Bei den Prototypen hätte das diesjährige 24-Stunden-Rennen beinahe in einer Blamage für die beiden Werke geendet – in der GT-Klasse gab es das Gegenteil zu sehen: einen unablässigen Fünfkampf aller Hersteller um die Podiumsplätze bis in die letzte Rennstunde hinein. Dieser musste selbstverständlich mit einem Knall enden – durch den eine alte britische Dame siegreich hervorging. In der GTE-Am dagegen siegte einer der neuen Ferraris – angetrieben von dem Drang des Teamchefs, es dem ACO zu zeigen…
Vor einigen Jahren beschrieb ich den Reiz der GT-Klassen in Le Mans einmal so: Ich finde es aufregend, wenn nach 10, 15, 20 Rennstunden plötzlich zwei GT-Boliden wieder direkt auf der Strecke aufeinandertreffen und unerwartet in einem weit auseinandergezogenen Feld plötzlich ein direkter Zweikampf zwischen einem kreischen Ferrari und einer bollernden Corvette stattfindet. Die beiden brettern – im Windschattenduell mal hintereinander, mal nebeneinander – die Hunaudières hinunter, und nach einigen Minuten oder einigen Runden löst sich der aufregende Zweikampf plötzlich wieder in Luft auf – wie eine Gewitter-Superzelle mit intermittierend auftretenden Tornados.
Gemessen daran bekamen wir in diesem Jahr vom ACO völlige Reizüberflutung serviert. Durch den Abend und die Nacht hinweg war der Spitzenkampf in der GTE-Pro intensiv, breitgefächert und abwechslungsreich. Die Zahl von sage und schreibe 50 Führungswechseln verdeutlicht das. Alle fünf Werke waren beteiligt und konnten Führungsrunden sammeln. Bis in die letzte Rennstunde hinein war noch ein Autos jedes Herstellers in der Führungsrunde und damit potenziell siegfähig, wenn die Konkurrenz auch nur in kleine Probleme geraten sollte.
Letztlich ging Aston Martin aus diesem Fünfkampf als Sieger der GTE-Pro-Klasse hervor, es ist wohl der Abgesang des V8 Vantage, der vom britischen Sportwagenhersteller seit 2008 (!) auf den Rennstrecken dieser Welt in der GT2- bzw. heute GTE-Klasse eingesetzt wird. Drayson Racing tat sich 2008 in den USA (ALMS) und 2009 in der ELMS schwer mit dem brandneuen Auto, ebenso der diesjährige GTE-Am-Klassensieger JMW (dazu später mehr) in der Le Mans Series 2010 – Aston Martin hatte ein unzuverlässiges Produkt an seine Kundenteams zum „Fertigentwickeln“ geliefert. 2011 versuchte sich Jota Sport (dieses Jahr LMP2-Sieger) an dem Auto und scheiterte ebenfalls. Erst als 2012 Aston Martin Racing / Prodrive als Werksteam nach Le Mans und in die neugegründete WEC kam, ging es mit dem Vantage vorwärts – auch dank der mit dem neuen GTE-Reglement 2011 eingeführten und immer intensiver genutzten „Balance of Performance“.
Balance of Performance – Ziel erreicht
Im Vorjahr, als ACO und FIA die Balance of Performance nutzten, um ein historisierendes Wagenrennen à la „Ben Hur“ zwischen Ford und Ferrari zu inszenieren, hat der Ruf der Klasse massiv gelitten: Nur die neuen, turbogetriebenen Autos dieser beiden Werke waren konkurrenzfähig, alle anderen zu Statisten degradiert. In der Analyse warf ich die Frage auf, was man eigentlich in der GTE-Klasse mit der Balance of Performance erreichen wolle: Sollen alle Fahrzeuge innerhalb eines bestimmten Fensters sein, um innerhalb dieses Fensters immer noch den Stärksten zu ermitteln, oder dient die Balance of Performance dazu, alle Autos schlussendlich auf das gleiche Rundenzeiten-Niveau zu bringen? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es immer noch nicht, aber man scheint zu letzterem zu tendieren, wie die folgende Aufstellung zeigt.
