Alle schönen Dinge gehen irgendwann mal zu Ende: An diesem Wochenende wird die Super GT die vorerst letzte Ausgabe des International Suzuka 1000km bestreiten. Ab dem kommenden Jahr geht die Tradition des japanischen Langstreckenklassikers in Form eines 10-Stunden-Rennens für GT3- und GT300-Fahrzeuge in Kooperation mit der SRO weiter. Ein besonderes Feuerwerk zum Abschluss: Sowohl Jenson Button als auch Kamui Kobayashi feiern in Suzuka ihr Super-GT-Debüt.
The Final ist nicht nur der Titel eines Liedes der japanischen Rockband Dir en Grey, sondern auch der Name der letzten 1000-Kilometer-Ausgabe des Langstreckenklassikers in Suzuka. Wenn am Sonntagabend japanischer Zeit die sprichwörtlichen Feuerblumen den nächtlichen Himmel über der Grand-Prix-Strecke erhellen werden, heißt es Abschied einer 51-jährigen Tradition zu nehmen. Es ist das Ende eines wichtigen Kapitels des japanischen Motorsports, welches über die in dieser Saison nunmehr 46. Ausgabe viele unterschiedliche Gesichter hatte – nationale wie auch internationale. Ab 2018 wird für Nippons großes Rennen eine neue Ära eingeleitet. Nicht mehr als Super-GT-Lauf und auch ohne GT500-Beteiligung, lebt die Tradition in der offiziell 47. Ausgabe als 10-Stunden-Rennen für GT3- wie auch GT300-Fahrzeuge weiter. Letztere erhalten zusammen mit der ST-X-Klasse der Super Taikyu, welche abseits des schrillen Namens ebenfalls eine GT3-Kategorie ist, somit eine Startberechtigung, was offiziell als weltweit erstes Aufeinandertreffen der europäischen und japanischen GT-Kategorien angepriesen wird, obgleich zumindest der GT300-Prius bei der letztjährigen 12-Stunden-Ausgabe in Sepang dieser Herausforderung bereits stellte.
Die GT Association (GTA) tritt als Kooperationspartner in den Hintergrund. Stattdessen arbeitet der Streckenbetreiber Mobilityland mit Stéphane Ratels SRO zusammen, welche das Rennen austragen wird. Für viele internationale Fans verkam der Franzose deshalb auch zum Buhmann, dass er den Kronjuwel der Super GT stahl, nur um sein eigenes Imperium zu vergrößern. Und obwohl dies durchaus Stoff für eine unterhaltsame Manga-Geschichte liefern könnte, so sieht die Wahrheit etwas anders aus. Vielmehr war es der Wunsch der Suzuka-Betreiber, dem Hochsommer-Klassiker wieder einen internationalen Anstrich zu verleihen, nachdem das Rennen wegen des gesunkenen globalen Interesses 2006 offiziell Teil des Super-GT-Kalenders wurde. Ein sinniger Schritt, haben die GT500-Teams die Jahre zuvor bereits das Feld aufgefüllt. Der Plan könnte in Erfüllung gehen: Auf einer Pressekonferenz am Freitag verkündete Stéphane Ratel, dass man sich insgesamt 50 Teilnehmer aus der ganzen Welt erhofft. Neben dem globalen Interesse haben Toyota mit dem Prius sowie Lexus RC F GT3, Honda mit dem NSX GT3 wie auch Nissan mit dem 2018er-Modell des GT-R GT3 ihre Teilnahme bestätigt. Um den globalen Anreiz zu erhöhen, wurde das Rennen, entgegen der ursprünglichen Pläne, nun doch in den Kalender der International GT Challenge aufgenommen. Damit nimmt Suzuka den Platz der in den letzten Jahren strauchelnden 12-Stunden-Hatz von Sepang ein. Der Malaysia-Klassiker wanderte stattdessen in den neu gegründeten Asia Pacific 36 Endurance Cup, dessen weitere Stationen in Bathurst sowie einem weiteren 12-Stunden-Rennen im neuseeländischen Hampton Downs liegen. Weitere Informationen zu den nächstjährigen 10 Stunden von Suzuka wie beispielsweise dem Format sowie Pirelli als Einheitsreifenausstatter lassen sich auf der offiziellen SRO-Webseite finden. Die Super GT bleibt dem Suzuka Circuit natürlich auch im kommenden Jahr erhalten, wenn der 300-Kilometer-Lauf, der bis 2010 fester Bestandteil des Kalenders war, seine Rückkehr feiern wird. Ein Ersatz für den Langstreckenklassiker wurde ebenfalls gefunden: So wird die Distanz des zweiten Fuji-Auftritts im Sommer auf 500 Meilen (rund 800 Kilometer) erhöht. Damit wird Toyotas Haus- und Teststrecke am Fuße des japanischen Wahrzeichens kommende Saison der Austragungsort der 500er Zwillinge: dem traditionsreichen 500-Kilometer-Rennen währen der Golden Week im Mai sowie den 500 Meilen im August. Dank der Distanz von über 700 km wird die GTA, entsprechend des sportlichen Reglements, für das zweite Fuji-Gastspiel dann auch mehr Punkte vergeben können. Besagte Punkteausbeute ist wichtig, da die 1000-Kilometer-Hatz in Suzuka nicht nur mit viel Prestige verbunden, sondern auch ein essentieller Faktor im Meisterschaftskampf war.
