Bei ihrer vorletzten Saisonstation in dieser Saison machte die BTCC eindringlich Werbung für die Faszination Tourenwagensport. Die drei Läufe auf dem National Circuit von Silverstone boten packende Kämpfe, drei verschiedene Sieger und mit Rob Huff einen Gaststarter, der beinahe eine Sensation geschafft hätte. Ash Sutton und Colin Turkington kamen sich derweil im Meisterschaftskampf etwas zu nahe, was anschließend Verschwörungstheoretiker auf den Plan brachte. Getrübt wurde der Renntag leider von einem Unfall, bei dem sich Will Burns und Rob Collard verletzten.
Tja, wo fängt man so einen Artikel am besten an? Vielleicht erst mal damit, dass in Silverstone zum ersten Mal in diesem Jahr kein heckgetriebenes Fahrzeug einen Sieg holen konnte und zum ersten Mal seit Oulton Park damit auch kein Subaru ganz oben auf dem Siegertreppchen zu finden war. Über die im Saisonverlauf entstandene Dominanz der Hecktriebler hatte ich in den vergangen Analysen ja immer wieder berichtet. Sie fand ihren Höhepunkt zuletzt in Rockingham, als auf der ausgewiesenen Fronttriebler-Strecke alle drei Laufsiege an Subaru und BMW gingen.
In Silverstone war nun plötzlich alles anders. Nachdem Subaru-Pilot Jason Plato die Zeitenliste des ersten freien Trainings anführte griffen die Offiziellen ein und reduzierten kurzerhand den Ladedruck der vier Subarus. Zur Erinnerung: Anfang der Saison wurde dieser noch erhöht, als die vier Wagen des Team BMR zunächst chancenlos schienen, nachdem man sie vor der Saison womöglich etwas zu hart eingestuft hatte. Der Effekt war am Samstag in Silverstone jedenfalls unmittelbar. Ash Sutton stellte seinen Subaru im Qualifying „nur“ auf Startplatz Zehn, eine Position vor Teamkollege Jason Plato.
Mit Startplatz Acht war Colin Turkington, Suttons Rivale im Meisterschaftskampf, kaum besser unterwegs, obwohl an den BMWs keine Anpassungen vorgenommen wurden. Die BMWs, die ja schon einige Jahre länger in der Meisterschaft unterwegs sind, sind aber auch insgesamt besser auf ein Level mit den Fronttrieblern gebracht als die Subarus, die den Offiziellen aufgrund ihres Konzepts mit tief sitzendem Boxermotor von Anfang an Kopfzerbrechen bereiten.
Mit dem Erfolgsballast, den die ersten Zehn in der Meisterschaft an Bord haben, kam in Silverstone noch ein weiterer Faktor hinzu, der die nur mittelmäßige Quali-Leistung der Meisterschaftsaspiranten zu erklären vermag. Beim Blick auf die Startaufstellung war auffällig, dass auf den vorderen Positionen vor allem Fahrzeuge mit wenig oder gar keinem Zusatzgewicht zu finden waren. Während beispielsweise Matt Neal, vor Silverstone in der Meisterschaft nur auf Platz Sieben und folglich mit 27 kg Zusatzgewicht an Bord, seinen Honda für Startplatz Vier qualifizierte, fand sich dessen Teamkollege Gordon Shedden mit 48 kg für Meisterschaftsrang Vier nur auf Startplatz Zwölf wieder. Polesitter Jack Goff fuhr mit 15 kg annähernd gewichtsbefreit und mit Adam Morgan, Rob Austin, Jake Hill, Brett Smith und Ant Whorton-Eales fanden sich gleich vier Piloten innerhalb der Top Ten, die gar keine Kilos an Bord hatten.
