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Formula E: Die große Saisonvorschau 2016-17 / Auftakt in Hongkong

von StefanTegethoff
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Das kontroverse Saisonfinale in London, in dem Lucas di Grassi Sebastien Buemi von der Strecke räumte, bevor dieser sich dann mit der schnellsten Rennrunde doch noch knapp den Titel sichern konnte, ist noch frisch im Gedächtnis; doch an diesem Wochenende – genauer: am Sonntag – startet die Formula E in die nächste Saison. Es ist nun schon die dritte, und die Elektro-Rennserie, die in dieser Form immer noch einzigartig ist, hat sich inzwischen etabliert und eine gute Basis für die Zukunft aufgebaut. Mit Jaguar ist ein neues Werksteam am Start, BMW steigt über eine Kooperation bei Andretti ein und Mercedes hat sich einen Platz für die Saison 2018/19 reserviert.

6-_r3i8105Viele gute Nachrichten also, aber es gibt auch Schwächen und Probleme, die noch nicht behoben werden konnten – oder gar neu entstanden sind. Ja, es wird immer noch nötig sein, dass die Fahrer zur Rennmitte das Auto wechseln; man hat die Öffnung der Batterieentwicklung vertagt, da sie einen gewaltigen Kostensprung mit sich bringen würde, denn die Speicherkapazität der Batterien ist nach wie vor der limitierende Faktor für die Elektromobilität. Den Deal für die Belieferung mit Einheitsbatterien ab der fünften Saison hat jüngst McLaren Applied Technologies gewonnen; ab 2018/19 soll der Fahrzeugwechsel damit Geschichte sein.

Dass die ursprünglichen Ziele nach hinten verschoben wurden, ist gut nachvollziehbar, denn die Organisatoren um den Spanier Alejandro Agag müssen die neue Serie erst einmal zum Laufen bringen und für Top-Teams und Automobilhersteller attraktiv machen; sie können es sich nicht leisten, die mutigen Pionier-Teams mit kostspieligen Entwicklungsnotwendigkeiten zu verschrecken. Das funktioniert soweit auch sehr gut. Jaguar wird als neues Werksteam in einer Partnerschaft mit Williams Advanced Engineering den Platz des Teams von Jarno Trulli übernehmen, dessen Boliden in Jahr 1 kaum konkurrenzfähig und in Jahr 2 kaum auf der Strecke waren.

10-_l5r3299BMW, die von Anfang an bereits einen i8 als Safety Car für die Serie bereitstellen, steigt als Kooperationspartner beim Andretti-Team ein und halten sich damit die Möglichkeit für ein intensiveres Werks-Engagement in der Serie offen. Für die Bayern kommt das allerdings nach eigener Aussage auch erst in Frage, wenn der Fahrzeugwechsel entfällt, also frühestens ab der Saison 2018/19. Dann könnte ein Gegner Mercedes heißen, denn die Stuttgarter haben eine zuvor vereinbarte Option gezogen und sich einen der zwei zusätzlichen Team-Startplätze, die dann geschaffen werden sollen, reserviert.

Bereits in diesem Jahr erhöht Citroen die Intensität seines Einsatzes bei DS Virgin, während Renault mit dem chinesischen Techeetah-Team (bisher Aguri) ein zweites Team beliefert und so seine Chancen auf Rennsiege und den Titel erhöht. Denn Renault geht wieder als Favorit in die Saison, nachdem Sebastien Buemi, Nicolas Prost (beide Renault e.dams) und Jean-Eric Vergne (Techeetah) bei den Tests in Donington die drei schnellsten Piloten waren.

Regeländerungen

Auch wenn der ungeliebte, aber notwendige Fahrzeugwechsel vorerst bleibt, gibt es doch einige Änderungen an der Fahrzeugtechnik. Optisch am auffallendsten ist der neue Frontflügel, der etwas „spaciger“ aussieht als die klobigen Endstücke des Ursprungsautos und damit besser das moderne Selbstbild der Serie widerspiegelt. Mehr tut er allerdings auch nicht, der aerodynamische Effekt soll irrelevant sein.

