Am Samstagabend startete die FIA WEC ihr Rennen in Austin. Wer bis 06:00 Uhr in der Früh aufblieb, konnte ein spannendes Rennen verfolgen.
Um ein Langstreckenrennen zu gewinnen, muss man nicht unbedingt das absolut schnellste Auto haben. Zuverlässigkeit, Maximierung der Stintlängen, unfallfreies Fahren sind ebenso wichtige Faktoren. Faktoren mit denen man auch schnellere Gegner schlagen kann. Ein Team, welches dies von Anfang an sehr gut konnte, war Audi. Seit 2000 ist man in Le Mans ungeschlagen und bis 2015 hat man öfters die Gegner mit diesen Waffen geschlagen. Dieses Jahr läuft es aber teilweise anders. Zwar hat man Silverstone und Spa aufgrund der wenigeren Fehler gewonnen, seit Le Mans hat sich das Blatt aber gewendet.
In Le Mans hatte man mit diversen Defekten auf der einen Seite und mit mangelndem Speed des neuen R18 auf der anderen Seite zu kämpfen. Am Nürburgring zeigte dann der neue R18 schon teilweise sein wahres Potenzial, als man die erste Reihe für sich beanspruchen konnte. Dann aber hatte man im Rennen aufgrund von mehreren kleinen Faktoren (FCY-Stopp der Gegner, während man eine Runde vorher unter Grün stoppte, etc.) das Nachsehen. In Mexiko sah es ähnlich aus, als die #8 mit einem Defekt aus dem Rennen um den Sieg flog und sich bei der #7 wie am Ring mehrere kleine Themen einschlichen, wodurch der ohne Fehler fahrende Porsche den Sieg davontragen konnte.
Und wie ging es in Austin aus? Beim Zeittraining konnte man die erste Reihe besetzen und nach dem Start erstmal vorne weg stürmen. Bei Temperaturen von bis zu 35 Grad in der Anfangsphase war der R18 etron das eindeutig schnellste Auto im Feld. Im Schnitt nahm man den Konkurrenten in den ersten 1,5 Stunden circa eine Sekunde pro Umlauf ab. Mal war die #7 schneller, mal war die #8 ein paar Sekunden flotter. Allerdings hat sich hier bereits eins gezeigt: Die Stintlänge war zwei Runden kürzer als die der Konkurrenz. Ein Umstand, welcher am Ende eventuell bei komplett grünem Rennverlauf einen zusätzlichen Stopp bedeutet hätte, was aber angesichts des Tempos kein Problem gewesen wäre. Bis zur Hälfte lief alles nach dem Gusto von Audi, dann begannen aber die Probleme.
Erst stand die #8 circa 45 Sekunden an der Strecke, als man ein Elektronikproblem hatte und dies nur beheben konnte, indem man das Auto neu startete. Man verlor dabei nicht nur die Spitzenposition, sondern lag am Ende nur noch auf Platz 4. Danach musste das Auto zur Hälfte des Stints an die Box, da auf einmal die Flüssigkeitszufuhr der Trinkanlage nicht mehr funktionierte. Ein Defekt, der so noch nie aufgekommen ist, bei den hohen Temperaturen aber dafür sorgt, dass der Fahrer innerhalb kürzester Zeit dehydrieren kann.
Dieser Boxenstopp hat sich dann aber als nächster Nackenschlag entpuppt, denn während man selber unter Grün stoppte, fiel kurz darauf eine FCY, weil ein GTE von der Strecke abgekommen ist. Die Konkurrenz hat daher unter Gelb stoppen können und damit viel Zeit auf den #8 Audi rausholen können, welcher nun eine Minute Rückstand hatte. Damit war man aus dem Rennen um den Sieg erstmal raus. Das Rennen führte nun der #7 Audi relativ souverän an. Allerdings hat sich hier das wiederholt, was bereits am Ring und in Mexiko eingetreten ist. Der Audi musste zwei Runden eher an die Box, um seinen Stopp zu absolvieren, welchen er auch unter Grün absolvierte. Kurz darauf ging der Ford GT mit der #66 ins Kiesbett ab, was wiederum eine FCY auslöste und die Gegner durch ihre nun unter Gelb folgenden Stopps auf ein paar Sekunden an den Audi ran brachte. In Mexiko oder in der Eifel war man maximal eine Runden kürzer draußen als die Konkurrenten, hier allerdings bis zu drei Runden im Vergleich mit Toyota. Warum dieser Unterschied so eklatant war, kann ich nicht sagen, denn in der EoT hat sich bezüglich Energiemengen und Tankvolumina nichts geändert.
