aus. Das war immerhin mal eine positive Nachricht für die Formel Eins. Die schlechte war, dass das Rennen – nun ja – langweilig war. Anders kann man das leider nicht ausdrücken.
Die Langeweile hatte viel mit dem Start zu tun, den Nico Rosberg komplett verhaute. Nach der Quali schien er in einer guten Position zu sein, hatte er doch Hamilton zum ersten Mal seit längerem wieder klar auf der Strecke geschlagen (Ungern zählt nicht). Doch nach dem Start war das Rennen für Rosberg dann schon gelaufen, was den Sieg angeht. Es ist schon fast eine Regel, dass der führende Mercedes im Rennen die Spitze verliert. Es wäre allerdings interessant gewesen, ob Rosberg, hätte er den Start gewonnen, Hamilton in der ersten Runde hinter sich hätte halten können.
Aber Konjunktive haben in der Formel Eins nur selten etwas verloren und Rosberg fand sich nach zwei Kurven hinter den Red Bull wieder. Das erstaunliche hier war dann, dass der Mercedes an den beiden Red Bull auch nicht vorbei kam. Rosberg probierte es drei Runden lang an Ricciardo, ließ dann aber Luft, um seine Reifen zu schonen. Und hier begann dann auch der interessante Teil des Rennens, der stark von der Strategie geprägt wurde.
Mercedes stellte auf eine Drei-Stopp-Strategie um, indem man Rosberg sehr früh an die Box holte und einen Undercut an Ricciardo versuchte. Aber der ersten Versuch in Runde 12 funktionierte schon mal nicht, weil der Stopp knapp eine Sekunde zu lang dauertr. Tatsächlich fand sich Rosberg sogar ein Stück hinter den beiden Red Bull wieder, die ihrerseits aber Zeit auf Hamilton verloren hatte.
Der zweite Versuch lief dann besser. Red Bull war sich in Sachen Strategie unsicher. Sollte man beide Wagen auf drei Stopps setzen oder nur einen? Mercedes fällte eine aggressive Entscheidung und brachte Rosberg in Runde 28 an die Box. Dieses Mal saß der Stopp, aber eine Runde später coverte Red Bull die Entscheidung von Mercedes mit einem Stopp von Verstappen. Rosberg kam knapp hinter dem Niederländer rein und es kam zum für den Deutschen folgenschweren Überholmanöver.
Dass die Rennleitung das Manöver von Rosberg bestraft hat, ist vertretbar. Er kam aus dem Nirwana, war jenseits von Gut und Böse mit seinem Bremspunkt, und hätte Verstappen nicht brav aufgemacht, wäre das Rennen für beide vermutlich zu Ende gewesen. Rosberg hat da eine Gefährdung und ein Abdrängen bewusst in Kauf genommen. Auf der anderen Seite: Er hatte die Kurve (jedenfalls zu 90%), blieb auf der Strecke und es hat nun schon diverse Manöver dieser Art gegeben, ohne dass jemand bestraft wurde. Vor allem im Hinterfeld und in diversen anderen Serien.
Womit man dann wieder beim Problem der wechselnden Rennkommissare wäre. Das System der Formel Eins hat Vorteile, weil man wechselnde Kommissare schlecht bestechen kann. Der Nachteil ist, dass man halt wechselnde Entscheidungen hat. In den USA, wo robustere Überholmanöver auch in der IndyCar ja schon mal zum Rennen gehören, wäre Rosberg vielleicht davon gekommen. In Deutschland, wo zwei Kommissare aus der Schweiz die Entscheidung fällten, halt nicht.