Die besten Rundenzeiten aller fünf Hersteller lagen im diesjährigen Rennen zwischen 3’50.950 von Aston Martin und 3’51.549 von Porsche, also innerhalb von sechs Zehntelsekunden. Bei der sogenannten „idealen Runde“, die sich aus den besten Sektorzeiten ermittelt, lagen alle Hersteller zwischen 3’50.172 (Porsche) und 3’50.986 (Ferrari); das sind circa acht Zehntel. Viel näher kann man die Autos von der potenziellen Performance her kaum noch zusammen bringen – zum Vergleich: 2015 lag die Differenz bei der idealen Runde zwischen Aston Martin (schnellstes Auto) und Porsche (langsamstes Auto) bei etwa zwei Sekunden, im Vorjahr war die ideale Runde eines Ford GT sogar 2,4 Sekunden schneller als die ideale Runde einer Corvette. Natürlich sind diese Bestzeiten nur Momentaufnahmen, aber sie zeigen doch, dass man die Balance of Performance in diesem Jahr deutlich besser hinbekommen hat.
Egal für wie widersinnig man eine Balance of Performance in einer technikorientierten Klasse wie der GTE halten mag, das Endurance Committee aus FIA und ACO hat es in diesem Jahr tatsächlich geschafft, alle Fahrzeuge ungefähr auf ein Niveau zu „boppen“ und insoweit Wiedergutmachung für das Vorjahr zu leisten. Dabei hat man nur Ford und Ferrari ein wenig zu stark beschnitten, insbesondere bei Ford befürchtete aber nahezu jeder, dass diese noch in der Quali massives „Sandbagging“ betrieben hätten, also bewusst nicht die volle Leistung abriefen, um einer negativen BoP-Änderung am Freitag zu entgehen.
Die letzte Änderung der BoP-Tabelle gab es dann auch tatsächlich am Freitag. Sie bestand allerdings nur aus einer 8-kg-Gewichtsreduzierung für die Porsche 991 in ihrer neuen Mittelmotor-Form. Der Aston Martin blieb das leichteste Auto (1193 kg vs. Standardgewicht von 1250 kg) und das mit dem größten Tank (103 l statt Standard 95 l), denn das Alter des Autos soll in der GTE-Klasse anscheinend keine Rolle spielen. Selbst ein vom technischen Konzept her veraltetes Auto wie der Vantage soll siegfähig sein – und so geschah es dann ja auch.
Ein GT-Sprint über 24 Stunden
Den gesamten Rennverlauf der GTE-Pro zu beschreiben, erübrigt sich damit völlig – die Worte „epische Schlacht“, eine unter Motorsport-Fans und -Schreiberlingen beliebte Phrase, waren wohl selten so passend. Lange stand es in diesem Ausscheidungsfahren besonders gut für Aston Martin Racing mit den beiden V8 Vantage in ihrem wohl letzten großen Rennen: Die #95 und die #97 führten über weite Strecken gemeinsam das Feld an, bis in der 18. Rennstunde die #95 in Probleme geriet, als Richie Stanaway den Wagen in Mulsanne in die Barrieren setzte, zu dem Zeitpunkt auf dem zweiten Klassenrang liegend.
Ausgefallen waren aus dieser Klasse bis dahin im Laufe der Nacht nur der Risi-Ferrari – unverschuldet aufgrund des durch einen LMP2 verursachten heftigen Unfalls, bei dem GT-Pilot Pierre Kaffer aber unverletzt blieb – und der Porsche #92 aufgrund eines Unfalls in den Ford-Schikanen: Michael Christensen rumpelte zu heftig über die Kerbs und setzte den Wagen rückwärts in die Reifen, der Schaden hinderte ihn am Weiterfahren und war vor Ort nicht reparabel.
