Die Sommerpause der Formel Eins ist vorbei und es geht gleich mit einem Doppelschlag los. Den Anfang macht Spa, nächste Woche folgt dann der Lauf in Monza. Zwei wichtige Rennen, vor allem für Rosberg und Ferrari.
Die längste und vermutlich schönste Strecke im Rennkalender ist die Bühne für den Auftakt in die zweite Saisonhälfte. Spa ist Mythos und Herausforderung zugleich, mit Monza eine der wenigen „Mut-Strecken“, die der Kalender noch bietet. Bekanntermaßen braucht man in Spa vor allem eins: Power und Abtrieb. Eine Abstimmung zu finden, ist gar nicht so einfach, denn der Topspeed ist ebenso wichtig wie der Anpressdruck im mittleren Teil der Strecke. Das spricht auf dem Papier eigentlich alles für Mercedes, auch wenn die ersten Trainingssessions gestern einen etwas anderen Eindruck vermittelten.
Auch wenn Verstappen in der Session am Nachmittag die schnellste Zeit fuhr – Mercedes zeigte noch nicht, was möglich war. Die Bestzeit von Rosberg aus der ersten Session war nur drei Zehntel langsamer als die von Verstappen, aber der Deutsche war auf den Medium unterwegs. Man sollte sich also nicht wundern, wenn die Abstände morgen wieder den gewohnten Umfang haben. Alles andere als ein Sieg von Mercedes in Spa wäre eine dicke Überraschung.
Vor allem für Rosberg, der dieses Rennen unbedingt gewinnen muss. Teamkollege Hamilton liegt 19 Punkte vor ihm, muss aber in Spa vom Ende des Feldes starten. Der Grund: Dem Briten sind wegen diverser Defekte die neuen Teile ausgegangen. Da man in Spa gut überholen kann, hat sich Mercedes dazu entschlossen, in Spa zwei neue Motoren ins Heck des Wagens von Hamilton zu setzen. Damit hat er jetzt zwei neue Motoren für die restliche Saison (wie auch Rosberg), muss aber nur einmal von ganz hinten starten. Das Rennen dürfte für den dreimaligen Weltmeister eine zähe Angelegenheit werden, aber ich bin mir nicht mal sicher, ob er es mit einer guten Strategie nicht sogar aufs Podium schafft. Die Gefahr ist allerdings, dass Hamilton am Start oder in einem Zweikampf Probleme bekommt.
Hinter Mercedes scheinen sich die Red Bull einzusortieren. Sie setzen damit den Trend fort, den man schon in den letzten Rennen vor der Pause gesehen hat. In dem Maß, in dem die Österreicher Fortschritte gemacht haben, ist Ferrari stehen geblieben. Die Abwesenheit von großen Updates am Ferrari ist schon erstaunlich. Zwar tauchte man in Belgien mit einem überarbeiteten Frontflügel, riesigen neuen Bardge-Boards an der Seite und kleineren Änderungen am Heck auf, aber das war es dann auch schon. Diese kleineren Updates hat man seit Spanien gesehen, aber mehr auch nicht. So lässt sich natürlich erklären, warum Ferrari immer weiter zurückfällt. Es beantwortet aber nicht die Frage, warum Ferrari so wenig am Auto macht.
Tatsächlich müssen Vettel und Räikkönen im Rennen auf die Force India aufpassen, die im Training sehr stark unterwegs unterwegs waren und sich knapp hinter den Red Bull einordnen konnten. Auch hier scheint sich ein Trend zu bestätigen: Force India rückt eher an Ferrari ran und setzt sich vor Williams. Wobei man bei Williams vorsichtig sein sollte. Traditionell nutzt man dort den Freitag immer für reine Setup-Arbeit und nicht für schnelle Runden. Das wahre Potenzial der Williams dürfte man im FT3 sehen.
Toro Rosso und Haas werden sich auf jeden Fall dahinter einordnen, ob McLaren da bei der Musik ist, muss man schauen. Honda hat einen neuen Motor mitgebracht, weswegen Alonso auch von ganz hinten starten darf. Ob der neue Motor den versprochenen Durchbruch in Sachen Hybrid bringt? Eher nicht. Wenn Honda mit einem neuen Akku/Hybrid-System aufwartet, müsste McLaren den Wagen umbauen, was nicht passiert ist. Die eher schlechten Topspeeds von Alonso und Button zeigen, dass dem Honda am Ende der langen Geraden wie gewohnt der Saft ausgeht. Daher wird es ein eher schweres Rennen für McLaren. Deren Trumpf könnte aber bei der Strategie liegen.