2018 schlägt Suzuka somit ein neues Kapitel auf, ohne aber dabei die eigene Tradition zu vergessen. Die Geschichte des Rennens geht nämlich weit zurück. Drei Jahre nach dem ersten Formel-1-Grand-Prix in Japan fand 1966 erstmals der Langstreckenklassiker auf dem Suzuka Circuit statt, als Sachio Fukuzawa und Tomohiko Tsutsumi im legendären Toyota 2000GT obsiegten. Während das Rennen bis 1982 noch ohne Meisterschaftsintegrierung stattfand, wurde es im folgenden Jahr Teil der innerländlichen All Japan Sports Prototype Championship, in der hauptsächlich Fahrzeuge der legendären Gruppe C sowie IMSA-GTP-Prototypen fuhren. Nachdem die Japanese Automobile Federation (JAF) die JSPC Ende 1992 auflöste und im darauffolgenden Jahr die JGTC (die sich bekanntlich 2005 in die heutige Super GT umbenannte) gründete, wanderte das 1000-Kilometer-Rennen bereits 1992 zu der sich in ihrem finalen Atemzug befindlichen Sportwagen-Weltmeisterschaft (WSC) über. Nachdem das Rennen 1993 dann einmalig Teil des JGTC-Kalenders war, spazierte es 1994 zur BPR Global GT Series, dem Vorgänger der 1997 gegründeten FIA GT. Die Abkürzung BPR stand für die Nachnamen der Seriengründer: Jürgen Barth, Patrick Peter und dem GT-Visionär, Stéphane Ratel. Lediglich in den Jahren 1996 und 1997 waren die 1000 Kilometer in die FIA-GT-Meisterschaft integriert. In den darauffolgenden Jahren fand der Langstreckenklassiker hingegen wie in den Anfangsjahren als unabhängiger Event statt, an dem hauptsächlich die Teams der JGTC um die Krone Nippons rasten. Zwar waren die GT500- sowie GT300-Boliden (ab 1999) in den Jahren zuvor als Gaststarter ebenfalls startberechtigt, was allerdings nur wenige Teams auch tatsächlich nutzten. 2006 fand das damals „Internatonal Pokka 1000 km“ genannte Rennen im Kalender der Super GT endlich seine neue Heimat. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise zur Senkung der hohen Kosten sowie zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes, reduzierte man die Renndistanz im Jahr 2009 auf 700 km. Um nach der verheerenden Naturkatastrophe im März 2011 Energie zu sparen, wurde das Rennen auf 500 km gekürzt. Bereits ein Jahr später feierte die volle Distanz über 1000 km jedoch glücklicherweise bereits ihre Rückkehr. Nachdem sich der jahrelange Hauptsponsor Pokka Sapporo Ende 2013 zurückzog, kommt der Langstrecken-Klassiker seit nunmehr drei Jahren allerdings ohne Hauptsponsor aus.
Die meisten Siege hat Kunimitsu Takahashi inne, der den Hochsommer-Klassiker insgesamt vier Mal (1973, 1984, 1985, 1989) gewann. Takahashi mag international zwar nicht so bekannt wie Satoru Nakajima, Aguri Suzuki oder Kazuyoshi Hoshino sein, dennoch ist auch er eine Legende des japanischen Motorsports. Oftmals als der „Vater des Drifts“ bezeichnet, nahm er 1977 am Japan-Grand-Prix der Formel 1 teil. Bei seinem einzigen F1-Rennen übernahm er das Steuer des gleichen Tyrells, den ein Jahr zuvor Kazuyoshi Hoshino pilotierte, und erreichte den neunten Platz. Takahashis Karriere begann zunächst jedoch im Motorradrennsport, wo er 1961 in Hockenheim auf einer 250cc-Maschine von Honda als erster Japaner ein Grand-Prix-Rennen gewann. Es sollten noch drei weitere Siege folgen, ehe er sich 1962 beim Isle of Man TT schwer verletzte und 1965 in den Automobil-Rennsport wechselte. Neben seiner Karriere in der Japanese Formula 3000 nahm Kunimitsu Takahashi zwischen 1986 und 1996 achtmal an den 24 Stunden von Le Mans teil. Den größten Erfolg erreichte er dort 1995, als er in einem Honda NSX die GT2-Klasse gewann. Von 1993 bis 2007 war Takahashi außerdem der Vorsitzende der GTA und damit direkter Vorgänger von Masaaki Bandoh. Aus deutscher Sicht gewannen erst drei Piloten den Suzuka-Klassiker: 1997 Marcel Tiemann, zusammen mit Alessandro Nannini im Mercedes-Benz CLK-GTR, 1998 Bernd Schneider, zusammen mit Mark Webber im Mercedes-Benz CLK LM sowie 2007 André Lotterer, zusammen mit Juichi Wakisaka und Oliver Jarvis.
Der Suzuka Circuit selbst benötigt keine große Einführung. Zusammen mit dem Fuji Speedway stellt die Strecke den international bekanntesten Kurs Japans dar. Viele Fans und Fahrer bezeichnen die 5,807 km langen Circuit als eine der besten Rennbahnen der Welt. Die außergewöhnliche und einmalige Form einer Acht sowie die insgesamt 17 Kurven mit Namen wie Degner (benannt zu Ehren des 1983 verstorbenen Motorrad-Rennfahrers Ernst Degner, der just an dieser Stelle 1963 einen schlimmen Feuerunfall erlitt), Spoon, Dunlop, aber auch Hairpin sowie natürlich die schnelle 130R entzücken Fans sowie Fahrer gleichermaßen. Jene 130R ist es allerdings auch, die nicht nur als schnelle und gefährliche (Mut-)Kurve gilt, sondern über die Jahre auch mehrmals nach schweren Unfällen aus Sicherheitsgründen umgebaut wurde. Während die Kurve mit der vergrößerten, asphaltierten Auslaufzone für Autorennen sicherer wurde, verstarb beim MotoGP-Japan-Grand-Prix Daiijiro Kato, als er wegen eines technischen Defekts in der 130R die Kontrolle über seine Maschine verlor. Es war das letzte Suzuka-Rennen der Motorrad-Weltmeisterschaft, ehe man aus Sicherheitsgründen auf den deutlich langsameren und für Motorräder wohl auch sichereren Straßenkurs des Twin Ring Motegi wechselte.
