Die beiden Wertungsläufe der ADAC GT Masters auf der Sprintvariante des Nürburgrings am ersten Augustwochenende sahen viele Safety-Car-Phasen und waren hart umkämpft. In der Meisterschaft ist es mit noch vier ausstehenden Rennen wieder etwas enger geworden.
Im Rahmen der Veranstaltung feierte das ADAC GT Masters quasi seinen Geburtsort im zehnten Austragungsjahr, denn 2007 erlebte die neue Serie ihr Debüt im Umfeld des 24h-Rennens in der Eifel. Der spätere Meister Christopher Haase gewann damals den ersten Lauf in seinem Reiter Engineering Lamborghini Gallardo GT3. Doch nicht nur der Deutsche, der aktuell im #33 Car Collection Motorsport Audi R8 LMS GT3 (Haase/D. Busch) antritt, ist bis heute der Serie erhalten geblieben, denn auch die Corvette Z06.R GT3 war schon in der ersten Saison zu sehen. Ihr Nachfolgermodell mit der Bezeichnung „Corvette C7 GT3-R“, welches ebenfalls aus den fähigen Händen von Callaway Competition stammt, erlebte bislang einen sehr erfolgreichen Einstand. Drei von zehn Rennen konnte man bisher gewinnen und mit der #77 Callaway Competition Corvette C7 GT3 (Gounon/Keilwitz) führt man die Meisterschaft an. Zwar blieb die Führung im Laufe des vergangenen Wochenendes erhalten, aber durch die Geschehnisse am Ring änderte sich das Gesamtbild etwas. Deshalb gehen wir nun direkt in die Nachbetrachtung über:
Rennsamstag:
Die Bedingungen an beiden Renntagen waren jeweils sehr gut, denn ein blauer Himmel samt strahlendem Sonnenschein begleitete nahezu alle GTM-Sitzungen. Die Pole-Position für den ersten Lauf sicherte sich der #99 Precote Herberth Motorsport Porsche 911 GT3 R (Renauer/Ragginger) mit einem neuen GTM-Qualifikationsrekord, der schon am Folgetag unterboten werden konnte. Zwei Zehntel langsamer als Robert Renauer war David Jahn im #17 KÜS TEAM75 Bernhard Porsche 911 GT3 R (Jahn/Estre), der damit die Startreihe eins für die Zuffenhausener ergänzte. Die gute Leistung der schwäbischen Boliden, die auch in der Lausitz und der Steiermark beobachtet werden konnte, hielt aufgrund unveränderter BoP-Einstufungen weiterhin an. Den dritten Startplatz sicherte sich der #21 AMG – Team Zakspeed Mercedes AMG GT3 (Sylvest/Rogivue), dessen Juniorentruppe eine kleine Überraschung gelang. Die Meisterschaftsführenden in der #77 Callaway Corvette beendeten das Qualifying auf Platz sechs und ihre direkten Verfolger im #29 Montaplast by Land-Motorsport Audi R8 LMS GT3 (de Phillippi/Mies) mussten sich mit dem neunten Rang anfreunden. Christopher Mies merkte am Samstag an, dass es ihn verwundere, dass die Pace der GT Masters eine Sekunde über den besten Qualifikationsrundenzeiten des Blancpain GT Series Sprint Cups läge: ein interessanter Vergleich der beiden großen europäischen GT3-Serien.
Um 13:15 Uhr erfolgte für 31 Boliden die Rennfreigabe, die von vielen Zuschauern auf den Tribünen verfolgt wurde. Die Fans wurden sicherlich auch von einem sehr spannenden Rahmenprogramm angelockt, denn neben der ADAC TCR Germany und der ADAC Formel 4, die zur üblichen Reisebegleitung der GTM gehören, fand ein Lauf der Rundstrecken-Challenge Nürburgring auf der Nordschleife statt. Zudem ließ es der Nürburgring Drift Cup in der Müllenbachschleife ordentlich qualmen.
