Der Michelin GT3 Le Mans Cup laborierte auch bei seinem Lauf in Spa-Francorchamps an altbekannten Problemen, die sich wohl nur durch mehr Teilnehmer lösen lassen. Die Konzepte der Blancpain GT Series und der ADAC GT Masters scheinen hingegen voll und ganz aufgegangen zu sein, wenn man sich die Punktestände vor den jeweiligen Saisonfinalläufen anschaut. Die Sprintvariante wird ihre Meister auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya finden, während das ADAC GT Masters in Hockenheim zu Gast sein wird. Im Schatten dieser Titelkämpfe fährt die International GT Open in Monza.
Michelin GT3 Le Mans Cup:
Als Abschluss des Rennsamstags durfte die ACO-GT3-Serie ein zweistündiges Rennen in den Ardennenwäldern veranstalten. Leider waren nur zwölf Boliden vor Ort, die auf dem sieben Kilometer langen Rundkurs in Spa natürlich komplett untergehen sollten. Die Pole-Position sicherte sich der #72 SMP Racing Ferrari 488 GT3 (Basov/Shaitar), welcher fast eine halbe Sekunde schneller war als der zweitplatzierte #55 FFF Racing Team by ACM McLaren 650S GT3 (Hamaguchi/Quaife Hobbs). Drittbestes Fahrzeug des Qualifyings ist der #90 Autoclub Excelsior Aston Martin Vantage GT3 (Schmetz/Verbergt) gewesen. Diese Mannschaft überlegt sich momentan, ob man die nächste Saison komplett fahren wird. Der Rennverlauf wird diesen Plan nicht gerade positiv beeinflusst haben, da man einen Kupplungsschaden hinnehmen musste.
Wie am gesamten Rennwochenende in Spa war auch der frühe Samstagabend sonnig sowie kühl gewesen. Pünktlich um 17:30 Uhr formierten sich zwei Starterlinien, die sich problemlos auf dem Weg in La Source auflösen konnten. Dort musste Aleksey Basov jedoch die Führung an den #55 FFF Racing McLaren abgeben, in dem Spa-Debütant Hiroshi Hamaguchi starke erste Runden absolvierte. Für den Russen Basov gab es jedoch auch keinen Grund die Ausgangslage in der Meisterschaft durch übertriebene Härte wegzuschmeißen. Zu dieser kam es aber nach zweieinhalb Minuten, als Thomas Flohr im #51 AF Corse Ferrari 488 GT3 (Flohr/Castelacci) den #66 Barwell Motorsport Lamborghini Huracán GT3 (Poole/Abra) in der ersten Kurve abräumte. Während die Maranello-Maschine mit zerstörter linker Front sofort aufgeben musste, versuchte Mark Poole den Huracán fortzubewegen, was bereits wenige Meter später scheitern sollte. Auch deswegen musste das Safety Car ausrücken. Der Beginn der restlichen 105 Minuten unter grün sollte somit von sage und schreibe zehn Autos aktiv gestaltet werden. Kurz nach dem Start überholte Basov mit einem mutigen Manöver den #55 FFF Racing McLaren eingangs der Campus-Sektion, da der Japaner Hamaguchi die falsche Linie gewählt hatte. Ab diesem Punkt baute der SMP Racing Ferrari einen großen Vorsprung auf und sah wohl nur noch teilweise im Rückspiegel, wie sich der mittlerweile drittplatzierte #88 Mentos Racing Porsche 911 GT3 R (Perfetti/Bachler) langsam an den schwarzen McLaren heransaugen konnte. Es kam sogar kurzzeitig zum Duell der beiden, aus welchem Hamaguchi als Sieger hervorgehen sollte. Fünf Minuten später versuchte es jedoch der Norweger Egidio Perfetti ein zweites Mal und erzwang endgültig den Positionstausch, da der Rivale in Pouhon zu weit nach außen getragen wurde. Die Boxenstopps zum Stundenwechsel brachten keine maßgeblichen Veränderungen und es schien anfangs so, als ob das Rennen entschieden wäre. Doch die Zeiten vom führenden Victor Shaitar im #72 SMP Ferrari waren in den ersten Minuten viel schwächer als die Leistungen von Klaus Bachler im verfolgenden Porsche und Adrian Quaife Hobbs im #55 FFF Racing McLaren. Besonders der aus der GP2 bekannte Brite ließ seinen Landsmann mit chinesischer Nennung fliegen. Nach über fünf problematischen Umläufen stabilisierte sich Shaitar bereits wieder. In der nächsten halben Stunde stabilisierten sich infolgedessen auch die