Teil zwei der Super-GT-Hochsommer-Trilogie findet am Fuji Speedway statt. Es ist das letzte Kräftemessen vor dem Saisonhöhepunkt in Suzuka Ende des Monats. Während in der GT300 die Balance of Performance für Diskussionsstoff sorgt, visiert Nissan in der GT500 den vierten Saisonsieg in Folge an.
Während andere Rennserien den Sommer für eine verdiente Ruhepause nutzen, dreht die japanische Super GT zu dieser Jahreszeit besonders auf. Die sogenannte Hochsommer-Trilogie trägt ihren Namen nicht ohne Grund: Bei Temperaturen von teilweise bis zu 35 Grad und extremer Schwüler sind die Rennen in den geschlossenen GT-Maschinen gewiss kein Zuckerschlecken. Auch an diesem Wochenende wird das Thermometer zur Mittagszeit in ähnliche Regionen vorstoßen. Die Regenwahrscheinlichkeit fällt je nach Wetterdienst von zehn bis zu 30% Risiko zwar eher gering aus. Eine eindeutige Voraussage ist in der Gebirgsgegend ähnlich der Eifel jedoch nur schwer möglich. Die Streckenauswahl für diesen wichtigen Punkt in der Saison könnte nicht besser sein: Nach dem wilden Ritt im Sportsland Sugo folgt die Highspeed-Schlacht auf dem Fuji Speedway, ehe Ende August die Hochsommer-Trilogie mit der 45. Ausgabe des International Suzuka 1000km ihr Ende findet. Der zweite Auftritt auf Toyotas Haus- und Teststrecke am Fuße des japanischen Wahrzeichens, der anders als noch im Frühjahr über 300 anstatt 500 Kilometer ausgetragen wird, ist somit auch die Generalprobe vor dem absoluten Saisonhöhepunkt.
Der rund eine Stunde von der Metropolregion Tokyo entfernte Fuji Speedway ist durch die Formel 1 in den 70er Jahren, insbesondere aber durch die beiden Grand Prix in den Jahren 2007 und 2008 bekannt. Der Kurs wurde extra für die Rückkehr der Königsklasse von Herman Tielke umgebaut und an die Sicherheitsstandards angepasst. Im Gegensatz zu anderen Strecken hat er die Strecke mit der längsten Geraden im kompletten Super-Formula-Kalender (1,5 km), auf der die Boliden über 310 km/h erreichen, aber nicht „vertielkt“, auch wenn die Abstinenz einiger Kiesbetten und die fast vollständige Eliminierung des „Bankings“ in einigen Bereichen der Strecke sehr bedauerlich sind. Der Kurs selbst liegt in der Shizuoka-Präfektur, nahe des kleinen Städtchens Oyama und nicht weit von der Großstadt Fuji-chi (übersetzt einfach nur Fuji oder Fuji Stadt) am Fuße des Fuji-san (so der japanische Name des berühmten Berges), sprich man hat nicht nur von der Rennstrecke einen malerischen Blick auf das bekannteste Naturwahrzeichen des Landes. Ebenfalls in der Nähe befindet sich der Fluss Fujikawa, der von der Präfektur Yamanashi bis nach Shizuoka fließt. Die Japaner lieben es, Wörter abzukürzen oder neue Komposita zu bilden, weshalb oftmals einfach nur vom Rennen „in Fuji“ spricht.