Suzuka ist auch jener Ort, an dem die NASCAR 1996 sowie 1997 ihre beiden NASCAR-Thunder-100-Einladungsrennen auf dem 2,3km langen Ostkurs austrug, auf dem auch die WTCC von 2011 bis 2013 unterwegs war. Während das Rennen 1997 aufgrund des erstmaligen Einsatzes von Regenreifen in die Geschichte des NASCAR Sprint Cup einging, verstarb im Jahr zuvor Pace-Car-Fahrer Elmo Langley auf tragische Weise, als er in den S-Kurven während einer Evaluierungsrunde einen Herzinfarkt erlitt.
Im Folgenden eine Onboard-Aufnahme von der Pole-Position-Runde des Upgarage Bandoh 86 MC aus der GT300-Klasse von 2016:
Anders als in den beiden vergangenen Jahren soll es an diesem Wochenende trocken bleiben. Lediglich ein geringes Regenrisiko von rund 20% wird von den Meterelogen für den Rennsonntag prophezeit. Statt mit wechselnden Bedingungen wie just letzte Saison werden sich die Piloten heuer deshalb wohl lediglich mit den heißen wie auch schwülen Temperaturen von über 31 Grad herumplagen müssen. Dies wird selbstredend nicht nur ein Test für Mensch und Maschine, sondern auch für die Reifen.
GT500
Es war ein langes hin und her. Kommt er, oder kommt er nicht? Fährt er die gesamte Saison oder nur in Suzuka? Im Juni dann die Gewissheit: Jenson Button wird am Steuer des Motul Mugen NSX-GT sein Super-GT-Debüt bei den finalen 1000 km von Suzuka feiern. Mit ihm kamen die Schlagzeilen, die selbstredend zwar nicht das gleiche Ausmaß wie Fernando Alonsos Indianapolis-500-Abenteuer annahmen, die internationale Aufmerksamkeit aber doch gen Japan richtete. Button ist der erste ehemalige Formel-1-Weltmeister, der in der schnellsten GT-Serie der Welt antreten wird. Die Umstellung könnte nicht krasser sein: Es wird sein erstes Rennen, bei dem nicht nur ein Dach über dem Kopf hat, sondern den Boliden auch mit seinen beiden Teamkollegen Hideki Mutoh sowie Daisuke Nakajima teilen muss. Der Brite gab sich nach den ersten Testfahrten im Juni dieses Jahres jedenfalls begeistert, verglich des Fahrverhalten seines über 650 PS starken Honda-Gefährts gar mit jenem der Formel 1. Es ist wahrlich keine einfache Herausforderung für den 15-fachen Grand-Prix-Sieger, der sich nicht nur an das Auto, sondern auch an die speziellen Gegebenheiten der Super GT gewöhnen muss. Im Vorfeld sprach er über den Reifenkrieg sowie insbesondere den GT300-Verkehr. Vor allem letzterer kann durchaus rennentscheidend sein, da die GT500-Veteranen nur selten zögern, um an den Fahrzeugen der „kleinen“ Klasse vorbeizuziehen. Trotz aller Euphorie, insbesondere in Japan, wo Button als langjähriger Honda-Werksfahrer ein hohes Ansehen bei seinen zahlreichen Anhängern genießt, gab sich der Formel-1-Weltmeister von 2009 bei einem Fan-Treffen diese Woche realistisch. Zwar fühlte er sich auf Anhieb im Wagen wohl, musste aber dennoch eingestehen, dass seine Rundenzeiten etwas langsamer als jene seiner beiden erfahrenden Teamkollegen während der Testfahrten ausfielen. Zudem erklärte er, dass man mit dem Yokohama-Gummi nicht unbedingt den derzeit besten Reifen im Feld habe und deshalb dem derzeitigen Pneu-Favoriten Bridgestone etwas hinterherhinke. Nichtsdestotrotz wird der Brite seinen Super-GT-Ausflug mit Sicherheit genießen. Möglicherweise könnte es sogar nicht bei einer einmaligen Ausfahrt bleiben. Für 2018 strebt der Brite ein Vollzeit-Comeback an, möchte sich aber nicht festlegen, ob dies in Japan oder den USA (Stichwort Acura-DPi sowie NSX GT3 in der IMSA) sein wird.
Mit lediglich 14 kg Gewichts-Handicap ist Buttons Motul Mugen NSX-GT einer der leichtesten GT500-Flitzer an diesem Wochenende. Noch weniger Ballast schleppen lediglich die Markenkollegen Bertrand Baguette und Kosuke Matsuura im Epson NSX-GT mit sechs Kilogramm mit sich. Ohne Regen dürfte es dem Dunlop-bekleideten Boliden von Nakajima Racing jedoch schwerfallen, um den Sieg mitzufahren. Nicht nur seit dem sensationellen Sieg am Fuji Speedway des ARTA NSX-GT (Tomoki Nojiri / Takashi Kobayashi) Anfang August, der eine 23-monatige Triumphdürre beendete, gilt Honda als einer der Hauptfavoriten auf den Rennsieg. Während die Fuji-Triumphanten in den letzten beiden Rennen mit jeweils zwei Pole-Positions das definitiv schnellste Auto besaßen, müssen sie sich beim Saisonhöhepunkt in Suzuka mit 62 Extrakilos sowie der ersten Stufe des Benzinflussbegrenzers herumschlagen. Dies könnte den Weg für den Raybrig NSX-GT (Naoki Yamamoto / Takuya Izawa) eröffnen, die lediglich 44 kg Ballast an Bord haben und deshalb noch ohne der ersten Ausbaustufe des Benzinflussbegrenzers antreten. Naoki Yamamoto war Teil des letzten Honda-Sieges beim Langstreckenklassiker im Jahr 2013, als er zusammen mit Frédéric Makowiecki im HSV-010 GT triumphierte. 2017 zeigte das Duo bislang zwar eine gute Performance. Am Ende fehlte es den beiden Japanern jedoch an Rennglück, wodurch bessere Resultate abseits eines Bronzerangs in der Autopolis ausblieben. Ein Sieg des Ensembles würde zudem einen passenden Abschluss für Teambesitzer und Suzuka-Rekord-Champion Kunimitsu Takahashi bedeuten, der mit insgesamt vier Triumphen zwar die ewige Bestenliste des Langstreckenklassikers anführt, als Teamchef jedoch noch nie obsiegen konnte.