Den Anschluss an die Spitzengruppe verloren hatten auch die Ford #66 (Problem mit der hinteren Radaufhängung sorgte für den Ausflug von Olivier Pla ins Kiesbett) und #69 (die Heckleuchten bedurften mehrfacher Reparatur), die Corvette #64 (Tommy Milner verlor nachts ein Rad – in den schnellen Porsche-Kurven!) und der AF-Corse-Ferrari #51 (Kühlerschaden nach Zwischenfall mit einen GTE-Am-Aston-Martin). Das zeigt: Selbst kleinere Probleme und der Verlust weniger Minuten aufgrund von Reparaturen reichen in einer so engen GTE-Klasse mit im Grunde beständigen Autos für den Verlust aller Podiumschancen.
Aston Martin Racing holte einen Teil des kleinen Vorsprungs auch durch schnelle Arbeit in der Box heraus: 33 Minuten und 32 Sekunden verbrachte die #98 im Rennen insgesamt in der Boxengasse – die Corvette #63 dagegen 36:30. Beim Ferrari #71 waren es 35:12 und beim Ford GT #67 36:09. Am nächsten an Aston Martin heran kam Porsche bei der lange konkurrenzfähigen #91 mit 33:46, nur 14 Sekunden mehr als Aston Martin Racing. Natürlich sind diese Werte nicht allein ausschlaggebend, da manche Boxenstopps hinter dem Safety Car absolviert wurden und man in diesen Fällen auch kleinere Reparaturen ohne zusätzlichen Zeitverlust vornehmen konnte – aber wie bei den Rundenzeiten zeigt sich auch hier eine Tendenz, die Teil des Gesamt-Puzzles ist.
Fahrerisch im Aston-Martin-Trio besonders hervorgetan hat sich Daniel Serra bei seinem Le-Mans-Debüt: Der 33-jährige Brasilianer, Sohn des früheren F1-Piloten Chico Serra, kommt aus der dortigen Stock-Car-Serie und ist über seine Rolle als Dunlop-Testfahrer bei Aston Martin Racing gelandet. AMR wechselte im Vorjahr als einziges GTE-Pro-Team von Michelin zu Dunlop, um nach eigener Aussage einen Reifen zu bekommen, der besser auf die Charakteristika eines Frontmotor-Autos abgestimmt ist – möglicherweise aber auch, um den Endurance Committee die Balance of Performance zu erschweren, da die Beurteilung der Performance durch unterschiedliche Reifen erschwert wird. Serra drehte in der „Happy Hour“ am Sonntagmorgen mit 3’50.950 auch die schnellste GTE-Runde des gesamten Rennens.
Die letzte Stunde schlägt… Corvette vs. Aston Martin
Zu Beginn der letzten Rennstunde sah das Bild wie folgt aus: Die Corvette #63 mit Magnussen / Garcia / Taylor lag 19 Sekunden vor dem Aston Martin #97 mit Turner / Adam / Serra. Weitere circa 50 Sekunden zurück lag der beste Ford GT, die #67 des Ganassi-UK-Teams mit Priaulx / Tincknell / Derani, 40 Sekunden dahinter der verbliebene Porsche #91 von Lietz / Makowiecki / Pilet und zu guter Letzt der AF-Corse-Ferrari #71, pilotiert von Rigon / Bird / Molina mit 1’05 Rückstand auf den Porsche und weniger als drei Minuten auf den Klassenführenden.
Bereinigte man dieses Klassement um die noch nötigen Boxenstopps, war klar, dass es auf einen Zweikampf zwischen der Corvette und dem Aston Martin hinauslaufen würde. Corvette hatte – etwas glücklich – zuvor von einer Slow Zone profitiert, die sie einmal weniger durchfahren mussten als die Hauptkonkurrenten. Bei Aston Martin dagegen ging der Boxenstopp-Rhythmus dagegen so unglücklich aus, dass man 63 Minuten vor Schluss zum Volltanken kommen musste – was aber nicht bis zum Ende reichen würde.