Die Strecke hat nach der Neueröffnung im Jahr 2005 eine Gesamtlänge von 4,563 km und insgesamt 16 Kurven. Nicht nur aufgrund der langen Start- und Zielgeraden, die in der Vergangenheit Schauplatz mehrere spektakulärer Windschattenduelle war, gilt der Kurs als flink. Die Piste beinhaltet zum Ende hin jedoch auch einige mittelschnelle und langsame Kurven. Nach der schnellen 300R folgt die Dunlop-Kurve, die ins Geschlängel der 13. und der Prius-Kurve mündet. Ein gutes Gasfußgefühl wie auch ein gut liegendes Auto sind in diesem Streckenabschnitt Pflicht. Essentiell für eine gute Runde ist das Herausbeschleunigen aus der finalen Panasonic-Kurve, um auf der Start- und Zielgeraden den nötigen Top-Speed aufzubauen. Im Folgenden eine Onboard-Runde mit James Rossiter im damaligen Petronas TOM’s RC F aus dem Jahr 2015:
GT500
Nissan, Nissan, Nissan. Die diesjährige Siegerliste könnte eine geringe Ausgeglichenheit im GT500-Feld suggerieren. Dies würde allerdings nur die halbe Wahrheit erzählen. Denn tatsächlich waren die bisherigen drei Saisonläufe (das Rennen in der Autopolis wurde nach den schweren Erdbeben in und um Kumamamoto bekanntlich abgesagt und auf das Saisonfinale in Motegi verschoben) ein echter Spannungsgarant, bei dem die letztlichen Triumphanten im Voraus gewiss nicht feststanden. Die größte Überraschung dürfte dabei der Sieg des Forum Engineering Advan GT-R (Masataka Yanagida / Daiki Sasaki) beim vorherigen Lauf im Sportsland Sugo gewesen sein. Auf einer traditionell für die Marke schwierigen Strecke erlebte Nissan fast ein rabenschwarzes Wochenende, das bereits im Qualifying seinen Anfang nahm. So gelang keinem der Godzilla-Flotte der Sprung ins zweite Quali-Segment. Noch schlimmer: Die derzeitigen Tabellenführer Tsugio Matsuda und Ronnie Quintarelli im werksseitigen Motul Autech GT-R verunfallten, als der Italiener in der schnellen Rainbow Corner leicht aufs Gras kam. Im Rennen lief es für einen Großteil der Yokohamer nur unwesentlich besser. Das noch am Vortag verunfallte NISMO-Duo sackte mit satten 80 kg auf dem neunten Platz nur wenige, dafür aber im Meisterschaftskampf wichtige Punkte ein. Satoshi Motoyama / Katsumasa Chiyo (S Road Craftsports GT-R) fielen aus dem Mittelfeld auf den 13. Rang wegen eines Reifenschadens zurück. Noch schlimmer erwischte es Hironobu Yasuda und Joao Paulo de Oliveira im Calsonic Impul GT-R, deren Rennen nach bereits 35 Runden beendet war. So schlug der persönlich Sugo-Fluch des Brasilianers Oliveira erneut zu, als er wegen eines Ausweichmanövers des sich vor ihm drehenden Lotus Evora aus der GT300-Klasse in den Reifenstapel abflog. Für das Team von Kazuyoshi Hoshino war es bereits der zweite Ausfall in Folge, nachdem man nach einem packenden Kampf mit den Markenkollegen von NISMO beim 500-Kilometer-Rennen am Fuji vier Runden vor Schluss einen Reifenschaden in der schnellen 100R erlitt.
Das Pech der vergangenen beiden Läufe könnte jetzt jedoch der große Vorteil des blauen Godzillas sein. Mit lediglich 14 kg gehört der Calsonic Impul GT-R nämlich zu den leichtesten Fahrzeugen im Feld. Angesichts der Performance im Frühjahr, als beide Piloten die Angriffe des Motul-Nissans abwehrten und eine beeindruckende Performance auf den Asphalt zauberten, zählt das japanisch-brasilianische Gespann an diesem Wochenende zu den absoluten Top-Favoriten. Die größte Konkurrenz könnte hierbei aus dem eigenem Hause stammen. Denn wie auch Impul hat die Privatmannschaft von Mola noch eine Rechnung mit dem Fuji Speedway offen. Im Frühjahr ebenfalls im Kampf um den obersten Platz auf dem Podium involviert, wurden Serienveteran Satoshi Motoyama und GT500-Rookie Katsumasa Chiyo lediglich von einer unglücklichen Strafe zurückgeworfen. So erwischte die durch einen Unfall des Raybrig NSX Concept-GT (Naoki Yamamoto / Takuya Izawa) ausgelöste Safety-Car-Phase die Mola-Truppe am falschen Fuß, just als man zum finalen Boxenstopp hereinkommen musste. Gemäß der diesjährigen Regularien ist die Boxenstraße während der Rennneutralisierung jedoch geschlossen. Um nicht wie der Zent Cerumo RC F (Yuji Tachikawa / Hiroaki Ishiura) trocken liegen zu bleiben, entschied man sich zum Nachtanken, was mit einer 90-sekündigen Stop-and-Go-Strafe quittiert wurde. Für die Revanche haben die Tabellensiebten nur 30 Zusatzkilo im Gepäck. Zusätzlich könnten sich die Michelin-Reifen als Joker erweisen, die in der Vergangenheit bei heißen Temperaturen, insbesondere zum Ende eines Stints, im Vorteil waren. Ebenfalls mit französischen Gummi ist der Motul Autech GT-R bereift. Die Tabellenführer sowie zweifachen Saisonsieger Matsuda und Quintarelli werden wegen ihres saftigen Übergewichts von 84 kg jedoch eher keine Rolle um den Rennsieg spielen. Anders als in Sugo sollte die Highspeed-Bahn nahe des kleinen Städtchens Oyama jedoch nicht ganz so giftig zum Handicap sein, weshalb man versuchen wird, die Meisterschaftsführung mit einem Top-Resultat zu zementieren.