Als ob das ganze nicht genug wäre, versuchte Benoit Treluyer, den verbliebenen Ford GT ausgangs der schnellen Dreifachrechts zu überholen. Ein Vorgang der außen herum normal problemlos funktioniert, allerdings kann das innere Auto dabei aufgrund eines Bumps leicht versetzen. Gesagt, getan dachte sich wohl der Ford, denn genau das ist passiert. Der Ford GT wurde leicht nach außen versetzt, wo schon der R18 war, und er traf Treluyer hinten rechts. Dieser konnte das Auto nicht mehr abfangen und landete somit in der TecPro-Barrier. Am Ende durfte er noch sieben Minuten in der Box verbringen, um den Schaden vorne reparieren zu lassen. Das Rennen war also für die Audis erstmal gelaufen.
Dafür konnte sich am Ende der #1 Porsche mit Timo Bernhard, Mark Webber und Brendon Hartley an die Spitze setzen. Sie waren neben dem Toyota mit der #6 das einzige Auto, welches ohne Probleme durchkam. Dahinter rangierte der #8 Audi, welcher in der Endphase noch den Toyota aufschnupfen konnte und von Problemen des #2 Porsche profitierte, welcher das ganze Wochenende schon über kaum auf Tempo kam. Hier setzt sich der bislang vorherschende Trend fort, dass der #1 Porsche schneller als der #2 ist. Der schon angesprochene Toyota komplettierte das Podest, nachdem das Schwesterauto schon zu Beginn durch Probleme am Wastegate über eine Runde verlor.
Dazu hatte man sich einen Platten eingefangen, welcher dem Auto eine halbe Runde kostete und somit alle Chancen auf einen Podestplatz. Erstaunlich war hier die Performance des Toyota, welche mit sinkender Temperatur zunahm. Über den Stintverlauf konnte man sehr konstante Zeiten fahren konnte, während der Porsche teils leichte Probleme am Ende des Stints hatte. Auch lief das Auto durch den Verkehr sehr gut, was zur Folge hatte, dass am Ende nur 3,5 Sekunden auf den Audi und 26 Sekunden auf den Porsche fehlten.
In der LMP2 lief das ganze Rennen hingegen weitgehend nach dem erwarteten Muster ab: Der RGR-Sports Ligier, der Signatech Alpine und der G-Drive Oreca konnten sich vorne sehr schnell absetzen. Dies wird vor allem beim Blick auf die schnellsten Rundenzeiten deutlich: Im Schnitt nahmen diese den Gegnern ein bis zwei Sekunden pro Runde ab! Von daher war es nicht verwunderlich, dass diese Fahrzeuge am Ende (fast) vier Runden Vorsprung vor dem SMP BR01 hatten.
Verantwortlich ist dafür zum einen die Fahrzeugbesatzung, denn desto besser der Silberfahrer ist, desto aggressiver kann man auch das Fahrzeug abstimmen, was dann nicht nur schnellere Rundenzeiten des Amateurs ermöglicht, sondern auch der Profis auf dem Auto. Besonders beeindruckend war hier die Fahrt von Rene Rast und Alex Brundle im G-Drive Oreca, welche ganz hinten starten mussten, weil Brundle in der Qualy sämtliche Rundenzeiten gestrichen wurden. Er hatte immer in Turn 9 nach der langen Gegengeraden die Track Limits überschritten, obwohl Edoardo Freitas ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er hier konsequent vorgehen wird. Durch die Aufholjagd verlor man am Ende genau jene Zeit, welche dann auf den Sieg fehlte. Bemerkenswert waren auch hier die Zeiten von Rene Rast, der sich in seiner ersten LMP2-Saison zur Benchmark in der Klasse hervorgehoben hat und sich bei Audi für höhere Dienste empfiehlt.
Eine Nachricht, welche einerseits verwirrend, sich auf der anderen Seite aber die letzten Tage abgezeichnet hat, hat ESM am Rande des Wochenende bekanntgegeben. Man kehrt 2017 in die IMSA mit einen Ligier und Bodykit sowie einem Nissan-Motor als DPi zurück. Eingesetzt wird das Auto von Oak Racing. Dies hat sich schon die letzten Tage abgezeichnet, allerdings schloss man circa zwei Wochen vor dem WEC-Rennen in der Eifel einen langfristigen Vertrag mit Michelin ab – einem Reifenhersteller, welcher nur in der WEC die Reifen an ESM liefern kann, da in der USCC Einheitsreifen von Continental beziehungsweise Hoosier gefahren werden. Inwieweit dies zusammenpasst, kann ich nicht beantworten. Möglich wäre auch, dass man das Engagement splittet und ein Fahrzeug in der IMSA einsetzt, während man ein Auto von Oak Racing in der WEC antreten lässt. Ein Le Mans-Engagement wäre nämlich mit einem DPi nicht möglich, da die Gespräche darüber zwischen IMSA und ACO vor einigen Monaten mit Ansage gescheitert sind.
