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Formula E: Vorschau New York City ePrix – Neuland für den Motorsport

von StefanTegethoff
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Die Formula E schafft das, wovon andere Rennserie seit Jahrzehnten träumen: Sie fährt am Wochenende in New York City – und nicht nur einmal, sondern gleich zweimal.

Der Vanderbilt Cup in den Zwischenkriegsjahren war das letzte große Autorennen, das – zumindest teilweise – im Stadtgebiet von New York City ausgetragen wurde, die Strecken auf Long Island reichten in manchen Variationen bis nach Queens herein. In Queens, genauer in Flushing Meadows, wollte die Formel 1 auch 1983 erstmalig einen Stadt-Grand-Prix in New York austragen, der sich aber wegen Finanzproblemen und Anwohnerprotesten zerschlug. Als Ersatz wurde kurzfristig der erste moderne Grand Prix von Europa in Brands Hatch ausgetragen.

Die IndyCar näherte sich NYC in den Jahren 1984-91 schon bis auf wenige Meilen, als sie achtmal den Meadowlands Grand Prix auf dem Parkplatz des Football-Stadions der New York Giants austrug, das allerdings in New Jersey liegt. Der zu Beginn dieses Jahrzehnts geplante Grand Prix of America der Formel 1 wollte bis an das Ufer des Hudson River heranrücken und im Port Imperial mit der Skyline von Manhattan im Hintergrund aufwarten, doch daraus wurde bekanntlich bis heute nichts. Nicht zustande gekommen war etwa zehn Jahre zuvor auch ein Rennen der IndyCar, die 1992 auf einem Straßenkurs um das World Trade Center herum fahren wollte – zu teuer.

Nun also gelingt es mit der Formula E der ersten Serie, endlich ein großes internationales Rennen in den Big Apple zu bringen, ganz dem eigenen Konzept entsprechend, die Elektro-Renner zu den Menschen in die Großstädte zu bringen. Manhattan ist es nicht geworden – verständlich, wenn man sich den Verkehr auf der dicht besiedelten Insel anschaut – und auch auf das Befahren öffentlicher Straßen verzichtet man; dafür aber wird man die Skyline im Hintergrund haben, denn ausgetragen wird der Doubleheader-ePrix auf dem Gelände eines Kreuzfahrt-Terminals im Hafen von Brooklyn, dem – mit 2,6 Millionen Menschen – bevölkerungsreichsten der fünf New Yorker Stadtteile. Aufgrund der Besonderheit der Formula E, dass eine kurze Strecke ohne lange Geraden genau das ist, was gebraucht wird, wird dieses Rennen also überhaupt erst möglich, denn so braucht man in diesem Falle nicht einmal eine Straße zu sperren.

Das Brooklyn Cruise Terminal bietet auf den ersten Blick kein besonders spannendes Gelände für eine Rennstrecke, es ist eine ebene, weitgehend asphaltierte, aber verschachtelte Fläche, die zwischen den Terminal-Gebäuden unbebaut ist – eine Herausforderung für die Streckenplaner der Formula E. Dabei herausgekommen ist ein 1,95 km kurzer, winkliger Kurs mit zwei 180°-Kehren, zwei engen Schikanen, zwei 90°-Kurven und einer sehr schnellen langgezogenen Links vor Start/Ziel, die wahrscheinlich voll gehen wird. Turn 1 am Ende der auf diese Kurve folgenden Gerade wird wahrscheinlich die beste Überholmöglichkeit darstellen. Die übrigen Geraden sind eher kurz. Doch die Strecke wird vermutlich recht eng sein und Fehler provozieren, die schnell in den TecPro-Barrieren enden können.

New York ohne Buemi

Leider findet der New York ePrix am gleichen Wochenende statt wie das Rennen der World Endurance Championship am Nürburgring. Und leider betrifft dieser Konflikt einige „hochgrangige“ FE-Piloten, die sich für eine der beiden Serien entscheiden mussten. In New York nicht am Start ist darum der Meisterschaftsführende Sebastien Buemi. Sein Vertrag mit Toyota besagt, dass die WEC Vorrang hat, verständlich bei einem Werksfahrer, zumal Buemi dort auch noch Chancen auf die Fahrer-Meisterschaft hat. In der Formula E liegt er mit 157:125 Punkten mehr als einen Rennsieg vor seinem ärgsten Konkurrenten Lucas di Grassi, der in New York am Start sein wird. Es wird von di Grassis Performance in New York abhängen, ob er in Schlagdistanz oder vielleicht sogar als Tabellenführer zum Finale in Montreal – ebenfalls mit zwei Rennen – fährt.

