…und zwar stärker als zuvor. Als Ausnahme von der Regel hat sich das Off-Weekend von Sebastien Buemi in Mexico City vor zwei Monaten herausgestellt, als er nach schwacher Qualifikation im Rennen nur 13. wurde. In Monaco holte er Pole und Sieg und in Paris gleich nochmal. Sein ärgster Konkurrenz Lucas di Grassi konnte in Monaco noch Schritt halten, aber sein Paris-Wochenende ähnelte eher dem von Buemi in Mexico: Start im Mittelfeld, keine Punkte im Rennen. Und so hat sich die Meisterschaft in zwei Rennen wieder von einem engen Kampf in eine dominante Vorstellung des Schweizers gewandelt.
Monaco ePrix
In Monaco ging es in diesem Jahr lange recht zahm zu, erst am Ende wurde es wirklich spannend. Ein Startcrash wie beim Debut blieb aus. Buemi startete von der Pole Position, die er sich zuvor mit über zwei Zehnteln Vorsprung vor di Grassi gesichert hatte – bei nur 1,8 km Streckenlänge ist das schon recht deutlich. So komisch es klingt, aber es war nicht nur die erste Pole für ihn in dieser Saison, sondern sogar der erste Start aus Reihe 1. Die Quali war schon im Vorjahr nicht des Schweizers größte Stärke – dafür beherrscht er die Kunst, mit einem FE-Boliden ein Rennen clever zu bestreiten, besser als alle anderen.
Buemi verteidigte seine Pole in Kurve 1 und baute einen Vorsprung auf, der gegen Rennmitte zunichte gemacht wurde, als Jean-Eric Vergne und Nelson Piquet jr. sich nicht über die Vorfahrt in der Hafen-Kehre einigen konnten: beim dritten Versuch, Piquet außenherum zu überholen, schaffte er es tatsächlich, am Ausgang der 180°-Kehre noch neben ihm zu sein, doch der Brasilianer ließ ihm keinen Raum, die Räder berührten sich und Vergne landete in der Leitplanke – dabei verletzte er sich an der Hand.
Das Safety Car kam auf die Strecke und führte das Feld zusammen. Danach konnte sich Buemi nicht noch einmal so deutlich absetzen, und in den letzten Runden gelang es di Grassi, sich wieder bis auf wenige Fahrzeuglängen heranzurobben. Die letzte der 51 Rennrunden erinnerte dann ein wenig an Mansell vs. Senna 1992: di Grassi zeigte seine Nase mal links, mal rechts, Buemi machte die Mitte dich und ließ ihm keinen Raum, weder ausgangs Schwimmbad noch in der Rascasse. Überholen ist also auch in der Formula E in Monaco nahezu unmöglich. Sowohl Lucas di Grassi als auch Sebastien Buemi sprachen sich übrigens dafür aus, beim nächsten Besuch in zwei Jahren die volle F1-Strecke zu fahren.
Hinter den beiden wurde der auf Rang 8 gestartete Nick Heidfeld starker, aber trotzdem unauffälliger Dritter mit 13,7 Sekunden Rückstand. Drei Plätze holte er sich gleich am Start, als er in der engen Sainte Devote-Variante auf der Außenlinie den Stau innen umfuhr, zwei weitere Plätze gewann er, als Piquet und Vergne knapp vor ihm ihre Auseinandersetzung austrugen – Piquet konnte das Rennen nach vorgezogenem Boxenstopp allerdings auf P4 hinter Nick Heidfeld zu Ende fahren. Maro Engel gelang ein toller fünfter Platz für das monegassische Venturi-Team, das in diesem Jahr noch nicht wirklich viele Punkte – geschweige denn Erfolge – zu verbuchen hat.
Paris ePrix
Renault zeigte sich stark in der Quali von Paris: Buemi im e.dams-Renault holte sich gleich die nächste Pole, diesmal nur sechs Tausendstelsekunden vor Jean-Eric Vergne im Techeetah mit Renault-Antriebsstrang; sein Teamkollege Esteban Gutierrez wurde starker Fünfter, ein Erfolg für den erst kürzlich in die Serie eingestiegenen Mexikaner.
