Wild, überraschend und viele Freudentränen: Der Thailand-Ausflug der der japanischen Super GT war mit gleich mehreren Feel-Good-Momenten aufgeladen. Sechs Jahre nach ihrem Aufstieg in die GT500-Klasse gewann erstmals Racing Project Bandoh mit ihrem WedsSport Advan RC F (Yuhi Sekiguchi / Yuji Kunimoto). Der erste GT300-Saisonsieg des VivaC 86 MC (Takeshi Tsuchiya / Takamitsu Matsui) rundete das für zwei der ältesten Privatiers der Serie erfolgreiche Wochenende ab.
Es waren herzergreifende Szenen, die sich nach der 300-Kilometer-Hatz auf dem Chang International Circuit in Buriram, Thailand abspielten, als ein zu Tränen gerührter Masataka Bandoh den allerersten GT500-Triumph seines Rennstalls zelebrierte. Seine Jubelschreie dürften selbst im rund sieben Stunden entfernten Bangkok zu hören gewesen sein. Vielmehr: Als GTA-Chairman Masaaki Bandoh mit Freudentränen überladen seinen Sohn aus dem Fernsehinterview riss und sich beide herzhaft wie auch kräftig umarmten, dürfte spätestens dann klar gewesen sein, welch Bedeutung dieser Sieg nicht nur für das Team, sondern für die gesamte Super GT hatte. 1990 von Masaaki Bandoh gegründet, übernahm dessen Sprössling im Jahr 2007 einen der ältesten privaten Rennställe Japans, als dessen Vater zum neuen Chef der Super-GT-leitenden GT-Association erklärt wurde. 2011 wagte Masataka Bandoh den schwierigen und oftmals frustrierenden Wechsel in die GT500. Nun endlich die Sensation: Der erste Triumph für die seit ihren GT300-Tagen, in denen sie zuletzt 2009 obsiegten, nahezu unveränderten Mannschaft.
GT500
Bereits in meiner Vorschau titulierte ich den WedsSport Advan RC F als absoluten Geheimfavoriten auf den Sieg im thailändischen Königreich. Dass es letztlich klappte ist nicht nur der perfekten Fahrt der beiden Piloten Yuhi Sekiguchi sowie Yuji Kunimoto, sowie auch dem Zusammenspiel mit den Mechanikern sowie den sich insbesondere bei heißen Bedingungen sehr wohlfühlenden Yokohama-Reifen zu verdanken. Dass die in der Vergangenheit oftmals hinterherfahrende Privatmannschaft einen gewaltigen Schritt in den letzten zwei Jahren tätigte, zeigte unter anderem der diesjährige Sugo-Lauf, als Yuhi Sekiguchi zur Rennhälfte die größeren Teams im Kampf um den Sieg ärgerte. Einen großen Vorteil in Sachen Gewichts-Handicap hatte die Truppe in Thailand nicht, schließlich gehörte man mit 40 Zusatzkilos zu den mittelschwersten Fahrzeugen im GT500-Feld. Einen wichtigen Grundstein legte man bereits in der Qualifikation, als Yuhi Sekiguchi mit einem neuen Rundenrekord (1:24.307) den WedsSport-Lexus auf die nach Autopolis 2012 erst zweite Pole-Position für das Team stellte. Der 28-jährige Japaner, der nach einigen frustrierenden Jahren heuer seinen verdienten Durchbruch erlebt, lieferte sich mit GT500-Debütant Tadasuke Makino (Drago Modulo NSX Concept-GT) einen wahren Schlagabtausch. Letzterer war mit dem zweiten Startplatz nur bedingt zufrieden, da er nach eigenen Worten die mögliche Pole-Position mit einem kleinen Fahrfehler in seiner letzten Attacke wegwarf. Für den letztjährigen japanischen Formel-4-Vizechampion war es nach Suzuka, wo er im Lotus Evora den GT300-Rundenrekord brach, das bereits zweite bärenstarke Qualifying-Outing – und das bei seinem GT500-Debüt in einem neuen Wagen auf einer für ihn unbekannten Strecke.