Und dann sind natürlich die Überraschungssieger vom letzten Mal, die ähnlich eines Kevin Harvicks im NASCAR Sprint Cup quasi aus dem Nichts an der Spitze auftauchten. Das Rezept zum Erfolg war neben einer gewagten Strategie auch eine gehörige Portion Glück. So entschied sich die Mannschaft rund um Multitalent Masahiko Kondo gegen einen Reifenwechsel. Dadurch, dass das Feld kurz zuvor wegen einer Safety-Car-Phase zusammengestaut wurde, nutzte der Forum Engineering Advan GT-R diesen Umstand aus, um sich so an die Spitze zu katapultieren. Der zweifache GT500-Meister Masataka Yanagida legte den Grundstein zu diesem Erfolg, als er die Yokohama-Reifen nur wenn nötig belastete. So kam die Idee, ohne Reifenwechsel durchzufahren, laut Masahiko Kondo bereits am Vortag. Daiki Sasaki legte anschließend einen wahren Monster-Stint hin, als er sich mit einer ganzen Lexus-Armada duellierte. Obgleich an mehreren Stellen möglich, ist Überholen im Sportsland Sugo schwierig. Die Strategie spielt deshalb keine unwichtige Rolle. Mit viel Herz und Talent wehrte Sasaki die Verfolger ab. Erinnerungen an den Vorjahreserfolg am Fuji Speedway wurden wach, als er zum Ende des Rennens auf ähnliche Weise die Führung übernahm. Im Baseball werden die Pitcher, die zum Ende eines knappen Spiels die letzten „Outs“ erzielen sollen, Closer genannt. Mit nun seinem zweiten zum Ende eines Rennens herausgefahrenen Erfolges verdient sich Sasaki wohl eine ähnliche Bezeichnung. Auch für Yokohama selbst war der Triumph eine Riesenstory, schließlich bezwang man die Giganten von Bridgestone und Michelin durch einen offenbar geringeren Verschleiß. Ob die attackierende Lexus-Armada zum Ende hin noch einen Weg an Sasaki vorbeigefunden hätte sei an dieser Stelle hingestellt. So wurde das Rennen wegen eines verunfallten GT300-Boliden in der allerletzten Kurve sechs Runden vor Schluss vorzeitig mit der roten Flagge abgebrochen. Dieses Wochenende kehrt die Mannschaft von „Matchy“ Kondo, so der Spitzname des Teambesitzers, somit an den Ort des letztjährigen Erfolges zurück. Trotz 44 kg im Gepäck spürt Masataka Yanagida den Rückenwind. Seine Kampfansage: „Wir wollen den zweiten Sieg in Folge. Oder zumindest ein weiteres Top-Resultat“. Gutes Omen für Nissan im Allgemeinen: Seit dem Start der neuen GT500-Ära 2014 gingen vier der bisherigen fünf Fuji-Siege nach Yokohama.