Das Team Abt Schaeffler kam dagegen in der Quali nicht vom Fleck, die Plätze 11 für di Grassi und 14 für Daniel, Abt waren nicht zufriedenstellend. Der Brasilianer beschwerte sich in der Folge darüber, dass er (wie auch Abt) in der ersten Quali-Gruppe antreten musste, als die Strecke noch schmutziger und Grip-ärmer war. An sich ist das ein nachvollziehbarer Einwand, denn das Gruppen-System in der Qualifikation birgt tatsächlich die Gefahr ungleicher Bedingungen. Doch auch Sebastien Buemi wurde in Paris der ersten Gruppe zugelost – und war war sieben Zehntel schneller als di Grassi und neun Zehntel schneller als Abt. Damit schaffte es Buemi (der sich in Mexico City über die Gruppen-Quali beschwerte, als er in Sessions 1 ran musste…) locker in die Superpole-Session.
Auch den Start erwischte der Meisterschaftsführende besser: während er vorn blieb, büßte di Grassi von Startplatz 13 zwei weitere Plätze ein, auch sein Teamkollege Daniel Abt fuhr an ihm vorbei von Startplatz 16 auf Rang 12 nach Runde 1. Buemi wurde gejagt vom offenbar beim Heimspiel und nach dem Monaco-Crash hoch motivierten Jean-Eric Vergne, dahinter drehten José Maria Lopez und Nick Heidfeld ihre Runden. Ab Rang 5 folgte dann der Gutierrez-Zug: der Mexikaner offenbarte nach seiner starken Quali-Runde noch Schwächen bei der Renn-Performance in einem Formula E-Boliden. Er war deutlich langsamer als die Top 3, hielt hinter sich das gesamte Feld auf und sparte dabei nicht einmal Energie.
Es gab einige spektakuläre Drifts und auch einzelne Mauer-Berührungen auf dem klassischen Stadtkurs, der arm an Grip war. Felix Rosenqvist war der einzige, der es in der ersten Rennhälfte an Gutierrez vorbei schaffte: in Turn 1 bremste er den Mexikaner klassisch, aber nicht ohne Risiko, innen aus. Weiter hinten drückte sich Antonio Felix da Costa in der spitzwinkligen Kurve 7 an Lucas di Grassi vorbei, doch das wollte der Brasilianer, der dringend Punkte holen musste, nicht auf sich sitzen lassen.
In Runde 16 kam es zum Aufreger des Wochenendes: auf der Gegengerade konnte sich di Grassi schon früh neben da Costa setzen, auf der Außenseite allerdings, bezogen auf die folgende Kurve. Er war mit dem Großteil seines Autos an da Costa vorbei, als er langsam Richtung Kurvenscheitel einzulenken begann, doch die Frontpartie des Amlin Andretti-Boliden war noch neben seinem Heck und so blieben die beiden schon früh im Anbremsvorgang aneinander hängen: di Grassi drehte sich durch die Berührung an seinem Heck nach innen, da Costa wurde zwischen ihm und der Wand eingequetscht, und drehte mit seinem Wandkontakt dann den Abt Schaeffler-Wagen auch einmal ganz um.
Die Schuldfrage ist schwierig: di Grassi war vorn, aber eben auch noch nicht ganz vorbei. Der erste Kontakt zwischen beiden geschah recht früh, an einem Punkt, wo man nun auch noch nicht zwingend von da Costa erwarten musste, die Verteidigung ganz aufzugeben. Dass die Streckenbegrenzung auf der Außenseite (di Grassis Seite) an der Stelle des Kontakts nicht gerade verlief, sondern einen leichten Knick machte und so quasi die Fahrbahn verengte, mag auch zum Kontakt beigetragen haben – und sobald sie einmal Rad-an-Rad zusammen auf die Leitplanke im Kurvenscheitel zusteuerten, war der Aufprall dann nicht mehr wirklich zu verhindern. Je ein Drittel Übermut / fehlendes Nachgeben der beiden Piloten, ein Drittel sei der Strecke geschuldet – ein Rennunfall, meines Erachtens. (Hier der Link zum Video für die eigene Meinungsbildung)
Für da Costa war das Rennen vorbei, für di Grassi nicht ganz: er konnte sich noch an die Box retten, eine Full Course Yellow wurde ausgerufen, fast alle kamen eine oder zwei Runden später an die Box – und plötzlich wurde der Brasilianer auf Rang 10, dann sogar auf Rang 8 geführt. Doch die Erklärung kam schnell: das Abt-Team hatte sich bei der Mindestzeit für den Boxenstopp vertan, die Durchfahrtsstrafe folgte auf den Fuß, und die ist bei der langen Boxengasse in Paris tödlich. Alles, was di Grassi blieb, war, mit einem schnellen Setup-Wechsel auf die schnellste Rennrunde zu gehen, doch nicht einmal das gelang an diesem Wochenende: auf der Jagd nach Sam Birds schnellster Runde crashte er zwei Umläufe vor Schluss erneut. Birds schnellste Runde war um zwei Hundertstelsekunden schnelle und so bekam er diesen einen Zähler gutgeschrieben.