Kommen wir als nächstes zum Meisterschaftskampf zwischen Ashley Sutton und Colin Turkington. Dadurch dass die Meisterschaftsaspiranten etwas weiter hinten qualifiziert waren, und Turkington zudem vor Sutton startete, versprach der Rennsonntag spannend zu werden. Darum bemüht, weiter nach vorne zu kommen, duellierte sich Turkington im ersten Lauf zunächst unter anderem mit Matt Neal und Mat Jackson und profitierte davon, dass sich beide durch eine Kollision gegenseitig aus dem Rennen nahmen. Anschließend steckte der zweifache Meister in einem Kampf mit Dave Newsham, der zwischenzeitlich am BMW vorbeigehen konnte, was Turkington aber konterte. Hinter Newsham wiederum tauchte gegen Rennhalbzeit plötzlich schon Widersacher Ash Sutton auf.
In Runde 13 konnte Sutton dann erfolgreich an Newshams Chevrolet vorbeigehen, während Turkington seinerseits eine Position gegen den stark fahrenden Ant Whorton-Eales im Audi gut machen konnte und damit auf Position Vier lag. Kurz bevor das Rennen wegen eines Unfalls zwischen Rob Collard und Will Burns in eine Safety Car Phase überführt und anschließend vorzeitig beendet wurde, schaffte es Sutton seinerseits an Whorton-Eales vorbei zu gehen und damit im Ziel nur eine Position hinter Turkington zu liegen. Turkington machte durch sein besseres Abschneiden gegenüber Sutton zwar etwas Boden im Meisterschaftskampf gut und lag nun zehn Punkte zurück, aber Sutton konnte den Schaden erfolgreich begrenzen. Gordon Shedden, ebenfalls noch mit rechnerischen Meisterschaftschancen, kam dagegen gar nicht in Fahrt und beendete den Lauf nur auf dem schwachen elften Rang.
Der zweite Lauf sollte dann turbulenter für die beiden Meisterschaftsapiranten werden. Bereits beim Start konnten sich Turkington und Sutton um eine Position verbessern als sie an Adam Morgans Mercedes vorbei gingen. Morgan konterte jedoch rasch gegen Sutton, womit Turkington wieder einen Puffer zwischen sich und seinem Kontrahenten hatte. Während an der Spitze Jack Goff und Tom Ingram enteilten, bildete sich hinter Turkington auf Platz Drei eine längere Schlange. Der BMW-Pilot hatte sich in diesem Lauf für die härteren Optionsreifen entschieden und in den ersten Runden sichtlich Mühe, diese auf Temperatur zu bekommen.
Nach der Hälfte des Rennens konnte sich Turkington aber etwas frei schwimmen und die Lücke zu Ingram schließen, während Sutton weiterhin Probleme hatte, an Morgans Mercedes vorbeizukommen. In Runde 16 schaffte er es dann aber ausgangs Copse und fuhr binnen anderthalb Runden die Lücke zu Turkington zu. Es sah schon alles nach einer Wiederholung des ersten Laufs aus, in dem Turkington eine Position vor Sutton gelandet war, als Sutton sich in der letzten Runde in Brooklands außen neben Turkington setzte, um für die folgende Luffield-Rechts auf der besseren Innenbahn zu sein (klassisches Silverstone-Manöver).
Es kam wie es kommen musste und in Luffield berührten sich beide leicht: Nachdem Turkington Sutton vor Luffield Richtung Grasnabe gedrängt hatte, bremste Sutton sehr spät und schubste den BMW seines Kontrahenten etwas auf die Außenbahn (ebenfalls klassisches Silverstone-Manöver, dessen Ausgang aber auch richtig daneben gehen kann, wie John Cleland und Steve Soper einst in unvergessener Art und Weise gezeigt haben). Sutton hatte sich somit bei der letzten sich ihm bietenden Gelegenheit Platz Drei geschnappt. Und wäre es hier nicht um die Meisterschaft gegangen, hätte Turkington vermutlich auch einen geistigen Haken an die Aktion gemacht und sich höchstens ein wenig geärgert.
