Die WEC bot am Wochenende gerade in den beiden Prototypenklassen extrem guten Sport, wobei in der großen Klasse Toyota den ersten Sieg seit fast 2 Jahren einfahren konnte
1,439 Sekunden betrug am Ende der Vorsprung des Toyota mit der #6 vor dem Audi mit der #8. Eine Winzigkeit, wenn man bedenkt dass das Rennen über 244 Runden ohne große Unterbrechung vonstatten ging. Über das ganze Wochenende haben sich 3 Trends klar herauskristallisiert. Erstens: Fuji liegt dem Toyota erwartungsgemäß mehr als Austin, Mexiko oder der Nürburgring. Zweitens verliert man zwar über eine Runde gesehen Zeit, vor allem auf die Audis, hat aber über die Stints gesehen einen leicht besseren Reifenverschleiss als die Konkurrenten womit der tyre drop off hier nicht so stark ist.
Zu guter Letzt kommt drittens: Bereits ab dem Rennen am Nürburgring hat man die Abfolge bei den Reifenwechseln leicht verändert. Während Porsche und Audi jeweils zu Beginn die Boxennahe Seite komplett wechseln, werden bei Toyota zu erst diese Räder gelockert und neue aufgesteckt, diese aber noch nicht angezogen. Danach werden die Boxenfernen Räder gewechselt und dann erst die Boxennahen Räder angezogen. Ein Unterschied zu Audi und Porsche, welcher aber dafür sorgt, dass Toyota im Schnitt 1 Sekunde schneller die Reifen tauschen kann als die Konkurrenten, welche zuerst die Boxennahe Seite komplett abfertigen und dann die Boxenferne Seite wechseln. Ein Umstand welcher bislang kaum ins Gewicht gefallen ist, an diesem Wochenende aber schon!
Denn die Frage lautet nun: wo hat Toyota das Rennen gewonnen bzw. Audi verloren ? In diesem Falle kommt man beim Blick auf die Rundenzeiten nicht viel weiter, beim Blick auf die Standzeiten in der Box allerdings schon. Zum einen hatte Audi bei der #8 zwei sehr langsame Full Service Stopps zu verzeichnen, bei denen man jeweils über 1:29 min an der Box verlor, während Toyota die Stopps einmal in 1:21 min und in 1:16 min absolvieren konnte. Dies waren die vor- und vorvorletzten Stopps des Rennens. Dieser Umstand hätte aber bis zum letzten Stopp nach wie vor dafür gesorgt dass Audi das Rennen vor Toyota gewinnt, da man absolut gesehen die etwas schnelleren Stints fuhr.
Die Entscheidung fiel dann beim letzten Stint. Bislang fuhren sowohl Audi, als auch Toyota und Porsche über das ganze Rennen Singlestints auf ihren Reifen. Beim letzten Stopp wechselte Audi die Reifen an der #8, Toyota aber am Auto mit der #6 nicht, welcher zu diesem Zeitpunkt ca. 8 Sekunden hinter dem Audi lag! Man war hier das einzige Auto im Feld der Werksprototypen welche auf einen Doppelstint setzten. Ab hier machte sich der bessere Reifenverschleiss bemerkbar, denn Kamui Kobayahsi konnte dadurch die Rundenzeiten auf einem Niveau halten, was es dem angreifenden Audi nicht mehr ermöglichte auf Schlagdistanz zum nun führenden Toyota aufzuschließen obwohl Loic Duval im Schlussstint den Rückstand von fast 20 Sekunden auf gut jene 1,4 Sekunden verringern konnte. Aus Audi Sicht ist somit geklärt, warum man das Rennen nicht gewinnen konnte. Aus Toyota Sicht ist dies aber nur ein Baustein von zweien, warum man das Rennen gewinnen konnte.
