Mit einer Pole Position und einem Sieg scheint Jason Plato endlich zurück an der Spitze der BTCC zu sein. Sein Subaru-Teamkollege Ashley Sutton holte sich ebenfalls ein Sieg, während BMW-Pilot Colin Turkington die Führung in der Meisterschaft übernahm. Trotz des Sieges von Toyota-Pilot Tom Ingram im dritten Lauf setzte sich in Knockhill die starke Form der heckgetriebenen Autos von Subaru und BMW wie erwartet fort.
Jason Plato war die Erleichterung nach der Qualifikation deutlich anzusehen. Am Ende einer verrückten Zeitenjagd, die auf nasser Piste begonnen hatte und auf abgetrockneter Bahn endete, stand der Subaru mit Startnummer 99 an der Spitze des Zeitentableaus. Insbesondere in den letzten Minuten purzelten die Zeiten im Sekundentakt. Plato hatte den richtigen Riecher und war der letzte der Top-Runner, der für eine schnelle Runde über die Linie ging. Die Pole Position – die 50. in seiner Karriere – war der erste zählbare Erfolg für den Altmeister in einer schwierigen Saison.
Und damit nicht genug: Am Sonntag ließ Plato verlauten, dass man sich nach Auswertung der Daten aus der Qualifikation sehr sicher ist, das Problem, das seinen Subaru seit Anfang der Saison verfolgt, endlich gefunden zu haben. Es soll wohl das Differential gewesen sein, das vom Team anschließend über Nacht getauscht wurde. Platos starke Form am Renntag scheint das Ganze zu untermauern, denn mit neuem Differential an Bord konnte Plato erstmals in dieser Saison das Tempo seines Teamkollegen Ashley Sutton auch im Rennen mühelos mitgehen.
Es wäre natürlich bemerkenswert und erfreulich, wenn es das Team BMR endlich geschafft hat, den berüchtigten „Gremlin“ im Plato-Auto identifiziert und behoben zu haben. Gleichwohl muss ich aber auch Verwunderung darüber ausdrücken, dass es einfach ein defektes Differential gewesen sein soll. Wenn man sich monatelang die Köpfe darüber zerbricht, woher ein exzessives Untersteuern kommt, das sich nicht über die Fahrzeugabstimmung in den Griff bekommen lässt, fängt man erst mal an, sämtliche damit im Zusammenhang stehende Schlüsselkomponenten auszutauschen bevor man die ganze Ursache auf ein vermeintlich krummes Chassis schiebt. Neben ganz nahe liegenden Bauteilen, wie Spurstange, Stabi etc. gehört dazu auch das Ausgleichgetriebe zwischen den Achsen.
Leider gibt es keine genaueren Infos seitens des Teams über die konkrete Art des gefundenen Defekts am Differential. Die nächsten Rennen werden dann zeigen, ob die Probleme am Plato-Auto nun tatsächlich endgültig behoben sind und ob Knockhill nicht doch nur eine Ausnahme war, bei der die Probleme mit dem Untersteuern nicht zu sehr ins Gewicht gefallen sind. Plato berichtete jedenfalls, dass sich das Auto am Renntag komplett anders fuhr als das ganze Jahr über. Nach dem erfolgreichem zweiten Lauf, der auf Platz Zwei endete, richtete er sich am Mikrofon von ITV grinsend an alle Kritiker, die gemutmaßt hatten, er sei mittlerweile schlichtweg zu alt, um an der Spitze mithalten zu können. Louise Goodman von ITV sah sich daraufhin genötigt, bei den Zuschauern um Entschuldigung für die Wortwahl von Plato zu bitten ;-)
Zurück zum Anfang: Neben Platos Pole Position war die Qualifikation ansonsten eine klare Demonstration derer, die in der BTCC derzeit den Ton angeben. Subaru-Teamkollege Ash Sutton komplettierte die erste Startreihe, dahinter reihten sich die beiden BMWs von Colin Turkington und Rob Collard auf, gefolgt von Tom Ingram als bestem frontgetriebenen Auto und James Cole im nächsten Subaru. Die Hecktriebler profitierten in der chaotischen Qualifikation auf der kalten und abtrocknenden Piste natürlich auch davon, dass sie ihre Reifen besser auf Betriebstemperatur bringen können. Local Hero Gordon Shedden konnte seinen schwer beladenen Honda Civic nur auf Startplatz Neun wuchten, Teamkollege Matt Neal fand sich gar nur auf der 21. Position wieder. Beeindruckend war die Leistung von Rookie Senna Proctor im Vauxhall, der sich mit Startplatz Sieben sein bestes Quali-Ergebnis sicherte und Dave Newsham, der seinen Chevrolet auf Rang Acht stellte.