Bei 35 Grad Außentemperatur setzte sich Yuhi Sekiguchi am Start direkt von seinen Verfolgern ab. Runde für Runde vergrößerte der Lexus-Pilot seinen Vorsprung in minimalen Schritten auf seine Verfolger, die sich im Kampf um die Silberposition in einem großen Pulk versammelten. Im achten Umlauf nutzte der drittplatzierte Joao Paulo de Oliveira (Calsonic Impul GT-R) den GT300-Überrundungsverkehr, um an Hideki Mutoh (Drago Modulo NSX Concept-GT) vorbeizugehen. Das Mittelfeld sah häufige Positionsverschiebungen und kam während des gesamten Rennens kaum aus dem Atmen heraus. Von der siebten Startposition aus nach vorne stürmte der KeePer TOM’s RC F (Ryo Hirakawa / James Rossiter). Rossiter versuchte mit einer beherzigten Fahrt das unglücklich verlaufene 1000-Kilometer-Rennen in Suzuka vergessen zu machen, um wieder im Meisterschaftskampf anzugreifen. Die Aufholjagd fand jedoch ein abruptes Ende, als der Brite mit einer Durchfahrtsstrafe für eine Startkollision mit dem Keihin NSX Concept-GT (Koudai Tsukakoshi / Takashi Kogure) bestraft wurde. Dies vereitelte die realistischen Podiumschancen des japanisch-britischen Duos. Weit ins hintere Feld zurückfallend kamen sie letztlich auf dem neunten Platz mit lediglich zwei Meisterschaftspünktchen ins Ziel.
Zur Rennhalbzeit kontrollierte der WedsSport Advan RC F die Führung vor dem Calsonic Impul GT-R. In der 33. Runde dann die große Schrecksekunde: Wenige Meter vor der Boxengasse platzt Sekiguchis linker Hinterreifen. Der Japaner roch nach eigenen Angaben zufolge den Braten bereits kurz zuvor, weshalb er die Geschwindigkeit reduzierte, um einen Abflug oder gar Schade an der Karosserie des Lexus zu vermeiden. Glück im Unglück somit für den 28-Jährigen, der trotz des geplatzten Pneus ohne größere Probleme sofort die Box ansteuerte. Der Zeitverlust war minimal, so dass der beim Service in den Wagen gekletterte Yuji Kunimoto problemlos wieder die Führung übernahm, als die kurz danach hereinkommenden Drago Modulo NSX Concept-GT sowie Calsonic Impul GT-R abgefertigt wurden. Für letztere verlief der Boxenstopp hingegen alles andere als reibungslos. Während Oliveira den blauen GT500-Godzilla an seinen Teamkollegen Hironobu Yasuda übergab, blieb beim Abreißen der Frontschutzscheibenfolie, die in gleicher Form unter anderem auch in der NASCAR Anwendung findet und ähnlich dem Abreißvisier der Helme funktioniert, ein Teil dieser kleben. Der Brasilianer eilte seinen Mechanikern sofort zur Hilfe und riss die Folie endgültig herunter. Da zum gleichen Zeitpunkt aber bereits der Tankvorgang begann, wurde dies als Verstoß gegen die Boxenstopp-Regularien gewertet. Die Folge: Eine Durchfahrtsstrafe in der 49. Runde. Dies erlaubte Tadasuke Makino (Drago Modulo NSX Concept-GT) den zuvor von seinem Teamkollegen Hideki Mutoh verlorenen Silberrang wieder zurückzugewinnen. Auch der vom sechsten Platz aus gestartete Wako’s 4CR RC F (Kazuya Oshima / Andrea Caldarelli) konnte dadurch aufrücken, nachdem sie sich gegen die Markenkollegen Kohei Hirate / Heikki Kovalainen (Denso Kobelco SARD RC F) durchsetzten.
Letztere hatten in der zweiten Rennhälfte mit einem stärkeren Reifenverschleiß zu kämpfen, wodurch das vordere Mittelfeld immer näher heranrückte. Hinter Kovalainen bildete sich so ein Zug, bestehend aus dem Epson NSX Concept-GT (Daisuke Nakajima / Bertrand Baguette), Keihin NSX Concept-GT (Koudai Tsukakoshi / Takashi Kogure) sowie den bestraften Calsonic Impul GT-R. In einem sehenswerten Mehrkampf überkam Yasuda die zuvor aufgebrummte Strafe, in dem er sich noch auf einen für den Meisterschaftskampf wichtigen vierten Platz vorkämpfte. Auch die beiden Honda konnte der ehemalige Formel-1-Pilot nicht halten, wodurch der Epson- wie auch Keihin-NSX auf die fünfte respektive sechste Position vorrückten. Für die Mannschaft von Satoru Nakajima war dies das beste Rennergebnis seit dem dritten Platz bei der Wasserschlacht von Fuji 2014.
