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IndyCar: Analyse Rainguard Water Sealers 600

von Rainer
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Will Power gewann am Samstagabend das Rennen in Fort Worth. Oder wie es die IndyCar Series ausdrückte: „Will Power survived a wild night of racing at Texas Motor Speedway, winning the Rainguard Water Sealers 600 in a race that ended under caution.“

Man könnte jetzt meinen, dass die PR-Abteilung ein wenig dick aufgetragen hat. Leider ist „Überleben“ schon genau der richtige Begriff. Das „wild night of racing“ ist hingegen eine sehr beschönigende Version für einen chaotischen Rennverlauf: 23 Führungswechsel, neun Gelb-, eine Rotphase, elf Strafen, sechs Wagen in der Führungsrunde im Ziel. Dazu kamen noch massive Reifenprobleme, die zwar nicht direkt zu Unfällen führten, aber die Rennleitung zwang, einen Pflichtreifenwechsel nach 30 Runden für alle Teams anzuordnen. Bei den Testfahrten am 12. April trat keine Blasenbildung auf den Reifen auf. Gerade zu Rennbeginn waren die Temperaturen der Strecke aber auch deutlich höher als noch im April. So eine Regeländerung mitten im Rennen ist halt typischer US-Style. Immerhin war das Rennen so nie langweilig. Das aber nicht im positiven Sinn wie noch beim Indy 500, sondern weil man jederzeit Angst um die Gesundheit der Fahrer haben musste.

Das Chaos zeichnete sich schon innerhalb der ersten 20 Runden ab. Wie erwartet dominierten die Honda-Fahrer die Qualifikation. Charlie Kimball sicherte sich seine erste Pole-Position vor sieben weiteren Hondas. Auf Platz 9 qualifizierte sich mit Will Power der beste Chevrolet-Fahrer. In Runde 20 waren aber auch schon seine Teamkollegen Josef Newgarden (Startplatz 17) und Simon Pagenaud (Startplatz 12) in die Top-10 vorgefahren. An der Spitze kämpften unterdessen Charlie Kimball und Tristan Vautier, der den verletzten Sebastien Bourdais ersetzte, Seite an Seite rundenlang um die Führung.

In Runde 37 forderte dieses Racing ein erstes Opfer. In Kurve 3 wurde Alexander Rossi zwischen Tony Kanaan außen und Scott Dixon innen im Kampf um Platz 8 eingeklemmt. Ohne Platz verlor er die Kontrolle über den Wagen und schlug hart in die Wand ein. Bei den Stopps unter Gelb gab es den nächsten Unfall. James Hinchcliffe beschleunigte zu stark von seinem Platz los, kam auf das Gras und rutschte in Helio Castroneves hinein. Den größten Schaden erlitt aber erst einmal Takuma Sato, dem der Frontflügel von Castroneves zerstört wurde. Durch den Tausch verlor der Japaner eine Runde. Hinchcliffe musste eine Drive-Through Penalty wegen des unnötigen Unfalls antreten und Castroneves lag am Ende des Feldes. Mit einem Ölleck musste außerdem Charlie Kimball, der 26 der ersten 40 Runden geführt hatte, seinen Wagen in der Box abstellen.

Helio Castroneves hatte sich aber schnell erholt und in Runde 90 lag er auf Platz 3, hinter Will Power und Simon Pagenaud. Team Penske hatte also das Kommando über das Rennen übernommen. Nur Josef Newgarden hatte massive Probleme mit seinen Reifen. Es bildeten sich Blasen auf der Lauffläche und die so entstehenden Vibrationen machten ein schnelles Fahren unmöglich. Besonders der rechte Vorderreifen hatte nach dem Stint das Aussehen eines Schweizer Käses. Auch bei anderen Fahrern traten die Blasen auf, sodass sich die Rennleitung später gezwungen sah, einen Reifenwechsel nach 30 Runden anzuordnen. Dazu sollten Competition Cautions in den Runden 190 bis 195 und 225 bis 228 ausgerufen werden.