Der erste Lauf war dann an der Spitze eine klare Angelegenheit für die Subarus und BMWs. Die vier Autos von Plato, Sutton, Turkington und Collard setzen sich vom Start weg vom Feld ab und erreichten das Ziel in der Reihenfolge, in der sie losgefahren waren. Den einzigen Positionswechsel unternahmen Plato und Sutton in der vorletzten Runde absichtlich, um Sutton einen Extrapunkt für eine Führunsgrunde zu verschaffen. Das ging aber leider schief, weil die Positionen erst nach Überfahren der Zeitlinie auf Start-Ziel getauscht wurden. In der letzten Kurve überließ Sutton seinem Teamkollegen dann wieder die Führung und Plato holte sich seinen dringend benötigten ersten Saisonsieg.
James Cole, der seine starke Form aus Snetterton konservieren konnte, duellierte sich dahinter fast das gesamte Rennen über mit Tom Ingram und konnte den Toyota schließlich in Runde Zwölf überholen. Ingram sah die Zielflagge als bester Fronttriebler auf Position Sechs – mit mehr als 16 Sekunden Rückstand auf die Spitze. Auf Platz Sieben fuhr Senna Proctor ein einsames aber feines Rennen, in dem er sich lediglich in den ersten Runden mit Dave Newsham und Gordon Shedden auseinandersetzen musste. Rang Acht ging an Adam Morgan, der von Startplatz Zehn losgefahren war und sich erfolgreich an Gordon Shedden und Dave Newsham vorbeiarbeiten konnte. Gegen Rennende tauchte zwar noch der Honda von Matt Neal in Morgans Rückspiegel auf, kam aber nicht mehr in Schlagdistanz.
Matt Neal hatte nach seinem schlechten Startplatz ein kämpferisches Rennen hingelegt, das ihm nach mehreren Überholmanövern Rang Neun einbrachte. Dave Newsham, der lange auf Position Acht lag, sich am Ende aber nicht gegen Morgan und Neal wehren konnte, komplettierte die Top Ten. Erst dahinter sah Gordon Shedden an der Spitze der spannendsten Kampfgruppe des Rennens die Zielflagge als Elfter. Sichtlich vom hohen Zusatzgewicht gebremst, gelang es Shedden immerhin die nachfolgenden Josh Cook, Andrew Jordan, Jack Goff, Árón Taylor-Smith und Tom Chilton hinter sich zu lassen.
Der zweite Lauf begann dann mit einem fulminanten Startunfall. Tom Ingram und Senna Proctor waren sich bereits auf den ersten Metern ins Gehege gekommen. Vor der ersten Kurve steckte dann Matt Neal seine Honda-Nase zwischen die beiden Kontrahenten, was Andrew Jordan im nachfolgenden BMW anscheinend dermaßen beeindruckte, dass er seinen Bremspunkt verpasste und in Neals Heck rauschte. Der Honda ging quer und rutschte in Proctor, dessen Vauxhall sich quer durchs Feld drehte und wiederum Andrew Jordan traf. In der Folge rauschten Autos auf beiden Seiten durch die Auslaufzonen und kollidierten teilweise miteinander.
Für Senna Proctor, Andrew Jordan und Stephen Jelley, der frontal in den stehenden Proctor geknallt war, war das Rennen noch an Ort und Stelle vorbei. Angesichts der Beschädigungen war auch trotz roter Flagge nicht an einen Neustart zu denken. Josh Cook schleppte seinen MG zwar noch zurück zu den Mechanikern, musste aber ebenfalls auf den Restart verzichten. Andere Autos mit leichteren Schäden, darunter Dave Newsham, konnten dagegen in der rund halbstündigen Unterbrechung wieder flott gemacht werden. Als Schuldiger des ganzen Schlamassels machte die Rennleitung Andrew Jordan aus, der mit drei Strafpunkten und einer Geldstrafe belegt wurde. Für den BMW-Piloten war ein mieses Knockhill-Wochenende damit rund gemacht. Bereits in der Quali hatte Jordan es wegen Verkehrs nicht geschafft, eine schnelle Zeit auf der abtrocknenden Piste hinzulegen und war im ersten Lauf im Mittelfeld gefangen.