Abstände leicht, was die anfängliche Spannung schnell neutralisierte. Zwölf Minuten vor Ablauf der Zeit sollte noch ein kleines Drama seinen Lauf nehmen, als das linke Hinterrad des #55 FFF Racing McLaren seinen Dienst endgültig verweigerte. Den dritten Platz erbte damit der #34 TF Sport Aston Martin Vantage GT3 (Yoluc/Hankey), welcher die Führung in der Teammeisterschaft erhalten konnte. Obwohl ironischerweise Verkehr Platz eins und zwei nochmal zusammenschieben konnte, reichte es nicht mehr für einen Angriff des #88 Mentos Porsche von Bachler. Aus diesem Grund konnte man im SMP-Lager den dritten Sieg in Folge feiern, was die Führung in der Fahrerwertung von Shaitar und Basov ausbauen sollte. Dort hat man nun 21 Zähler Vorsprung auf die TF Sport-Besatzung, was bei einem F1-Punkteschlüssel kaum Spannung für das Finale in Estoril am 22. Oktober verspricht. Dort müsste SMP schon in sehr große Probleme geraten, was man niemandem in dieser Situation wünscht. Viel knapper sieht es hingegen in der angesprochenen Team-Meisterschaft aus, wo TF Sport aufgrund ihrer kontinuierlichen Nennung vier Zähler Vorsprung hat. Hier nimmt Mentos Racing zudem eine Außenseiterrolle ein. Mehrmals wurde im Rennen erwähnt, dass mehr neue Starter in Aussicht stehen, was wohl die einzige Hoffnung für die Serie bleiben wird.
Wochenendvorschau:
ADAC GT Masters:
Nicht mal sechs Monate ist es her, dass die Meister des Vorjahres in der Form des #1 AMG – Team Zakspeed Mercedes AMG GT3 (Asch/Ludwig) das Auftaktrennen der 2016er Saison in Oschersleben gewinnen konnten. Die zweithöchste Stufe des Podiums an diesem Tag belegte die Mannschaft des #29 Montaplast by Land-Motorsport Audi R8 LMS GT3 (de Phillippi/Mies), die als Führende in das kommende Wochenende auf dem Hockenheimring gehen werden. Connor de Phillippi und Christopher Mies können heute 146 Zähler ihr Eigen nennen. Nur zwei Punkte Rückstand haben die Piloten der #77 Callaway Competition Corvette C7 GT3-R (Gounon/Keilwitz), die das erste Jahr des neuen Fabrikats schon jetzt als riesigen Erfolg gestaltet haben. Krasse Außenseiterchancen hat David Jahn im #17 KÜS TEAM75 Bernhard Porsche 911 GT3 R (Jahn/Estre), der 116 Punkte auf seinem Konto verbuchen konnte. Er geht als Einzelkämpfer im Meisterschaftsfinale an den Start, da Kévin Estre nicht die gesamte Saison an seiner Seite verbringen konnte. So wurde Jahn anfangs beispielsweise von Chris van der Drift, Matteo Cairoli und Klaus Bachler unterstützt. Wie realistisch sind Jahns Chancen? In der ADAC GT Masters wird bei beiden Rennen der Formel 1-Punkteschlüssel verwendet. Bei 30 Zählern Rückstand muss der Mann aus Speyer also auf viel Pech der Duos vor ihm hoffen. Dieses kann natürlich auch durch die BoP erzwungen werden, die gleich intensiver betrachtet wird. Radikales Pech der favorisierten Titelaspiranten benötigt hingegen die Meisterpaarung des Vorjahres, deren Verteidigung mit 42 Punkten Rückstand somit gescheitert scheint, und die Piloten des #99 Precote Herberth Motorsport Porsche 911 GT3 R (Renauer/Ragginger), die ganze 48 Wertungseinheiten hinterherhinken. Alle Zeichen stehen somit auf das herausragend spannende Duell zwischen dem #29 Land-Motorsport Audi und der #77 Callaway Competition Corvette.
In der Teammeisterschaft existiert exakt das gleiche Bild, denn auch hier trennen Land-Motorsport (155) und Callaway Competition (153) zwei mickrige Punkte. Dahinter liegt das AMG-Team Zakspeed (139), das KÜS TEAM75 Bernhard (120) und das GRT Grasser Racing Team (110). Da im zweiten Land Audi mit der Nummer 28 Stéphane Ortelli Platz nehmen wird, um Christopher Haase zu unterstützen und Frédéric Vervisch zu ersetzen, könnte sich ein extrem spannendes virtuelles Duell in dieser Wertung entwickeln. Die beiden weiteren Callaway-Mannschaften werden wohl dem normalen Fahrerkader entsprechen.