Ein noch größeres Pech hatten dieses Jahr lediglich Koudai Tsukakoshi / Takashi Kogure (Keihin NSX-GT), die entweder unverschuldet in Unfälle verwickelt waren oder schlichtweg von der Defekthexe heimgesucht wurden – so auch in den vergangenen beiden Rennen im Sportsland Sugo sowie am Fuji Speedway. Einziger Lichtpunkt war bislang der zweite Rang in der Autopolis, der den wahren Speed des Duos offenbarte. Die schöne Naturbahn in Kyūshū stellte gleichzeitig auch den Wendepunkt für die japanische Traditionsmarke dar, als die GTA Eingeständnisse beim Mindestgewicht des Honda NSX-GT machte und jenes um 15 kg auf 1034 kg senkte. Seitdem wirkt die Honda-Flotte wie ausgewechselt, was auch auf die Weiterentwicklung des einstigen Hybrid-Boliden zurückzuführen ist. Mit 36 kg Erfolgsballast zählt der Keihin NSX-GT zu einem der leichtesten Fahrzeuge im Feld. Sollte man das Pech der vergangenen beiden Rennen abschütteln können, dürfte man zu einen der Hauptfavoriten an diesem Wochenende zählen.
Seit der Einführung des Turbo-Motors sowie dem Beginn der technischen Kooperation mit dem Deutschen Tourenwagen Masters (DTM) im Jahr 2014 dominierte Lexus den Langstreckenklassiker in Suzuka. Am erfolgreichsten war hierbei der Flaggschiff-Team TOM’s mit ihrem #36 Wagen (au TOM’s LC500 in diesem Jahr), mit dem man gleich zweimal gewann sowie einmal den Bronzerang einfuhr. Teil des Erfolgsrezeptes dürfte durchaus das vergleichsweise geringe Gewichts-Handicap gewesen sein. Ein Vorteil, den man in diesem Jahr eventuell nicht ausspielen kann. Mit 88 kg Übergewicht haben Kazuki Nakajima und James Rossiter, die zusammen 2014 gewannen (Rossiter führt die Meisterschaftstabelle derzeit alleine an, da Nakajima ein Rennen wegen einer Überschneidung mit der WEC verpasste) das schwerste Fahrzeug im Feld. Zwar bedeutet dies nach den diesjährigen Regeln lediglich ein effektives Gewicht von 38 kg, dafür bekommen sie aber die dritte und finale Ausbaustufe des sogenannten fuel restrictors verbaut, welcher den Benzinfluss von normalerweise 95 kg/h auf 87,4 kg/h verringert. Dies dürfte sich insbesondere auf der langen Start- und Ziel- wie auch der Gegengeraden als Nachteil herausstellen, wohingegen wegen des geringeren Gewichts ihr Vorteil im kurvenreichen ersten Sektor liegen könnte. Mit mindestens fünf vorgeschriebenen Pflichtboxenstopps, bei denen auch der Fahrer gewechselt werden muss, können jene Teams mit verbauten Benzinflussbegrenzer zudem nicht den geringen Spritverbrauch ausnutzen, um beispielsweise einmal weniger als die Konkurrenz zu stoppen. Eine Übersicht über die GT500-exklusive Erfolgsballast-Rechnung (die GT300 bekommt lediglich reines Gewicht bis zu 100 kg ohne Benzinflussbegrenzer verbaut) findet ihr in unserer handlichen Tabelle.
Auferlegtes Gewichts-Handicap | 0-50 kg | 51-67 kg | 68-84 kg | 85-100 kg |
Fahrzeuggewicht | 0-50 kg | 34-50 kg | 34-50 kg | 35-50 kg |
Benzinflussbegrenzer | 95.0 kg/h | 92.4 kg/h | 89.8 kg/h | 87.4 kg/h |
Keine einfache Aufgabe somit für Toyotas Edelmarke, deren Mutterkonzern mit insgesamt 13 Siegen der erfolgreichste Hersteller in der Geschichte des International Suzuka 1000km ist. Ähnlich dem au TOM’s LC500 ergeht es auch dem Schwesterwagen KeePer TOM’s LC500 von Ryo Hirakawa und Nick Cassidy, die mit 84 Extrakilos lediglich vier Kilogramm leichter sind, damit aber noch unter der 85-Kilogrammschwelle für die dritte Ausbaustufe des Benzinflussbegrenzers liegen. Im Klartext: Der Benzinfluss des japanisch-neuseeländischen Duos beträgt in Suzuka 89,8 kg/h, wohingegen ihr Gewicht 50 kg auf die Waage bringt. Dahinter verbirgt sich eine wohlüberlegte Kalkulation des Teams, die nach Angaben von Ryo Hirakawa mit Absicht ein schlechteres Ergebnis am Fuji Anfang August in Kauf nahmen, nur um mit mehr Benzinfluss in Suzuka starten zu können. Hierfür ließ man in den finalen Runden den Calsonic Impul GT-R ziehen und begnügte sich mit dem sechsten Platz. Eine gewagte Strategie der Tabellendritten, die sich wegen des geringen Punkteabstands (die Top 5 trennen derzeit lediglich drei Zählerchen) sowie der Gefahr eines suboptimalen Suzuka-Rennens am Ende des Jahres rächen könnte, wenn genau dieser eine verschenkte Punkt von Fuji fehlen würde. Solche Rechenspielchen mit dem Gewichts-Handicap sind in der Super GT unüblich, was die Entscheidung von TOM’s umso interessanter macht.