Bei Lexus wird man diese Statistik mit eher verzogener Miene wahrnehmen. Seit der Einführung des RC F blieb man beim Heimspiel sieglos. Die besten Chancen diese Serie zu beenden hatte der Zent Cerumo RC F (Yuji Tachikawa / Hiroaki Ishiura). Vergangenes Jahr auf den finalen Metern von Kondo Racing geschlagen, wurde das Team im Frühjahr ähnlich unglücklich wie der S Road Craftsports GT-R von der Safety-Car-Phase am falschen Fuß getroffen. Anders als die Nissan-Mannschaft entschied man sich jedoch die wenigen Benzintropfen im Tank auszuquetschen, um so keine Strafe zu erhalten. Hart gepokert und doch verloren: In der Runde des Neustarts blieb der rote Lexus trocken am Streckenrand liegen. Mit 32 kg im Gepäck zählt die Truppe rund um „Fuji-Meister“ Tachikawa, die in Sugo den Bronzerang einfuhr, auch bei dieser Ausgabe zum engeren Favoritenkreis. Den Spitznamen erhielt der dreifache GT500-Champion wegen seinem Rekord von insgesamt sieben Siegen auf dem Fuji Speedway. Ebenfalls auf Revanche aus: Der an diesem Wochenende mit einem leicht veränderten Farbschema bekleidete Wako’s 4C RC F (Kazuya Oshima / Andrea Caldarelli). Im Sportsland Sugo noch die erste Pole-Position unter Führung des neuen Team-Managers Juichi Wakisaka eingeheimst, wurden die Siegträume nach einer Kollision im GT300-Überrundsverkehr vernichtet. Am Ende verpasste das japanisch-italienische Ensemble mit dem vierten Rang das Podium nur knapp. Mit 42 kg ist man zwar der zweitschwerste Lexus im Feld. Im Frühjahr bewies man aber bereits mit Platz fünf eine gute Performance beim Heimspiel.
Heikki Kovalainens und Kohei Hirates Denso Kobelco SARD RC F ist mit 68 zusätzlichen Kilos das zweitschwerste Fahrzeug im Feld. Lediglich acht Punkte vom führenden NISMO-Duo auf dem zweiten Tabellenplatz entfernt, wird die Mannschaft beim Heimspiel, wo sie just zuletzt 2012 ihren bislang letzten Triumph einfuhren, versuchen, den Abstand zu verringern. Als wahrer Geheimtipp könnte sich der au TOM’s RC F (Daisuke Ito / Nick Cassidy) entpuppen, der nach einem Tausch vor dem Sugo-Lauf mit einem neuen Monocoque unterwegs ist. Trotz der wegen des irregulären Wechsels aufgebrummten 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe kam man auf dem siebten Rang ins Ziel. Wegen gefährlichen Fahrens durch Nick Cassidy bekam das Ensemble nach dem Rennen jedoch eine 37-sekündige Zeitstrafe aufgebrummt, wodurch man auf den elften Platz zurückfiel. Die lediglich 22 Zusatzkilos könnten sich als Vorteil entpuppen, womit man deutlich leichter als die mit 60 kg derzeit auf Platz drei in der Tabelle liegenden Ryo Hirakawa / James Rossiter im Schwesterwagen KeePer TOM’s RC F ist.
Ebenfalls mit 22 kg unterwegs: Der WedsSport Advan RC F (Yuhi Sekiguchi / Yuji Kunimoto). Seit dem vergangenen Rennen im Sportsland Sugo, als man dank Yuhi Sekiguchis beeindruckendem Stint und ganz ohne strategischen Kniff in der Führungsetage auftauchte, muss auch die kleine Privatmannschaft von Masataka Bandoh zu den Geheimtipps gezählt werden. In den letzten Jahren gelang dem Team ein kleiner Schritt nach vorne, ohne das es jedoch ganz für die Top-Positionen reichte. Nicht ganz am fünften Platz in Sugo unbeteiligt dürften die Yokohama-Pneus gewesen sein. Für Lexus wird es mit großer Wahrscheinlichkeit die letzte Möglichkeit sein, einen Sieg mit dem RC F beim Heimspiel einzufahren. Bereits beim kommenden Rennen in Suzuka wird nämlich der neue Renner für die kommende Saison präsentiert. Wie bereits häufig an dieser Stelle berichtet, sind die Anzeichen sehr groß, dass der LC500 das Erbe des aktuellen Boliden antreten wird.