12-_fer6028Wichtiger sind die Änderungen unter der Haube: die maximal verfügbare Leistung bleibt bei 200 kW, allerdings wird die Rekuperationsmöglichkeit von 100 kW auf 150 kW erhöht. Dafür hat Williams Advanced Engineering neue Batterien entwickelt, die 230 statt der bisherigen 200 kg wiegen; das minimale Gesamtgewicht des Autos wurde jedoch um 8 kg auf 880 kg gesenkt. Für Formelautos sind die FE-Boliden damit immer noch vergleichsweise schwer, doch dies lässt sich aufgrund des Standes der Batterietechnik kaum vermeiden. In den kommenden Jahren soll die verfügbare Leistung schrittweise erst auf 220 kW, dann auf 250 kW erhöht werden.

Im sportlichen Reglement gibt es nur eine größere Änderung: Die schnellste Rennrunde wird nun nur noch mit einem anstatt wie bisher mit zwei Punkten belohnt. Auch das hätte nichts am kontroversen Finale in London im Juli geändert, aber man senkt die Bedeutung der schnellsten Rennrunde damit ein wenig. Für die Pole Position bleibt es weiterhin bei drei Zusatzpunkten, was der besonderen Herausforderung auch angemessen ist, da die Autos nur in der Qualifikation mit voller Leistung gegeneinander antreten können.

Das Starterfeld

Renault e.Dams holte im Vorjahr mit Sebastien Buemi und Nicolas Prost die Team-Meisterschaft, Buemi konnte sich zudem trotz Schwächephasen in der Saisonmitte gegen Lucas di Grassi im Kampf um den Fahrertitel durchsetzen. Es ist also kein Grund ersichtlich, etwas an der Konstellation zu ändern, und so bleibt hier alles beim alten, außer dass man die beiden Bestandteile des Teamnamens getauscht hat. Bei den Testfahrten in Donington fuhr Buemi am ersten und am letzten Tag die schnellste Zeit, dabei auch die insgesamt schnellste Runde aller sechs Testtage. Prost war ebenfalls gut dabei, aber auch in diesem Jahr ist nicht zu erwarten, dass der Sohn des Teamchefs seinen Schweizer Teamkollegen überflügelt.

14-_l5r3441ABT Schaeffler Audi Sport verlor die Fahrerwertung mit Lucas di Grassi äußerst knapp, wobei auch wieder eine Disqualifikation wegen Regelwidrigkeit des Autos in Mexico negativ zu Buche schlug. Der Brasilianer wird allein aufgrund seiner fahrerischen Qualitäten auch 2016/17 wieder im Kampf um die vorderen Plätze mitspielen. Bei den Testfahrten bewegte er sich eher im vorderen Mittelfeld, dort zeigte sich Daniel Abt stärker, der jedoch in den vergangenen zwei Jahren in den Rennen im Verhältnis zu di Grassi deutlich schwächere Leistungen zeigte. Sollte er den Brasilianer überholen können, wäre das eine echte Überraschung.

DS Virgin Racing war im Vorjahr das drittstärkste Team und konnte diesen Platz auch in der Gesamtwertung knapp gegen Dragon Racing behaupten. Das Engagement von DS-Mutterkonzern Citroen ist in diesem Jahr größer, auch der Motor ist als Citroen gebrandet. Seit Anfang des Jahres ist zudem Ingenieur Xavier Mestelan Pinon, der lange Jahre in wichtigen Funktionen im World Rally Championship-Team des Konzerns tätig war, Chef des Motorsport-Ablegers DS Performance. In der Vorsaison erwies sich die Entscheidung für ein Twin-Motor-Konzept als Fehler, das hecklastige Auto war schwer zu kontrollieren, was Sam Bird jedoch oft mit abenteuerlichen Drifts gelang. In diesem Jahr verzichtet DS Virgin auf den zweiten Motor und dürfte damit gute Chancen auf mehr Siege als Birds einen in Buenos Aires haben. Als neuer Teamkollege stößt der frühere WTCC-Pilot Jose Maria Lopez hinzu, der bei den Testfahrten gute Zeiten fahren konnte. Jedoch bedarf die Formula E einiger Umstellung, sodass er sicherlich nicht sofort mit Bird und der Spitze mithalten kann.

