Das Rennen in Talladega verlief extrem ruhig und – sehr ungewöhnlich – komplett ohne Big-One. Nach dem Sieg von Joey Logano fanden sich nach Motorschäden zwei Hochkaräter auf der Chase-Abschussliste, von denen man es nicht erwartet hätte. In Martinsville startet am kommenden Wochenende die hochklassig besetzte Round-of-8.
Analyse Talladega Oktober 2016
Ausgerechnet auf einem Superspeedway schaffte es eine Mannschaft, das Rennen mehr oder weniger komplett zu dominieren. Team Penske sammelte mit Brad Keselowski (90) und Joey Logano (45) insgesamt 135 der durch eine Overtime möglichen 192 Führungsrunden ein und ließ damit der Konkurrenz nicht viel vom Kuchen übrig. Einzig Greg Biffle (13) und Denny Hamlin (12) kamen in dieser Kategorie noch auf eine zweistellige Ziffer, mit dem Sieg hatten sie aber nichts zu tun. Es war stattdessen Logano, der in Runde 148 erstmals die Führung übernahm und diese bis zum Ende nicht mehr abgeben sollte. Dies gelang ihm in einer Gelbphase, die ironischerweise sein Teamkollege Keselowski ausgelöst hatte.
Die #2 fing sich kurz zuvor, wie so viele andere Fahrzeuge an der Spitze auch, eine Plastiktüte vor dem Kühlergrill ein. Brad Keselowski gab zwar die Führung auf und nutzte den Windschatten seines Quasi-Teamkollegen Ryan Blaney aus, um das fremde Objekt loszuwerden, doch die gestiegene Temperatur hatte dem Motor bereits einen tödlichen Schaden versetzt. Folgerichtig löste sich nicht nur das Aggregat in Luft auf, sondern auch die verbliebenen Chase-Hoffnungen von Keselowski. Dieser war allerdings nicht der einzige Hochkaräter, der sich auf diese Weise aus den Playoffs verabschieden musste. Auch der Toyota-Motor in der #78 von Martin Truex hauchte nach nur 41 Runden sein Leben aus und beförderte einen weiteren Favoriten auf den Titel aus der Entscheidung.
Ebenfalls die Segel streichen musste wie erwartet Chase Elliott, dem es trotz einem guten Auftritt mit neun Führungsrunden leider nicht gelang, das Rennen zu gewinnen. Der vierte Fahrer im Bunde der Pechvögel war Austin Dillon, der die Qualifikation für die Round-of-8 nur um gute 50 cm verpasste. Punktgleich mit Denny Hamlin, der in den vergangenen drei Chase-Läufen die besseren Positionen einfahren konnte, rollte die #3 schließlich über die Linie. Hamlin verteidigte dabei extrem knapp seinen dritten Platz gegen Kurt Busch, den er erst im Tri-Oval überholt hatte. Hamlin und Busch sind also gemeinsam mit Jimmie Johnson, Kevin Harvick, Joey Logano, Matt Kenseth, Kyle Busch und Carl Edwards eine Runde weiter.
Hier fällt auf, dass Joe Gibbs Racing immer noch mit allen vier Piloten im Chase vertreten ist, was eine sensationelle Leistung darstellt. Stewart-Haas Racing bringt zwei Fahrer in die Round-of-8, in die Hendrick Motorsports und Team Penske noch jeweils einen Piloten entsenden. Diese Vorfinal-Phase wartet also mit einer sehr starken Besetzung auf, in der sich auch keine Überraschungen mehr befinden. Immerhin muss man sich 2016 so nicht über einen möglichen Meister aufregen, der den Titel vielleicht nicht unbedingt verdient hat. Die Teilnahme von Ryan Newman an den Final-Four wurde 2015 bekanntlich kontrovers diskutiert. Dass es mit Martin Truex Jr. und Brad Keselowski nun zwei Vierfach-Sieger erwischt hat, ist allerdings auch nicht schön.
Ein Wort möchte ich noch zur Sicherheit während des Rennens in Talladega verlieren: Auch wenn es dieses Mal nur sechs Gelbphasen und keinen einzigen Big-One gab, kann ich mich nicht komplett darüber freuen. Eine Caution mehr hätte ich auf jeden Fall gegeben und zwar in dem Moment, als Joey Logano seinen unter dem Auto festhängenden Wagenheber einmal komplett um die Strecke mitnahm. NASCAR hätte sofort die gelbe Flagge werfen müssen, nicht zuletzt weil Logano wie ein Irrer bei Tempo 200+ rumzackte, um das Utensil loszuwerden – mal ganz davon abgesehen, dass er dafür (mindestens eine Runde) hätte geparkt werden müssen. Ich möchte mir nicht ausmalen, was ein solides Metallteil bei der kinetischen Energie mit anderen Fahrzeugen oder auch den Fans im Infield oder auf der Tribüne anstellt. Die Freude der Kommentatoren über die Kuriosität kam da mehr als peinlich rüber und im schlimmsten Fall hagelt es dann wieder geheuchelte Betroffenheitssalven.
