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FIA WEC: Analyse 6h von Mexiko

von Flo aus N
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Die WEC bot in der Nacht von Samstag auf Sonntag in Mexiko sehr guten Sport. Verantwortlich war neben dem Wetter die Fehleranfälligkeit.

2016-6-Heures-de-Mexico-Adrenal-Media-GT7D8108_hdIn meiner Vorschau habe ich von verschiedenen Dingen geschrieben, weche in Mexiko wichtig sein werden: die Kühlung, die Motorleistung, etc. Erstaunlicherweise haben aber wieder andere Qualitäten, speziell in der LMP1, den Sieger hervorgebracht: die Fähigkeit, ein konstantes und effizientes Rennen ohne Fehler abzuliefern. Im Zeittraining hatten sich beide Audis durchgesetzt und die Positionen 1 und 3 erobern können, während die Porsche die Plätze 2 und 4 einnehmen konnten. Dahinter die beiden Toyotas. So weit die Ausgangslage und man erwartete eigentlich einen Kampf vorne, aus dem sich die Toyotas eher raushalten würden. So dachte man zumindest, aber im der Rennverlauf sollte sich das ganze etwas anders darstellen.


Beim Start konnten sich die Audis durchsetzen und anfangs einen kleinen Vorsprung herausfahren. Allerdings erwischt die #7 von Andre Lotterer einen relativ schlechten Reifensatz, was ihn und das Team dazu zwang, den geplanten Stopp nach vorne zu verlegen, um die Reifen zu wechseln. Etwas, das in Sachen absoluter Standzeit und Zahl der Boxenstopps über die sechs Stunden kaum Auswirkungen hat, allerdings bei Veränderungen auf der Strecke, wie einem SC oder einer FCY. Genauso ist es dann auch gekommen. Lotterer kam in der 25. Runde zum Stopp herein und man wechselte die Reifen und tankte komplett auf. Dadurch verlor man im Vergleich zur Konkurrenz in etwa 80 Sekunden und reihte sich am Ende der LMP1 ein. Einige Runden später kam es dann durch einen Unfall zu einer FCY, als der SMP BR01 mit Victor Shaitar heftig in die Mauer einschlug. Diese Gelegenheit nutzten natürlich alle anderen Teams, um sofort an die Box zu kommen und ihrerseits einen Full-Service-Stopp hinzulegen. Diese verloren aber nun nicht 80 Sekunden, sondern in etwa 35 bis 40 Sekunden auf den Audi, was in Mexiko eine halbe Runde ist. Nach dem Restart entwickelten sich mehrere Zweikämpfe: So konnte sich zum einen Mark Webber gegen Lucas di Grassi durchsetzen, womit er freie Bahn hatte, zum anderen bekam Mike Conway eine Drive Through, nachdem er Chris Cumming im ESM abgeräumt hat. Ein Zeitverlust, den er später noch bereuen sollte.

2016-6-Heures-de-Mexico-Adrenal-Media-GT7D8097_hdKurz vor der Hälfte des Rennens passierten dann zwei Dinge: Zum einen schied der bis dato recht flott unterwegs gewesene Toyota mit der #5 durch einen Schaden am Hybridsystem aus und Marcel Fässler kam sehr langsam an die Box. Man hatte bei Audi den R18 genau eine Runde zu lang draußen gelassen, mit der Konsequenz, dass der Tank komplett leer war und man nur dank des E-Antriebs zurück an die Box konnte. Hier hat man wiederum gut und gerne 15 bis 20 Sekunden verloren. Dies ist für Audi insofern bitter, als dass im Verlauf des Rennen die #8 mit einem gebrochen Lager erst von der Strecke und später aus dem Rennen um den Sieg flog, wodurch #7 das einzig verbliebene Eisen im Feuer war. Im späteren Verlauf des Rennens setzte dann Regen ein, wodurch die Teams wieder die Reifen wechselten. Dieser Regen hielt aber nicht bis zum Ende durch und bei nasser und abtrocknender Strecke konnte der Audi wieder einiges an Boden gutmachen. Andre Lotterer machte hier zeitwillig bis zu 5 Sekunden pro Runde auf alle anderen gut, litt aber unter jenem Rückstand, den er sich durch die FCY und den langen Stopp eingeheimst hatte, wodurch es nur zu Platz 2 am Ende reichte. Dazu kam am Ende ein leichter Ausritt von Andre Lotterer, welcher wiederum 20 Sekunden gekostet hat und einen vorgezogenen Stopp notwendig machte. Wäre das alles nicht gewesen, hätte der Audi mit der #7 dem Porsche mit der #1 den Sieg streitig gemacht. Am Ende waren aber Timo Bernhard, Mark Webber und Brendon Hartley die einzigen, welche das Rennen mehr oder weniger ohne Probleme über die Bühne gebracht haben. Vom Speed her war man ähnlich wie der Audi unterwegs, aber man profitierte wie am Ring von der FCY und dem Fehler der anderen. Die Probleme mit dem Pickup hatte man nicht mehr, was zur Folge hatte, dass die Aerodynamik des R18 wesentlich besser arbeiten konnte als am Nürburgring – ein essentieller Faktor, da diese gerade im Bereich des Frontflügels sehr diffizil ist.