Angesichts des engen Meisterschaftskampfs und der verlorenen Punkte legte West Surrey Racing aber offiziellen Protest gegen Suttons Manöver ein, dem die Rennkommissare dann auch folgten! Der Positionstausch wurde nachträglich rückgängig gemacht und Turkington bekam den dritten Platz zurück. Damit aber nicht genug: Sutton bekam zusätzlich drei Meisterschaftspunkte abgezogen und wurde zu allem Überfluss ans Ende der Startaufstellung für den dritten Lauf gesetzt. Dieses Strafmaß entsprach an sich den im Reglement verankerten Maßnahmen, die vollzogen werden, wenn ein Fahrer seinen dritten „Strike“ in einer Saison erhält, wirkte aber angesichts der Aktion doch etwas zu hart. Natürlich brachte das schnell Verschwörungstheorien auf den Plan, die witterten, dass das Saisonfinale künstlich spannender gemacht werden solle, indem Turkington einen Vorteil gegenüber Sutton erhält.
So etwas ist natürlich Quatsch und man kann allein darüber spekulieren, ob das Manöver überhaupt einer Strafe würdig war oder nicht. Da viele Fahrer und Teamchefs sich aber seit einiger Zeit offen über den schlechten Stil mancher Piloten in Zweikämpfen beschweren, hatte die TOCA ohnehin angekündigt härter bei vermeidbaren Kollisionen durchzugreifen. Als Beispiel sei an der dieser Stelle nur Josh Cook genannt, der in Rockingham seinen insgesamt vierten Strike in der laufenden Saison erhielt und für den ersten Lauf in Silverstone gesperrt wurde – die erste Rennsperre in der BTCC seit mehr als zehn Jahren. Kleiner Exkurs: Als reuiger Sünder zeigte sich Cook in der Folge dann nicht gerade, als er im dritten Lauf Jason Plato abschoss und seinen fünften Strike erhielt.
Für Colin Turkington bedeutete die Ausgangslage vor dem dritten Lauf natürlich eine ideale Chance, um mit Sutton in der Meisterschaft mindestens gleich zu ziehen oder sogar als Führender zum Saisonfinale nach Brands Hatch zu reisen. Nur noch fünf Punkte trennten die beiden Kontrahenten und Turkington hatte beste Chancen auf ein gutes Resultat. Aber: Wir sind ja hier in der unvorhersehbaren BTCC, wo immer alles anders kommt als man denkt. Und das kann gleichzeitig als Hinweis an die Verschwörungstheoretiker verstanden werden. Bereits in der ersten Runde geriet Turkington im Kampf mit Gordon Shedden in Brooklands neben die Strecke (unklar, ob Shedden ihn berührt hat) und fiel bis auf die 21. Position zurück.
Damit aber nicht genug: Nur eine Runde später kam es einige Positionen vor ihm zu der bereits erwähnten Kollision zwischen Josh Cook und Jason Plato. Der kreiselnde Subaru erwischte in der Folge auch Ollie Jackson und Stephen Jelley, in dessen Ford dann wiederum Turkington knallte und sich dabei das Ansaugrohr für den Turbolader beschädigte. Der Schaden konnte zwar an der Box notdürftig repariert werden, aber Turkington sah die Zielflagge mit einer Runde Rückstand nur auf Position 22. Ash Sutton blieb derweil von Zwischenfällen verschont und kämpfte sich Position um Position nach vorne. Mit Platz Elf im Ziel baute er seinen Vorsprung in der Meisterschaft wieder auf zehn Punkte aus und reist somit als Favorit auf den diesjährigen Titel zum Saisonfinale nach Brands Hatch.