Die 5-Sekunden-Strafe war dann Gift für das Rennen von Rosberg, was bedauerlich war, denn die Strategie von Mercedes hatte perfekt funktioniert. Weil Red Bull mit dem Stopp von Ricciardo bis Runde 33 wartete, konnte Rosberg P2 erobern. Der Grund für die lange Wartezeit, die ja den Undercut von Rosberg erst möglich machte, lag in einer Fehlinterpretation von Red Bull begründet. Einerseits wollte man sich die Sache mit den zwei Stopps offen halten, andererseits wollte man Hamilton angreifen. Die Fehlinterpretation lag darin begründet, dass man glaubte, dass der Brite vorne auf Anschlag fahren würde.
Was Hamilton aber weder musste, noch tat. Er kontrollierte den geringen Abstand von meist um die acht Sekunden. Red Bull machte den Fehler, dass man den Kampf um P1 nicht aufgab, um P2 zu sichern, was Rosberg überhaupt erst auf P2 brachte. Ohne die fünf Sekunden von Rosberg hätte Red Bull nach dem Rennen ziemlich schlecht dagestanden. Dass Rosberg dann am Ende auch nicht mehr an Verstappen ran kam, lag auch daran, dass er auf einem gebrauchten Satz Soft unterwegs war. Er hatte einfach keine frischen Soft mehr.
Die Ferrari waren am Hockenheimring im Nirgendwo. Red Bull war deutlich schneller, Mercedes sowieso. Das muss für die Italiener erschreckend sein, denn eigentlich bietet der Hockenheimring keine Besonderheiten und sollte den Ferrari liegen. Zudem war die Strecke auch noch warm, was dem Chassis bisher ja wenig ausmachte. Aber es geht bei den Italienern nichts nach vorne. Und das ist schon merkwürdig. Entweder kann das Chassis nicht mehr oder man ist irgendwo in den letzten drei Monaten in Sachen Entwicklung falsch abgebogen. Eine andere Variante ist, dass James Allison gerüchteweise schon länger nicht mehr am Auto arbeitet und die Entlassung dann nur nachgeschoben war. Es ist jedenfalls auffällig, dass sich in Sachen Updates seit langer Zeit nicht viel bei Ferrari getan hat. Und ob die Sommerpause reicht, um die Probleme in den Griff zu bekommen, kann man getrost bezweifeln. Eine halbe Sekunde müsste man unbedingt finden.
Dass Ferrari nicht das einzige Team ist, dem es gerade so geht, wird in Maranello vermutlich niemanden interessieren. Aber Williams scheint auch auf einem entwicklungstechnischen Holzweg zu sein. Anders lässt sich die miese Performance der Briten nicht erklären. Man läuft massiv Gefahr, nicht nur hinter Force India zu fallen, auch McLaren holt mit großen Schritten auf. An Leistung fehlt dem Honda nicht mehr viel, wie man bei einigen Manövern in Hockenheim sehen konnte. Button konnte auf der Geraden die Konkurrenz hinter sich halten oder sogar überholen. Ein ganz neues Bild von McLaren, und Honda plant ein weiteres Update für die Motoren-Strecke in Spa. Und damit greift man dann im Herbst sicherlich an.
Dass Force India weiterhin mit der mehr oder weniger komplett ausentwickelten B-Variante eines Chassis unterwegs ist, das man grundsätzlich 2014 gezeichnet hatte, ist schon erstaunlich. Sicherlich hat man das Auto im Winter runderneuert, aber so richtig kam der Wagen ja nicht in Schwung. Jetzt sieht das anders aus. Was aber auch zeigt, wie nahe Glück und Pech in der Entwicklung liegen können. Was bei Williams nicht funktioniert, trotz vieler neuer Teile, passt bei Force India bestens zusammen. Die Inder sind kurz davor, Williams in der Team-WM zu überholen und Platz 4 zu übernehmen. Ausgeschlossen ist das nicht.
McLaren ist jetzt soweit, dass man regelmäßig Punkte holt und in Q3 kommt. Ein Ziel, das man eigentlich vor genau einem Jahr hätte erreichen sollen. Aber immerhin ist man schon mal an diesem Punkt. Dabei scheint Button im Moment einen besseren Job zu machen als Alonso, was die Fahrerfrage im Team sicher nicht einfacher machen wird.