Die erste Saisonhälfte wurde von Lexus mit gleich vier Siegen, davon einem historischen Sechsfachtriumph beim Auftakt in Okayama, dominiert. Besagte Dominanz bröckelte bereits im Sportsland Sugo, fiel letztlich aber erst beim Heimspiel auf dem Fuji Speedway, als der ARTA NSX-GT von der Pole-Position aus zum Sieg raste. Das Gesamtbild erinnert deshalb ein wenig an vorherige Saison, als Nissan als dominante Marke nach Suzuka reiste – und Lexus die Wende mit einem Sieg durch Yuji Tachikawa / Hiroaki Ishiura (dieses Jahr im Zent Cerumo LC500) einleitete. Wird sich die Geschichte in verdrehten Rollen wiederholen? Lexus-Gespann Heikki Kovalainen / Kohei Hirate (Denso Kobelco SARD LC500) sprintete jedenfalls zum Titelgewinn, auch weil die heißesten Anwärter Tsugio Matsuda / Ronnie Quintarelli (Motul Autech GT-R) im finalen Saisonabschnitt patzten. Mit gleich vier der sechs LC500 im Handicap-Bereich der 80 kg (der au TOM’s LC500 sowie Wako’s 4CR LC500 sind die einzigen, welche die dritte Stufe des Benzinflussbegrenzers verbaut bekommen) könnte sich Lexus an diesem Wochenende schwertun, den vierten Sieg in Folge zu erringen. So gewann seit 2006 kein Team mit mehr als 48 kg an Gewichts-Handicap den Suzuka-Klassiker. Was sich insbesondere im Qualifying bemerkbar macht, glich sich insbesondere seit 2014 jedoch im Rennen wieder aus, indem selbst die schwersten Fahrzeuge Top-Resultate einfuhren. So auch der Motul-Nissan, der 2014 mit 84 Extrakilos auf den Silberrang düste. Damals kam jedoch noch ein anderes Handicap-System in der GT500-Klasse zum Einsatz, weshalb noch unklar ist, welchen Einfluss das diesjährige System auf die insgesamt 173 Runden haben wird.
Dieser Umstand könnte der größte Vorteil des WedsSport Advan LC500 sein, der 26 Zusatzkilos ins Rennen gehen. Doch nicht nur wegen dieses Umstandes werden viele Augen auf den blauen Lexus gerichtet sein. Bereits im Vorfeld machte das kleine Team von Masataka Bandoh, welches 2016 in Thailand seinen allerersten GT500-Sieg einfuhr, wegen der Verpflichtung von Kamui Kobayashi als dritten Fahrer an der Seite von Yuhi Sekiguchi und Yuji Kunimoto für Schlagzeilen. Just fünf Jahre nach seinem sensationellen Podiumserfolg beim japanischen Formel-1-Grand-Prix mit Sauber feiert der Toyota-Werkspilot somit sein Debüt in der Super GT. Anders als sein ehemaliger Formel-1-Kollege Jenson Button ist der aus Amagasaki stammende Japaner mit LMP1- sowie GT-Erfahrung ausgestattet. Das Langstreckenglück war heuer allerdings noch nicht an seiner Seite. Auf den neuen Streckenrekord bei den 24 Stunden von Le Mans folgte das mittlerweile zuhauf dokumentierte „Unglück mit dem falschen Streckenposten“; bei seiner GT3-Premiere mit der japanischen Truppe von Goodsmile Racing bei den 24 Stunden von Spa verunfallte er in der Eau Rouge, so dass das Team ein Extra-Chassis organisieren musste. Kobayashi stellt die perfekte Mischung aus der aggressiven respektive überlegten Fahrweise seiner beiden Teamkollegen Yuhi Sekiguchi und Yuji Kunimoto dar. Einziges Fragezeichen: die zum Einsatz kommenden Yokohama-Reifen.
Obgleich der erste Sieg, ganz im Gegensatz zur letztjährigen Saison, heuer noch auf sich warten lässt, reist Nissan mit viel Rückenwind nach Suzuka. Grund ist die absolute Bestzeit des Motul Autech GT-R (Tsugio Matsuda / Ronnie Quintarelli) bei den offiziellen Testfahrten Anfang Juli. Grund für die derzeitige Misere sei laut der Yokohamer das 2,0 Liter Turboaggregat gewesen, das insbesondere an einem Haltbarkeitsproblem litt. Diese Probleme sei mit der seit dem Lauf im Sportsland Sugo verbauten Evolutionsstufe beseitigt worden. So gab Tsugio Matsuda gegenüber den japanischen Medien zu Protokoll, dass man nun in der Lage sei, anzugreifen. Auf die Worte folgten Taten – mit einem zweiten Platz am Fuji Speedway Anfang August. Und obgleich der rote Werks-Nissan 2017 bislang noch nicht in die Siegerstraße einbog, sammelte das japanisch-italienische Fahrer-Duo fleißig Punkte und befindet sich derzeit mit lediglich drei Zählerchen Rückstand auf dem fünften Tabellenrang. Der Nebeneffekt: Mit 82 kg hat NISMO eines der schwersten Fahrzeuge im Feld, wenngleich man lediglich die zweite der drei Benzinflussbegrenzer-Stufen installieren muss.