Die ADAC GT Masters Trophy-Wertung 2016, die auf Herrenfahrer abzielt, wird aktuell von Remo Lips aus der #13 RWT Racing Corvette Z06.R GT3 (Lips/Barth) angeführt, der durch spezielle Gewichtungen in dieser Klasse 14,5 Zähler Vorsprung auf Rolf Ineichen hat. Dieser fährt den #63 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 (Ineichen/Engelhart). Der sehr solide Schweizer Gentleman reist mit dem frischen Rückenwind eines Gesamtsiegs bei den 3 Stunden auf dem Nürburgring des Blancpain GT Series Endurance Cups an. Gleiches gilt natürlich für die Kollegen Christian Engelhart und Mirko Bortolotti, der im #16 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 (Stolz/Bortolotti) Platz nehmen wird. Weitere Verfolger haben den Anschluss schon lange verloren und hinterließen Lips und Ineichen als einzig verbliebene Titelrivalen.
In der Junior-Wertung treffen wir an der Spitze wieder auf alte, junge Bekannte. Land-Motorsports Connor de Phillippi ist Führender mit 211 Punkten und muss Jules Gounon (189) aus der Callaway Corvette als einzige Gefahr wahrnehmen. Auch deswegen kann ein Titelkampf drei Wertungen auf eine Schlag entscheiden: mehr Spannung geht kaum.
Doch wie gestaltet sich die Ausgangslage in Sachen Fahrzeugprofil und Balance of Performance? Durch den Generationenwandel in der GT3-Szene ist der Bezug auf die Vergangenheit schwierig. Traditionell passt die Corvette mit ihrer Spitzengeschwindigkeit gut zu den Geraden von Hockenheim. Aber auch die Audis mussten unter der Streckencharakteristik nicht stark leiden in den letzten Jahren. Unbekannte Herausforderungen dürfte der Kurs nicht bieten, da exzessiv durch beide Seiten dort getestet wurde. Man könnte sogar behaupten, dass die Corvette C7 GT3-R eine Hockenheimhandschrift trage. Eine überraschende Variabel würde hingegen möglicher Regen sein, der durchaus eine Rolle spielt. Darunter soll nämlich vor allem der deutsch-amerikanische Dampfhammer leiden. Laut neuestem Bulletin wird die BoP unangetastet bleiben, was für eine Titelentscheidung meistens ideal ist. Der letzte Referenzpunkt entspricht dem kurvenreichen Dünenkurs Zandvoorts, was genauere Aussagen erschwert. Prinzipiell wird es relativ knapp an der Spitze sein.
Den beiden Entscheidungsrennen wird sich TV-Partner Sport 1 ausgiebig widmen. Lauf eins startet Samstag um 13:15 Uhr und das Finalrennen wird Sonntag um 13:08 Uhr beginnen. Weitere Informationen gibt es wie immer in unseren TV Zeiten. Neben der ADAC GT Masters finden auch die Saisons der ADAC Formel 4 und der ADAC TCR Germany ihren Abschluss. Während Tourenwagenpilot Josh Files den Sack für die erste Meisterschaft in der neuen Serie nur noch zumachen muss, ist die Konstellation in der Formel 4 ebenfalls nicht sonderlich eng. Mick Schumacher liegt dort mit 39 Zählern Rückstand hinter dem Meisterschaftsführenden Joey Mawson. Des Weiteren sind die Spezial Tourenwagen Trophy, der Renault Clio Cup Central Europe und die Formel Renault 2.0 NEC zu Gast in Baden. Die Bühne für ein Abschlussfeuerwerk der Jubiläumssaison sollte also gegeben sein.
Blancpain GT Series (Sprint Cup):
Da der Name Christopher Mies bereits in der Vorschau zur GT Masters gefallen ist, werden sich sicherlich einige wundern, die ihn bislang auch im Sprint Cup gesehen haben. Dies hat jedoch alles seine Richtigkeit, da sich der Mann aus Heiligenhaus für das knappere GT-Finale entschieden hat. Ob diese Wahl richtig ist, kann man anhand folgender Erläuterungen abschätzen.