Race-Results
Driver-Standings
Owner-Standings
Vorschau Martinsville Oktober 2016
Die Round-of-8 startet am kommenden Wochenende auf dem Martinsville Speedway, dem kürzesten Shorttrack im kompletten Kalender. Die langen Geraden der halben Meile laden zu Beschleunigungsduellen ein und die mit 12 Grad noch vergleichsweise stattlich überhöhten 180-Grad-Kurven zu wirkungsvollen Bump-&-Run-Manövern. Die Strecke gleich von oben gesehen einer Büroklammer und erhielt so auch ihren Spitznamen „The Paperclip“. Böse Zungen behaupten, man könnte stattdessen auch einfach zwei Pylonen als Wendemarken auf einem Casino-Parkplatz in Las Vegas aufstellen. Ich finde Martinsville jedoch recht unterhaltsam, auch wenn sich die 500 Runden oft ein wenig ziehen. Spätestens in der Go-Time fliegt meist der Caution-Zähler in die Luft.
Wie in Bristol, Richmond oder sogar New Hampshire kommt es auch auf diesem Shorttrack darauf an, einen guten Haushalt mit den Bremsen zu betreiben. Wer sich über 400 Runden wie ein Irrer durch das Feld ankert, tritt am Ende plötzlich ins Leere. Früh vom Gas und durch die Kurve rollen lassen, lautet also die Devise. Die wilden Manöver spart man sich lieber für die letzten 50 Umläufe auf. Die Aerodynamik spielt dagegen keine große Rolle und so ist selbst das Fahrzeug in der Victory-Lane nicht selten beschädigt. Sich aus den Scharmützeln der Konkurrenz herauszuhalten und wenn möglich, nicht abgeschossen zu werden, ist somit der zweite große Schlüssel zum Sieg. Wenn hinter einem aber Matt Kenseth plötzlich „die Bremsen verliert“, ist eh alles für die Katz.
Auf der Entry-List finden sich trotz des – für gewöhnlich – eher geringen Preisgeldes 41 Autos wieder. Dies liegt eher an den Single-Rides einiger Shorttrack-Spezialisten und Nachwuchsfahrer: Zum einen darf nämlich Gray Gaulding bei der zurückgekehrten Motorsports Group die #30 pilotieren und zum anderen bekommt Dylan Lupton eine weitere Chance in der #83 von BK Racing. Matt DiBenedetto ist also nach Talladega erneut in die #93 ohne Charter ausgelagert worden. Dafür sitzt Jeffrey Earnhardt wieder in der #32 von GO FAS Racing. Der zweite Earnhardt wird an diesem Wochenende das letzte Mal durch Jeff Gordon in der #88 vertreten, seines Zeichens ein wahrer Martinsville-Spezialist – nicht weniger als neun Siege stehen für den theoretischen Rentner in den Büchern.
Auf einen Ford-Sieg würde ich am Sonntag übrigens nicht wetten, denn den hat es in Martinsville seit 2002 schon nicht mehr gegeben. Nachdem Jimmie Johnson und Denny Hamlin zwischen 2006 und 2010 komplett alleine die Victory-Lane untereinander ausgemacht haben, standen in den letzten acht von zehn Rennen nur noch Stewart-Haas Racing und ebenfalls Hendrick Motorsports am Ende ganz vorne. Die letzten beiden Frühjahrsausgaben gewann dagegen Joe Gibbs Racing. Ich denke, dass es sich schließlich zwischen Hamlin, Johnson, Kevin Harvick oder den Busch-Brüdern (Kurt Busch und Kyle Busch) entscheiden wird. Matt Kenseth, Carl Edwards oder sogar Joey Logano wären aus meiner Sicht schon eine große Überraschung.
Zeitplan & TV-Programm:
ACHTUNG:
In Deutschland wird in der Nacht von Samstag auf Sonntag die Uhr um eine Stunde zurückgestellt. In den USA passiert das allerdings erst am Wochenende darauf, daher ergibt sich für das Rennen in Martinsville und das Rahmenprogramm von Texas eine Zeitdifferenz von nur fünf Stunden zur Eastern-Time.
Zudem ist Motorvision TV aktuell in einigen Kabelnetzen nicht mehr empfangbar. Für die letzten vier Chase-Rennen wird daher ein Livestream auf der Homepage angeboten. Wer diesen Stream wie empfangen kann, ist mir aktuell nicht bekannt.
Freitag, 28.10.
17:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, NBCSN
18:30 Uhr, Truck Series Practice, FS1
20:30 Uhr, Truck Series Final Practice, FS1
22:30 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, NBCSN
Samstag, 29.10.
15:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, CNBC
16:00 Uhr, Truck Series Qualifying, FS1
18:00 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, NBCSN
19:30 Uhr, Truck Series Rennen (Texas Roadhouse 200), FS1 ab 19 Uhr
Sonntag, 30.10.
18:00 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Goody’s Fast Relief 500), NBCSN & Motorvision TV (inkl. Livestream) ab 17:30 Uhr