Deutlich leichter sind hingegen die Markenkollegen Satoshi Motoyama / Katsumasa Chiyo (46 kg) im S Road Craftsports GT-R. Zusammen mit dem Motul Autech GT-R sind sie die einzigen beiden Michelin-bekleideten Boliden im Feld, deren Gummi in der Vergangenheit insbesondere bei heißen Temperaturen besonders gut funktionierte. 2016 düste Serien-Veteran Satoshi Motoyama zusammen mit Mitsunori Takaboshi auf den Bronzerang, nachdem Katsumasa Chiyo (gewann 2015 in der GT300-Klasse) sich das Rennen verletzungsbedingt von der Reservebank aus ansehen musste. Der Sieg beim prestigereichsten Rennen des japanischen Motorsports blieb Motoyama während seiner 18-jährigen Karriere bislang verwehrt. Vielleicht klappt es nun bei den finalen 1000 Kilometern endlich? Es wäre jedenfalls der noch letzte ausstehende Punkt auf Motoyamas famoser Erfolgsliste.
Ebenfalls bislang sieglos beim Suzuka-Klassiker ist Joao Paulo de Oliveira, der zu Beginn des Jahres zurück zu seinem alten Team Kondo Racing an die Seite von Daiki Sasaki wechselte. Das Gespann erlebte mit bislang lediglich drei Zählern keinen guten Saisonstart, was im Kontrast zur letztjährigen Performance des Forum Engineering GT-R mit zwei Siegen steht. Für Suzuka muss man zwar lediglich sechs Kilogramm an Zusatzballast aufladen. Unklar ist jedoch, wie gut die Yokohama-Pneus bei der Hitze funktionieren werden – der letztjährigen Trumpfkarte des Teams. Ähnlich holprig verlief der Saisonstart für GT500-Rookie Jann Mardenborough an der Seite von Hironobu Yasuda im ikonischen Calsonic Impul GT-R. Lediglich auf Tabellenrang zwölf liegend, fuhr das Ensemble zuletzt am Fuji Speedway mit dem fünften Platz ihr bislang bestes Saisonresultat ein. Der Trend scheint somit nach oben zu zeigen – und mit lediglich 26 kg Erfolgsballast zählt der Bridgestone-bekleidete blaue Calsonic-Nissan zu einem der leichtesten Fahrzeuge im Feld.
Festzuhalten bleibt somit, dass viele Fragezeichen über dem Suzuka Circuit an diesem Wochenende schweben. Eine Vorhersage, wie so häufig bei der Super GT, erscheint schwierig. Während Kamui Kobayashi und insbesondere Jenson Button mit ihren Debüts für Schlagzeilen sorgen, tobt der harte Kampf um die Meisterschaftskrone. Wer auch immer am Ende die Siegertrophäe entgegennehmen sowie das traditionelle Feuerwerk einleiten darf: Der Sieg wird starke Auswirkungen auf den Titelkampf haben. Vielmehr: Die Sieger werden sich in die Geschichtsbücher eintragen, als die letzten Triumphanten des International Suzuka 1000km.
GT300
Für lange Zeit befand sich die GT300 im Schattendasein der GT500-Klasse. Zumindest auf dem Papier wird sie 2018 aus dieser Herausbrechen können, wenn die neue Ära des Hochsommer-Langstreckenklassikers mit den 10 Stunden von Suzuka eingeleitet wird. Wie viele der GT300-Teams letztlich das Prestige-Abenteuer wagen werden, lässt sich nur schwer abschätzen. Erhöhtes Interesse seit laut einigen japanischen Insidern jedoch bereits zu vermelden. Und somit könnte die finale Ausgabe des International Suzuka 1000km quasi als Vorspann zu einer viel größeren Episode für besagte Teams angesehen werden, wenn sie ihr Revier gegen die internationalen Mannschaften aus dem Rest Asiens, Europa oder den USA verteidigen werden.
Somit werden sich insgesamt 30 Fahrzeuge in die Schlacht um den Klassensieg werfen. Die Charakteristik des Suzuka Circuit kommt dabei selbstredend den JAF-GT entgegen. Diesen Umstand machte sich insbesondere Subaru R&D Sport zugute, indem man vier der letzten sieben Ausgaben gewann. Zuletzt bogen Takuto Iguchi und Hideki Yamauchi mit ihrem Subaru BRZ R&D Sport vergangenes Jahr mit der perfekten Kombination aus Performance sowie Strategie in die Siegerstraße ein. Entsprechend geht das blaue Boxer Gespann auch dieses Jahr als die absoluten Top-Favoriten ins Rennen, zumal der Dunlop-bekleidete BRZ lediglich 50 kg an Gewichts-Handicap aufladen muss – sechs Kilogramm mehr als im vergangenen Jahr. Ein Sieg könnte Iguchi / Yamauchi gar zurück ins Titelgeschehen werfen, von dem sie sich derzeit 25 Punkte entfernt auf dem siebten Tabellenrang befinden.
Trotz ihrer langen Historie blieb apr bislang erfolglos bei der 1000-Kilometer-Hatz, obgleich der Hybrid-angetriebene Toyota Prius in den letzten drei Ausgaben gleich zwei Silberplätze einfuhr. Der Sieg wäre somit der nächste logische Schritt. Insbesondere Koki Saga / Rintaro Kubo im #31 Toyota Prius apr GT reisen mit dem Rückenwind ihres diesjährig ersten Podiumserfolg am Fuji Speedway nach Suzuka. Mit lediglich 34 kg Erfolgsballast ist das Handicap zumindest auf dem Papier nicht zu groß, um erneut um den Sieg kämpfen zu können. Anders hingegen der Schwesterwagen: Etwas überraschend verkündete das Team, dass Hiroaki Nagai / Kota Sasaki ohne ihren Hybrid-Antrieb im #30 Toyota Prius apr GT (die #31 nutzt einen Kompensator, die #30 eine Batterie) antreten werden. Der Hybrid-Ausbau spiegelt sich auch in der Balance of Performance wieder, wodurch sich das Minimalgewicht des #30 Toyota Prius apr GT auf +75 kg verändert wurde.