Zuerst werfen wir einen Blick auf den Sprint Cup mit seinem Qualifikationsrennen und seinem Hauptrennen. Der zweite Lauf wird mit dem F1-Punkteschlüssel bewertet, wohingegen der Sieger des Qualirennens nur acht Zähler erhält. Aktuell führt das Duo um Enzo Ide und Christopher Mies, der von Robin Frijns vertreten wird, mit 79 Punkten pro Fahrer dank eines starken Jahres im #33 Belgian Audi Club Team WRT R8 LMS GT3 bisher. Darauf folgen Dominik Baumann und Maximilian Buhk im #84 HTP Motorsport Mercedes AMG GT3 mit 62 Zählern. Die 17 Wertungseinheiten sind zwar ziemlich hart aufzuholen, aber dafür führt man aktuell die Gesamtmeisterschaft der Blancpain GT Series an mit 129 Punkten jeweils. Weitere Titelaspiranten im Sprint Cup sind die Besatzungen des #86 HTP Motorsport Mercedes AMG GT3 (Szymkowiak/Schneider) mit 59 Zählern und des #58 Garage 59 McLaren 650S GT3 (Bell/Parente) mit 56 Punkten.
In der Sprint-Teamwertung wird sich HTP Motorsport (90) mit den beiden Belgian Audi Club Team WRT-Divisionen (81 und 75) auseinandersetzen müssen. Im Silver Cup sind Michele Beretta und Luca Stolz im #19 GRT Grasser Racing Team Lamborghini Huracán GT3 mit 101 Punkten den Verfolgern des #2 Belgian Audi Club Team WRT R8 LMS GT3 (Leonard/Meadows), die 77 Zähler ihr Eigen nennen, fast entkommen. In der Pro-Am-Klasse führen Michal Broniszewski und Giacomo Piccini aus dem #11 Kessel Racing Ferrari 488 GT3 komfortabel. Broniszewski hat den Klassentitel in der Gesamtmeisterschaft bereits in der Tasche. Auch bei den reinen Amateuren scheint die Sprint-Variante und die Gesamtmeisterschaft de facto bereits einen Klassenmeister zu haben. Claudio Sdanewitsch aus dem #55 AF Corse Ferrari 458 Italia GT3 (Sdanewitsch/ Lemeret) hat sage und schreibe 27 Punkte Vorsprung zum nächsten Verfolger.
Somit bleiben nur noch zwei Titel in der Gesamtmeisterschaft. Die bereits eingeführten Spitzenreiter von HTP Motorsport haben in der Teamwertung 160 Zähler. Darauf folgen die erste Belgian Audi Club Team WRT-Division mit 146 Punkten und Garage 59 mit 130 Zählern. Garage 59 hat zwar knapp die Endurance-Ehren errungen, aber durch die Nuller am Ring hat man die Team-Meisterschaft wohl weggeschmissen, womit die Briten sicherlich leben können. Bei den Fahrern sieht es aber anders aus. Dort liegt Bell nur fünf Punkte hinter Buhk und Baumann von HTP. Laurens Vanthoors Abstand ist zu groß. Somit werden „nur“ drei absolute GT-Starpiloten die Gesamtfahrermeisterschaft unter sich ausmachen.
Fazit BGT(SC): Ein großer Fokus des kommenden Wochenendes liegt auf der Blancpain GT Series-Fahrerwertung, wo es eng zugeht. In der Sprintvariante ist der Abstand an der Spitze etwas größer, aber der Führende Ide hat mit Mies seinen vertrauten Partner verloren. In beiden Teamwertungen hat HTP Motorsport eine solide Führung inne. Die Überschneidung mit dem Finale der ADAC GT Masters hat negativere Folgen für die Blancpain GT Series, da Topfahrer wie Mies oder auch Ineichen in Deutschland wichtigere Verpflichtungen haben. Leider wird es wohl im nächsten Jahr ähnliche Probleme geben. Trotzdem werden heuer 35 Boliden vor Ort sein.
Für das Saisonfinale hat sich die SRO einige kleine Besonderheiten überlegt. Das als „Festival de la Velocidad Barcelona“ titulierte Wochenende auf dem Circuit de Catalunya-Barcelona wird beide Läufe am Sonntag sehen. Rennen eins wird um 09:15 Uhr gestartet und das Saisonende wird um 14:10 Uhr beginnen. ¡Vamos!
Die Sonntagsansetzung wird den GT3-Freunden viel Unterhaltung mit auf den Weg geben, da drei entscheidende Meisterschaftsläufe innerhalb von sechs Stunden zu verfolgen sein werden. Außerdem trägt die International GT Open zwei Rennen in Monza aus. Wir wünschen viel Spaß und gute Ausdauer!
Bilderquelle / Copyright: ADAC GT Masters; Stefan Schneider; Blancpain GT Series