Auf Platz 3 reihte sich dann mit gut einer Minute Rückstand der Toyota mit der #6 ein. Ja, genau jener Toyota, welcher eine Drive Through bekommen und dabei gut und gerne 30 Sekunden eingebüßt hatte. Gerade bei nassen Verhältnissen erwies sich der Toyota als sehr schnell. Grund ist sein Hybridsystem. Anders als die deutschen Hersteller hat man auch an der Hinterachse eine E-Traktionsmaschine im Einsatz. Diese sitzt hinter der Kupplung und vor dem Getriebe. Diese E-Traktionsmaschine kann daher für eine Traktionskontrolle verwendet werden, welche besonders gut eingreift, ohne auf die mechanische Bremse zurückgreifen zu müssen. Ein Umstand, welcher eben somit eine besonders gute Regelung ermöglich und gerade bei solchen Bedingungen einen Vorteil darstellt und das nominelle Leistungsdefizit gegenüber Audi und Porsche beim Boosten mehr als ausgleicht. Zieht man noch den Zeitverlust durch die Durchfahrtsstrafe ab, wäre der Rückstand nur halb so groß. Auch hier hätte man wesentlich näher an der Spitze sein können.

2016-6-Heures-de-Mexico-Adrenal-Media-GT7D6960_hdIm Allgemeinen kann man daher sagen, dass die LMP1-Klasse im Vergleich zum Nürburgring enger zusammengerückt ist, was gerade in Sachen Toyota etwas überraschend ist. Dort hat man wohl selber kaum mit dem Podium gerechnet und das stimmt zuversichtlich für die kommenden Rennen in Austin, Fuji, Shanghai und Bahrain, da gerade die letzteren drei nach weniger Abtrieb verlangen. Man hat es auch geschafft, den benötigten Abtrieb zu erzeugen, was auch am nicht vorhanden Topspeed-Vorteil ersichtlich war. Bei den Privaten hat sich der einzig verbliebene Rebellion durchgesetzt, einfach weil man keine technischen Probleme hatte und der Kolles LMP1 nicht durchgehalten hat. Diese haben für 2017 angekündigt wieder mit einem Fahrzeug vertreten zu sein. Sollten die Sponsorengelder zusammenkommen, könnte es sogar ein zweites Auto geben. Ob man in der Klasse Gegner hat, steht allerdings in den Sternen, denn Rebellion hat sein Programm für die Überseerennen auf ein Auto reduziert. Zudem hört man immer wieder, dass Rebellion 2017 gerne mit einem oder zwei Oreca 07 in der USCC antreten möchte, da man hier gegen Gegner fahren kann.

2016-6-Heures-de-Mexico-Adrenal-Media-GT7D8146_hdIn der LMP2 ging es dafür umso enger zu. Dort hatte sich von Anfang ein herzhafter Dreikampf zwischen dem G-Drive Oreca, dem Ligier von RSR Sport by Morand und dem Oreca 05 von Signatech entwickelt. Diese drei Autos fuhren auch in einer eigenen Liga, denn am Ende hatten sie drei Runden Vorsprung vor dem Rest. Allerdings standen am Ende nur zwei auf dem Podest, da bei Rene Rast im bis dato führenden Oreca kurz vor Ende eine Bremsscheibe explodierte, was dazu führte, dass das Auto satte fünf Runden an der Box verlor, um die Bremse zu tauschen. Vor diesem Hintergrund muss man der Crew von Jota, welche den Einsatz übernehmen, echt Respekt zollen. Damit war der Weg für die beiden anderen Autos frei und hier konnte sich knapp der Ligier von RGR Sport durchsetzen, als Nicolas Lapierre in seinem letzten Stint nochmal Sekunde um Sekunde bei einsetzendem Regen aufholte, aber den Ligier nicht mehr attackieren konnte. Am Ende waren es zwei Sekunden, wäre das Rennen aber drei Runden länger gegangen, der Sieg wäre nicht an die „Heimmanschaft“ rund um Ricardo Gonzalez, Bruno Senna und Felipe Albuquerque gegangen. Allerdings war der Bremsdefekt nicht der erste seiner Art, gerade im Training hat es mehrere solcher Defekte gegeben. Oreca und Brembo haben daher bereits Untersuchungen eingeleitet, woran es gelegen haben könnte. Die anderen Autos waren gerade bei den wechselhaften Verhältnissen ohne Chance, was auch an der Fahrerbesatzung liegt, denn diese drei Autos stellen über das gesamte Rennen gerade bei den Silberfahrern die besten Piloten.