An der Spitze blieb es ebenfalls nicht ruhig. Den zu jenem Zeitpunkt ungeklärten Reifenschaden noch im Hinterkopf, konzentrierte sich Yuji Kunimoto auf das Schonen seiner Pneus. Zugleich dürfte das Pech der weiteren Yokohama-Nutzer Forum Engineering GT-R (Daiki Sasaki / Masataka Yanagida) für weitere Vorsicht gesorgt haben. So erlitten die Sugo-Sieger ebenfalls einen Reifenschaden, obgleich dieser womöglich auf die gewagte Strategie zurückzuführen sei, beim Boxenstopp als einziges GT500-Team auf einen Gummiwechsel zu verzichten. Dennoch: Kunimoto ging auf Nummer sicher. Dies rief Tadasuke Makino auf den Plan, der in den finalen Runden die Pace erhöhte, um so Druck auf den WedsSport Advan RC F auszuüben. In einem spannenden Finish knabberte der GT500-Debütant Runde um Runde am ursprünglich 15-sekündigen Vorsprung. Am Ende sollte es nicht reichen: Kunimoto rettete kontrollierend mit 2,9 Sekunden Abstand den Premierenerfolg der Bandoh-Truppe über die Ziellinie. Nach dem Rennen gab der nach Motegi 2013 nun zweifache GT500-Sieger zu Protokoll: „Ich konzentrierte mich auf ein gutes Reifen-Management. Und obwohl ich dadurch den gesamten Vorsprung aufbrauchte, bin ich froh darüber, dem Team bei seinem allerersten Sieg geholfen zu haben.“ Anschließend war beim Team kein Halten mehr – und die eingangs erwähnten Szenen spielten sich ab. Das Bild des weinend seinem Sohn gratulierenden GTA-Bosses Masaaki Bandoh ist sofort zum Meme wie auch zum Bild der Woche unter den japanischen Fans geworden. Es dürfte vergangenen Sonntag wohl keine Person im Fahrerlager gegeben haben, die sich nicht über den langersehnten Erfolgs der Privatmannschaft freute, die 1997 sowie 2009 den GT300-Titel (jeweils mit einem Nissan Silvia S14 sowie Lexus IS350) gewannen. Für Masataka Bandoh gingen qualvolle wie auch lange sechs Jahre zu Ende, in denen er laut eigener Aussage das Wagnis einging, in die GT500-Klasse aufzusteigen. Jener 9. Oktober 2016 werde für den Japaner immer etwas Besonderes bleiben, weshalb er laut eigener Aussage sich einen neuen Mittelnamen geben möchte: Masataka „Buriram“ Bandoh.
Doch nicht nur für das Team, sondern auch für Yuhi Sekiguchi war es der erste Sieg in der GT500-Klasse. Ironischerweise war es ausgerechnet Racing Project Bandoh, mit denen der aktuelle Tabellenführer der Super Formula seinen allerersten GT300-Triumph in Okayama 2007 einfuhr. Obgleich man den Sieg um lediglich rund drei Sekunden verpasste, war der Jubel bei Hideki Mutoh, Tadasuke Makino und insbesondere Drago-Teamchef Ryo Michigami ebenfalls hoch, schließlich war es das bisher beste Resultat der erst seit 2015 in der Super GT aktiven Truppe. Makino trug mit seiner herausragenden Leistung einen großen Teil zu diesem Erfolg bei. Der sich bei Honda im Förderprogramm befindliche Japaner dürfte die Marke über den Winter sicherlich zu einigen Überlegungen zwingen. Ein Stammcockpit in Nippon dürfte mit solchen Leistungen als nahezu sicher gelten. Möglicherweise empfiehlt er sich so aber auch auf das derzeit von Nobuharu Matsushita bekleidete GP2-Cockpit bei ART Grand Prix. Mit der Podiumsplatzierung bei seinem GT500-Einstand stellte der erst 19-jährige Makino den Rekord des jüngsten Piloten auf dem Podium ein, den seither ein gewisser Ralf Schumacher innehatte, als er im zarten Alter von 20 Jahre sein Debüt in Okayama 1996 gewann.