Nach dem Restart war der zweite Lauf dann auf den vorderen Rängen fast ein Spiegelbild zum ersten. Die vier Subarus und BMWs von Plato, Sutton, Turkington und Collard setzten sich erneut ab; mit etwas Abstand folgte James Cole im nächsten Subaru. Während Turkington und Collard ihre Positionen behielten und weder den Subarus noch sich gegenseitig ernsthaft gefährlich wurden, attackierte Ash Sutton in der zehnten Runde Jason Plato erfolgreich für die Führung. Bemerkenswert: Auch wenn Sutton anschließend seinem fünften Saisonsieg entgegenfuhr, blieb Plato wie ein Schatten an seinem Teamkollegen dran und setzte ihn bis Rennende unter Druck. Nach diesem Lauf, den er zudem mit vollem Zusatzgewicht bestritten hatte, folgte Platos oben bereits angesprochene Ansage an seine Kritiker.
Bester Frontriebler wurde dieses Mal Gordon Shedden auf Rang Sechs. Vom Zusatzgewicht befreit, hatte sich der Lokalmatador bereits in den ersten Runden nach vorne gearbeitet und versuchte erfolglos Jagd auf James Cole zu machen. Diese Situation zeigt eigentlich am eindringlichsten das derzeitige Leistungsgefälle in der BTCC: Auf seiner Heimstrecke, die Gordon Shedden vorwärts wie rückwärts mit verbundenen Augen fahren kann, war der dreimalige Champion mit dem Meisterauto des letzten Jahres nicht in der Lage, an den Subaru von Cole heranzufahren geschweige denn noch weiter zur Spitze aufzuschließen. Am Ende kreuzte Shedden die Ziellinie mit fast drei Sekunden Rückstand auf Cole und mehr als neun Sekunden Rückstand auf Platz Eins.
Hinter Shedden ging es gewohnt kunterbunt zur Sache. Irgendwann in den ersten Runden, als Dave Newsham gerade ein sehenswertes Doppel-Überholmanöver gegen Matt Neal und Tom Ingram abgeschlossen hatte, war fast das gesamte restliche Feld rundenlang wie eine Perlenkette hinter Newsham aufgereiht. Dass solch enges Fighting fast nie ohne Tränen abläuft, bekamen als erste Jack Goff und Àròn Taylor-Smith zu spüren, die in aussichtsreicher Position liegend ausgangs der Hairpin kollidierten und die Segel streichen mussten.
Für Furore sorgte Josh Price, der sich im vierten Subaru Position um Position nach vorne arbeitete und nach der Goff-Taylor-Smith-Kollision in den Top Ten auftauchte. Eine Attacke von Matt Neal gegen Tom Ingram nutze Price seinerseits, um Neal zu attackieren – mit dem schlechteren Ende für Matt Neal, der nach Berührung mit Price am Ende der Start-Ziel-Geraden abflog. Price gelang es in den letzten Runden noch Tom Ingram und Dave Newsham zu überholen und die Ziellinie als Siebter zu überqueren. Damit stand nicht nur ein Subaru-Doppelsieg zu Buche, sondern es waren zunächst sogar alle vier Subarus in den Top Ten platziert. Die Betonung liegt dabei aber auf „zunächst“, denn Josh Price wurde später disqualifiziert, weil er zuvor unter gelber Flagge überholt hatte.
Noch ohne die Price-Disqualifikation eingerechnet, wurden die Top Ten vom Newcomer Rory Butcher im Motorbase-Ford komplettiert. Bei seinem Debüt in der BTCC profitierte Butcher von einem Heimvorteil in besonderem Maße: Als gebürtiger Schotte ist Knockhill nicht nur Butchers Heimstrecke, seinem Vater Derek gehört sogar die ganze Anlage und entsprechend kennt Butcher hier jeden Stein. Und dass Knockhill generell eine Familienangelegenheit ist, zeigt sich daran, dass Butchers Schwester Gillian zusammen mit ihrem Ehemann in der Verwaltung und dem Marketing von Knockhill arbeitet. Besagter Ehemann ist übrigens wiederum Gordon Shedden.
Rory Butcher war in den letzten Jahren vor allem auf der Langstrecke zuhause und bestritt Rennen in der britischen GT-Meisterschaft, Blancpain-Series und ELMS. In der BTCC wird er nun für den Rest der Saison den dritten Motorbase-Ford von Luke Davenport übernehmen, der nach dem schweren Unfall in Croft weiterhin auf dem Weg der Besserung ist. Die Sensation schien für Butcher und das Motorbase-Team perfekt, als ihn die Auslosung der Startaufstellung für den dritten Lauf unvermittelt auf die Pole Position beförderte. Nach der Price-Disqualifikation wurde daraus allerdings Startplatz Zwei und Ant Whorton-Eales im AmD Tuning-Audi erbte die Pole.
