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IndyCar: Analyse Grand Prix at The Glen

von Rainer
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Das Rennen in Watkins Glen hat Alexander Rossi gewonnen, aber auch Scott Dixon darf sich mit Platz 2 als Sieger fühlen. Deutlich verloren hat hingegen Tabellenführer Josef Newgarden.

Am Freitag und Samstag sah es noch nach einem ganz normalen IndyCar-Wochenende aus. Team Penske kämpfte mit Scott Dixon und Andretti Autosport um die besten Zeiten. Die Pole-Position sicherte sich Alexander Rossi vor Scott Dixon. Beide profitierten aber von einem Fehler Josef Newgardens, der in der letzten Kurve die Bestzeit wegwarf. Große Probleme hatten Will Power und Simon Pagenaud, die mit den Startplätzen 8 und 12 den Einzug in die Fast-Six deutlich verpassten. Am Sonntag wurden dann die Karten aber noch einmal neu gemischt. Pünktlich zum Warm-Up setzte Regen ein. Zum einen konnten die Teams so nicht prüfen, ob die Änderungen am Trocken-Setup nach der Qualifikation gut waren, zum anderen lag auch die Regenwahrscheinlichkeit für den Nachmittag bei über 50 Prozent. Es gab also viele fragende Gesichter im Fahrerlager.

Zum Rennstart war es zwar stark bewölkt, aber der Regen hatte aufgehört und die Strecke trocknete langsam ab. Für Slicks war sie aber noch zu nass und für Regenreifen, es gibt keine Intermediates in der IndyCar-Series, war sie schon zu trocken. Da ein Start auf Slicks wahrscheinlich zu einem Chaos geführt hätte, entschloss sich die Rennleitung, das Rennen als Wet-Race zu deklarieren. Damit waren alle Fahrer gezwungen, auf Regenreifen zu starten. Nach der ersten Runde kam das Feld fast geschlossen, Max Chilton und J.R. Hildebrand absolvierten eine zweite Runde auf Regenreifen, an die Box und ließ Slicks aufziehen. Alexander Rossi und Ryan Hunter-Reay entschieden sich für die haltbareren und im Rennen auch besseren Prime-Tires. Das restliche Feld setzte aber auf die Option-Tires, die gerade bei den noch leicht feuchten Bedingungen am Anfang einen deutlichen Vorteil boten. So konnte Helio Castroneves die Führung von Rossi übernehmen.

Im ersten Stint deutete sich aber schon an, dass die Fahrer von Team Penske ein Problem hatten. Josef Newgarden musste in Runde 8 Scott Dixon passieren lassen. Simon Pagenaud verlor in den Runden 8 bis 10 drei Plätze und Will Power fiel im gleichen Zeitraum von Platz 13 auf Platz 14 zurück. In der langen Vollgaspassage nach Kurve 2 in Richtung des Inner-Loops waren sie einfach chancenlos gegen die Angriffe der Honda-Piloten. Meistens konnten die Verfolger schon außenherum in Kurve 4 an den Chevrolets vorbeigehen. Fernando Alonso hatte sicherlich Tränen in den Augen bei diesen Bildern, die ihn doch sehr an sein Rennen in Spa erinnern mussten. Bei Team Penske hatte man einfach auf die falsche Abstimmung gesetzt. Man fuhr mit zu viel Abtrieb und im Zusammenspiel mit der besseren Leistung der Honda-Motoren war man im Topspeed hoffnungslos unterlegen. Die einzige Hoffnung war Regen, der aber ausblieb.

Die erste Gelbphase des Rennens löste in Runde 6 das Getriebe in James Hinchcliffes Wagen aus. Statt in den dritten Gang hoch schaltete es in den ersten Gang runter. Schon erstaunlich, wie hoch so ein IndyCar-Motor drehen kann, ohne direkt in Rauch aufzugehen. Trotzdem war das Rennen für den Kanadier beendet. Einige Fahrer wie Spencer Pigot, Max Chilton und Marco Andretti nutzten die Caution für einen Stopp. So durchmischte sich das Feld bei der zweiten Gelbphase. Diesmal war der Honda von Takuma Sato auf der Strecke liegen geblieben und das restliche Feld kam an die Box. Die ehemalige Spitze um Helio Castroneves, Alexander Rossi, Josef Newgarden und Scott Dixon lag zum Restart nur auf den Plätzen 7 bis 10. Schnell war Rossi aber an Castroneves vorbei und auch die anderen Fahrer auf den gebrauchten Reifen hatten keine Chance. Mit dem Stopp von Pigot in Runde 23 übernahm Rossi wieder die Führung.