Der amtierende Champion Gordon Shedden ist hingegen raus aus dem Meisterschaftskampf. Als Sutton und Turkington in den ersten Runden des dritten Laufs außerhalb der Punkte unterwegs waren, kam kurz der Gedanke auf, ob Shedden daraus Profit schlagen und sich mit einer guten Platzierung zurück in den Meisterschaftskampf bringen könnte. Allerdings war der Schotte bereits in der ersten Runde mit Rob Austin kollidiert und hatte sich sein Auto dabei anscheinend leicht beschädigt. Nachdem er in der ersten Rennhälfte einige Positionen verloren hatte und drohte, aus den Top Ten herauszufallen, kollidierte er in Runde Zehn vor Becketts erneut mit Austin und kreiselte mit hoher Geschwindigkeit in die nasse Wiese und auf den Scheitelpunkt von Becketts zu. Beim unkontrollierten Kreuzen der Strecke wurde er glücklicherweise von keinem anderen Fahrzeug erwischt – eine Situation die wenige Stunden zuvor zwischen Will Burns und Rob Collard an gleicher Stelle nicht gut ausgegangen war (s.u.). Shedden wurde am Ende nur enttäuschender Vorletzter und wird die Jagd auf seinen nächsten BTCC-Titel auf die kommende Saison verschieben müssen.
Die Meisterschaftsapiranten boten also einiges an Unterhaltung über den Renntag, waren aber in keinem der drei Läufe am Kampf um die Siege beteiligt. Wie bereits gesagt waren es in Silverstone statt der Subarus und BMWs die Fronttriebler, die erstmals seit langem wieder an der *hust* Front zu finden fahren. Und hier war es insbesondere die Garde der Top-Independent-Piloten, die sowohl in der Quali als auch in den drei Läufen voll aufdrehten. Jack Goff sicherte sich im Eurotech-Honda seine zweite Pole Position in diesem Jahr. Hinter ihm platzierten sich Tom Ingram im Toyota, Adam Morgan im Mercedes, Matt Neal im besten Werksauto, Jake Hill im VW, noch-Toyota-Pilot Rob Austin und sensationell Ant Whorton-Eales im Audi. Ebenfalls stark war Brett Smith im zweiten Eurotech-Honda unterwegs, der sich auf Platz Neun zwischen Colin Turkoington und Ash Sutton qualifizierte.
Beim Start zum ersten Lauf schnappte sich Tom Ingram dann sogleich die Führung von Jack Goff und beide konnten sich recht schnell von Adam Morgan, der in der ersten Runde zunächst zwei Positionen verloren hatte, absetzen. Während Jake Hill nach dem besten Quali-Resultat seiner Karriere leider nach nur einer Runde die Segel mit defekter Lenkung streichen musste, hielt Rob Austin auf Platz Vier den Rest des Feldes etwas auf, weil er seine harten Optionsreifen auf der leicht feuchten Piste nicht auf Temperatur bringen konnte. Um die Dramatik noch zu steigern, begann es dann nach wenigen Runden leicht zu regnen und die Strecke wurde stellenweise sehr nass, während alle Fahrzeuge auf Slicks unterwegs waren.
In den engen Zweikämpfen kam es im weiteren Rennverlauf zu einigen Positionswechseln, deren genaue Aufarbeitung ich mir hier aus Platzgründen spare (schaut es euch einfach selbst an! ;-) ). Gegen Rennhalbzeit lag jedenfalls plötzlich Whorton-Eales vor Colin Turkington auf Rang Vier, während sich Dave Newsham und Aiden Moffat mit kämpferischen Fahrten in die Top Ten gearbeitet hatten. Matt Neal hatte unterdessen Mat Jackson im Kampf um Platz Fünf abgeschossen und Jack Goff verlor allmählich den Anschluss an den führenden Ingram.
Der Unfall zwischen Rob Collard und Will Burns brachte dann ein abruptes Ende in das muntere Treiben. Tom Ingram sicherte sich letzten Endes seinen vierten Saisonsieg vor Jack Goff und Adam Morgan. Auf Platz Vier und Fünf landeten wie bereits beschrieben die Meisterschaftskontrahenten Colin Turkington und Ash Sutton. Die Top Ten komplettierten Ant Whorton-Eales, Dave Newsham, Aiden Moffat, Rob Austin und Michael Epps, die damit allesamt ein tolles Resultat einfuhren.
