Jimmie Johnson gewann nach 15 Gelbphasen das Caution 400 in Dover und holte damit bereits seinen dritten Saisonsieg. Die Goodyear-Reifen entpuppten sich als größter Schwachpunkt und sorgten so für einige Mauereinschläge. Ein sehenswerter Dreikampf zwischen Johnson, Kyle Larson und Martin Truex Jr. entschädigte allerdings dafür.
Analyse Dover Juni 2017
Fast vier Stunden dauerte es, bis am vergangenen Sonntag in Dover ein Sieger feststand. 15 Cautions zerstückelten das Rennen und brachten am Ende einen erneuten Beweis, warum die aktuelle Overtime-Regelung der NASCAR Quatsch ist. Jimmie Johnson wird wohl anders denken und bedankt sich für seinen dritten Saisonsieg. Dabei täuschen seine sieben Führungsrunden über die Tatsache hinweg, dass die #48 fast das gesamte Rennen über in den Top-5 unterwegs war. Nur in der zweiten Stage hatte Johnson große Probleme mit abbauenden Reifen, erwischte dann jedoch eine sehr günstig fallende Gelbphase. Im finalen Sprint setzte er sich gegen Kyle Larson (241) und Martin Truex Jr. (102) durch, die bis dahin auf der „Monster Mile“ dominiert hatten. Truex gewann die ersten beiden Segmente mit Leichtigkeit, obwohl er zeitweilig auf einer anderen Strategie unterwegs war.
Zwar setzte sich Jimmie Johnson relativ klar beim finalen Restart in der Overtime gegen Kyle Larson durch, doch das Rennen war eigentlich noch nicht gegessen. Weil knapp hinter der Spitzengruppe jedoch Ty Dillon und Ryan Newman einen Big-One mit insgesamt neun Fahrzeugen auslösten, musste die Rennleitung noch eine Gelbphase ausrufen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die drei Führenden jedoch schon die Overtime-Line am Ende der Gegengerade überfahren und nach dem aktuellen Regelwerk geht das Rennen damit in der Caution zu Ende. Die NASCAR hat sich mit dieser Definition einer Verlängerung ganz klar ein Ei gelegt. Man hätte die Fans nicht besser als mit einem weiteren schönen Dreikampf zwischen Johnson, Larson und Martin Truex Jr. belohnen können.
Eigentlich war die Overtime – damals noch als Green-White-Checkered bekannt – ursprünglich genau dafür gedacht, ein Rennen eben nicht unter gelber Flagge enden zu lassen. Der Gedanke bei der Regeländerung war wohl, dass man mit dem Overtime-Prinzip gleichzeitig unendlich viele Anläufe auf ein „sauberes Finish“ ermöglichen wollte. Die Offiziellen hatten aber wohl Angst, dass nach der Erweiterung von bisher maximal drei Versuchen tatsächlich mal eine unendliche Situation eintritt. Daher definierte NASCAR das „saubere Finish“ einfach mit dem Überfahren der Overtime-Line und gewann so eine halbe Runde, in der bekanntlich eine Menge passieren kann. Das kennen wir von der „25 % mehr Action“-Floskel der DTM, daher sehe ich leider keinen Mehrwert. Man hat dummerweise den entscheidenden Punkt einfach ausgehebelt und der Chance auf ein echtes, sauberes Finish eine halbe Runde geklaut. Bis zur weißen Flagge sollte NASCAR aus meiner Sicht schon warten.
Das große Thema bis zum Finale waren aber eindeutig die Reifen, mit denen man sich bei Goodyear an diesem Sonntag wahrlich nicht mit Ruhm bekleckerte. Ungewöhnlich viele Reifenplatzer vorne rechts und hinten links sorgten für eine wahre Caution-Orgie. Erstaunlicherweise riskierten viele Piloten auch im zweiten und dritten Segment noch, mit nur zwei frischen Reifen in einen weiteren Fuel-Run zu starten. Wenn man ein wenig gnädiger mit dem Einheitslieferanten sein möchte, kann man auch anmerken, dass manche Reifenschäden durch Tire-Rubs nach Feind- oder Mauerberührung entstanden sind. Doch so viele geplatzte Gummis wie an diesem Wochenende habe ich in jüngster Vergangenheit selten erlebt. Aufgrund der vielen Gelbphasen gingen den Teams schon fast ihre insgesamt neun frischen Reifensätze aus.
Hinter dem dominanten Trio kämpften sich am Ende Ryan Newman und Chase Elliott in die Top-5. Newman gehörte gemeinsam mit Ty Dillon zu den wenigen Profiteuren der glücklichen Gelbphase, die auch Jimmie Johnson wieder in die Spitzengruppe verhalf. Dillon verlor das bereits sichergeglaubte Top-5-Ergebnis jedoch in der Rauchwolke des finalen Big-Ones. Die Top-10 komplettierten Daniel Suarez, Jamie McMurray, Denny Hamlin, Kevin Harvick und – nach den glücklosen Rennen der letzten Wochen etwas überraschend – eine gewisse Danica Patrick. Bei ihr ist übrigens bisher keinesfalls gesichert, dass die Option für 2018 tatsächlich gezogen wird. Aktuell hat man bei Stewart-Haas Racing bekanntlich große Probleme, entsprechende Geldgeber zu akquirieren.