Der Rest des Feldes hatte mit den Punkten nichts zu tun. Bei Toro Rosso machen sich der alte Ferrari-Motor und die mangelnden Updates bemerkbar. Im Hause Renault gibt es einen leichten Aufwärtstrend, aber mit dem alten Chassis wird man auch keine Bäume mehr ausreißen. Haas kämpft vor allem mit Setup-Problemen und das bei fast allen Rennen. Es fehlen einfach die Daten und offenbar geht die Liebe von Ferrari nicht so weit, dass man Setup-Daten austauscht. Manor und Sauber sind auf einem Niveau. Auffällig ist aber, dass das Feld enger zusammengerückt ist. Der Abstand zwischen Rosberg und dem Letzten, Ericsson, betrug in der Quali nur noch 2,9 Sekunden. Nimmt man P10 in Hockenheim als Maßstab (Massa) fehlen sogar „nur“ 1,6 Sekunden.
Jetzt geht es dann erst Mal in die Sommerpause oder auch „Wir arbeiten dann halt mal von zu Hause und lassen Teile woanders entwickeln“-Zeit genannt. Nächstes Rennen ist in vier Wochen in Spa.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Red Bull Mediahouse/Getty Images, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1
6 Kommentare
rosberg ist ein typisches beispiel, eines deutschen ohne eier in der hose.
er ist in einem gutsituierten elternhaus aufgewachsen.
seine eltern und jetzt er müssen mit dem strom schwimmen und angepasst sein, sonst gibt es keine neuen verträge. das äußert sich in seinem stil rennen zu fahren. immer rücksicht auf die anderen und das ist bei hemilton nicht der fall. der musste sich sein leben durchbeißen.
meiner meinung nach wird rosberg nie weltmeister.
Das Rennen war in der Tat ein Negativbeispiel für die moderne F1. Die Top5-6 hätten über beträchtliche Rennteile schneller gekonnt, verbrachten aber viel Zeit mit Pace Control und Reifen Schonen. Das ist dann leider kein Racing, sondern so’ne Art Management Simulation, die beim Spielen vermutlich höchst spannend ist, beim Anschauen von aussen aber eine pure Schlaftablette.
Das Manöver Rosberg-Verstappen ist natürlich aus mehreren Perspektiven interessant:
Zum Einen ist da der Umstand, dass wohl (wie Lauda wiedergab) im Fahrermeeting buchstäblich alle Fahrer mehr oder weniger deutlich auf Verstappen eingeredet haben was seine Fahrweise angeht. Er habe wie ein Häufchen Elend da gesessen und das über sich ergehen lassen, um anschliessend zu verkünden, er wüsste nicht was die alle von ihm gewollt hätten. Nunja.
Zum Anderen kann man darüber diskutieren, ob und wenn ja was er daraus mitgenommen hat, denn der ganze Vorgang hatte innerhalb von wenigen Sekunden doch eine interessante Dynamik. Als Rosberg in die Spitzkehre anbremste um Verstappen zu überholen, konnte der gute Max es eben wieder nicht lassen, doch nochmal wenigstens versuchsweise zu blocken und Nico zum Ausweichreflex nach rechts zu zwingen. Dummerweise ist die Strecke an der Stelle breit genug dass Blocken da kaum funktioniert. Trotzdem dürfte es gereicht haben, um bei Rosberg sowas wie ein „Freundchen, nicht mit mir“-Gefühl reifen zu lassen und ihn extra lang zu schicken (was er natürlich eindeutig und absichtlich getan hat, so spät wie er eingelenkt hat – sämtliche Interviewaussagen im Nachklapp von wegen „war schon am vollen Lenkeinschlag“ und dergleichen sind offenkundig Quatsch… klar war er am Lenkeinschlag, aber erst nachdem er bis zum Streckenrand bewusst geradeaus gefahren ist). Dass er das so naiv verbockt hat während Verstappen dann doch auch sehr freiwillig aussen rum ging (die Strecke erlaubt das an der Stelle), ist … schlicht dumm. Dass das Team ihn bei der Strafe dann auch noch über drei Sekunden zu lange stehen lässt, ist ein nettes Tüpfelchen auf dem I. (Und auch da wieder mal so ein Beispiel für den Grad an Dummfug, den die Mercedes-Teamverantwortlichen so gerne erzählen – Toto Wolff hat in den anschliessenden Interviews allen Ernstes verbreitet, die paar Sekunden haben dann „im Rennen auch keinen Unterschied mehr gemacht“… famos revisionistische Sichtweise der Dinge, die er exklusiv für sich haben dürfte.)