Um 14:12 Uhr kamen beide – mit zuvor etwa 18 Sekunden Vorsprung der Corvette – in die Box, doch während man bei Corvette Racing Reifen und Fahrer wechselte, musste der Aston Martin nur etwas Sprit nachfassen, was diesen Abstand komplett eindampfte: Jordan Taylor ging mit der frisch bereiften Corvette unmittelbar vor Johnny Adam im Vantage #97 auf anderthalb Stints alten Dunlop-Reifen wieder auf die Strecke. Für die letzten 45 Minuten des Rennens entwickelte sich ein extrem spannendes Duell, doch es schien kein Vorbeikommen für den Aston Martin zu geben.
Fünfeinhalb Minuten vor Schluss – in der drittletzten Runde – war Adam ausgangs Indianapolis direkt am Heck der Corvette dran und startete einen Überholversuch: Er bremste spät und mit qualmenden Reifen in Arnage hinein, ging für einen Moment vorbei, verpasste aber den Kurvenscheitelpunkt, sodass Taylor am Kurvenausgang wieder vorbeiziehen konnte. Adam verlor Schwung und einige Wagenlängen – das Rennen schien beinahe zugunsten der Corvette gelaufen. Doch nur eine Runde später war der Aston Martin wieder dran, denn auf dem Weg zur zweiten Bremsschikane auf der Hunaudières hatte sich Taylor massiv verbremst und rodelte mit hoher Geschwindigkeit durch das Kiesbett, nur knapp an den Reifenstapeln vorbei.
Taylor musste in den Porsche- und Ford-Kurven Kampflinie fahren, etwas schien mit der Corvette nicht mehr zu stimmen – und auf Start-Ziel beschleunigte Adam ihn einfach aus. Taylor verpasste die Dunlop-Schikane und rutschte ausgangs der Esses aufs Gras – ein Reifenschaden vorn links als Folge des Kiesbett-Ausflugs war die Ursache und das Ende aller Sieghoffnungen von Doug Fehans Corvette-Racing-Team.
Der Sieg für Johnny Adam, Darren Turner und Daniel Serra war damit sicher und Taylor musste Rang 2 kurz vor der Ziellinie sogar noch an den Ford GT #67 von Harry Tincknell, Andy Priaulx und „Pipo“ Derani abgeben. Porsche verpasste mit Lietz, Makowiecki und Pilet das Podium als Vierter, AF Corse brachte den Ferrari von Rigon, Bird und Molina auf Rang 5 ins Ziel. Nun heißt es abwarten, ob die „automatische“ Balance of Performance, die in der zweiten Saisonhälfte eingeführt werden soll, diesen Kampf noch enger gestalten kann. Nach diesem Rennen scheint das kaum möglich…
GTE-Am: JMW zeigt’s dem ACO
Jim McWhirter hatte noch eine Rechnung mit dem ACO zu begleichen: Seit der Gründung 2009 ist sein Team JMW Motorsport in jedem Jahr in einer ACO-Serie und bei den 24 Stunden von Le Mans dabei gewesen – für einige Jahre mit Unterstützung von Dunlop. Beim Debüt sprang direkt Platz 2 heraus, danach folgte ein schweres Jahr mit dem unterentwickelten Aston Martin Vantage, 2011 bis 2013 trat man sogar in der GTE-Pro-Klasse an, selbst in der mangels Teilnehmern abgebrochenen ELMS-Saison 2012 hielt man dem ACO die Stange als einer von zwei GTE-Teilnehmern (JMW wurde „Meister“).
Wie bedankten sich die Organisatoren des 24-Stunden-Rennens? 2016 lud man JMW nicht nach Le Mans ein, sondern verbannte sie auf die Reserveliste. Stattdessen wurden französische Teams wie SO24! By Lombard Racing (das sich nach Le Mans direkt aus der ELMS verabschiedete) und Pegasus Racing (das sporadisch immer mal wieder mit einem Gentleman-Lineup in Le Mans auftaucht) eingeladen – soweit nichts Neues beim ACO. Aber Jim McWirther war enttäuscht. 2016 sicherte sich JMW dann aber seine Einladung nach Le Mans, indem man Zweiter der ELMS wurde (der Kampf um den Titel blieb dem Team mit einem Defekt im letzten Lauf verwehrt).