Der Start verlief relativ geordnet und selbst in der für Startsituationen kritischen Mercedes-Arena blieb es unfallfrei. An der Spitze wagte Jahn mehrere Angriff auf den führenden Renauer, der seinen #99 Herberth Motorsport Porsche aber bis zur ersten Rennunterbrechung nach sieben Minuten auf Rang eins halten konnte. Der Auslöser der ersten Neutralisierung war Fabian Hamprecht im #8 Bentley Team Abt Continental GT3 (Hamprecht/Jöns), der in Kurve eins den #3 Bonaldi Motorsport Lamborghini Huracán GT3 (Kujala/Pavlovic) mit einem sehr überambitionierten Reinstechen im Kies versenkte. Der britische Bolide zog sich dabei größere Schäden an der linken Front zu, die in der Nacht repariert werden mussten. Zudem bestrafte die Rennleitung das Manöver mit einer Rückversetzung um zehn Ränge nach der Sonntagsqualifikation. Ganze zehn Minuten nahmen die Bergung und die weiteren Aufräumarbeiten in Anspruch. Nur vier Minuten dauerte hingegen der sehr kurze Zwischenspurt bis zur nächsten Neutralisierung, da sich zwei Audis aus dem Mittelfeld zu nahe gekommen waren und beide das Rennen deswegen aufgeben mussten. Die schwierigen Audi-Minuten begannen jedoch schon etwas vorher, als de Phillippis #29 Land-Motorsport Audi aus der Top 10 fiel und sich später im Laufe der SC-Phase mit einem Reifenschaden an die Box retten musste.
Eine Runde nach dem Rennneustart öffnete die Boxengasse ihre imaginären Tore für die Pflichtboxenstopps. Die Spitze blieb ein paar Runden draußen, bis der #99 Herberth Motorsport Porsche zuerst die Pitlane aufsuchte, wo Ragginger die Maschine übernahm. Kurze Zeit später erledigte auch der #17 TEAM75 Bernhard Porsche seine obligatorische Aufgabe. Am Steuer saß nun mit Kévin Estre der wohl kontrovers diskutierteste Fahrer der 24 Stunden von Spa. Dieser fuhr nahezu auf gleicher Höhe mit dem #99 Herberth Porsche wieder auf den Kurs und sicherte sich Sekunden später die Führung. Im Hintergrund konnte man den Junioren-AMG GT3 von Zakspeed erkennen, der Platz drei nach dem Fenster behaupten konnte.
Etwa 20 Minuten ohne gelbwürdige Zwischenfälle endeten 17 Minuten vor Ablauf der Zeit mit der dritten SC-Unterbrechung. Der #16 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 (Stolz/Tweraser) rollte mit einem technischen Problem ausgangs der Mercedes-Arena aus und musste entfernt werden, was schnell erledigt werden konnte. Estre im #17 Bernhard Porsche erwischte einen guten Neustart und auch seine beiden Verfolger konnten ihre Positionen behaupten. Bei 8:18 min to go musste der Rennleitungs-Audi RS6 mit Blinklichtanlage zum letzten Mal ausrücken. Der Grund dafür war ein eskaliertes Duell zwischen Markus Winkelhock im #15 Phoenix Racing Audi R8 LMS GT3 (Möller-Madsen/Winkelhock) und dem #36 bigFM Racing Team Schütz Motorsport Porsche 911 GT3 R (Dienst/Bachler), der vom Audi in der Schikane torpediert und gedreht wurde. Diese Keilerei nahm ihren Anfang mit einem Kontakt in der Mercedes-Arena und endete dann in diesem unnötigen Aufeinandertreffen. Bachlers Porsche stand danach mitten auf der Fahrbahn und musste abgeholt werden. Ein sichtlich verärgerter Teamchef Christian Schütz wartete den zurückhumpelnden Phoenix-Audi in der Box ab und gab Winkelhock einige nette Worte sowie Applaus mit auf dem Weg, welche der Pilot wiederum mit einem Schubser quittierte. Der Unfall ließ Schütz nicht los und der Verantwortliche zeigte sich im Nachhinein ziemlich besorgt über die Zukunft des Teams bei so unnötigen Schäden. Von Seiten der Rennleitung sollte aber nichts mehr folgen, was eine etwas seltsame Linie nur unterstrich.
Die Sportwarte im letzten Teil der Strecke arbeitete sehr effektiv und ermöglichte einen fünfminütigen Schlussspurt. Kévin Estre gewann auch diesen Neustart eindrucksvoll und ließ das KÜS TEAM75 Bernhard zum zweiten Mal in der Debütsaison einen Sieg bejubeln. Auch bei Herberth Porsche war man trotz des verlorenen Platzes sehr zufrieden mit Rang zwei. Die wohl größte Überraschung war das sehr gute Rennen der jungen Zakspeed-Mannschaft um den 19 Jahre alten Dänen Sylvest und dem ein Jahr älterem Schweizer Rogivue. Dementsprechend war der #21 AMG GT3 auch das beste Fahrzeug der Junioren-Wertung. Der Sieger in der Gentleman-Wertung war in der Form des Schweizers Rolf Ineichen im #63 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 (Ineichen/Engelhart) zu finden.
Die #77 Callaway Corvette beendete den Lauf auf Platz fünf und konnte so den Abstand auf die punktlosen Verfolger erstmal ausbauen.