Die Vertretungen machen den Job für den Brasilianer wahrscheinlich etwas einfacher, denn in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Formula E sich handwerklich als eine etwas andere Herausforderung darstellt als „klassische“ Monoposto-Rennserien. An Einheitsprofilreifen, relativ schweren Autos, Lift & Coast und dem Blick auf die Batterieanzeige mussten sich Debütanten bislang zunächst einige Zeit lang gewöhnen, bis sie wirklich Fuß gefasst hatten. Ähnlich wird es auch Pierre Gasly gehen, der Sebastien Buemi im Renault e.dams vertreten wird. Der Red Bull-Nachwuchspilot hat erst einmal einen FE-Boliden getestet und wird aufgrund von Red-Bull-Verpflichtungen auch den Shakedown in New York am Freitag verpassen – damit verliert er wichtige track time. Talent hat der GP2-Champion des Vorjahres, den wir wahrscheinlich in den nächsten Jahren in der Formel 1 sehen werden, aber allemal.

Buemis Toyota-Teamkollege José Maria Lopez wird ebenfalls nicht in New York antreten, sondern seinen LMP1-Verpflichtungen nachkommen. Er liegt bisher auf Rang 7 der Meisterschaft, nach einem durchwachsenen Start in seine Debütsaison fuhr der Argentinier in DS-Virgin-Diensten zuletzt drei Top-Five-Ergebnisse ein, darunter einen zweiten Rang in Paris. Er wird vertreten von Alex Lynn, der mehr FE-Erfahrung hat als Gasly: Lynn testete vor der Saison für Jaguar und war im Gespräch für einen der Plätze dort; den bekam er zwar nicht, aber DS Virgin nahm ihn als Entwicklungs- und Ersatzfahrer ins Team auf.

Lynn ist GP3-Meister 2014 und Macau GP-Sieger 2013, kann also mit Straßenkursen umgehen. Für seine Rolle als Ersatzmann in New York muss er wiederum seinen festen Platz bei G-Drive Racing am Nürburgring frei lassen. Auch sein DS-Virgin-Teamkollege Sam Bird lässt den WEC-Lauf aus, denn Ferrari hat genug qualifizierte GT-Ersatzmänner zur Verfügung, sodass man sich in diesem Fall einigen konnte. Bird, der im Vorjahr noch zu den Top-Fahrern der FE gehörte, hat 2016-17 allerdings eine sehr durchwachsene Saison und liegt nur auf Meisterschaftsrang 8 – auch ein Sieg fehlt ihm in diesem Jahr noch.

So gehen wir also mit etwas anderen Vorzeichen in den New York City ePrix. Auf die Renndebüts von Gasly und Lynn gilt es ein Auge zu haben. Lucas di Grassis Performance wird möglicherweise vorentscheidend für die Meisterschaft sein. Die Frage ist, wer ihn herausfordernd wird: Mahindra hat sich in Berlin erstarkt gezeigt, Felix Rosenqvist, der schon in Marrakesch sein Potenzial aufblitzen ließ, gewann ein Rennen und hätte eigentlich auch das anderen gewinnen müssen, wäre da nicht der Boxenstopp-Patzer seines Teams gewesen. Auch Heidfelds Leistungen waren zuletzt sehr gut. Die beiden Mahindra-Piloten und insbesondere auch Buemis Renault-Teamkollege Nicolas Prost werden sich bemühen, Lucas di Grassi so wenige Punkte zu überlassen wie möglich.

Es geht aufwärts

Mahindra präsentierte am vergangenen Wochenende beim Goodwood Festival of Speed seinen neuen Wagen für die nächste Formula-E-Saison, der – große Überraschung – äußerlich genauso aussieht wie der aktuelle, denn es gibt schließlich ein Einheitschassis. Darunter steckte jedoch der in Entwicklung befindliche Antriebsstrang für Saison #4. Für den Elektro-Rekord beim Hillclimb reichte es trotzdem nicht, den hält weiterhin Jonny Cocker im umgebauten LMP1-Lola von Paul Drayson, der mit 850 PS allerdings auch auf Höchstgeschwindigkeiten ausgelegt war und nicht auf einen 25minütigen Rennstint.

Die Hersteller beißen bei diesem Konzept weiterhin an, in den vergangenen Wochen haben sich zwei deutsche Marken, die bereits involviert sind, auf den werksseitigen Einstieg festgelegt: Audi wird in der kommenden Saison offiziell die Position des Teams einnehmen, das bisher als Abt Schaeffler Audi Sport (recht erfolgreich) antritt – Abt bleibt aber weiterhin Einsatzteam und Schaeffler Technologiepartner. In der fünften Saison wird BMW einen Antriebsstrang für das Andretti-Team bauen und als dessen Partnermarke auftreten. Bereits seit der zweiten Saison bietet BMW technischen Support für das FE-Team von Michael Andretti, und von Beginn an haben die Ingolstädter die Safety Cars der Serie bereitgestellt.

Wann und wo?

Das erste Rennen startet am Samstag um 22 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit, das zweite am Sonntag bereits um 19 Uhr, da man auf das zweite Training am Sonntag verzichtet. Rennen 1 gibt es definitiv live auf DMAX zu sehen; am Sonntag steht ebenfalls 22 Uhr für die Formula E im TV-Programm des Senders – ob es das Rennen nur aufgezeichnet gibt, oder ob hier die neue Zeitplanung noch nicht umgesetzt wurde, kann ich derzeit nicht sagen, hierzu bitte ich den aktuellen TV-Plan zu beachten.

(Bilder: Formula E Media)

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