Beim letzten ELMS-Lauf vor Le Mans – im Mai in Monza – siegte JMW mit dem Fahrertrio Robert Smith / Jonny Cocker / Jody Fannin beim letzten Rennen mit dem Ferrari 458. Für Le Mans sollte es einen neuen Wagen der jüngsten Baureihe 488 geben – auch wenn der bekanntlich ein gutes Auto ist, warf das Fragen bezüglich der Zuverlässigkeit auf, denn bei einem brandneuen Rennauto können sich durchaus Problemchen einschleichen, auch weil das Team sich erst einmal auf die neue Technik samt Turbomotor einstellen muss.
Doch der JMW-Ferrari 488 lief ohne Probleme das ganze Rennen hindurch – und so konnten am Ende Bronze-Pilot Robert Smith, Ex-F1-Mann Will Stevens (Platin) und Nachwuchsfahrer Dries Vanthoor, der von seiner Silber-Einstufung profitierte, ganz oben auf dem Klassenpodium stehen. Sowohl Stevens als auch der neunzehnjährige Belgier Vanthoor, kleiner Bruder von Laurens, beeindruckten am Steuer des Ferraris mit Speed und Konstanz, während Robert Smith – 42 Jahre alt und erst spät zum Motorsport gekommen – die schnellste Runde aller Bronze-Fahrer in der Klasse drehen konnte.
Anfangs schien es noch so, als könnten sich der Vorjahressieger, die #62 von Scuderia Corsa mit Cooper MacNeil, Bill Sweedler und Townsend Bell, oder der alljährliche Favorit, der Aston Martin #98 mit Paul Dalla Lana, Pedro Lamy und Mathias Lauda, am stärksten in Szene setzen. Beide Autos sammelten einige Führungsrunden, ebenso in der ersten Rennstunde die von Pole gestartete Larbre-Corvette in ihrer auffälligen Pop Art / Comic-Lackierung. Auch der TF-Sport-Aston-Martin mit Rob Bell, Euan Hankey und Salih Yoluc zeigte sich stark.
Durch die sehr unterschiedliche Qualität der Fahrer in dieser Klasse bleibt das Rennen üblicherweise nicht so eng zusammen, so auch in diesem Jahr. In der GTE-Am ist es vielmehr so wie eingangs geschildert, dass im Laufe des Rennens immer mal wieder zwei oder drei Autos auf der Strecke aufeinandertreffen, oft dann, wenn ein Profi im einen Auto Zeit auf einen Gentleman Driver im anderen Auto gutmacht. In der Regel ist es die Stärke des schwächsten Gliedes in der Kette, also des vorgeschriebenen Bronze-Piloten, die über Sieg oder Niederlage in dieser Klasse entscheidet. Und da war JMW mit Rob Smith gut aufgestellt.
Während JMW in den ersten Rennstunden auf seine beiden Profis Stevens und Vanthoor setzte, durfte bei Aston Martin Racing ab dem dritten Stint der erfahrene Bronze-Mann Paul Dalla Lana ans Steuer. In Runde 41, also gegen Ende der dritten Rennstunde, übernahm JMW so erstmals kurz die Führung bis zum eigenen Boxenstopp. In Runde 54 lagen sie erneut für fünf Runden vorn und in Runde 68 für eine weitere Runde, bevor dann der Fahrerwechsel auf Rob Smith erfolgte. Der konnte in dieser Rennphase nicht mit Paul Dalla Lana mithalten, der bereits für seine zweite Schicht den Aston Martin pilotierte. Der Vorsprung der #98 wuchs.
In der achten Rennstunde zerplatzten dann die Sieghoffnungen der #98 gemeinsam mit dem vorderen rechten Reifen. Der Reifenschaden kam sehr plötzlich auf dem Vollgas-Stück zwischen Mulsanne und Indianapolis und war äußerst heftig, sodass es den kompletten Kotflügel wegriss – Pedro Lamy konnte den Wagen zum Glück dennoch auf der Strecke halten, sichern verlangsamen und zurück an die Box bringen. Doch die fast 20-minütige Reparaturpause brachte Aston Martin Racing um alle Siegchancen.