Wieso Red Bull den Platztausch Verstappen-Ricciardo vorgenommen hat, ist mir bis jetzt noch nicht klar (muss das Rennen wie üblich doch nochmal anschauen… örks…). Immerhin hat Verstappen brav mitgemacht, zumindest hat die Bernie-Regie kein Funk-Genörgel ins TV durchgeschaltet.
@ nona:
Danke für Deinen Kommentar, stimme dir zu.
Im übrigen; es ist mir ein Rätsel, warum Deine Kommentare immer erst in der Moderationsschleife landen. Du bist freigeschaltet und ich habe keine Möglichkeiten, Dich noch „freier“ zu schalten. Aber ich achte darauf, dass die Freischaltung immer zügig erfolgt.
Danke Don, kein Problem. :) Vielleicht mag der Algoritmus die Textmenge nicht, oder Name und Adresse sind ihm zu kurz. Find‘ ich aber auch nicht weiter schlimm.
Nachtrag zum Thema Stewards und Entscheidungen der Rennleitung, irgendwie scheint das etwas untergegangen zu sein…
Es ist bald wirklich nicht mehr zu verstehen. Ich bin ja ein erklärter Gegner der Praxis, beim Unsafe Release den Fahrer zu bestrafen, denn das ist ein Fehler des Teams, ergo muss auch ein Weg gefunden werden, das Team und nicht den Fahrer zu bestrafen, denn letzterer kann nichts dafür.
Nun gab es in Hockenheim den interessanten Umstand, ich glaube in FP3 war’s, dass Hamilton aus der Box rollte, ihm dabei aber eindeutig das Signal gegen wurde, nochmal anzuhalten weil die Fast Lane nicht frei war (denn da kam Grosjean). Hamilton hat das Signal bewusst ignoriert, ist rausgefahren und hat Grosjean zum Anhalten gezwungen. Klarer Unsafe Release – nur ausnahmsweise mal Fehler des Fahrer, nicht des Teams.
Was passiert? Der Vorfall wird untersucht, das Team (das alles richtig gemacht hat) mit einer Geldstrafe belegt, der Fahrer (dessen Fehler es war) nicht weiter belangt.
Kann das irgendwer erklären? Es wäre Hamiltons dritte minor infraction (bei seiner „Bewährung“) gewesen, also automatisch minus zehn Startplätze. Vielleicht hat er einfach eine bessere Lobby bei der Rennleitung… wo Sicherheit ihm doch sooo sehr am Herzen liegt dass er sich bei ihnen über Rosbergs gelbe Flaggen ausweint…
Im Ernst, das aktuelle System mit den wechselnden Stewards und Ex-Rennfahrern (gemeinhin seeehr sehr Ex, was Teil des Problems ist) ist kaputt. Seit vielen, vielen Jahren.
Hallo,
war am Sonntag da und fand das Rennen ehrlich gesagt auch langweilig. Schade das Rossberg am Anfang nicht so gut weggekommen ist. Ich mag ihn als Persönlichkeit wirklich sehr und wünsche ihm in Zukunft deutlich mehr Glück. Lese gerne solche Beiträge.
Lg Hans
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