Vier Neutralisierungen klingen zwar nach vielen Unterbrechungen, aber im Endeffekt waren es abgesehen von Nummer eins nur kurze Einsätze des Pace Cars. Hier könnte wohl die Einführung eines Full-Course-Yellow-Prozederes in Zukunft helfen, auch wenn die Rennleitung bei den angesprochenen Entscheidungen alles weitestgehend korrekt bearbeitet hatte.
Rennsonntag:
Am Sonntagmorgen musste neben der bereits geschilderten Strafe eine weitere Änderung der Startreihenfolge vorgenommen werden. Der #24 kfzteile24 – APR Motorsport Audi R8 LMS GT3 (Vanthoor/Stoll) als zweitschnellster Renner der Sitzung wurde drei Plätze strafversetzt, weil Vanthoor die weiße Linie in der Boxeneinfahrt überfahren hatte. Der Belgier begründete dies mit dem Verhindern einer Kollision, aber selbiges Argument wollten die Offiziellen nicht gelten lassen. Die Pole-Position sicherte sich der Rennsieger des Vortages mit einer beeindruckenden 1:27.046 Minuten. Mit dieser ADAC GT Masters-Qualifyingbestzeit konnte sich Estre endgültig nach dem letzten Horrorwochenende wieder zurückmelden. Rang zwei erbte mit dem #99 Herberth Porsche der größte Konkurrent des Vortages und auf Platz drei rückte der #29 Land-Motorsport Audi vor, welcher dringend Punkte in der Meisterschaft aufholen musste, da der Kontrahent aus dem Corvette-Lager weit entfernt von der Top 10 startete.
Bei fast wolkenlosem Himmel flog der blau-weiße #15 Phoenix Racing Audi gleich nach dem Start in das Kiesbett der ersten Kurve ab. Unter anderem kam er der #77 Callaway Competition Corvette und weiteren Boliden vorher zu nahe, die den eh spärlich vorhandenen Platz auf dem Asphaltband schon ausfüllten. Während der Audi unter SC-Bedingungen geborgen wurde, humpelte die besagte Corvette C7 GT3 an die Box, wo sie abgestellt wurde. Gounon und Keilwitz verloren dadurch viel Boden in der Meisterschaft, aber mehr dazu später. Mit der Übung vom Vortag behielten sowohl Estre im #17 TEAM75 Bernhard Porsche als auch Ragginger im #99 Herberth Motorsport Porsche ihre ursprünglichen Plätze beim Neustart. Auch Mies konnte Rang drei halten, während Vanthoor im #24 kfzteile24 Audi den ersten Strafplatz gutmachte und auf Rang vier vorrückte. Bis zur Boxenstoppphase waren die besten vier Renner sehr nahe beieinander und versuchten nicht den Anschluss zu verlieren. Im hinteren Feld kam es zwar wiederholt zu Zwischenfällen, aber selbige konnten ohne Neutralisierungszwang geregelt werden. Die Überraschungsdritten vom Samstag in der Form des #21 Team Zakspeed AMG GT3, welche außerhalb der besten 20 ins Rennen gestartet waren, mussten beispielsweise eine Durchfahrtsstrafe nach einem vermeidbaren Kontakt antreten. Wie auch beim ersten Lauf verabschiedete sich der #99 Herberth Porsche als erster aus der Spitzengruppe an die Box. Zwei Runden später folgten dann der #17 TEAM75 Bernhard Porsche und der #29 Land-Motorsport Audi diesem Vorbild, was die Nummer 29 schlussendlich sogar vor die #99 bringen sollte. Denn wie bereits am Samstag hatte sich der frühe Wechsel des Porsche-Teams nicht ausgezahlt. Während man bei Herberth Motorsport also die größten Verluste an der Spitze hinnehmen musste, gelang dem #24 kfzteile24 – APR Motorsport Audi als letztem Stopper der größte Sprung. Ganze drei Positionen machte man gut, was schließlich die Führung einbrachte. Vanthoors Kollege namens Florian Stoll als vermeintlich schwächerer Fahrer musste nun die Führungsposition gegen den nach vorne gestürmten Connor de Phillippi in seinem #29 Land-Motorsport Audi verteidigen, der ihn sehr stark unter Druck setzen konnte. Neben dem Audi-Zweikampf an der Spitze entstand ein Porsche-Duell um Rang drei, da Jahns Nummer 17 etwas an Boden verlor und Renauer den Bernhard-Porsche einholen konnte. Größter Profiteur der kämpfenden Porsche waren die Titelverteidiger des #1 AMG – Team Zakspeed Mercedes AMG GT3 (Ludwig/Asch), die sich nach einem punktlosen Vortag in großen Schritten den besten vier Rennern nähern konnten.