Mit dem Bronzerang verpassten Kazuya Oshima / Andrea Caldarelli die Wiederholung der Vorjahresposition (Platz zwei) des Wako’s 4CR RC F nur knapp. Mit ihrem bislang besten Saisonergebnis katapultierte sich das japanisch-italienische Ensemble jedoch auf den zweiten Tabellenrang, lediglich zehn Punkte hinter dem Führungsduo Tsugio Matsuda / Ronnie Quintarelli (Motul Autech GT-R). Letztere hatten wie erwartet mit den 100kg-Übergewicht zu kämpfen: Vielmehr: Der rote GT500-Godzilla verließ Thailand mit starker Beschädigung und ohne Punkte, nachdem sich Matsuda wegen einer Berührung mit dem Upgarage Bandoh 86 aus der GT300-Klasse neun Runden vor Schluss drehte. Dies löste eine Kettenreaktion aus, wodurch der Syntium LMcorsa RC F GT3 nicht mehr ausweichen konnte. Zudem rauschte auch noch Yuji Tachikawa im Zent Cerumo RC F in den Nissan, wodurch die beiden stärksten Meisterschaftsanwärter punktlos ausschieden. Dies brachte selbstredend einiges an Bewegung im Titelkampf, wodurch die Top-5 nun lediglich 15 Punkte auseinander liegen. Neuer fünfplatzierter sind nun die Buriram-Sieger Sekiguchi und Kunimoto, die als eines von drei Teams in bislang jedem Rennen punkten konnte und sich plötzlich erstmals auch im Titelgeschehen befinden. Für das große Saisonfinale in Motegi Mitte November ist die Meisterschaft weiterhin offen. Da der Lauf in der Autopolis wegen des Erdbebens in Kumamoto abgesagt werden musste, werden beim Grand Final gleich zwei Wertungsläufe über jeweils 250 km ausgetragen. Insgesamt sind somit noch 42 Punkte (Bonuspunkt für die jeweiligen Pole-Positionen eingerechnet) zu vergeben. Realistisch betrachtet sollte der Abstand jedoch nicht größer als ein Rennsieg (20 Zähler) sein. Da für den Lauf am Samstag, den 13. November 2016 die Zusatzgewichte jedoch nicht mehr x2 multipliziert werden, sondern den eigentlichen Meisterschaftspunkten entsprechen) und für das Sonntagsrennen gar ganz herausgenommen werden, ist der GT500-Drops allerdings noch lange nicht gelutscht. Als die Nacht über Buriram einbrach, nahm die Rennleitung noch eine kleine Korrektur am Rennergebnis vor. Weil Daisuke Ito (au TOM’s RC F), Katsumasa Chiyo (S Road Craftsports GT-R sowie Yuji Tachikawa (Zent Cerumo RC F) bei gelber Flagge überholten, bekamen sie allesamt eine Zeitstrafe aufgebrummt. Während für Tachikawa (Ausfall) sowie Chiyo (ein später, schleichender Plattfuß warf den Nissan aus den möglichen Punkterängen) keinen Einfluss auf das Rennergebnis hatte (sehr wohl aber fürs Strafpunktekonto), fielen Daisuke Ito und dessen Teamkollege vom neunten auf den zwölften Rang zurück. Dadurch rückten der KeePer TOM’s RC F (Ryo Hirakawa / James Rossiter) sowie der Raybrig NSX (Naoki Yamamoto / Takuya Izawa) in die letzten beiden Punkteplatzierungen auf, nachdem letztere wegen eines Motorenwechsels eine Fünf-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe zu Beginn des Rennens absetzen mussten. Für Hirakawa kam die Strafaussprache für die Gelbsünder zu spät, da er laut eigener Aussage an den ihn illegal überholenden Fahrzeugen bis zum Rennende festhing und dadurch keine Chance mehr auf ein besseres Ergebnis hatte.
