Es ist ein Paukenschlag, das Ende einer Ära. Bernie Ecclestone wurde von Liberty Media seines Postens enthoben. Er hat in der Formel Eins nichts mehr zu sagen.
Eine Formel Eins ohne Bernie Ecclestone kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Und doch ist es soweit. Der neue Eigentümer der Serie, Liberty Media, hat Bernie Ecclestone als CEO abgesetzt. Vorausgegangen war die Billigung der Übernahme durch die FIA. Damit muss Ecclestone einen Platz räumen, den er seit Anfang der 80er Jahre innehatte.
Nachfolger von Bernie wird erwartungsgemäß Chase Carey von Liberty Media. Doch Carey soll sich nur um die Vermarktungsrechte der F1 kümmern. Es wird davon ausgegangen, dass Liberty Media Ross Brawn für die technische und sportliche Seite ins Team holt. Brawn hatte in den letzten Wochen immer wieder angedeutet, dass er über eine Rückkehr in die F1 nachdenkt. Ihn würde aber nicht die Rolle eines Teamchefs interessieren, sondern eine übergeordnete Position. Ebenfalls genannt wird Ron Dennis.
Offenbar will Liberty Media eine Art Vorstand für die Formel Eins aufbauen, um sie den Konzernstrukturen anzupassen. Etwas, was Bernie Ecclestone immer mit den Worten abgelehnt hatte, dass man die Formel Eins, aufgrund ihrer vielen unterschiedlichen Interessen, nur diktatorisch regieren könne.
Ecclestone hatte Ende der 70er, Anfang der 80er die Vermarktung der Formel Eins übernommen. Vorher hatten Streckenbetreiber und Teams jeweils einzelne Verträge abgeschlossen. Die TV-Stationen wiederum mit dem Streckenbetreibern, ebenso die Sponsoren. Es war ein wildes Durcheinander von unterschiedlichen Verträgen, zusätzlich verkompliziert durch den Vorgänger der FIA, die FISA, die die technischen Regeln festlegte.
Ecclestone gründete die FOCA, eine Vereinigung der Teams, und startete separate Verhandlungen mit den Streckenbetreibern, den Sponsoren und den TV-Stationen. Gleichzeitig versprach Bernie den Teams höhere Einnahmen. Das „System Bernie“ war geboren. Er bündelte die Verträge, koppelte Verabredungen und sorgte dafür, dass mehr Geld durch Sponsoren in die Serie floss. Er setzte sich in einem harten Machtkampf gegen die FISA durch und sorgte dafür, dass die Regeln stabil blieben. Gleichzeitig setzte er die Serie auf Expansionskurs rund um die Welt.
Sein System war und ist nicht unumstritten. Es gab jede Menge Extra-Deals mit Teams, die mit Ausstieg drohten. Vor allem Ferrari bekam mehr Geld zugesprochen, weil Ecclestone der Meinung war, dass die Serie ohne Ferrari wertlos sein.
Als Max Mosley 1993 die FIA übernahm, begann die beste Zeit für Ecclestone und die Formel Eins. Mosley ist ein alter Freund von Ecclestone, er war lange sein Justiziar, war bei Brabham beschäftigt und unterstützte Bernie im Machtkampf mit der FISA. Das Duo Ecclestone/Mosley regierte von 1993 bis 2009 quasi diktatorisch, auch wenn sie nicht immer einer Meinung waren.
Parallel baute Ecclestone ein Firmengeflecht auf, das kaum jemand mehr zu durchblicken schien, außer er selbst. Dutzende von Firmen, Limited und Holdings, verteilt von den Bermudas über die Isle of Wright. Jede dieser Firmen hielt andere Rechte an der Formel Eins, niemand wusste genau, welche Firma wie gehalten wurde und welches Unternehmen Bernie alleine besaß.
Bernie machte zudem seine Geschäfte nur persönlich. Es gab keine Verhandlungsführer, keine Gremien, keine Ausschüsse. Es gab Bernie und seinen Handschlag. Um den Rest kümmerten sich dann die Rechtsanwälte. So gelang es Bernie, ein System aus persönlichen Verbindungen und undurchschaubaren Firmen aufzubauen.