Beim Start zum zweiten Lauf verteidigte Tom Ingram seine Führung zunächst gegen Jack Goff, während dahinter Adam Morgan Positionen an Colin Turkington und Ash Sutton verlor. Anfang der dritten Runde geriet Ingram dann ausgangs Copse etwas zu weit nach außen und Goff nutzte die Gelegenheit, um den Toyota in Becketts zu überholen. Ingram hatte den zweiten Lauf auf den härteren Reifen in Angriff genommen und damit Probleme, an Goff dranzubleiben. Somit sicherte sich Jack Goff an der Spitze relativ ungefährdet endlich seinen wohlverdienten ersten Saisonsieg 2017 und den ersten für Eurotech seit Jeff Smith dort Teamchef ist. Tom Ingram wehrte sich in den letzten Runden erfolgreich gegen Colin Turkington, der seinerseits wie oben beschrieben unter Druck von Ash Sutton geriet.
Hinter den Spitzenpositionen ging es gewohnt munter zur Sache. Rob Austin gelang es in der letzten Runde noch Adam Morgan zu überholen und landete hinter Turkington und Sutton auf Platz Fünf. Gordon Shedden kam nur auf den siebten Platz, dicht gefolgt von Gaststarter Rob Huff im Vauxhall und Dave Newsham im Chevrolet sowie Michael Epps im VW.
Und bevor es jetzt zum dritten Lauf geht, müssen wir mal über Rob Huff reden. Der ehemalige Tourenwagenweltmeister vertrat in Silverstone Vauxhall-Pilot Tom Chilton, der sich einer kleinen Operation unterziehen musste und nicht rechtzeitig rennbereit war. Für Huffy waren die Rennen in Silverstone sein erster Start in der BTCC seit dreizehn Jahren und das erste Mal überhaupt, dass er in einem NGTC-Fahrzeug Platz nahm. Auf ungewohntem Terrain unterwegs lief das Gastspiel mit Startplatz 28 zunächst schwach an. Allerdings war Huff damit immerhin noch eine Position besser als sein Teamkollege Senna Proctor. Im ersten Lauf gelang es Huff dann aber immerhin bis auf Platz 16 nach vorne zu fahren, womit er nur denkbar knapp die Punkte verpasste.
Vor dem Start zum zweiten Lauf sagte Huff am Mikrofon von ITVs Louise Goodmann noch etwas zurückhaltend, dass er nach wie vor beim Eingewöhnen sei und lerne, wofür welcher Knopf im Cockpit genau ist. Die Zielflagge sah er dann aber nach mehreren Zweikämpfen sensationell auf Position Acht. Und da der Reverse Grid für den letzten Lauf anschließend den Neuntplatzierten Dave Newsham auf die Pole Position beförderte, stand Huff plötzlich neben ihm in der ersten Startreihe.
Und wenn man ein Tourenwagen-Ass wie Rob Huff in die erste Startreihe stellt, spielt es auch keine Rolle mehr, dass er das Auto erst einen Tag lang kennt. Huff wollte nun nur noch eines: gewinnen. Mit einem Blitzstart schnappte er sich Dave Newsham bereits vor Copse und verteidigte die Führung in den nächsten Runden souverän gegen den Chevrolet. Nachdem die Kollision zwischen Cook, Plato und Co. eine längere Saftey Car Phase erforderlich machte, war es nach dem Restart dann Tom Ingram, der sich in Huffs Rückspiegel breit machte. Ingram hatte mit den Mediumreifen bessere Voraussetzungen als Huff, da er die härtere Optionsmischung bereits im zweiten Lauf gefahren war.
Die nächsten Runden waren ein Traum für jeden Tourenwagenfan. Wie ein Schatten hing Ingrams Toyota rundenlang an der Heckstoßstange von Rob Huffs Vauxhall und versuchte immer wieder eine Attacke zu setzen. Der mit allen Wassern geschlagene Huff verteidigte aber nach allen Regeln der Kunst und positionierte sich immer wieder genauso, dass Ingram keinen Weg vorbei fand. In Runde 14 schaffte Ingram es dann ausgangs Copse knapp innen neben den Vauxhall zu gehen, was ihm die bessere Linie für die folgende Rechtskurve von Becketts gesichert hätte. Huff ließ aber nichts unversucht und sperrte den Toyota vor dem Linksknick bei der Anfahrt zu Becketts, so dass Ingram in die Wiese fahren musste und einige Positionen verlor.