In Runde 91 löste aber schon Helio Castroneves die nächste Unfall-Gelbphase aus. Die linke Hinterradaufhängung kollabierte, eventuell eine Folge des Unfalls mit Hinchcliffe, und er schlug hart in die Wand ein. Kurz nach dem Restart kam es zu einem Kontakt zwischen Tristan Vautier und Ed Carpenter, der in einen Dreher gezwungen wurde. Carpenter konnte aber mit toller Fahrzeugkontrolle seinen Wagen ohne Mauerkontakt wieder abfangen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Tristan Vautier vom Kampf um die Führung verabschiedet. In Runde 58 hatte er zum letzten Mal seine Nase kurzfristig vor die von Will Power schieben können. Will Power, in der Clean-Air der Führung, war aber kaum zu gefährden. Von den letzten 200 Runden führte der Australier 180 Runden das Feld an. Wenn er mal nicht ganz vorne war, dann lag er nur Zentimeter im Kampf zurück.

In Runde 152 forderte das Racing seinen nächsten Tribut und diesmal war ein Drittel des Feldes fällig. Auslöser war Tony Kanaan, der auf der Gegengeraden leicht nach oben in Anfahrt auf Kurve 3 zog. Neben ihm war James Hinchcliffe, der nur noch weiter nach oben ausweichen konnte. Da fuhr aber Mikhail Aleshin, und die beiden Teamkollegen von Sam Schmidt berührten sich. In Folge verunfallten auch mit Tristan Vautier und Ed Jones beide Fahrer für Dale Coyne, mit J.R. Hildebrand und Ed Carpenter auch beide von ECR sowie Carlos Munoz und Ryan Hunter-Reay. Kanaan wurde für „Blocking and Avoidable Contact“ mit einer 20-Sekunden-Stop-and-go-Penalty bestraft. Er verlor zwei Runden, durch die Competition Cautions und die Zwangstopps holte er diese aber wieder auf.

Marco Andretti verlor eine Runde, die er später wieder zurückgewinnen sollte, durch einen Wechsel des Heckflügels. In Runde 163 umfasste das Feld in Führungsrunde so nur noch neun Fahrer. An der Spitze rahmte Team Penske mit Will Power, Simon Pagenaud und Josef Newgarden Scott Dixon auf Platz 3 ein. Es folgten Graham Rahal, Takuma Sato, Max Chilton und Gabby Chaves als Pack. Diesen Speed konnte Conor Daly auf Platz 9 nicht ganz mitgehen.

Durch ein Missverständnis hinsichtlich Zwangsstopp und Competition Caution verlor Josef Newgarden seine Position in den Top-4. Auf dem Weg zurück übertrieb er es dann und in einem 3-Wide-Manöver rutschte er in die Wand. In Runde 212 konnte Dixon an Pagenaud vorbeigehen und in Folge Druck auf Power ausüben. Nach der letzten Competition Caution setzte sich Scott Dixon neben Will Power. Für 15 Runden lieferten sich beide ein Rad-an-Rad-Duell. Dixon war vielleicht ein bisschen schneller, konnte aber nie vor Power auf die untere Linie einscheren.

Dann mischte sich aber auch Takuma Sato in den Kampf um den Sieg ein und löste in Runde 244 die letzte Caution des Rennens aus. In der Start- und Zielkurve kam er unten auf das Gras und rutschte in Scott Dixon hinein. Auch Max Chilton und Conor Daly wurden in den Unfall verwickelt. Unter Gelb gewann so Will Power vor Tony Kanaan, Simon Pagenaud, Graham Rahal, Gabby Chaves und Marco Andretti. Dahinter wurden Conor Daly und Max Chilton gewertet, die noch drei beziehungsweise zwei Runden um den Kurs rollen konnten.

Besonders für Gabby Chaves und Harding Racing war Platz 5 ein toller Erfolg. Mit Platz 9 beim Indy 500 hatte Chaves schon sein bestes Ergebnis in der IndyCar Series eingestellt und es diesmal deutlich übertroffen. Natürlich profitierte er von den ganzen Ausfällen. Er hat aber auch keine Fehler gemacht und der Wagen hatte einen ordentlichen Speed. Im Draft des Feldes konnte Chaves ohne Probleme mithalten. In Pocono, wo auch die Speedway-Aerodynamik genutzt werden wird, sehen wir das Team wieder. Für nächste Jahr versucht man sogar, Vollzeit in die Serie einzusteigen. Großes Lob auch an Tristan Vautier, der im ersten Rennviertel einer der schnellsten Fahrer im Feld war.