In Runde 100 übernahm JMW Motorsport die Führung der GTE-Am-Klasse – und sollte sie bis zum Rennende am Sonntag um 15 Uhr nicht mehr abgeben. Der Ferrari 488 lief fehlerfrei und auch Stevens, Smith und Vanthoor machten keine Fehler. Der Vorsprung betrug durch die zweite Rennhälfte durchgehend etwa eine Runde – doch hinter ihnen war es spannend.
Am Ende der achten Rennstunde, also um 23 Uhr am Samstagabend, lagen der #90 TF-Sport-Aston-Martin, der #55 Spirit-of-Race-Ferrari, der #99 Beechdean-Aston-Martin, der #77 Dempsey-Proton-Porsche und der Scuderia-Corse-Ferrari mit der #62 innerhalb eines Fensters von anderthalb Minuten im Kampf um Rang 2. TF Sport und Dempsey-Proton, letztere insbesondere mit den beiden Youngstern Marvin Dienst und Matteo Cairoli, schienen am besten aufgestellt zu sein. Doch im Laufe der Nacht landete die #90 gleich mehrfach neben der Strecke und in der Garage und bei der #77 mussten Getriebeprobleme beseitigt werden – damit war das Podium für beide außer Reichweite. Der Beechdean-Aston-Martin fiel ebenfalls mit einem zweiten langen Boxenstopp (neben dem für alle notwendigen Bremsscheibenwechsel) auf Rang 4 zurück.
So verblieben nur Ferraris auf den Podiumsplätzen und diese gaben sie auch bis zum Rennende nicht mehr ab: Spirit of Race (aka AF Corse) holte mit der #55 und Duncan Cameron, Marco Cioci und Aaron Scott Rang 2, die Vorjahressieger Bell / Sweedler / MacNeil wurden im Scuderia-Corsa-488 #62 Dritte. Der Vorsprung vor dem Beechdean-Aston-Martin betrug am Ende nur noch 1’16, mehr konnte auch der schnelle Ross Gunn in der Schlussphase nicht mehr herausholen. Ein starkes Ergebnis konnte auch das asiatische Clearwater-Racing-Team mit Mok / SAawa / Griffin auf Rang 5 einfahren, ebenfalls auf Ferrari.
In der GTE-Am hatte das Endurance Committee die Balance of Performance nicht ganz so gut hinbekommen wie in der Pro-Kategorie: Die schnellste Rennrunde eines Porsche, eine 3’55.191 von Matteo Cairoli, war zwei Sekunden langsamer als die beste Runde von Rob Bell im TF-Sport-Aston-Martin. Porsche war damit mit dem „alten“ 991-Modell (noch mit Heckmotor) deutlich abgeschlagen gegenüber Aston Martin, Corvette und Ferrari, die auf einem Niveau lagen. Auch bei der idealen Runde – zusammengesetzt aus den besten Sektorzeiten – fehlten dem Top-Porsche #77 etwa 1,3 Sekunden auf die potenzielle Top-Zeit von Aston Martin. Durch das technisch bedingte Zurückfallen des stärksten Porsche fiel dies aber nicht mehr ins Gewicht.
Am Ende gewannen Smith, Vanthoor und Stevens verdient für JMW Motorsport und Teamchef Jim McWhirter hat dem ACO gezeigt, dass man das Team besser nicht noch einmal bei den Einladungen übergehen sollte. Ohne die Probleme für die #98 wäre es ein deutlich spannenderes Rennen in dieser Klasse geworden und ein Reifenschaden ist natürlich besonders ärgerlich. So müssen Paul Dalla Lana, Mathias Lauda und Pedro Lamy, die seit 2014 (Lauda seit `15) zusammen in Le Mans antreten, ein weiteres Jahr auf ihre nächste Chance warten – dann wird es wohl auch in der GTE-Am der letzte Auftritt des guten alten V8 Vantage.
(Bilder: WEC, Porsche, Ferrari, Aston Martin, Screenshot WEC Stream, Larbre Compétition, Vision Sport Agency, ELMS)