Wieder einmal wurde es also nichts mit einem Sieg von Joe Gibbs Racing. Lediglich die wertlosen 19 Führungsrunden von Polesitter Kyle Busch stehen in Dover auf dem Konto. Die #18 hatte aber keine Chance auf den Rennsieg, da ein früher Fehler in der Boxengasse alle Hoffnungen zerstörte. Ein Tire-Changer schaffte es hinten links nicht schnell genug, den Reifen ordnungsgemäß zu befestigen, während Busch schon wieder anfuhr. Die Folge war ein Radverlust in Turn 1 und eine nachhaltige Beschädigung am Kotflügel, die kurze Zeit später noch zu einem Reifenplatzer wegen eines Tire-Rubs führte. Davon konnte Busch sich schließlich nicht mehr erholen. Ähnliches Pech hatte Ryan Blaney, denn an seiner #21 brach die zweite Woche in Folge ein Teil der Hinterachse.
Race-Results
Driver-Standings
Owner-Standings
Vorschau Pocono Juni 2017
Am nächsten Wochenende gastiert die NASCAR auf dem Pocono Raceway, der nach den jüngsten aerodynamischen Anpassungen an den Fahrzeugen in den letzten Jahren gar nicht mehr so viele schlechte Rennen abgeliefert hat. Vielleicht können ja auch die drei Stages (50/50/60), die in dieser Woche übrigens fast gleich lang sind, ihren Teil zu einem gute Rennen beitragen. Grundsätzlich ist die Strecke mit ihrem sehr speziellen Layout eigentlich äußerst interessant, leider haben hier aber die Ingenieure meist mehr Spaß als die Zuschauer. Drei unterschiedliche Kurven und drei verschieden lange Geraden sorgen auf dem 2,5-Meilen-Oval dafür, dass bei der Abstimmung große Kompromisse eingegangen werden müssen.
Dies gelang in den letzten vier Saisons definitiv Hendrick Motorsports am besten, die 2013 und 2014 vier Siege in Folge einfahren konnten. Im zweiten Jahr gewann Dale Earnhardt Jr. gleich beide Rennen auf dem „Tricky Triangle“ im Nordosten der USA. Die vergangenen vier Ausgaben 2015 und 2016 teilten Furniture Row Racing, Joe Gibbs Racing, Stewart-Haas Racing und Front Row Motorsports untereinander auf. Im letzten August holte sich bekanntlich Chris Buescher nach einem Rain-Out den ersten Cup-Sieg und die Chase-Qualifikation. 2017 führt derweil kein Weg an Martin Truex Jr. und Kyle Larson vorbei, diese beiden Piloten habe ich auch in Pocono ganz oben auf meiner Liste. Hinter diesem Duo hat Kevin Harvick schon ganze 116 Punkte Rückstand in der Meisterschaft.
Die Entry-List bietet bei erneut nur 39 Startern kaum Überraschungen. Alle Teams mit Ausnahme von Richard Petty Motorsports sind wieder in ihrer Stammbesetzung unterwegs. Die #43 des verletzten Aric Almirola wird in Pocono von Darrell Wallace Jr. pilotiert. Mal sehen, wie er sich bei seinem ersten Cup-Start so schlägt. Wer jetzt denkt, dass er an einem Pocono-Wochenende lieber nur das Hauptrennen schauen sollte, der irrt sich dieses Mal ausnahmsweise. Bei FOX hat man sich für das XFINITY-Rennen nämlich eine schöne Aktion überlegt. Die gesamte On-Air-Crew setzt sich nur aus aktuellen Cup-Piloten zusammen. Das könnte echt eine witzige Sache werden, ich schalte ganz sicher ein.
Kommentatoren: Kevin Harvick (Play-by-play), Clint Bowyer (Analyst), Joey Logano (Analyst)
Hollywood Hotel: Danica Patrick, Denny Hamlin
Pit-Road-Reporter: Ryan Blaney, Erik Jones, Ricky Stenhouse Jr.
Zeitplan & TV-Programm:
Donnerstag, 08.06.
22:00 Uhr, Truck Series Practice, nicht im TV
00:00 Uhr, Truck Series Practice, nicht im TV
02:00 Uhr, Truck Series Final Practice, nicht im TV
Freitag, 09.06.
17:00 Uhr, Monster Energy Cup Series Practice, FS1
19:00 Uhr, XFINITY Series Practice, FS1
21:00 Uhr, XFINITY Series Final Practice, FS1
22:00 Uhr, Monster Energy Cup Series Qualifying, FS1
23:30 Uhr, Truck Series Qualifying, nicht im TV
02:00 Uhr, Truck Series Rennen (winstaronlinegaming.com 400), FS1
Samstag, 10.06.
15:30 Uhr, XFINITY Series Qualifying, FS1
17:30 Uhr, Monster Energy Cup Series Final Practice, FS1
19:00 Uhr, XFINITY Series Rennen (Pocono Green 250), FS1
(Special drivers-only broadcast ab 18:30 Uhr)
Sonntag, 11.06.
21:00 Uhr, Monster Energy Cup Series Rennen (Pocono 400), FS1
1 Kommentare
Zum Thema Overtime gehe ich vollständig d’accord.
So einen Humbug, den man da verzapft hat. Völlig unnötig.
Und bei Frau Stenhouse glaube ich nicht dran, dass sie nächstes Jahr noch im Cup fährt. Wird sich eher als weinverkaufende Yoga-Lehrerin um ihren Mann kümmern.
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