GT500-Rennergebnis
GT500-Meisterschaftswertung
GT300
„Es ist schon die dritte Pole-Position für uns in diesem Jahr. Komme was wolle, aber ich möchte dies unbedingt in einen Sieg umsetzen, was uns bislang noch nicht gelang.“ Mit diesen Worten sprach sich Takamitsu Matsui am Samstag nach dem Erzielen des vordersten Startplatzes aus der Seele. Dass der VivaC 86 MC schnell ist, bewiesen er und Teamkollege wie auch Teamchef Takeshi Tsuchiya bereits in Okayama und im Sportsland Sugo. In den Rennen fehlte es jedoch entweder am entsprechenden Quäntchen Glück, oder schlichtweg am Speed. Und auch in Thailand sollte sich dieses Bild zunächst fortsetzen, als Tsuchiya bereits in der Eröffnungsrunde die Führung an Kazuki Hoshino (B-Max NDDP GT-R) velor, der nach seinen Siegen in den Jahren 2014 sowie 2015 nach dem Buriram-Hattrick griff. Das Rennen nahm seine letztjährige Gestalt an, als im sechsten Umlauf auch Titelverteidiger André Couto (Gainer Tanax GT-R) am Toyota-Mother-Chassis vorbeiging. Wie 2015 duellierten sich in der ersten Rennhälfte somit die beiden GT3-Godzilla um die Führung.
In der 25. Runde kam der führende Hoshino zum geplanten Boxenstopp herein. Die Übergabe an Jann Mardenborough verlief allerdings nicht reibungslos. Wegen eines ABS-Problems starb der Nissan-Motor kurzzeitig ab, wodurch das Team wertvolle Zeit verlor. Diesen Umstand nutzte der kurz darauf zum Service abgebogene VivaC 86 MC aus, indem man wie der zuvor stoppende Upgarage Bandoh 86 (Yuhki Nakayama / Shinnosuke Yamada) auf einen Reifenwechsel verzichtete. Nach lediglich 21 Sekunden ging Takamitsu Matsui wieder als virtuell führender auf die Strecke. Mardenborough fiel hingegen auf den Bronzerang hinter den Upgarage Bandoh 86 (Yuhki Nakayama) zurück. Auch für Couto verlief der Stint nicht problemfrei, als er im Getümmel auf den ARTA NSX Concept-GT der GT500-Klasse auffuhr und sich den vorderen Fender beschädigte. Durch die gewagte Strategie, auf einen Wechsel der Yokohama-Pneus zu verzichten, die 2014 den Petronas TOM’s RC F zum GT500-Sieg trug, übernahm der VivaC 86 MC am Ende des Boxenstoppzyklus wieder die Führung. Die zweite Rennhälfte sollte jedoch eine des Bangen und Zitterns werden.
Mit vier frischen Pneus ausgestattet startete Jann Mardenborough einer sehr bekannten Monster-Stints, welche den B-Max-Nissan schon mehrfach diese Saison in die vorderen Punkteränge katapultierte. Runde um Runde verringerte der Brite den Abstand auf den trotz seiner stumpfen Waffen stark verteidigenden Nakayama, dessen Podiumsträume im 56. Umlauf zerplatzten, als der Überrundende Tsugio Matsuda im Motul-Nissan der GT500-Klasse in den Upgarage-Toyota rauschte. Mardenborough hatte Glück, dass die beiden sich Wegdrehenden Fahrzeuge nicht seinen Pfad kreuzten, wodurch er den Silberrang übernahm. Für den Upgarage Bandoh 86 war das Rennen auf erneut aussichtsreicher Position hingegen beendet. In den kommenden Runden erhöhte Jann Mardenborough den Druck, indem er mit Siebenmeilenstiefeln auf den VivaC 86 MC aufholte. Ähnlich dem verunfallten Upgarage Bandoh 86 konnte Matsui auf seinen gebrauchten Yokohama-Pneus nicht ganz den Speed des Briten mitgehen. Hinzu gesellte sich ein Problem mit der Benzinpumpe, das für kleinere Motoraussetzer sorgte. Teamchef Takeshi Tsuchiya reagierte sofort und ordnete per Funk Matsui den Zugriff auf die Beistellpumpe an. Dadurch lief der Wagen zwar wieder rund. Allerdings wusste das Team nun nicht, ob der Sprit bis zum Ende des Rennens reichen würde.