Dieser zweite Baustein fand nämlich beim vorletzten Stopp statt. Bis dato hing man immer auf Platz 3 hinter dem Porsche #1 fest. Man konnte zwar die etwas besseren Rundenzeiten fahren, kam aber nicht am Porsche vorbei, da dieser auf der langen Start/Ziel Geraden mehr Energie zum boosten verwenden konnte und es dem Toyota dort somit unmöglich machte am Porsche vorbeizugehen. Toyota griff daher zu einem Mittel, welches aus der F1 bekannt ist: Einem Undercut. Man beorderte Stephane Sarrazin 5 Runden eher als geplant zum Stopp und gab ihm neue Reifen mit. Dieser konnte nun schnellere Zeiten als der Porsche fahren und als dieser 5 Runden später ebenfalls seinen fullservice-stopp absolvierte, kam er wieder hinter dem Toyota auf die Bahn.
Ein cleverer Schachzug seitens Toyota, denn dadurch war die Bahn in Richtung Audi #8 frei und es konnte damit erst zum erhofften Duell um den Sieg kommen. Hierbei konnte zwar Duval den 20 Sekündigen Vorsprung auf die besagten 1,4 sek. einstampfen, in Schlagweite um Position 1 anzugreifen, ist er nicht mehr gekommen. Der Sieg ist natürlich auch für die Mannschaft sehr wichtig, denn diese hatte quasi kein Weihnachten damit das neue Auto rechtzeitig fertig wurde. Die ersten drei Tests wurden sogar noch mit dem alten 3,7l V8 gefahren, erst dann war der 2,4l V6 einsatzbereit.
Erstaunlich war allerdings auch, dass die jeweiligen Schwesterfahrzeuge nie den Speed der Teammitglieder gehen konnten. Der Toyota mit der #5, der bislang leicht schneller war, fiel hier konstant zurück, ebenso wie der Porsche mit der #2, welcher eigentlich das ganze Jahr über langsamer als das Schwesterfahrzeug war. Der Audi mit der #7 fällt hier allerdings raus, denn gleich zu Beginn hatte man einen Hybridschaden, wodurch das Auto in die Box rollte und es nicht mehr in die Wertung schaffte. In der Box haben die Mechaniker das komplette Hybridsystem ausgebaut und das Auto sollte wieder auf die Strecke fahren um zumindest Testkilometer für 2017 zu sammeln doch der ACO hat dies Audi verboten, da ohne Hybridsystem und Antriebswellen das Auto nicht mehr den Homologationsbedingungen entspricht.
In der LMP1-L gab es auch die erste Entscheidung in der Meisterschaft. Rebellion hat das Rennen gewonnen, weil die einzig verbliebenen Konkurrenten von ByKolles früh technische Probleme hatten und somit gar nicht gewertet wurden.
In der LMP2 ging es ähnlich knapp zu wobei hier die Entscheidung auf der Strecke und nicht in der Boxengasse fiel. Über das Wochenende waren zwei Fahrzeuge gleich schnell: Der Ligier von RGR Sport by Morand mit der #43 sowie der G-Drive Oreca 05 von JOTA Sport. Sowohl im Quali als auch im Rennen waren beide Fahrzeuge gleich auf, wobei der Oreca von G-Drive mit Will Stevens und vor allem dank Roman Rusinov gesamt betrachtet auf der Strecke ein paar Sekunden schneller war. Die RGR Mannschaft konnte aber bei den Boxenstopps 2-3 Sekunden rausschinden und mit einen minimalen besseren Spritverbrauch den letzten Stopp etwas später einlegen als die G-Drive Mannschaft.
Dieser dauerte dadurch nur 50 Sekunden womit man sich 10 Sekunden sparen konnte und einen leichten Vorsprung auf die Strecke mitnahm. In den letzten Runden kam es dann zu einem sehenswerten Zweikampf zwischen Will Stevens und Bruno Senna. Senna versuchte sich mit allen Mitteln auf der langen Geraden vor dem Oreca zu halten, welcher zwar im mittleren und letzten Abschnitt minimal Zeit verlor, dafür aber den etwas besseren Topspeed hatte. Will Stevens presste sich ab der Mitte der Geraden über die Boxenausfahrt rechts an Senna vorbei und übernahm Platz 1. Dies war auf der einen Seite ein sehr mutiges und beherztes Manöver, beim zweiten Blick aber ein kreuzgefährliches. Stevens kreuzte die Boxenausfahrt und wäre just in diesem Moment ein Auto aus der Box gefahren, wäre es unweigerlich zum Unfall gekommen, da das Manöver noch vor der Ausfahrt quasi neben der Wand angesetzt wurde.