2016-6-Heures-de-Mexico-Adrenal-Media-GT7D8141_hdKommen wir nun zur GTE-Pro. Bei der Vorschau ist mir ein kleiner Fehler unterlaufen. Beim Ladedruck des Ferrari F488 und des Ford GT ging ich davon aus, dass die Werte in der BoP den absoluten Ladedruck widerspiegeln. Dies war aber ein Fehler, denn sie geben die Boost-Ratio an. Also das Verhältnis zwischen Ladedruck und Umgebungsdruck. Ein entscheidender Unterschied, denn somit ist auch der Ladedruck um circa 20 Prozen geringer, sprich der Vorteil egalisiert sich. Seit Le Mans gab es eine Anpassung der EoT, welche den Aston Martin eine massive Gewichtserleichterung versprach. Man hat am Nürburgring schon über einen größeren Air Restriktor als in Le Mans verfügt, was zur Folge hatte, dass man bereits dort den besten Topspeed hatte. In Mexiko hat sich dieser Vorteil nochmals stärker herausgestellt. Auf der langen Geraden war man 5 bis 10 kmh schneller als die Ford und Ferrari, sodass man wichtige Zeit gutmachte. Mit dem geringen Gewicht konnte man auch aus den langsamen Ecken gut herausbeschleunigen, was zur Folge hatte, dass man sowohl über eine Runde als auch über die Stints das mit Abstand schnellste GTE-Pro-Auto zur Verfügung hatte. Infolgedessen gewannen Richie Stanaway und Darren Turner das Rennen vor Gimmi Bruni und James Calado, welche am Ende bei abtrocknenden Bedingungen noch aufholen konnten. Eigentlich hätte es ein Doppelsieg für Aston Martin werden können, denn Nicki Thiim und Marco Sorensen war eigentlich schneller, jedoch hatte Thiim in Kurve 6 einen Abflug und musste sich an der Box Heckflügel wechseln lassen, was ihn etwa 1,5 Runden kostete und somit den Sieg. Sehr blass blieben die Ford GT das ganze Wochenende über. Grundsätzlich ist hier ein Trend zu beobachten, dass das Auto umso besser funktioniert, je schneller die Strecke ist. Ebenfalls ohne Chance war der Proton Porsche. Hier zählt man bereits die restlichen Rennen, bis man 2017 mit zweiWerksautos des neuen 911er und Manthey zurückkommen wird.

2016-6-Heures-de-Mexico-Adrenal-Media-GT7D8115_hdDafür lief es in der GTE-Am umso besser. Allgemein war erwartet worden, dass hier die Strecke dem 911 im Vergleich zum F458 oder dem Vorjahres-Aston Martin besser liegen sollte. Bereits im Qualy hat sich dies bestätigt und im Rennen war vor allem der Abu Dabi 911er konstant schneller. Der Grund ist relativ einfach: Durch die ganzen engen Kurven und die folgenden Geraden kann der Porsche seinen Traktionsvorteil aufgrund des Heckmotors ausspielen. Zudem schied kurz vor Ende der Aston Martin mit der #98 aus, womit auch ein gefährlicher Gegner aus dem Rennen war. Dazu tat der Regen sein übriges, denn dort funktioniert der 911er schon immer sehr gut. Auf Platz 2 konnte sich der Ferrari von AF Corse fahren, während Platz 3 und Platz 4 an die weiteren Porsche 911 von Proton und Gulf UK gingen. Hinter den Kulissen gibt es in der Klasse momentan starke Diskussion um das Jahr 2017. Bislang wäre es möglich, 2017 in der Klasse die 2016er Autos einzusetzen, also auch den bislang teils so dominanten F488 von Ferrari. Dieser würde dann gegen den Aston Martin, aber auch gegen die chancenlosen 911er Porsche antreten. Ein denkbar ungleicher Kampf, den man auch kaum über die BoP steuern könnte. Die Porsche-Teams der Klasse drohen damit, 2017 nicht in der Klasse antreten zu wollen, sollten die bisherigen Vorjahresmodelle auch 2017 teilnehmen dürfen, stattdessen will man, dass die Klasse vorerst bei den Autos des Jahrganges 2015 eingefroren wird.

Die nächste Gelegenheit, die WEC zu verfolgen, gibt es bereits in circa anderthalb Wochen, denn dann steht das Rennen in Austin auf dem Programm.

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