Beide Rookies in der ersten Startreihe waren dann im Rennen aber nicht in der Lage, ihre Positionen zu verteidigen. Butcher kam schon beim Start schlecht weg und musste Tom Ingram ziehen lassen, während Whorton-Eales – noch in Führung liegend – in der zweiten Runde mit Aufhängungsschaden zurückfiel – eventuell verursacht durch den attackierenden Ingram oder weil er die Streckenbegrenzer in der Schikane touchiert hatte. Butcher fiel im Rennverlauf ebenfalls einige Positionen zurück, wurde aber am Ende noch guter Neunter. Das Highlight war sicherlich, als er sich zwischen Runde Drei und Fünf mit Gordon Shedden duellierte und es seinem Schwager dabei alles andere als leicht machte.
Nachdem Gordon Shedden in der sechsten Runde Platz Zwei von Dave Newsham erobert hatte, formierte sich dahinter der BMW- und Subaru-Zug mit Collard, Turkington, Cole, Plato und Sutton und fiel ebenfalls über Newsham und Butcher her. Während sich Sutton im Rennverlauf an seinen beiden Teamkollegen vorbeiarbeitete – beziehungsweise vorbei gelassen wurde – begann Rob Collard Gordon Shedden zu attackieren. Der BMW war in der 16. Runde bereits am Honda vorbei, als Shedden doch noch mal konterte und Collard dadurch neben die Strecke geriet, was wiederum Colin Turkington auf Platz Drei vorrücken ließ.
Dass Shedden die beiden BMWs aufhielt, half derweil Tom Ingram, der sich an der Spitze um mehr als acht Sekunden abgesetzt hatte. Zwei Safety Car-Phasen wegen der Bergung der Autos von Ollie Jackson und Will Burns machten diesen Vorsprung kurz vor Rennende jedoch zunichte und es wurde für Ingram noch mal unverhofft spannend. Da Shedden nach beiden Restarts aber weiterhin die BMWs beschäftigte, konnte Ingram sich beide Male um einige Wagenlängen absetzen und blieb in den letzten Rennrunden fehlerfrei. Nach einigen schwierigen Rennen tat der dritte Saisonsieg dem Toyota-Piloten sichtlich gut und festigt seine fünfte Position im Meisterschaftsklassement.
Gordon Shedden verteidigte derweil seinen zweiten Platz erfolgreich gegen Colin Turkington, während Rob Collard dahinter Rang Vier in der letzten Runde in der Schikane wegschmiss und nach Exkursion durchs Kiesbett nur Elfter wurde. Platz Vier erbte somit Ash Sutton gefolgt von seinen Teamkollegen James Cole und Jason Plato. Rang Sieben holte sich Mat Jackson, der damit erstmals an diesem Wochenende Punkte holen konnte. Sein guter zwölfter Startplatz hatte Jackson zuvor im ersten Lauf nichts gebracht, da er bereits in der Einführungsrunde mit technischem Defekt ausfiel und im zweiten Lauf nicht über Platz 16 hinaus kam. Hinter Jackson landete sensationell Matt Neal, der nach dem Ausfall im zweiten Lauf in einer kämpferischen Fahrt das halbe Feld überholt hatte. Rory Butcher und Dave Newsham komplettierten die Top Ten.
Die Führung in der Meisterschaft hat Gordon Shedden trotz des zweiten Platz im dritten Lauf verloren. Nach den drei in Knockhill eingefahrenen dritten Plätzen führt nun Colin Turkington mit vier Punkten vor Ashley Sutton. Shedden liegt mit zwölf Punkten Rückstand auf dem dritten Platz, gefolgt von Rob Collard mit 17 Punkten Rückstand. Tom Ingram ist „Best oft he rest“, hat aber trotz des Sieges schon 61 Punkte Abstand zur Tabellenspitze. Es spitzt sich also immer mehr auf einen Meisterschaftskampf zwischen Turkington, Sutton, Shedden und Collard zu.
Tom Ingram führt immerhin die Independent-Wertung an, während BMW sowohl in der Hersteller- und Teamwertung die Nase vorn hat. Senna Proctor ist weiterhin bester Rookie in der Jack-Sears-Trophy. Alle Ergebnisse aus Knockhill sowie die gesamten Stände in der Meisterschaft können auf der Website von TSL abgerufen werden.
Die BTCC macht als nächstes am 27.8. Station in Rockingham. Der Kurs in Northamptonshire gilt als besonders reifenverschleißend und dementsprechend wird hier nicht der weiche Reifen als Optionsreifen zum Einsatz kommen, sondern die härtere Reifenmischung. Das dürfte vor allem die Fronttriebler freuen, die, wie schon bei der Snetterton-Analyse beschrieben, mit dem weichen Reifen ihre Probleme haben.