Ein später Sicherheitsstopp hätte den VivaC 86 MC weit im Titelrennen zurückgeworfen, weswegen man sich für einen Alles-oder-Nichts-Gamble entschied. Matsui blieb draußen, musste aber mitansehen, wie Mardenborough den Abstand Zehntel um Zehntel verringerte. Als dann in der finalen Runde der Toyota 86 auch noch kurzzeitig vom Datenmonitor verschwand, hätte man vermutlich zur Vorsorge ein Sauerstoffzelt in der VivaC-Box aufstellen müssen. Das Glücksspiel ging jedoch auf: Takamitsu Matsui rettete den ersten Saisonsieg des VivaC 86 MC mit mageren 1,8 Sekunden vor Jann Mardenborough über die Ziellinie. Es war der erst zweite GT300-Erfolg für das neue Mother-Chassis-Konzept, als just die gleiche Mannschaft vergangenes Jahr im Sportsland Sugo obsiegte. Takeshi Tsuchiya hatte am Ende des Rennens nur lobende Worte für seinen Teamkollegen wie auch Schützling übrig, der nach Sugo seinen zweiten Triumph einfuhr. Dieser wollte dem Team unbedingt einen Sieg bescheren, denen er seinen vollsten Dank aussprach: „Es fühlt sich sehr gut an, dass wir endlich den Sieg erzielten, nach dem wir uns schon so lange sehnten. Gestern nach der Qualifikation haben die Mechaniker noch bis tief in die Nacht am Auto gearbeitet. Im Training am Morgen habe ich mich wegen eines Fehlers gedreht – und ihnen so noch mehr Arbeit bereitet. Vor dem Rennen hatten sie aber bereits wieder alles repariert und für uns vorbereitet. Ich bin ihnen wirklich dankbar.“
Für Takeshi Tsuchiya war es der bislang sechste GT300-Sieg, durch den das Duo vor dem großen Doppelfinale in Motegi Mitte November die Meisterschaft wieder mit fünf Punkten Vorsprung vor Kazuki Hoshino / Jann Mardenborough anführt. Für den 44-jährigen Tsuchiya ist es die letzte Möglichkeit, den Fahrertitel in Japans höchster Rennserie zu gewinnen. Bereits vor dem Wochenende verkündete der Besitzer eines der Dienstältesten wie auch traditionsreichsten Privatmannschaften Japans, seine aktive Vollzeitkarriere Ende des Jahres zu beenden. Zukünftig werde er sich auf die Leitung des Rennstalls sowie seine Rolle als Ingenieur konzentrieren. Tsuchiya macht somit Platz für die junge Rennfahrergeneration. So wurde bereits verkündet, dass 2017 Kenta Yamashita neuer Teamkollege von Takamitsu Matsui wird. So ganz kann Tsuchiya den Helm dann aber doch nicht an den Nagel hängen: Bei beiden Langstreckenläufen am Fuji sowie in Suzuka wird das Urgestein seine Schützlinge als dritter Fahrer unterstützten.
Ebenfalls auf einen Reifenwechsel verzichtend ergatterten die sich im Rennen relativ unauffällig verhaltenden Shinichi Takagi / Takashi Kobayashi (ARTA BMW M6 GT3) den Bronzerang. Für den orangenen BMW-Renner war es nach der Suzuka-Pleite ein dringend benötigter Befreiungsschlag, wodurch sich das Duo vor dem Motegi-Finale mit 48 Punkten lediglich sechs Zähler hinter dem VivaC 86 MC auf dem dritten Meisterschaftsrang platziert. Für die als Tabellenführer nach Thailand gereisten Takuto Iguchi / Hideki Yamauchi (Subaru BRZ R&D Sport) endete das Wochenende in einem Trümmerhaufen. So litt der blaue Boxer mit 94 kg Übergewicht nicht nur am Erfolgsballast. So verlor Hideki Yamauchi in der 40. Runde auch die Kontrolle über sein Fahrzeug, wodurch der Suzuka-Sieger eingangs der Gegengeraden in die innere Streckenbegrenzung knallte. Sichtlich gezeichnet von seinem Fahrfehler nahm der Japaner die Schuld komplett auf sich und entschuldigte sich bei seinem Team. Zwar büßte Subarus Semi-Werksmannschaft R&D Sport ihren Vorsprung ein, befindet sich mit lediglich sieben Punkten Rückstand auf dem vierten Tabellenrang aber nach wie vor in absoluter Schlagdistanz. Noch schlimmer als die Subaru-Truppe traf es jene des Syntium Apple Lotus (Kazuho Takahashi / Hiroki Katoh), die nach einem Unfall im Training vor der Qualifikation erst gar nicht an jener wie auch dem Rennen teilnehmen konnten. Es war eine teure Reise für Cars Tokai Dream28 nach Buriram, die nach ihrem Suzuka-Crash die Deadine für den Fährentransfer verpassten und deshalb eine speziell von der GTA eingerichteten Flugtransport nutzen mussten, auf den nach ihren Rennunfällen auch Cerumo und NISMO zurückgriffen, um die Fahrzeuge wieder rechtzeitig vor dem Saisonfinale reparieren zu können. Kostenpunkt: Knapp 1,5 Millionen Yen, wobei unklar ist, ob sich die GTA daran finanziell beteiligt. Drei Zähler hinter dem Subaru-Duo sind Koki Saga / Yuichi Nakayama (#31 Toyota Prius apr GT), die in Buriram vom achten Startplatz auf den fünften Rang vorfuhren, lediglich 2,4 Sekunden hinter dem Gainer Tanax GT-R (André Couto / Ryuichiro Tomita), die nach dem zuvor angesprochenen Fender-Schaden nur knapp das Podium verpassten.