Der einzige Nicht-Nissan-Erfolg der letzten drei Jahre ging ausgerechnet an Honda bei der Regenschlacht im Sommer 2014. Im diesjährigen Frühjahr schafften es auf den Positionen sechs und zehn mit dem ARTA NSX Concept-GT (Kosuke Matsuura / Tomoki Nojiri) sowie dem Epson NSX Concept-GT (Daisuke Nakajima / Bertrand Baguette) lediglich zwei Honda-Boliden in den Top-10. Seitdem scheint man die zum Saisonstart noch vorhanden Balance- wie auch Bremsprobleme in den Griff bekommen zu haben. So überzeugte man nicht nur bei den letzten Testfahrten. Auch im Sportsland Sugo führte mit dem Keihin NSX Concept-GT (Koudai Tsukakoshi / Takashi Kogure) lange Zeit ein NSX das Feld an. Die etwaigen Siegträume platzten, als Hiroaki Ishiura Takashi Kogure umdrehte, als letzterer beim Verteidigen die vorhandene Lücke viel zu spät schloss. Statt Sekt gab es am Ende somit nur den sechsten Platz – und das vor den prominenten Augen des Honda-Präsidenten Takahiro Hachigo, welcher der Super GT einen seiner seltenen Besuche abstattete. Angesichts der anfänglichen Pace dürfte man nicht nur bei Real Racing, sondern auch bei Honda generell jedoch mit einem zuversichtlichen Gesicht ins Fuji-Wochenende gehen. Fraglich dürfte jedoch sein, ob man den Leistungsnachteil des eigenen Turbo-Motors, der wenn auch nicht mehr ganz so drastisch wie vor zwei Jahren nach wie vor vorhanden ist, durch das Gewichts-Handicap ausgleichen kann.
So zählt die Honda-Armada zu den leichtesten Autos im Feld, wobei leistungstechnisch insbesondere der zuvor erwähnte Keihin NSX Concept-GT wie auch der Drago Modulo NSX Concept-GT (Hideki Mutoh / Oliver Turvey) und Raybrig NSX Concept-GT (Naoki Yamamoto / Takuya Izawa) hervorstechen. Letztere dürften bei Hondas Super-GT-Führung für weitere Kopfzerbrechen sorgen, da man die in Sugo sehr gute Pace, wo man 2015 immerhin den bisher letzten Sieg für die Marke einfuhr, wegen zu starken Reifen-Pickups nicht lange halten konnte. Sugo und die Testfahrten offenbarten, dass Honda auf den Strecken mit hoher Downforce den Abstand zur Konkurrenz spürbar verringerte. Nun muss sich zeigen, ob dies auch auf der Low-Downforce-Highspeed-Bahn des Fuji Speedway möglich ist.