Dragon Racing hat sich mit dem chinesisch-amerikanischen Elektromobilitäts-Startup Faraday Future zusammengetan und firmiert nun unter Faraday Future Dragon Racing. Für den klassischen Motorsport-Fan dürfte jedoch erfreulicher sein, dass die Motoren des Teams von Jay Penske auch dessen Nachnamen (und damit auch den seines Vaters Roger) tragen. Das Team konstruiert erstmals einen eigenen Motor, nachdem man im Vorjahr mit dem Venturi-Antriebsstrang an den Start ging. An den Fahrern Loic Duval und Jerome d’Ambrosio, die in der letzten Saison zwischen sehr starken Rennen und einigen sehr schwachen Ergebnissen schwankten, hält Penske fest, was eine gute Entscheidung ist. Jedoch sind stabilere Ergebnisse auf allen Streckentypen vonnöten, wenn Dragon Racing in der Teamwertung noch weiter aufsteigen will.

15-_l5r3547Das indische Team Mahindra Racing hält erfreulicherweise an Nick Heidfeld fest, auch wenn dieser leider nie wieder so nah an einen Rennsieg herangekommen ist wie im allerersten Formula E-Lauf, als Nicolas Prost ihn in der letzten Kurve von der Strecke räumte. Sein neuer Teamkollege wird ihn jedoch sehr fordern: Felix Rosenqvist wird als Neueinsteiger auch eine Eingewöhnungsphase brauchen, zeigte bei den Tests aber schon viel Potenzial. Der inzwischen 24-jährige Schwede ist 2012 bis 2015 Dritter, Zweiter und schließlich Meister der Formel 3-EM gewesen und hat zweimal den Macau Grand Prix gewonnen; 2016 konnte er IndyLights-Läufe in St. Petersburg (Florida) und Toronto gewinnen. Sein Talent auf Stadtkursen hat auch eine Rolle für dieses Engagement bei Mahindra gespielt. Rosenqvists Entwicklung wird spannend zu beobachten sein in der kommenden Saison.

Das Venturi Formula E Team hält am eigenen Antriebsstrang und an Stephane Sarrazin fest. Der Franzose erreichte im Vorjahr im Venturi als einziger Pilot in jedem Rennen die Top Ten, wenn auch nur einmal das Podium. Seine Konstanz zahlte sich mit Rang 6 in der Fahrerwertung aus, in der Teamwertung wurde das Team durch die absurde Verpflichtung von Jacques Villeneuve zurückgehalten, der nach drei Rennen punktelos wieder ausstieg. Ersatzmann Mike Conway konnte auch nicht so recht Fuß fassen; an seiner Stelle ist nun mit Maro Engel ein dritter Deutscher am Start. Engel hat nach erfolgsarmen Jahren in der DTM  im vergangenen Mai mit einem kompromisslosen Überholmanöver in der letzten Runde den Sieg vo den 24h auf der Nordschleife für sein Black Falcon-Mercedes-Team geholt. Nun kehrt der Zweitplatzierte der British F3 2007 in den Formelsport zurück.

8-_l5r3051MS Amlin Andretti tritt nun auch mit eigenem Antriebsstrang an, nachdem man dieses Projekt für Saison 2 kurzfristig abblies, weil die Entwicklung noch nicht weit genug war. Bei den Piloten hält man dafür an Bewährtem fest: Antonio Felix da Costa hat viel Potential gezeigt, war aber des Öfteren vom Pech verfolgt, Robin Frijns konnte ihn oftmals sogar noch übertrumpfen und in Putrajaya, das einzige Podium für Andretti in der vergangenen Saison holen, als man noch mit einer Variante des Ursprungs-powertrains am Start war. Die Frage bei diesem Team ist also nicht, was die Fahrer leisten können, sondern ob der Vortrieb ausreichend ist. Im Verlauf der Testtage hat man hier einen deutlichen Fortschritt gesehen, aber ob das in der ersten Saison für mehr als das Mittelfeld reicht, ist unwahrscheinlich.