Fast zehn Minuten erwehrte sich Stoll im orangenen Audi seiner Haut, bis der den Meisterschaftszweiten de Phillippi ziehen lassen musste. In der Warsteiner-Kurve setzte sich das grün-weiße Fahrzeug geschickt daneben und beschleunigte am schnellsten den ADVAN-Bogen hinauf. Die Führung geriet noch einmal in Gefahr, als der #21 Team Zakspeed AMG GT3 den Katastrophentag mit einem Ausrutscher ins Kiesbett in Kurve eins krönte. Nach der vierminütigen Neutralisierung konnte die Nummer 29 jedoch die Führung kontrolliert ins Ziel bringen, welche nie streitig gemacht werden sollte. Dementsprechend ging auch der Sieg in der Junioren-Wertung an die #29. In dieser führt aktuell Connor de Phillippi mit zwei Punkten Vorsprung auf den Callaway-Piloten Jules Gounon. Zwar reichte es nicht ganz für den größtmöglichen Triumph des #24 kfzteile24 APR Motorsport Audis, aber die Paarung Stoll und Vanthoor war sehr glücklich hinsichtlich des zweiten Rangs. Dieses Mal durfte die Truppe auch ihre Pokale behalten, da in der Nachkontrolle keine Probleme gefunden wurden. Außerdem herrschte gute Laune beim TEAM75 Bernhard, deren #17 Porsche 911 GT3 R das Podium komplettierte. In der für Herrenfahrer gedachten Trophy reüssierte zum wiederholten Male der #63 GRT Lamborghini von Rolf Ineichen. Der Schweizer führt in der Gentleman-Liste nun mit insgesamt 215 Zählern.
In der Gesamtwertung haben Mies und de Phillippi von Land-Motorsport den Abstand zu Keilwitz/Gounon auf 14 Punkte eindampfen können, was aufgrund des Formel 1-Punkteschlüssels alles offen hält für die letzten vier Rennen. Dahinter folgt David Jahn, dessen erfolgreiche Wochen im Porsche sich auch hier positiv niederschlugen. Jedoch fehlen ihm 25 Zähler auf Mies/de Phillippi. Der Mann aus Speyer muss also schon sehr viel Glück in Zandvoort und Hockenheim haben. Gleiches gilt für die viertplatzierte Paarung um Ludwig/Asch.
An der Nordseeküste gastiert die deutsche GT3-Serie schon in zwei Wochen (19. – 21. August) und am ersten Oktoberwochenende steht das Finale in Hockenheim an, welches bei anhaltender Aufholjagd von Land-Motorsport große Spannung verspricht.
Die größten Vorteile des GT3-Reglements sind die vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten und die hohe Nachfrage weltweit. Dementsprechend wird auch am kommenden Wochenende mit der Pirelli World Challenge eine Serie unterwegs sein und die Lücke füllen, die durch die Pausen der großen Serien entsteht. Die PWC ist mit allen Klassen und dem Sprint X-Format in Utah anwesend, welches in Mosport überhaupt nicht funktionierte. Im noch nicht 100 Prozent sicheren Kalender für 2017 wird diese Renngestaltung, welche sich am Blancpain GT Series Sprint Cup orientiert, aber eine große Rolle einnehmen, weswegen größeres Interesse daran dringend erforderlich ist. Sonderlich größer ist das Starterfeld nach aktuellem Stand aber nicht. Alle Informationen zu Startzeiten und Streams gibt es in unsere Kategorie TV-Zeiten.
Da sich das letzte Rennwochenende mit den 24 Stunden von Spa überlappte, lohnt es sich die Sieger aus Mid-Ohio kurz nachzutragen. Im ersten Lauf reüssierte Álvaro Parente im #9 K-PAX Racing McLaren 650S GT3 und zudem führt er die Meisterschaft aktuell an. Sein größter Verfolger ist Patrick Long, der den #58 Wright Motorsports Porsche 911 GT3 R bewegt. Im zweiten Lauf gewann Michael Cooper im #8 Cadillac Racing ATS-V.R. GT3. Cadillac Racing bleibt somit weiterhin an den Führenden der GT-Teamwertung aus dem Hause K-PAX Racing dran. Nach dem Utah Motorsports Campus reist die Serie Mitte September nach Sonoma und zum Saisonabschluss Anfang Oktober nach Laguna Seca. Frühestens nächste Woche kann man also erste Aussagen zu den Meisterschaftsanwärtern tätigen.
Wir wünschen ein unterhaltsames, wenn auch ruhigeres, Rennwochenende!
Bilderquelle / Copyright: ADAC GT Masters; Pirelli World Challenge