Hinter dem Mittelfeld ist Sauber ein bisschen aufgerückt. Man hat in Spa endlich das Update-Paket dabei, an dem man so lange gearbeitet hat, aber welches man aus Kostengründen nicht produzieren konnte. Neu sind: Frontflügel (kurze Variante), ein neuer Unterboden samt neuen Turning Vanes, ein etwas verändertes Heck und ein neuer Heckflügel. Damit ging es zumindest ein bisschen weiter nach vorne. Allerdings war das Problem des Fahrzeugs nie die schnelle Runde an sich, sondern der Rennspeed. Ob sich der verbessert hat, wird man erst am Sonntag sehen.
Am Ende des Felden sortieren sich Renault und MRT ein. Dass die Franzosen in Spa bisher soweit hinten sind, überrascht ein wenig, denn man hat ein großes Update mitgebracht. Aber aus dem alten Lotus lässt sich wohl einfach nichts mehr rausholen. Kein Wunder, das Chassis ist im Grunde ja auch zwei Jahre alt. Manor sieht dagegen nicht schlecht aus. Neuzugang Esteban Ocon verlor auf Wehrlein in FT2 zwar eine Sekunde, aber das sollte auch nicht überraschen.
Strategie
Man hat ja nun mit allem in Spa gerechnet, aber dass man knapp 30 Grad hat und die Streckentemperatur die 40 Grad weit überschreitet, damit eher nicht. Das bringt einige Teams in Sachen Strategie enorm in Schwierigkeiten, hat man doch mit kühlen Temperaturen geplant, die den Supersoft eher entgegen kommen. Die Medium spielten in der Planung einiger Teams keine Rolle, was sich jetzt ein bisschen rächt. Die Fahrer berichteten ziemlich unisono, dass die Supersoft mit vollen Tanks schon nach zwei Sektoren hinüber waren. Ergo sind es nicht die Reifen, die man Start aufziehen möchte.
Die normale Strategie hätte die Medium komplett ignoriert. Sie machen bei Asphalttemperaturen von unter 20 Grad in Spa wenig Sinn. Bei 40 Grad und vollen Tanks sieht die Sache aber anders aus, denn die Medium könnten am Sonntag den Unterschied machen, ob man zweimal oder dreimal stoppen wird. Denn es scheint unwahrscheinlich, dass man zwei Sätzen Soft über die 44 Runden bekommt. Bei den meisten Teams war am Freitag mit vollen Tanks schon nach zwölf Runden Schluss.
Ein Blick auf die Kontingente zeigt, dass erstaunlicherweise nur Mercedes einen weiten Bogen um die Supersoft gemacht hat, als man vor ein paar Monaten die Reifen wählte. Das lässt sich aber damit erklären, dass der Mercedes auf längere Distanz auf den Soft meist schneller ist als auf den Supersoft. Vor allem, wenn es warm ist. In Spa kommt die Last auf das rechte Vorderrad noch dazu, da war man sich im Team wohl sicher, dass man die Supersoft nicht benötigt. Ferrari und Williams stecken etwas in der Klemme, vor allem die Italiener, die nur einen einzigen Satz Medium geordert haben, den sie am Freitag auch schon verfeuert haben.
Die Verschleißprobleme deuten daraufhin, dass Mercedes und Red Bull es mit den Soft in Q2 versuchen werden. Der Vorsprung sollte eigentlich reichen, um locker in Q3 zu kommen. In Q1 und Q3 kann man die Supersoft verfeuern. Ferrari hat den Luxus nicht, die werden mit den Supersoft starten müssen, um dann in der Klemme zu stecken, da man wegen des frühen Stopps ins Mittelfeld abrutscht.
Auf dem Papier sind zwei Stopps ok. Man hat schon Rennen mit nur einem Stopp gesehen, aber dann gehen meist am Ende die Reifen so derbe ein, dass man keine Chance mehr hat. Selbst wenn man die Medium 25 Runden durchschleppen würde, was schon sehr, sehr viel wäre, es ist unwahrscheinlich, dass man die Soft knapp 20 Runden drauf lassen kann.
Wer auf Soft startet, müsste so zwischen Runde 10 und 12 reinkommen, um wieder auf Soft zu wechseln. Hier könnten sich dann Chancen für einen Undercut ergeben. Wer noch frische Medium hat, könnte einen längeren zweiten Stint versuchen, aber wie gesagt – der Undercut lauert. Allerdings – wer den Medium 18 bis 20 Runden durchschleppt, kann dann am Ende einen frischen Satz Soft (sofern vorhanden) nehmen und mit leeren Tanks angreifen. Aus strategischer Sicht, dürfte das Rennen also sehr spannend werden.