Aus dem bisherigen Team Aguri ist nun Techeetah geworden, nachdem die chineische Investmentfirma China Media Capital mit ihrem Sport-Investment-Arm SECA das Team übernommen hat. Der große Vorteil von Techeetah: man bekommt den Antriebsstrang vom Top-Kponstrukteur Renault geliefert, sodass Jean-Eric Vergne bei den Testfahrten an drei Tagen Schnellster war und insgesamt hinter Sebastien Buemi die zweitschnellste Runde drehen konnte. Das Problem bei Vergne ist, dass er oft über eine Runde stark ist, aber die Energie über das Rennen nicht so gut managen kann wie einige Konkurrenten. Er wird sicherlich häufig um Poles mitkämpfen, aber Rennsiege sind ein anderes Ding. Sein Teamkollege ist der Chinese Ma Qing Hua, der Mitte der letzten Saison bei Aguri einstieg, aber nicht so recht überzeugen konnte. Auch bei den Tests blieb er deutlich hinter Vergne zurück. Punkte wären für den früheren Tourenwagen-Piloten (und F1-Testfahrer!) ein Erfolg.

Das zweite chinesische Team ist NextEV NIO (ehemals NEXTEV TCR), die nach dem Titel für Nelson Piquet jr. und Team-Rang 4 in der ersten Formula E-Saison im zweiten Jahr abstürzten, weil sie sich für das gleiche schwierige Antriebskonzept entschieden wie DS Virgin (1 Gang, Twin-Motoren). Anders als DS Virgin hält NextEV an diesem Konzept jedoch für die Saison 2016-17 fest – es wird also spannend sein, zu sehen, ob sie es zur Konkurrenzfähigkeit bringen können. Auch bei den Fahren vertraut man auf Bewährtes: Piquet bleibt ebenso dabei wie auch Oliver Turvey, der sich bei den Testfahrten bis ins Mittelfeld vorschieben konnte. Turvey konnte mit Rang 6 in Beijing auch die beste Platzierung für das Team in der vergangenen Saison einfahren.

17-panasonic-jaguar-racing-i-type-frontZu guter Letzt werfen wir einen Blick auf den Neueinsteiger: Panasonic  Jaguar Racing gab seinen Einstieg in die Formula E im letzten Herbst bekannt, nachdem man die Lizenz des erfolglosen Teams von Jarno Trulli übernehmen konnte. Als erstes „echtes“ Werksteam hat man eine große Last zu schultern, denn die Erwartungen sind hoch. Jaguar ist eine Partnerschaft mit Williams Advanced Engineering eingegangen, die auch das Batteriepaket für alle Boliden im Feld entwickelt haben. Vier Fahrer hat man ausprobiert, als Besetzung für die Saison sind der junge Neuseeländer Mitch Evans und der nicht mehr ganz so junge Nordire Adam Carroll auserkoren worden. Carroll, inzwischen 33, holte 2008-09 die A1GP-Meisterschaft für das Team Irland und hat sich danach vereinzelt in verschiedenen Rennserien versucht; für ihn ist dies nun die letzte große Chance auf den Durchbruch, denn das Talent hat er eigentlich. Evans ist erst 22, GP3-Meister von 2012 und hat 2015 mit Jota Sport Rang 2 in der LMP2 bei den 24h von Le Mans geholt. Auch er hat viel Potential. Die Saison wird für Jaguar also sowohl hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Autos, als auch der Umsetzung durch die Fahrer sehr interessant. Ein Mittelfeld-Platz sollte es am Ende schon werden, um das Engagement als Erfolg verbuchen und weiter vorantreiben zu können. Bei den Tests ging die Tendenz in diese Richtung, mehr jedoch auch nicht. Das spricht jedoch auch für die Stärke der in der Rennserie etablierten Teams und für die Größe der Herausforderung eines Einstiegs in die Formula E.

Der Kalender 2016-17

Am Kalender hat sich einiges getan, leider nicht nur Erfreuliches. Die Formula E grundsätzlich  als „Winterserie“ konzipiert, die Saison geht auch dieses Jahr wieder von Oktober bis Juli. Dabei ist jedoch ein größerer Teil der Rennen in den Zeitraum von Mai bis Juli gerutscht, der ohnehin schon vollgepackt ist mit allerlei Motorsport-Highlights (Monaco, Indianapolis, Le Mans, um nur die drei ganz großen zu nennen). Das Saisonfinale findet Ende Juli in Montreal statt und ist damit so spät wie nie zuvor. Klar, wenn man mehr Rennen in Europa und Nordamerika austragen will, ist man klimabedingt eingeschränkt und muss diese für einigermaßen erträgliche Temperaturen zwischen April und September unterbringen. Die beiden Rennen in New York und Montreal sind neu im Kalender, dort werden jeweils Doubleheader ausgetragen, also zwei Rennen pro Wochenende. Das wird einige Fahrer vor gewaltige Probleme stellen, die auch in der World Endurance Chamnpionship antreten, denn der New York ePrix wird am gleichen Wochenende ausgetragen wie die 6h der WEC am Nürburgring.