Dass bei 1000 km Distanz nicht immer der schnellste Wagen gewinnt, haben in den vergangenen beiden Jahren unter anderem die Mother-Chassis-Teams bewiesen. 2016 war es der Upgarage Bandoh 86 MC, der heuer von Yuhi Nakayama und Shintaro Kawabata pilotiert wird, ein Jahr zuvor war es der Syntium Apple Lotus. Insbesondere letztere waren drauf und dran einen Überraschungserfolg einzufahren, ehe ein Unfall alle Siegesträume zerplatzen ließ. Anders als vor zwei Jahren möchte das Mother Chassis auf Basis des Lotus Evora heuer noch nicht in Fahrt kommen. Entsprechend gehen Kazuho Takahashi und Hiroki Katoh ohne Erfolgsballast ins Rennen. Unterstützung erhalten sie von Hiroshi Hamaguchi, einem von elf dritten Fahrern im Feld. Die Charakteristik des Suzuka Circuit passt somit perfekt zu den Fahrzeugen nach JAF-GT-Reglement, weshalb selbst der übergewichtige (82 kg) VivaC 86 MC von Takamitsu Matsui, Kenta Yamashita sowie Drittfahrer Tsubasa Kondo Chancen auf ein Podiumsresultat haben dürfte. 2015 donnerte der Gainer Tanax GT-R von Andre Couto und Katsumasa Chiyo gar mit ganzen 88 kg Gewicht-Handicap zum Sieg, was zeigt, dass das ein erhöhtes Handicap nicht zwingend im Kontrast mit Siebambitionen stehen muss.
Eine Leistung, die sich insbesondere die Tabellenführer Nobuteru Taniguchi / Tatsuya Kataoka (Goodsmile Hatsune Miku AMG) zu Herzen nehmen dürfte, reisen sie doch mit dem maximalen Überwicht von 100 Kilogramm nach Suzuka. So schwer war der Mercedes-Benz AMG GT3 des zierlichen virtuellen Vocaloid-Idols noch nie – und entsprechend dick ist das Fragezeichen hinter der möglichen Performance der Truppe. Mit neun Punkten Vorsprung auf die Titelverteidiger VivaC Team Tsuchiya dürfte die Priorität von Goodsmile Racing & TeamUkyo deshalb auf eine gute Punkteplatzierung liegen, obgleich Nobuteru Taniguchi noch immer nach seinem allerersten International Suzuka 1000km-Sieg hungert.
Interessanterweise konnten weder Mercedes, Audi, Ferrari, Lamborghini, Lexus sowie selbstredend Neuzugang Bentley noch nicht den Suzuka-Klassiker in der GT300-Klasse in der Vergangenheit gewinnen. Da der Gainer Tanax AMG GT3 (Katsuyuki Hirnaka / Björn Wirdheim) mit 70 kg Handicap anreist, dürfte insbesondere der Bridgestone-bereifte Leon Cvstos AMG (Haruki Kurosawa / Naoya Gamou) mit seinen 54 Zusatzkilos das heißeste Eisen im Feuer der Stuttgarter Sternenmarke sein. Nach einem zweiten Platz zum Auftakt in Okayama zeigte die Formkurve des japanischen Gespanns zwar etwas nach unten. Dennoch zeigte aber insbesondere Naoya Gamou mit den schnellsten Rundenzeiten in den vergangenen beiden Rennen, welche Performance in dem schwarzen Mercedes steckt.
Überraschenderweise konnte Bridgestone bislang noch nie in der GT300-Klasse bei den 1000 Kilometern in Suzuka triumphieren. Rückenwind dürfte der Reifenhersteller jedoch nach dem letzten Rennen am Fuji Speedway besitzen, als man den ARTA BMW M6 (Shinichi Takagi / Sean Walkinshaw) mit einer brandneuen noch ungetesteten Mischung ausstattete, die gar über die gesamte Distanz von 300 km durchhielt. Wie hoch die Chancen des 76 kg schweren orangenen BMWs an diesem Wochenende sein werden, lässt sich nur schwer erahnen. Letztes Jahr reichte es mit 74 kg Handicap jedenfalls nur für den 14. Rang. BMW-Fans sollten deshalb ihre Augen auf den ikonisch lackierten, 34 kg schweren Studie BMW M6 richten, für den abermals Werkspilot Augusto Farfus als dritter Fahrer an der Seite von Jörg Müller und Seiji Ara verpflichtet wurde. Das Trio hat noch eine bittere Rechnung mit dem Langstreckenklassiker offen, nachdem man letztes Jahr wegen eines technisches Defekts erst gar nicht starten konnte. Es war die herzergreifende Geschichte eines vergebenen Versuches, den Wagen mit dem Einbau der Zündkerze aus dem Privatfahrzeug (!) von Teambesitzer Yasuaki „Bob“ Suzuki doch noch in die Startaufstellung zu bewegen.