Die Rennleitung reagierte darauf und zwang Stevens dazu seine Position wieder zu räumen, womit dieser einen neuen Anlauf starten muss und ein paar Runden darauf war es dann so weit. Wieder nutzte er den um ein paar kmh besseren Topspeed und überholte nun sauber den Ligier von Bruno Senna um den Sieg in der Klasse perfekt zu machen. Auf den weiteren Plätzen landete denn der Signatech Alpine, welcher als Führender in der Punktewertung einen Schritt weiter in Richtung Titel gemacht hat. Dahinter platzierte sich der neu zusammengesetzte ESM-Ligier mit Guida von der Garde, Sean Gea und Giovinazzi, welcher hier bei seinem LMP2 Debüt eine starke Vorstellung ablieferte und sogar leicht schnellere Runden als Luis Felipe Derani fuhr.
In den beiden GT-Klassen war die Sache dann etwas deutlicher. Die beiden Ford GT waren pro Runde ein paar Zehntel schneller als die AF Corse Ferrari. Diese Zeit holten sie in der Regel auf der langen Geraden bis zur Kurve 1 heraus, während sie im weiteren Verlauf der Strecke gleichauf mit den F488 waren. Da die Strategie in der Klasse recht eindeutig auf 5 Full Service Stopps pro Auto festgelegt war, ergaben sich hier auch kaum Handlungsspielräume für die Konkurrenten.
Da auch keine großen FCY oder SC-Phasen stattfanden ergaben sich auch keine anderen taktischen Optionen, wodurch das Rennen rein auf der Strecke zu Gunsten der beiden Ford GT entschieden wurden. Die F488 hatten zwar einen minimalen Reichweitenvorteil, was ihnen aber nichts nutzte. Es gewann somit die #67 vor der #66 und dem Ferrari mit der #51 vor der #71. Dahinter und mutmaßlich durch die niedrigeren Temperaturen und dem kleineren Air Restrictor gehandicaped kamen die beiden Aston Martin ins Ziel mit einer guten Runde Rückstand. Das Ende der Klasse markierte wie schon in den letzten Rennen zuvor der 911 Porsche von Proton Competition mit Richard Lietz und Michael Christensen, die trotz der Gewichtserleichterung nicht den Hauch einer Chance hatten.
In der GTE-Am waren die Fronten von Anfang an geklärt. Der AF Corse F458 und der Aston Martin waren die absoluten Favoriten und entsprechend ihrer Stellung konnten sich diese beiden relativ schnell absetzen. Die Entscheidung fiel schon im ersten Drittel, als der Ferrari kurz nach einem Full Service Stopp einen Reifenschaden davon trug und nochmal an die Boxen kommen musste. Unterm Strich verlor man dadurch gute zwei Minuten. Da man am Ende eine Rückstand von in etwa eine Minute hatte, war hier der Klassensieg eigentlich möglich. Dadurch staubte der Aston Martin mit der #98 den Sieg vor dem KCMG-Porsche ab.
Das dem Porsche die Strecke im Allgemeinen nicht liegt, davon musste man ausgehen, aber jeweils knapp 2 Runden Rückstand auf die Klassensieger ist schon eine deutliche Ansage. Noch schlimmer lief es aber für den Abu Dhabi Proton sowie dem Gulf UK Porsche. Am Anfang schossen sich beide beim Anbremsen von Turn 1 gegenseitig ins Aus, wobei zwar beide weiterfahren konnten aber einen erheblichen Rückstand zusätzlich mitnehmen durften. Wie es 2017 in der Klasse weitergeht wurde hingegen nun bestätigt: Die 2016er GTE-Pro Autos werden startberechtig sein, was insbesondere im Falle des F488 zu heftigen Diskussionen geführt hat. Seitens ACO will man die Chancengleichheit über eine strenge BoP herstellen. Ein Umstand welcher teilweise in der GTE-Pro kaum funktioniert und in der Am noch schwerer werden dürfte. Christian Ried hat aber angekündigt wieder mit 1-2 Autos in der Klasse an den Start gehen zu wollen.
Die letzten beiden Rennen der Saison finden in Shanghai und Bahrain stat, wo danach dann auch der Rookie-Test durchgeführt wird.