GT300
„Die derzeitige Balance of Performance ist ein fatales Problem“. Harte Worte des Gainer-Chefingenieurs Yosuke Fukuda, der sich sichtlich frustriert über die sogenannte Balance of Performance nach dem Rennen im Sportsland Sugo äußerte. Hintergrund war die Dominanz der JAF-GT-Boliden, zu denen die beiden Toyota Prius, der Subaru BRZ wie auch die vier Mother-Chassis (drei Toyota GT86 sowie der Lotus Evora) gehören. Im Rennen klar den Ton angebend, wurde das Podium vom Toyota Prius apr GT (Koki Saga / Yuichi Nakayama), VivaC 86 MC (Takeshi Tsuchiya / Takamitsu Matsui) und dem Subaru BRZ R&D Sport (Takuto Iguchi / Hideki Yamauchi) besetzt. Direkt dahinter kam der von Fukuda betreute Gainer Tanax AMG GT3 (Katsuyuki Hiranaka / Björn Wirdheim) ins Ziel. Der Schwesterwagen und Titelverteidiger Gainer Tanax GT-R (Andre Couto / Ryuichiro Tomita) verpassten auf Platz elf die Top 10 nur knapp. Fukuda sieht die europäischen FIA-GT3-Fahrzeuge im Nachteil. Zwar zaubern diese rund 100 bis gar 200 PS mehr als ihre japanischen Gegenstücke auf den Asphalt. Der Gewichtsunterschied von rund 200 kg sei laut Fukuda jedoch viel zu hoch, wodurch die aerodynamisch ausgefeilteren, mit einer höheren Kurvengeschwindigkeit ausgestatteten GT300-Boliden insbesondere auf den vielen technischen Kursen im Kalender zu sehr bevorteilt seien. Ein Blick auf die diesjährigen Rennresultate zeigt ein weniger düsteres Bild. So war die Leistungsdichte in Okayama ausgeglichen, während die GT3 und JAF-GT am Fuji bzw. Sugo jeweils dominierten, einer Strecke, die von ihrer Charakteristik perfekt auf die Eigenschaften der japanischen Autos zugeschnitten ist. Ein genauerer Blick vernichtet jedoch die alte Faustregel, dass die JAF-GT auf technischen Kursen, die GT3 dafür auf Power-Strecken im Vorteil sind. Vielmehr schwingt das Zepter derzeit in Richtung der JAF-GT, auch wenn diese mit dem Erfolg des schnellsten Prius der Welt im Sportsland Sugo erst einen Sieg heuer einfuhren konnten. Die Sugo-Qualifikation offenbart allerdings einen deutlicheren Leistungsunterschied. So nahm der Polesitter VivaC 86 MC dem fünftplatzierten Gainer Tanax AMG GT3 über eine Sekunde ab.
Die Leistungsanpassung mehrere Fahrzeug, gar unterschiedlicher Fahrzeugkategorien, ist gewiss keine einfache Aufgabe. Mit dem Problem Balance of Performance schlagen sich weltweit nahezu alle GT-Serien herum. Die Super GT ist hier keine Ausnahme, obgleich die hiesige BoP in der Vergangenheit größtenteils stets gut funktionierte. Zuständig für die Einstufung der GT3-Maschinen ist der SRO, die seit zwei Jahren nun eine Nippon-exklusive Balance of Performance austüfteln, die Klima und Streckencharakteristiken berücksichtigt. Für die Einstufung der reinrassigen GT300 ist hingegen die GTA selbst verantwortlich. Der spürbare Leistungsunterschied ist der entsprechenden Abteilung schon länger bekannt. Unüberlegte Schlüsse wollte man jedoch nicht ziehen, zumal die ersten beiden Saisonrennen auch nicht ein zwingendes Einschreiten erforderten. Unabhängig von Fukudas Kommentar nahm man nun Änderungen vor. Für Fuji wurde der Mindestbodenabstand aller JAF-GT-Maschinen um insgesamt fünf Millimeter angehoben. Gleichzeitig wurde der Benzinflussbegrenzer auf 27,5 mm verkleinert. Damit fallen die Anpassungen anders als von Yosuke Fukuda vorgeschlagen aus. So schlug der Gainer-Chefingenieur vor, lediglich das Gewicht der JAF-GT zu erhöhen, um nicht den Kurvengeschwindigkeitsvorteil selbiger zu eliminieren. Es ist jedoch gut möglich, dass die derzeitigen Änderungen lediglich für den Fuji Speedway sind und für das nächste Rennen in Suzuka weitere respektive andere Anpassungen vorgenommen werden. Auch der SRO hat an der Japan-exklusiven GT3-BoP einige Modifikationen vorgenommen. Nachdem die Mercedes AMG GT3 für Sugo ordentlich zulegen mussten, dürfen sie für Fuji jetzt wieder um 20 kg abspecken. Gleichzeitig wurde auch ihr Luftmengenbegrenzer von 34,5 mm x2 auf 36 mm x2 vergrößert. Ebenfalls um 15 kg abspecken darf der Porsche 911 GT3R (15 kg) sowie um jeweils 5 kg der Audi R8 LMS sowie Lamborghini Huracan GT3. Boost Pressure-Anpassungen wurden hingegen beim BMW M6 GT3 sowie dem Ferrari F488 GT3 vorgenommen.