Mehrfach versuchte man ihm, die Macht aus den Händen zu reißen, aber man scheiterte am „System Bernie“. Ecclestone machte allerdings einen Fehler. Statt die Macht weiter bei sich zu konzentrieren, verkaufte er Anteile an der Serie an Unternehmen. Der Verkauf an die Kirch-Gruppe scheiterte und führte am Ende dazu, dass die Banken ins Spiel kamen. Hier begann es dann für Ecclestone schwierig zu werden, denn die interessierten Unternehmen wollten Zahlen, Daten und Fakten sehen.
Irgendwie gelang der Deal mit der CVC, nachträglich recht umstritten. Die CVC wollte nur Geld sehen und war nicht an der Führung der Serie interessiert. Bernie war zwar jetzt nur noch Angestellter, konnte aber weiter machen, was er wollte. Die CVC sorgte aber auch dafür, dass Ecclestone das Firmengeflecht aufschnüren musste. Am Ende führte es dazu, dass die CVC den Laden an Liberty Media verkaufte, obwohl Ecclestone für einen Börsengang war, der ihm die Macht weiter gesichert hätte.
Der Abgang von Bernie wird die Formel Eins verändern. Ecclestone war ein Traditionalist, einer der den Motorsport seit Ende der 50er gelebt hatte, der die Formel Eins seit Ende der 60er Jahre in und auswendig kannte. Große Veränderungen am Rennformat waren nie seine Sache. Ob das so bleiben wird, darf bezweifelt werden.
Bilder: Red Mediahouse/Getty
2 Kommentare
„Eine Formel Eins ohne Bernie Ecclestone kann man sich eigentlich nicht vorstellen.“
Ich kann mir das sehr gut vorstellen. Ein korrupter Geschäftsmann (100 Millionen Euro Strafe wg. Bestechung!), bekennender Nazi und Menschenfeind muss nicht unbedingt der größten Rennserie des Planeten vorstehen. Der Schritt kommt nur leider mindestens 15 Jahre zu spät.
„Große Veränderungen am Rennformat waren nie seine Sache.“
War es nicht Ecclestone der die Rennstrecken am liebsten permanent unter Wasser gesetzt hätte, des Spektakels wegen? Obskure Regelungen wie doppelte Punktzahl im letzten Rennen gingen doch auch auf seine Initiative zurück.
Ob die F1 unter der Liberty-Ägide besser dran sein wird, bleibt abzuwarten. Bislang senden sie gemischte Signale aus – einerseits wollen sie z.B. eine Rückbesinnung auf klassische Strecken und den europäischen Kern der Serie, was Traditionalisten begrüssen, andererseits deutet vieles darauf hin, dass sie mehr Spektakel, Show und Zirkus wollen, was Traditionalisten sauer aufstösst.
Dass Ecclestone weg ist, darf allerdings als positive Entwicklung betrachtet werden. Er hat zweifelsohne viel für die F1 getan. Aber seine Form der Autokratie hat der F1 zunehmend geschadet, seine Ideen und Entscheidungen haben reichlich Reputation gekostet und Fans vergrault. Gleichzeitig hat sein Alter und das damit einhergehende Unverständnis für die Moderne mitunter nötige Entwicklungen gebremst (man erinnere sich z.B. an seine lang anhaltende Ablehnung einer TV-Produktion in HD als „unnötig“ oder rufe sich mal den bait-and-switch-Charakter des F1-Webangebots ins Gemüt). Geschäftspartner wie Streckenbetreiber können jetzt wieder planungssicher vorgehen, ohne dass Ecclestone nach Gutdünken mit strategisch in Medien positionierten Halbsätzen Drohkulissen aufbaut, die jedem Schutzgelderpresser zur Ehre gereichen würde. Die F1 ist ohne den Ecclestone-Stil besser dran.
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