Eine bärenstarke, von den TV-Kameras leider nur selten eingefangene Aufholjagd, brannten Naoya Yamano / Jörg Bergmeister (Exellence Porsche) in den Asphalt, in dem man vom 21. Startplatz auf die siebte Position fuhr. Ein besseres Comeback hätte sich Jörg Bergmeister nicht wünschen können, der wegen seines IMSA-Engagements die letzten drei Super-GT-Rennen verpasste. Das interne Duell der thailändischen Wild-Card-Teams ging an Toyota Team Thailand, die nach einem Crash im morgendlichen Training mit dem Arto 86 MC (Nattavude Charoensukhawatana / Piti Bhirombhakdi) auf dem 18. Platz ins Ziel kamen. Es war gewiss nicht die wahre Performance der 2.0-Version des von Dome entwickelten Mother-Chassis, zumal man es noch am Samstag ins zweite Qualifying-Segment schaffte. Der Vattana BMW M6 GT3 (Morgan Haber / Chonsawat Asavahame) wurde als 20. abgewunken. Bereits am Sonntagmorgen in der üblichen GTA-Pressekonferenz gab Masaaki Bandoh zu Protokoll, dass es für lokale Wild-Card-Teams nicht einfach sei, gegen die etablierten Mannschaften anzutreten. Für die Zukunft möchte man daher überlegen, ob man nicht irgendwelche Handicap-Zugeständnisse aussprechen kann, um so auch einen Anreiz für hiesige Teams zu erhöhen. Wie der Besitzer des Chang International Circuit, Newin Chidchob, nämlich angab, möchte man in Zukunft den thailändischen Motorsport weiter fördern. Hierfür sei weiterhin die Super GT Thailand Series geplant, die wohl nach GT300-Reglement agieren würde und so auch einen Weg nach Japan öffnen könne. Zugleich sei eine Rennfahrerschule am Chang International Circuit angedacht, der dieses Jahr um eine Kart-Strecke erweitert wurde. Der Vertrag mit der Super GT wurde bis 2018 verlängert. Zugleich haben die Streckenbetreiber Interesse, die MotoGP ins thailändische Königreich zu holen. In der nahen Zukunft soll der regionale Flughafen zu einem internationalen ausgebaut werden, um so die Infrastruktur zu verbessern. Zugleich sei die Fertigstellung einer Schnellzugtrasse für 2019 geplant. Große Pläne also in Buriram, die angesichts des örtlichen Engagements durchaus aber funktionieren könnten. Erleben wir gar den Aufstieg Thailands zu einem der bekannteren, gar wichtigeren Motorsportländer Asiens?
Dies alles ist selbstredend Zukunftsmusik. Im Fokus steht der Double-Header in Motegi Mitte November. Auch in der GT300 bleibt der Meisterschaftskampf weiterhin eng. So befindet sich die Top-8 innerhalb 25 Punkte – und das bei noch 42 zu vergebenen Zählern. Egal ob GT500 oder GT300: Ein besseres Rezept hätten die Super-GT-Köche für das Saisonfinale nicht zubereiten können.
GT300-Rennergebnis
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