Gestrichen wurden dafür einige Rennen in wärmeren Gefilden, die bislang im Winter ausgetragen wurden: die strandnahe, aber schikanenlastige Strecke von Punta del Este in Uruguay ist ebenso aus dem Kalender geflogen wie der stimmige Kurs im Zentrum der Verwaltungs-Hauptstadt Malaysias, Putrajaya, der uns zwei sehenswerte Rennen beschert hat. Obwohl stattdessen mit Marrakesch ein Winterrennen hinzugekommen ist, wurden so große Lücken in den Kalender gerissen: zwischen den zweiten Lauf in Marrakesch und dem dritten in Buenos Aires liegt eine Pause von mehr als drei Monaten – nicht das cleverste Konzept, um die Fans bei der Stange zu halten, zumal danach die nächste anderthalbmonatige Pause folgt.

2-_l5r6368Denn auch die Formula E konnte sich dem Ruf des Big Apple nicht widersetzen und hat ihren US-Lauf nach New York verlagert. Sicher, die Kurzfassung der IndyCar-Bahn in Long Beach war kein fahrerisches Highlight, aber als Standort für die moderne, technologieorientierte Formula E finde ich Kalifornien deutlich passender als New York – ein Rennen in San Fransisco, San Jose (Silicon Valley), in San Diego (Sitz von Seriensponsor Qualcomm) oder an anderer Stelle in Los Angeles (wo unter anderem Faraday Future sitzt) hätte mir besser gefallen als eines im Hafen von Brooklyn, und das nicht nur, weil man in Südkalifornien im März hätte fahren können.

Auch auf den Paris ePrix wollten die Organisatoren nicht verzichten. Vor der Haustür der FIA wurde im Juni ein stimmiges Debütrennen ausgetragen, aber dennoch hätte ich mir eine Rotation mit dem Monaco ePrix gewünscht, der nur alle zwei Jahre – abwechselnd mit dem historischen Grand Prix dort – stattfinden kann. So gehen wir also mit einem Kalender in dir dritte Saison, der eine sehr dünne erste Saisonhälfte einer dichten Folge von Events in den Monaten Mai-Juni gegenüberstellt. Und so sieht er in der aktuellen Fassung aus:

9. Oktober 2016: Hongkong ePrix – Beijing wurde durch Hongkong ersetzt, was angesichts der antiseptischen Strecke im Olympiapark der chinesischen Hauptstadt nicht allzu traurig ist; diese war zu lang und wenig abwechslungsreich. Der Hafen von Hongkong dürfte sich etwas lebendiger darstellen, mehr dazu an anderer Stelle.

12. November 2016: Marrakesh ePrix – Der Termin ist bewusst gewählt, denn Mitte November findet in der Stadt im Südwesten Marokkos eine internationale Konferenz zum Klimawandel statt; dort will Agag seine Serie präsentieren. Gefahren wird auf der verkürzten und umgestalteten Variante der WTCC-Strecke, die die Tourenwagen 2016 erstmals befuhren. Diese könnte mit abwechslungsreichen Kurven und mehreren Geraden zwischen 450 und 500 m Länge recht gut zur Formula E passen; die Innenstadt-Atmosphäre wird hier aber fehlen.

18. Februar 2017: Buenos Aires ePrix – Der Puerto Madero Street Circuit in einem neuen Stadtteil der argentinischen Hauptstadt ist die erste bekannte Strecke in der anstehenden Saison, und zugleich eine der gelungensten, auf denen die Formula E bislang gefahren ist. Für die(zu) lange Weihnachtspause könnten Fans darum wenigstens mit einem sehenswerten Rennen entschädigt werden.