Das ganze Ergebnis (PDF) kann man auf der Seite der IndyCar Series nachlesen.

Mit seinem zweiten Saisonsieg hat sich Will Power zu Saisonhalbzeit wieder im Kampf um die Meisterschaft zurückgemeldet. Es führt aber weiterhin Scott Dixon (326 Punkte) vor Simon Pagenaud (313 Punkte) und Takuma Sato (312 Punkte). Dahinter folgen Helio Castroneves (305 Punkte), Will Power (286 Punkte) und Graham Rahal (283 Punkte).

Für das nächste Jahr muss sich die IndyCar Series schleunigst entscheiden, in welche Richtung sie will. Nach Fontana 2015 und Texas 2016 hatten wir nun das dritte Rennen seit Las Vegas 2011 mit deutlicher Pack-Racing-Tendenz. Eigentlich ist es nur Dallara zu verdanken, dass die Fahrer die letzten beiden Wochen fast unverletzt überstanden haben. Die Unfälle in Indianapolis und Texas hatten schon die Qualität, auch anders auszugehen. Nächste Saison gibt es eine neue Einheitsaerodynamik und die liefert in Superspeedway-Konfiguration hoffentlich deutlich weniger Abtrieb. Schlecht Aussehen tut sie schon einmal nicht.

Abgesehen von der Gefahr für die Fahrer ist diese Art des Racings auch eine teure Angelegenheit für die Teams. Eine erste Schätzung geht von einem Schaden von mindestens 1,8 Millionen Dollar am Samstag aus. Ein Aero-Kit von Honda oder Chevrolet kostet als Komplettsatz 80.000 Dollar, in Einzelteilen ist es teurer. Dazu kommen die Einheitsteile von Dallara, die noch einmal mit rund 40.000 Dollar zu Buche schlagen. Ein seitlicher Einschlag in die Mauer kostet, inklusive Aufhängung, somit rund 100.000 Dollar. Schäden an Kühler, Motor, Getriebe und der Elektrik kommen aber noch dazu. Es ist klar, dass gerade Besitzer der kleineren Teams – Sam Schmidt und Dale Coyne haben je zwei Wagen verloren – nicht sehr begeistert über die Geschehnisse auf dem Texas Motor Speedway waren.

Die Situation der IndyCar Series ist nicht einfach. Sie muss zum einen auf die Teams und Fahrer hören und gleichzeitig aber auch das Gesamtprodukt für die Fans verbessern. Die Einschaltquoten des Indianapolis 500 auf ABC waren eine Katastrophe. Nie hatten weniger Leute eine Liveübertragung des Rennens angesehen. Ich habe keine Ahnung, wie man das diesjährige Indy 500 noch verbessern hätte können. Für Texas gäbe es meinserseits und wahrscheinlich auch von vielen Fahrern und Teamchefs einige Ideen. Aber ob diese bei den US-Fans auch ankämen, wäre wieder eine ganz andere Frage.

Die IndyCar Series gönnt sich ein freies Wochenende und so steht als nächstes Rennen der Kohler Grand Prix in Road America, Elkhart Lake am 25. Juni an.

(c) Photos: IndyCar Media; Chris Jones, Christopher Owens

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1 Kommentare

nona 13 Juni, 2017 - 10:21

In der Boxengasse ist weit und breit kein Gras, auf das Hinchcliffe hätte kommen können. Das hat er schon ganz ohne hingekriegt, rein mit Gasfuß. :)

Helio sagte nach dem Rennen, vor seinem Einschlag in die Mauer sei ihm Rad oder Aufhängung rechts vorne kollabiert, nicht links hinten. Das spräche für Überbeanspruchung eventuell des Reifens, was nicht unplausibel wäre, und bei einem Schaden vorne rechts ist ein Untersteuern in die Mauer natürlich auch weitaus naheliegender als bei einem Schaden hinten links. Zumal vorne rechts am ehesten durch das Hinchcliffe-Malheur in der Boxengasse beeinträchtigt gewesen sein mag.

Andererseits hatte er kurz vorher auch links hinten am Reifen Kontakt mit Aleshins Frontflügel, und wie man am Funkenflug vom schleifenden Unterboden sah hing der Wagen kurz vor dem Einschlag auch eher hinten links runter. Wird wohl letztlich nicht zu klären sein.

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