Nur eine Runde später bog aber auch Rossi, unplanmäßig früh, in die Boxengasse ein. Beim zweiten Stopp hatte es Probleme mit dem pneumatischen Ventil im Tankschlauch gegeben und das Team war sich nicht sicher, ob auch genug Benzin für einen vollen Stint geflossen war. Bei diesem Stopp bediente man das Ventil nun manuell, was aber zu einer deutlich längeren Standzeit führte. Im Prinzip war das Rennen damit gelaufen. In Runde 27 drehte sich aber sein Teamkollege Takuma Sato in Kurve 7 und während der Caution ging das restliche Feld an die Box. Alexander Rossi übernahm so die Führung und war wieder im gleichen Boxenrhythmus wie seine Kontrahenten. Und noch einen weiteren Vorteil hatte die Gelbphase für Rossi. Zwischen ihm und seinen schnellsten Verfolgern Ryan Hunter-Reay und Scott Dixon lagen beim Restart mit Spencer Pigot, Max Chilton und J.R. Hildebrand drei langsamere Fahrzeuge.

Alexander Rossi baute bis Runde 40 seinen Vorsprung auf Max Chilton auf über zwölf Sekunden aus. Dahinter folgten im Abstand von jeweils einer knappen Sekunde Scott Dixon, Ryan Hunter-Reay, Helio Castroneves und Graham Rahal. Josef Newgarden war mittlerweile bis auf Platz 8, noch hinter Marco Andretti und knapp vor Will Power, zurückgereicht worden. Für den Führenden in der Meisterschaftswertung sollte es aber noch deutlich schlimmer werden. In Runde 45 kam er als einer der letzten Fahrer, er sicherte sich so den Bonuspunkt für eine Führungsrunde, an die Box. Die Crew von Will Power arbeitete aber einen Ticken schneller und so fiel Newgarden hinter seinen Teamkollegen zurück. Um den Schaden gering zu halten, beschleunigte er bei der Boxenausfahrt zu stark und rutschte untersteuernd in die Leitplanke. Sebastien Bourdais nahm die gleiche Linie und krachte heftig in das Heck des Penske-Chevrolets. Kaum waren Newgarden und Bourdais aus der Boxengasse gerutscht, schlug auch Tony Kanaan an derselben Stelle in die Leitplanke ein.

An Newgardens Wagen waren der Heckflügel, der Unterboden, der seitliche Abweiser vor dem Hinterrad und der Frontflügel defekt. Außerdem hatte die Aufhängung den Schlag abbekommen, was zu einem schief stehenden Lenkrad führte. Nach der Reparatur, die zwei Runden unter Gelb dauerte, konnte er das Rennen aber wieder aufnehmen. Sebastien Bourdais verlor sogar gar keine Runde und fuhr kurz vor dem Ende noch die schnellste Rennrunde. Die Wagen anderer Serien (ja ich schaue in deine Richtung DTM) wären wohl ein Totalschaden gewesen. Nur Tony Kanaan musste seinen Wagen abstellen. Ob aber wirklich der Schaden am Wagen der Grund war, ist nicht belegt.