1. April 2017: Mexico City ePrix – Mexico City ist zum zweiten Mal im Programm, praktischerweise liegt hier eine permanente Rennstrecke mitten in der gigantischen Stadt. Die abgewandelte Variante der dortigen Ovalstrecke mit einigen eingestreuten Schikanen und – selbstverständlich –ä einer Schleife durch das Baseballstadion Foro Sol ist kein Highlight, aber eine nachvollziehbare Wahl.

13. Mai 2017: Monaco ePrix – Nach einem Jahr Pause wird wieder in Monaco gefahren, voraussichtlich wieder auf einer verkürzten Fassung der Grand Prix-Strecke, deren enge erste Kurve mit anschließender noch engerer Kurzanbindung herunter zum Hafen beim Debüt einen recht heftigen Unfall produzierte. Aber es ist die einzig sinnvolle Variante für die Formula E, wenn man das Flair des Fürstentums für sich ausnutzen möchte.   

20. Mai 2017: Paris ePrix – Das erste Rennen in der französischen Hauptstadt war ein Erfolg, und so halt man daran fest, verschiebt es aber etwas nach vorn, auf den früheren Berlin-Termin. Es wird wohl bei der Strecke rund um das Hôtel des Invalides bleiben, die im Vorjahr trotz weniger Überholmöglichkeiten für ein recht interessantes Rennen sorgte.

10. Juni 2017: Berlin ePrix – Die deutsche Hauptstadt bleibt im Kalender, was erfreulich ist für die Fans hierzulande. Es ist davon auszugehen, dass wieder die Strecke aus der zweiten Saison zum Einsatz kommen wird, die rund um den Strausberger Platz die großzügigen Alleen der City-Ost in beide Richtungen befuhr. Der Kurs funktionierte sehr gut für die Formula E-Boliden. Das Rennen findet nur eine Woche vor den 24h von Le Mans statt, doch das sollte kein Problem für die betroffenen Piloten darstellen.

1. Juli 2017: Brussels ePrix – Neu im Kalender und gleich das „Europa-Finale“ ist die belgische Hauptstadt, zugleich Hauptsitz der Europäischen Union, sodass auch dies ein wichtiger Repräsentationsort für die zukunftsorientierte Rennserie ist. Gefahren werden soll auf einem Kurs zwischen den für die Weltausstellung 1935 errichteten Messehallen, dem Atomium und dem König-Baudouin-Stadion im Norden der Stadt; der Kurs wirkt auf dem Papier etwas dröge, aber das kann in der Realität auch anders aussehen.

fe_nyc-track-map15.-16. Juli 2017: New York ePrix – Was Bernie Ecclestone seit Jahren versucht, aber nicht auf die Reihe bekommt, hat Alejandro Agag geschafft und kostet es richtig aus: gleich zwei Rennen werden in New York City ausgetragen. Allerdings ist der Kurs nicht in Manhattan angesiedelt, sondern an einem Kreuzfahrtterminal im Hafen von Brooklyn; die berühmte Skyline und die Freiheitsstatue werden also den Hintergrund bilden, während das nähere Umfeld den spröden Charme eines US-amerikanischen Gewerbegebiets hat. Die Streckenführung erinnert an die des ebenfalls neuen Kurses in Hongkong.

29.-30. Juli 2017: Montreal ePrix – Montreal als lebensfrohe, bunte und internationale Stadt ist ein toller Ort für das Finale dieser Weltmeisterschaft. Auch der Formel 1-Tross kommt immer gern in die zweitgrößte Stadt Kanadas. Die ebenso beliebte Grand Prix-Strecke auf der Île de Notre Dame im Sankt Lorenz –Strom wird allerdings gemieden, diese wäre mit ihren langen Geraden auch sehr unpassend für die Formula E-Autos und ihrem geringeren Topspeed. Stattdessen wird voraussichtlich auf einem innenstadtnahen Kurs um das Maison Radio Canada, den Sitz der Canadian Broadcasting Corporation, herum gefahren. Entsprechend ist zum Doubleheader-Saisonfinale mit vielen 90 Grad-Kurven zu rechnen.