In der GTE-Pro sah die Sache eindeutig aus: Dort gewann Aston Martin vor dem AF Corse Ferrari mit Gimmi Bruni und Toni Vilander und dem zweiten Ferrari von Bird und Davide Rigon. Die Gründe dafür waren vielfältig: Zum einen waren die Ford GT sehr schnell unterwegs, allerdings auch sehr fehleranfällig. Die #66 hatte von Anfang an mit der Hitze zu kämpfen. Im Cockpit darf die Temperatur maximal sieben Grad über der Außentemperatur liegen, was mit einem Sensor auf Kopfhöhe des Fahrers gemessen wird. Dies ist eine gute und absolut sinnvolle Regel, um die Fahrer zu schützen. Die Teams versuchen natürlich, die Leistung der benötigten Klimaanlage auf ein Minimum zu reduzieren, da diese ihre Leistung vom Verbrenner abzweigt. Beim Ford hat man es übertrieben und gerade am Anfang stand man die meiste Zeit an der Box, nachdem man die Temperatur nicht halten konnte und das Auto reparieren durfte. Ein Podestplatz war damit sofort außer Reichweite.
Dazu versenkte man das Auto im Laufe des ersten Drittels noch einmal im Kiesbett vor Turn 2&3, was am Ende 19 Runden Rückstand bedeuteten. Dem anderen Ford GT erging es nur etwas besser. Grund war vor allem der Crash mit Treluyer, welcher das Auto weiter zurückwarf und somit aus dem Rennen um den Podestrang, denn immerhin lagen nur zwölf Sekunden zwischen P1 und 2, während der zweite Ferrari circa eine Minute mehr Rückstand hatte. Vom reinen Speed her wäre man durchaus in der Lage gewesen, dort mitzuhalten, denn man fuhr teilweise sogar leicht schnellere Zeiten als die F488. Vorne weg fuhren diesmal aber wieder die Aston Martin.
Man hat den Autos zwar 0,4 mm kleinere Air Restriktoren verpasst, aber man hatte trotzdem noch einen Topspeedvorteil von knapp 7 kmh. Der andere Grund dürfte aber noch mehr ins Gewicht fallen: Dunlop hat für Mexiko und Austin neue Reifen entwickelt, welche an die höheren Temperaturen angepasst sind. Dies konnte man gerade im Verlauf des ersten Stints sehen, als man nicht mehr mit einbrechenden Reifen kämpfen musste wie zu Beginn der Saison. Hier haben Aston Martin und Dunlop ganze Arbeit geleistet. Dadurch war auch das Schwesterauto der siegreichen Nicki Thiim und Marco Sorensen, nämlich Darren Turner und Fernando Rees, sehr flott unterwegs, wurde aber dann später zurückgeworfen. Keine Auffälligkeiten im positiven wie auch im negativen Sinne gab es mal wieder von der Proton-Mannschaft um Christian Ried zu vermelden. Konnte im USCC-Rennen die Werksmannschaft von Porsche noch einen Doppelsieg einfahren, war man im WEC-Rennen aufgrund der anderen BoP ohne Chance und ging auch hier sehr schnell dazu über, den Rückstand mittels Kalender anstelle einer Stoppuhr zu messen. Hier kann man 2017 und den neuen RSR mit Mittelmotor kaum erwarten.
In der GTE-Am gab es ein etwas differenzierteres Bild: Zwar war der Porsche 911 von KCMG über eine Runde das schnellere Auto in den Händen von Kevin Estre, aber gerade Paul Dalla Lana war deutlich schneller als Christian Ried. Wenn man Pedro Lamy, Kevin Estre, Matthias Lauda und Joel Camathias miteinander vergleicht, sieht man, dass sich diese jeweils nicht viel nehmen, von Fahrzeug zu Fahrzeug gesehen. Den Unterschied macht in der Klasse in der Regel der Bronzefahrer aus und da Paul Dalla Lana über eine Sekunde im Schnitt schneller war als Christian Ried, ist die eine Minute Vorsprung des Aston Martin schnell erklärt. Paul Dalla Lana war hier übrigens fast genauso schnell wie seine Teamkollegen. Platz 2 ging an den KCMG-Porsche, nachdem man in Mexiko gewonnen hatte, vor der Corvette von Labre Competition, welche damit mit ihr bestes Saisonergebnis einfahren konnten. Gelegenheit, dies zu verbessern, hat man in vier Wochen, wenn es am Fuße des Mount Fuji zum Heimspiel von Toyota kommt.
Bilder: ACO