Obgleich zuletzt 2015 ein Nissan in Suzuka obsiegte, konnte bislang noch nie das NISMO-Nachwuchsteam NDDP Racing von Markenlegende Masahiro Hasemi die höchste Stufe des Siegerpodests erklimmen. Für das Gespann Kazuki Hoshino, GT500-Sieger im Jahr 2006, sowie Mitsunori Takaboshi könnte dieses Wochenende die letzte Ausfahrt darstellen, um im Titelkampf noch eine Rolle mitzureden, nachdem man am Fuji wegen eines Unfalls vorzeitig ausfiel. Ihr B-Max NDDP GT-R GT3 ist mit 28 Zusatzkilos ausgestattet. Die sprichwörtlichen „Dark Horses“ erscheinen heuer in Form des Lexus RC F GT3 sowie des Porsche 911 GT3 R. Erstere haben mit dem Gulf Nac 911 Porsche (Jono Lester / Kyosuke Mineo, 38 kg) sowie dem D’station Porsche (Tomonobu Fujii / Sven Müller, 40 kg)) gleich zwei heiße Eisen im Feuer. Besonders erfreulich aus deutscher Sicht: Nachdem er wegen Terminüberschneidungen mit dem ADAC GT Masters die letzten drei Rennen verpasste, feiert Sven Müller an diesem Wochenende auf der größten Bühne des japanischen Motorsports sein Comeback. Zuletzt obsiegte Porsche 2004 in der GT300-Klasse in Suzuka.
Für die beiden Lexus RC GT3 von LMcorsa ist 2017 hingegen ein stetiges Auf und Ab, was im Vergleich zum schwierigen Vorjahr als positive Entwicklung angesehen werden muss. Vielmehr: Bei den 500 km am Fuji Speedway obsiegte die GT3-Variante des RC F. Aufs Siegertreppchen kletterten allerdings nicht die Veteranen Hiroki Yoshimoto, welcher den Suzuka-Klassiker insgesamt dreimal gewann, und Akira Iida, sondern Yuichi Nakayama und Sho Tsuboi im Schwesterwagen JMS P.MU LMcorsa RC GT3. Ein Grund für den starken Leistungsunterschied der beiden Fahrzeuge könnte die Wahl der Reifenhersteller sein. So sind letztere mit Bridgestone-, der Syntium LMcorsa RC F GT3 hingegen mit Yokohama-Pneus unterwegs. Und somit dürften es Nakayama und Tsuboi sein, welche mit ihrem 60 kg übergewichtigen Gefährt als kleine Geheimfavoriten auf eine der Top-Platzierungen ins Rennen gehen.
Ihr Vorteil könnte die Begünstigung bei der Balance of Performance sein, die von der SRO für alle GT3-Boliden durchgeführt wird. So wurden keine Gewichtsänderungen beim Lexus RC F GT3 (+30 kg) wie auch dem Nissan GT-R NISMO GT3 (+20 kg) vorgenommen. Dafür wurde der Luftmengenbegrenzer des Lexus von 40 mm auf 38 mm im Vergleich zum letzten Rennen am Fuji Speedway verkleinert. Etwas besser atmen dürfen hingegen der Lamborghini Hurácan GT3 sowie Audi R8 LMS GT3, deren Luftmengenbegrenzer von 38 mm auf 39 mm vergrößert wurden. Die Kehrseite: Bei beiden Fahrzeugmodellen wurde das Mindestgewicht um jeweils 30 kg auf nun +45 kg (Audi) sowie +55 kg (Lamborghini) angehoben. Ähnlich verhält es sich bei den weiteren GT3-Boliden. Der Mercedes AMG GT3 muss von +5 kg auf nun +30 kg aufladen. Um 20 kg erhöht sich das Gewicht des Ferrari 488 GT3 auf nun +25 kg. Eine Gewichtszunahme um jeweils 10 kg gibt es derweil beim BMW M6 GT3 (+30 kg), Porsche 911 GT3-R (+20 kg) sowie dem Bentley Continental GT3 (+10 kg) zu vermelden, der am Fuji noch ohne BoP-Gewicht unterwegs war. Um fünf Kilogramm erhöht sich derweil das Gewicht des einzigen Mercedes-Benz SLS AMG GT3 auf nun +15 kg. Auf Seiten der JAF-GT wurden, abseits des bereits erwähnten #30 Toyota Prius apr GT, hingegen keine Balance of Performance-Anpassungen von der GT Association vorgenommen.
Neben Jenson Button und Kamui Kobayashi in der GT500- stellen sich insgesamt elf weitere hochkarätige nationale wie auch internationale Drittpiloten der Suzuka-Herausforderung in der GT300-Klasse: Hiroshi Hamaguchi (Syntium Apple Lotus), Tetsuji Tamanaka (Mach Syaken MC86 GTNET), Auguso Farfus (Studie BMW M6), Tsubasa Kondo (VivaC 86 MC), Christian Klien (Taisan SARD R8 Fukushima), Masami Kageyama (Shokumou.jp GT-R), Shogo Mitsuyama (Saitama Toyopet GreenBrave Mark X MC), Yuya Motojima (Shop Channel Lamborghini GT3), Koji Yamanishi (Manepa Lamborghini GT3), Masayuki Ueda (EVA RT Test-01 Rn-s AMG GT3), Takayuki Aoki (Runup GT-R).
TV-Zeiten 46th International Suzuka 1000km – The Final
Wie gehabt wird NISMO-TV das kompletten Rennen mit englischen Kommentar live auf YouTube übertragen. In Japan überträgt der Fernsehsender J Sports 3 die Qualifikation am Samstag ab 7:20 Uhr live. Am Sonntag müssen europäische Zuschauer bereits sehr früh aufstehen. Übertragungsbeginn auf J Sports 4 ist dann bereits um 5 Uhr. Der Rennstart zu den finalen 1000 km von Suzuka erfolgen eine halbe Stunde später um 5:30 Uhr deutscher Zeit. In diesem Sinne: さよなら鈴鹿1000km.
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