Der Hongkong ePrix

Nun findet der erste Lauf also am Sonntag um 16 Uhr Ortszeit – 10 Uhr deutscher Zeit – in Hongkong statt, der ehemaligen Kronkolonie und heutigen chinesischen Sonderverwaltungszone an der Südküste der Volksrepublik. Die Metropole hat eine der höchsten Bevölkerungsdichten der Welt und versucht ihre Fläche stetig durch Landgewinnung zu vergrößern. Die hohe Dichte kommt auch dadurch zustande, dass sich die sieben Millionen Einwohner auf die engen Fläche zwischen dem Meer und den kaum bebaubaren Bergen quetschen, die einen Großteil der Fläche der Metropole ausmachen.

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Der nun für die Formula E abgesteckte Kurs liegt auf Land, das dem Meer erst in den letzten 15 Jahren abgetrotzt wurde, zur Jahrtausendwende hätte die Strecke noch teilweise im Meer gelegen. Der markante Star Ferry Pier, der eine der Landmarken entlang der Strecke sein wird, steht ebenfalls erst seit 2006, wirkt allerdings auf den ersten Blick deutlich älter, denn in Anlehnung an ein früheres Pier-Gebäude wurde dieses 2006 im edwardianischen Stil des frühen 20. Jahrhunderts errichtet; neben der Nutzung als Pier sind hier heute auch Freizeiteinrichtungen untergebracht. Ich bin kein Freund solcher künstlich-historischen Bauprojekte, aber als markanter Punkt an der Strecke wird sich der Bau mit dem Uhrturm sicher – auch im Fernsehen – gut machen.

Dem gegenüber steht auf der anderen Seite der Strecke das International Finance Center, der zweithöchste Wolkenkratzer in Hongkong. Dazwischen liegt die neu hinzugewonnene Landfläche, die bis 2008 der Queen‘s Pier einnahm, an dem neben allen Gouvernören der Stadt auch Queen Elizabeth II. einmal begrüßt wurde. Anstelle dieser historischen Stätte befindet sich nun hier eine noch weitgehend brachliegende Fläche, die aber bereits durch neue Straßen erschlossen ist. Diese Straßen wird sich die Formula E am Wochenende zunutze machen.

Die kurze Start- und Zielgerade auf der Lung Wo Road führt auf eine 180°-Kehre zu, auf die die mit fast 600 m längste Gerade der Strecke (auf derselben Straße, aber in der Gegenrichtung) folgt. Die 90°-Rechtskurve an deren Ende – im Schatten des International Finance Center – wird die beste Überholmöglichkeit der Strecke darstellen. Es folgt ein kurviger Teil vor dem Star Ferry Pier, der in enger Folge eine Schikane, die Dreiviertel-Umrundung eines Kreisverkehrs, eine 180°-Kehre und zwei 90°-Linkskurven. Ein weiterer Dreiviertel-Kreisverkehr und eine schnelle Linkskurve führen zurück zum Ausgangspunkt.

Die nur 1,86 km lange Strecke teilt sich demnach in einen schnellen Teil mit ein bis zwei Überholmöglichkeiten und einen sehr technischen Teil, der den Fahrern kaum Ruhe lässt und sie in ihren immer noch recht schweren Monoposti recht stark fordern wird. Das klingt nach einer guten Kombination für ein Formula E-Rennen; wenn die Strecke funktioniert, könnte das ein gutes Omen für den New York-Doubleheader sein, da die Strecke ähnliche Charakteristika aufweist.

Wann und wo im TV?

In Deutschland überträgt weiterhin Eurosport die Formula E, am Sonntag ist man für den ePrix ab 10 Uhr live drauf. Vorher werden allerdings schon ab 08:30 Uhr eine Saisonvorschau und die Zusammenfassung der Qualifikation gezeigt, sodass es ein schönes Aufwärmprogramm – auch als Alternative zur Formel 1 – gibt.

11-_fer5985In Großbritannien hat Channel 5 die Übertragungen von itv übernommen, denen die Formula E nicht genug Zuschauer angelockt hat. Der britische Privatsender ist ab 09:30 Uhr deutscher Zeit mit Vorberichten dabei. Ansonsten verbreitet die Rennserie viele Infos und auch Videos über ihren offiziellen Twitter-Account. Dort und auf der Webseite kann der geneigte Zuschauer auch für den FanBoost abstimmen.

(Bilder: Formula E Media)

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