Und wer sind nun die Favoriten auf den Rennsieg? Wie bereits in meiner vorherigen Vorschau geschrieben, konnte sich im bisherigen Saisonverlauf noch kein klarer Meisterschaftsfavorit herauskristallisieren. Somit ist in der diesjährigen GT300 vor allem eines sicher, nämlich das nichts sicher ist. Geht man von der alten Faustregel aus, dann sollten die GT3-Maschinen auf dem Fuji Speedway wegen ihrer zusätzlichen Pferdestärken leicht im Vorteil sein. Vergangene Saison gewann der ARTA CR-Z GT den Sommerlauf, nachdem man auf die Cooling Suits der Fahrer verzichtete, um so einen kleinen Gewichtsvorteil zu erzielen. Nachdem Honda den Support für den Hybrid-Renner einstellte, sprang ARTA mit dem BMW M6 GT3 ins GT3-Boot. Trotz eines guten Speeds schrieb man diese Saison aber bereits zwei Nuller. Das beste Resultate erzielte der ARTA BMW M6 GT3 (Shinichi Takagi / Takashi Kobayashi) am Fuji Speedway mit dem Silberrang, nachdem man am Vortag die Pole-Position erzielte. Mit lediglich 32 kg ist der orangene BMW gut für dieses Wochenende aufgestellt. Acht Kilogrämmchen leichter ist der Studie BMW M6 mit Jörg Müller und Seiji Ara am Steuer, die ihr bestes Saisonresultat beim Auftakt in Okayama mit Platz drei erzielten. Die Achillesferse des Boliden seien laut Teamchef Yasuaki „Bob“ Suzuki die Pneus. So bauen insbesondere die Hinterreifen über die Distanz stark ab. Ein Phänomen, was beim Bridgestone-bereifte Schwesterwagen von ARTA nicht auftritt.
Nach zwei vierten Plätzen in Okayama sowie Sugo sowie einer Nullrunde am Fuji ist der zuvor angesprochene Gainer AMG GT3 mit Katsuyuki Hiranaka und Björn Wirdheim am Steuer hungrig auf ihren ersten Saisonsieg. Mit 32 kg ist das japansich-schwedische Gespann ähnlich aufgestellt wie der ARTA BMW M6 GT3. Aus dem gleichen Mercedes-Lager stammend und lediglich sechs Kilogramm schwerer ist der Goodsmile Hatsune Miku AMG (Nobuteru Taniguchi / Tatsuya Kataoka). Zwischen 2011 und 2014 gleich viermal am Fuji siegreich, fährt die Mannschaft seit dem Wechsel von BMW zu Mercedes im Jahr 2015 ihrem nächsten Erfolg hinterher. Ein später Reifenschaden im Frühjahr warf den quietschbunten Mercedes auf aussichtsreicher Position liegend aus den Punkten. Ähnlich ergeht es Titelverteidiger Andre Couto, der zusammen mit seinem neuen Teamkollegen Ryuichiro Tomita im Gainer Tanax GT-R keinen Saisonstart nach Maß erlebte. Mit lediglich neun Punkten befindet sich das Duo auf dem zwölften Tabellenrang. Dank der engen Punktedichte ist ein Comeback im Meisterschaftskampf mit einem guten Ergebnis am Fuji wie auch in Suzuka, wo wegen der Rennlänge mehr Zähler vergeben werden, durchaus möglich. Dass Nissan auch in der GT300 auf Toyotas Haus- und Teststrecke siegen kann, bewiesen unter anderem Kazuki Hoshino und GT-Academy-Absolvent Jann Mardenborough mit ihrem Triumph beim 500-Kilometer-Lauf Anfang Mai. Dieses Wochenende muss das derzeit auf Meisterschaftsrang zwei liegende Gespann des B-MAX NDDP GT-R ganze 54 Zusatzkilos mit sich schleppen.