Vorn blieb bis Runde 34 alles gleich, Buemi führt vor Vergne, doch dann untersteuerte dessen Techeetah in einer schnellen Linkskurve plötzlich in die Wand. Der Franzose vermutete nach dem Rennen einen Bruch der Lenkung, was durchaus möglich scheint, denn für einen Fahrfehler sah es sehr untypisch aus, auch aus der Onboard-Perspektive (die aber etwas verzerrt wirken kann) sah es so aus, als hätten die Vorderräder irgendwann aufgehört, seinen Lenk-Input zu umzusetzen. Immerhin wurde durch den plötzlichen Einschlag Vergnes aus Monaco angeschlagenes Handgelenk nicht schwer beschädigt, so ist es einfach nur schade, dass die starke Performance beim Rennen in seiner Heimatstadt sich nicht auszahlte.
Es profitierten Jose Maria Lopez und – wie schon in Monaco – Nick Heidfeld, der erneut Dritter wurde, denn an Buemis Sieg war nach Vergnes Ausscheiden nicht mehr zu rütteln. Felix Rosenqvist komplettierte die starke Mahindra-Performance auf Rang 4, Esteban Gutierrez, der anfangs lange tapfer das ganze Feld hinter sich gehalten hat, landete am Ende auf Rang 11, nachdem sich schließlich doch ein Fahrer nach dem anderen an ihm vorbeikämpfen konnte, während er seine Leistung runterdrehen musste, um mit dem verfügbaren Strom ins Ziel zu kommen.
Ganz blöd traf es Daniel Abt, der bis Mitte der letzten Runde auf Rang 6 lag, dann aber hinter dem von seinem Teamkollegen ausgelösten Safety Car plötzlich ohne Vortrieb ausrollte: ein Fehler im Batterie-Managementsystem war für den ärgerliche Ausfall verantwortlich, der das Abt Schaeffler Audi Sport-Team punktelos aus Paris abreisen ließ.
Der Meisterschaftsstand und das nächste Event
Damit wurde sowohl Lucas di Grassi als auch sein Team Abt Schaeffler Audi Sport in beiden Meisterschaftswertungen weit zurückgeworfen: 132 Punkte hat Sebastien Buemi nun nach fünf Siegen in sechs Rennen auf dem Konto, 89 dagegen nur Lucas di Grassi. Nicolas Prost liegt mit 58 Punkten weit zurück, ihm ist Nick Heidfeld nach zwei dritten Rängen in Folge nun mit 47 Zählern auf den Fersen. Bei den Teams führt Renault e.dams 190:115 gegen Abt Schaeffler, Mahindra liegt mit 87 Punkten noch in Schlagweite für Rang 2, aber es ist wohl eher davon auszugehen, dass Abt Schaeffler an den verbleibenden drei Rennwochenenden (alles Doubleheader!) noch mehr stärkere Resultate einfahren wird.
Berlin ist der nächste Austragungsort, und dort gibt es gleich einen Doubleheader: am 10. und 11 Juni wird je ein Rennen (jeweils mit eigener Qualifikation am gleichen Tag) ausgetragen. Gefahren wird wieder auf dem Flughafen Tempelhof, doch auf einer anderen Strecke als noch 2015, doch dazu mehr in der Vorschau auf das Event.
(Bilder: Formula E Media)