Zum Restart führte Alexander Rossi das Feld weiter an, aber sein ganzer Vorsprung war natürlich dahin. Scott Dixon machte die ganzen zwölf Runden bis ins Ziel Druck. Er konnte aber Rossi in nicht in einen Fehler treiben. Ryan Hunter-Reay war langsamer als die beiden Führenden und verlor bis ins Ziel sechs Sekunden. Mit Platz 3 wiederholte er, zusammen mit den dritten Plätzen vom Indianapolis GP und in Iowa, aber immerhin seine beste Saisonplatzierung. Helio Castroneves konnte mit Platz 4 größeren Schaden im Hinblick auf die Meisterschaft verhindern. Seine Teamkollegen Will Power und Simon Pagenaud kamen auf den Plätzen 6 und 9 ins Ziel. Beiden fehlte einfach der Speed, aber Powers Boxencrew leistete hervorragende Arbeit und so konnte sich der Australier bei den Stopps immer um einige Plätze verbessern. Auf Graham Rahal direkt vor ihm verlor er in zwölf Runden aber dreieinhalb Sekunden, auf Rossi sogar über 15 Sekunden.

Ein sehr actionreiches Rennen hatte mal wieder Charlie Kimball. Im Vorjahr hatte er drei Unfälle in Watkins Glen. Unter anderem hatte er Will Power aus dem Rennen gecrasht. Trotzdem erreichte er damals auf Platz 6 das Ziel. In diesem Jahr war es nur Platz 7. Auf seine drei Unfälle ist er aber trotzdem gekommen. Zweimal touchierte er die Wand ausgangs Kurve 10 und einmal rodelte er, vermutlich in Kurve 6, durchs Gras. Ich weiß wirklich nicht, wie er trotz dieser ganzen Fehler zweimal eine persönliche Topplatzierung einfahren konnte.

Für Spencer Pigot, J.R. Hildebrand und Marco Andretti zahlte sich die alternative Strategie nicht aus. Am Ende mussten sie einen Stopp mehr absolvieren und kamen nur auf den Plätzen 12, 15 und 16 ins Ziel. Gerade für Andretti muss das ein enttäuschendes Ergebnis sein, da seine zwei Teamkollegen das Podium erreichten. Takuma Sato verlor hingegen aufgrund des Defekts am Antrieb, der zur zweiten Caution geführt hatte, vier Runden. Er wurde auf Platz 19 und damit einen hinter Josef Newgarden gewertet.

Das ganze Ergebnis (PDF) kann man auf der Homepage der IndyCar-Series nachlesen.

Durch den Unfall von Josef Newgarden (560 Punkte) ist die Meisterschaft jetzt wieder komplett offen. Die drei Punkte Rückstand von Scott Dixon (557 Punkte) sind so gut wie nichts im Finale. Auch Helio Castroneves (538 Punkte) kann, dank doppelter Punkte und Bonuspunkte, noch aus eigener Kraft Meister werden. Die 34 Punkte Rückstand von Simon Pagenaud (526 Punkte) hören sich nach viel an, sind es aber nicht. Wenn der Franzose seinen Vorjahressieg wiederholen sollte, müsste Josef Newgarden mindestens Platz 3 einfahren, um vor seinem Teamkollegen zu bleiben. Sollten sich diese ersten vier Fahrer direkt nach dem Start gegenseitig aus dem Rennen nehmen, kann auch noch Will Power (492 Punkte) Meister werden.

Wir steuern also einem extrem spannenden Finale entgegen. Dieses steigt am 17. September auf dem Sonoma Raceway.

(c) Photos: IndyCar Media; Chris Jones, Chris Owens, Bret Kelley, Joe Skibinski

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2 Kommentare

nona 6 September, 2017 - 08:33

Wie, keine Silbe darüber, wie wahnsinnig günstig und gut getimed für Rossi der zufällige Dreher von Sato an sowieso aussichtsloser Position war? :)

(Hinchcliffe wollte übrigens sogar in den vierten Gang anstatt in den dritten, als das Getrieb stattdessen in den ersten runterfiel. Kein Wunder dass da bei seinem versuchten Restart nur noch schwarzer Qualm auspuffte.)

crusher75 6 September, 2017 - 11:50

Im fünften Absatz sind die Tatsachen doch ganz gut zusammengefasst. Natürlich hat nur die Sato-Caution das Rennen Rossis gerettet. Ohne Beweise oder zumindest ohne stichhaltige Indizien wollen wir aber Andretti Autosport nicht auf eine Stufe mit Michael Waltrip Racing und Takuma Sato mit Nelson Piquet jr. stellen.

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