Noch schwerer ist lediglich der VivaC 86 MC (Takeshi Tsuchiya / Takamitsu Matsui). Die Tabellenführer haben ein Handicap von 66 Kilogramm verbaut. Zwar dieses Jahr noch ohne Rennsieg, schob sich das japanische Mother-Chassis-Ensemble mit stets guten Rennresultaten an die Spitze. Dass der Toyota GT86 den nötigen Speed für Fuji besitzt, bewies man unter anderem mit der schnellsten Rennrunde sowie dem zweiten Startplatz im Frühjahr. Unklar ist jedoch wie sich die neusten BoP-Anpassungen auf die Performance auswirken werden. Dies gilt selbstredend auch für die Sugo-Sieger Koki Saga / Yuichi Nakayama (Toyota Prius apr GT), die mit 40 Zusatzkilos ins Wochenende düsen. Seit der Einführung der GT3-Renner in der Super GT steht es für diese 4:3 am heiligen Berg. Folgt an diesem Wochenende eventuell der Ausgleich?
Auch für den offiziell fünften Saisonlauf gibt es wieder einige kleinere Änderungen im GT300-Fahrerkader zu vermelden. Besonders erfreulich: Der Neuseeländer Jono Lester gibt nach Jahren des eigenen Wunsches endlich sein Super-GT-Debüt. Lester hat sich in Japan als zweifacher Super-Taikyu-Vizemeister in der GT-X-Kategorie mit dem nicht mehr aktiven Petronas Syntium-Team einen Namen gemacht, als er sich ein Cockpit mit den Super-GT-Veteranen Masataka Yanagida und Tatsuya Kataoka teilte. Den Sprung in die höchste japanische Meisterschaft blieb dem seitdem in der australischen GT-Meisterschaft wie auch GT Asia sowie Lamborghini Super Trofeo Asia aktiven „Kiwi“ bislang jedoch verwehrt. Insbesondere seine Leistungen beim zuletzt genanntes Arbeitsfeld (passenderweise ebenfalls bei Direction Racing) dürfte ihm jedoch das Cockpit bei Lamborghini Team Direction Shift beschafft haben, die nach ihrer Sugo-Abstinenz wieder das Grid auf insgesamt 44 Fahrzeuge auffüllen. An der Seite von Veteran Kyosuke Mineo wird Jono Lester den Direction 108 Huracan um den 4,563 km langen Kurs pilotieren. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Lester auch in Suzuka ins Cockpit steigen wird. Die zweite große Storyline ist die Rückkehr des NISMO-Global-Athleten Mitsunori Takaboshi, der 2015 noch an der Seite von Kazuki Hoshino bei NDDP Racing unterwegs war und seitdem für Nissans RJN Motorsports in der europäischen Blancpain-Meisterschaften ins Lenkrad greift. Takaboshi wird an der Seite des ehemaligen GT300-Champions Takyuki Aoki in den „Pinkzilla“, den Dijon Racing GT-R klettern. Ursprünglich wurde vermeldet, dass Tim Bergmeister abermals seinen Bruder Jörg Bergmeister ersetzten wird, der wegen einer weiteren USCC-Überschneidung an diesem Wochenende auf der Road America starten wird. Wie KTR jedoch vermeldet, wird stattdessen Yuya Sakamoto an der Seite von Stammfahrer Naoya Yamano im Excellence Porsche Platz nehmen. Die weiteren finalen Änderungen sehen den Erhalt von Masami Kageyama im Mach Syaken MC86 sowie Atsuhi Tanaka, der den im Sportsland Sugo eingesprungen Rookie Shota Kiyohara im RunUp Group & Does GT-R ersetzt. Letzterer wird nach seinem guten Einstand vor zwei Wochen Tomei Sports wieder in Suzuka unterstützen.
TV-Zeiten Fuji
NISMO-TV wird auch dieses Mal wieder das Rennen live auf YouTube mit dem englischen Kommentar von Radio Le Mans streamen. Im japanischen Fernsehen wird J Sports 1 am Samstag die Qualifikation ab 7:15 Uhr übertragen. Am Sonntag beginnt die Übertragung auf J Sports 4 bereits um 7 Uhr. Der Rennstart erfolgt kurze Zeit später um 7:35 Uhr deutscher Zeit.
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