Nach der desaströsen letzten Saison gelang McLaren in diesem Jahr etwas mehr. Aber wirklich beeindruckend war das nicht, was man da ablieferte.
Das Jahr 2015 würde McLaren vermutlich gerne aus der Geschichte tilgen, aber 2016 lief jetzt auch nicht so viel besser. Jedenfalls wenn man den Standard anlegt, den McLaren für sich selber hat. Platz sechs in der Konstrukteurs-WM ist sicher ein Schritt nach vorne, aber man ist weit von der Spitze entfernt. Wer Schuld daran hat, ist gar nicht so einfach zu klären. Honda hat in diesem Jahr nachgelegt. Die Probleme mit der Standfestigkeit sind kleiner geworden, die Leistung des Motors dafür größer. Aber in beiden Punkten ist man noch nicht da, wo die Konkurrenz steht. Es ist schon erstaunlich, dass Honda mittlerweile drei Jahre darauf verwendet hat, einen Motor zu bauen, der einigermaßen mithalten kann.
Sicherlich sind die Anforderungen an einen Formel Eins-Motor hoch. Aber das Beispiel Porsche in der WEC zeigt, dass es geht. Dort ist der Motor wegen seiner kompakten Bauweise und der höheren Leistung, gepaart mit den größeren Distanzen, noch komplexer. Sicherlich bietet ein LMP1 etwas mehr Platz, um die ganzen Aggregate unterzubringen. Und doch bleibt der Eindruck, dass sich Honda schwerer tut, als man erwarten kann. Die Leistung, die der Motor jetzt – am Ende der Saison 2016 – bietet, hatte man eigentlich vor einem Jahr erwartet. Was immerhin die Hoffnung birgt, dass es nächstes Jahr besser laufen wird.
Die zweite Seite des Problems scheint das Chassis zu sein. Es ist aufgrund der Leistungen des Teams schwer einzuschätzen, wo man da im Vergleich zu Konkurrenz liegt, aber ganz weit vorne sicher nicht. Analysiert man die besten Ergebnisse, stellt man fest, dass McLaren ausgerechnet in Russland, Österreich, Malaysia und den USA die meisten Punkte geholt hat. Dann wäre aber auch noch der Ausreißer in Monaco, wo man 12 Punkte holen konnte. Nimmt man die verwendeten Reifen, wird die Sache ein bisschen klarer. Monaco und Österreich sahen die Ultrasoft. Russland die Supersoft. Nur Malaysia hatte die härtesten Mischungen, da war es aber warm. Die Vermutung liegt nahe, dass das Chassis nur in Kombination mit den weichsten Reifen und/oder bei sehr hohen Temperaturen funktionierte. Dann allerdings richtig gut.
Im Laufe der Saison klagten sowohl Alonso als auch Button sehr häufig über Probleme mit der Balance und fehlenden Grip. Ein Zeichen dafür, dass man die Reifen nicht richtig oder dauerhaft in das richtige Temperaturfenster bekommen hat. Was insofern etwas erstaunlich ist, weil die Pirelli des Jahres 2016 ein breiteres Arbeitsfenster hatten als in den Jahren zuvor. Das Zusammenspiel zwischen Aerodynamik, Fahrwerk, Luftdruck usw. scheint beim McLaren komplex zu sein. Steigen die Temperaturen, löst sich das Problem. Fallen sie, hat man keine Chance. Als Beispiel dafür dienen die beiden Rennen in Malaysia (viele Punkte) und Japan (keine). Das Problem ist nicht trivial und die Tatsache, dass man es über die Saison nicht in den Griff bekommen hat, spricht dafür, dass man sich bei der Konstruktion der Aufhängung vertan hat.
Auch ansonsten lief es bei McLaren zäh. Der Rauswurf von Ron Dennis zog sich über den Sommer und Herbst hin, was zu einer internen Blockierung führte. Mit dem neuen CEO Zak Brown bekommt man zumindest einen sehr erfahrenen Manager ins Haus, die Hauptlast der Teamführung wird aber noch mehr auf dem Rücken von Eric Boullier liegen. Brown ist im Gegensatz zu Dennis kein Techniker.
Die Fahrer wussten auch nicht immer zu überzeugen. Natürlich ist die Klasse von Alonso und Button unbestritten. Aber man merkte beiden den Frust über die lange Saison an. Button beschwerte sich über Funk permanent über das Auto, dito Alonso. Eine bezeichnende Szene spielte sich in Austin ab. Der Spanier jammerte über das Auto, die Motorleistung und den ganzen Rest. Seine Lustlosigkeit konnte man mit den Händen greifen. Dann lief er auf Massa auf und schaltete plötzlich in den Angriffsmodus. Und schon war die Laune wieder besser.
Es dürfte beiden Weltmeistern schwer gefallen sein, sich mit den Gegebenheiten bei McLaren zu arrangieren, und das merkte man hier und da auch. Button tritt nun zurück, es ist sehr unwahrscheinlich, dass er in die F1 zurückkommt. Alonso wird seinen Vertrag mit McLaren erfüllen und vermutlich 2018 in die WEC wechseln. Aber mit Stoffel Vandoorne hat man ja einen Piloten für die Zukunft.
Bilder: McLarenF1