“He went off on the exit of Copse, and pulled back to the right and I had it covered. So he was now trying to come down 2 inches on the inside of me, after he was 6ft off on the exit of Copse. I’m sorry, I’m there, I’ve now put my car on the right, if you want to stay there and drive on the grass that’s up to you, but you’re being a fool, because you’re not going to be able to stop and you’ve got a championship you should be thinking about.” – Quelle: Touring Car Times
Damit hatte Huff sich aber nur einen kleinen Moment des Durchatmens verschafft, denn kurz darauf hatte er Adam Morgan und Matt Neal im Nacken. Zwei Runden später war dann Neal seinerseits an Morgan vorbei und machte sogleich Attacke auf die Führung. Fünf weitere Runden verteidigte sich Huff mit allen Tricks, die ihm einfielen gegen den ebenfalls besser bereiften Neal, bevor er in Copse etwas zu weit nach außen geriet und Neal innen vorbeiziehen konnte. Fast wäre es also zu einer echten Sensation gekommen und Rob Huff hätte den ersten Sieg für Vauxhall nach deren werksseitiger Rückkehr in die BTCC eingefahren.
Neal gewann am Ende mit einigen Sekunden Vorsprung, aber Rob Huff war keineswegs enttäuscht. Überglücklich über den zweiten Platz fiel er im Parc Fermé in einem ihm viel zu eng sitzendem Tom Chilton-Overall seinen Mechanikern in die Arme und hatte ein sehr breites Grinsen im Gesicht. Die Gerüchteküche für die Silly Season ist damit jetzt natürlich um ein weiteres Thema reicher. Eine Vollzeitrückehr von Rob Huff in die BTCC wäre natürlich ein Traum, aber Huff hat gleich verlauten lassen, dass er zwar großes Interesse hätte, aber nur einen Platz nehmen würde, für den er auch bezahlt werde (in der BTCC nicht gerade üblich). Mit James Nash tummelte sich in Silverstone übrigens ein weiter ehemaliger BTCC-Pilot im Fahrerlager. Der BTCC-Independent-Meister des Jahres 2011 und Independent-Weltmeister von 2013 gab ganz offen zu, dass er sich nach einem möglichen Cockpit für 2018 umschauen würde.
Der dritte Rang des letzten Laufes ging übrigens an Dave Newsham, der kurzzeitig hinter Adam Morgan zurückgefallen war, diesen aber kurz vor Schluss doch noch überholen konnte. Auch Tom Ingram, der nach der Kollision mit Rob Huff einige Positionen zurückgefallen war, und dessen Markenkollege Rob Austin konnten den Mercedes noch erfolgreich attackieren und wurden Vierter und Fünfter. Für Austin war Silverstone zum ersten Mal seit langem wieder ein solides Wochenende, bei dem er alle drei Läufe in den Top Ten beendete.
Hinter Adam Morgan landete Newshams Teamkollege Chris Smiley im zweiten BTC Norlin-Chevrolet auf dem starken siebten Rang, womit er das tolle Resultat für das Team abrundete. Andrew Jordan, der bislang ein eher schwieriges Rennwochenende mit zwei unverschuldeten Unfällen erlebt hatte, Jack Goff und Mat Jackson komplettierten die Top Ten. Die einzelnen Ergebnisse aller drei Läufe aus Silverstone können wie üblich bei TSL nachgelesen werden.
Der Vollständigkeit halber muss auch noch auf den Schreckmoment des Wochenendes eingegangen werden, bei dem sich leider erneut ein Fahrer Verletzungen zuzog. In der vierzehnten Runde des ersten Laufs gerieten Chris Smiley und Árón Taylor-Smith auf der kurzen Geraden nach Copse aneinander, wodurch Taylor-Smiths‘ MG in den daneben fahrenden BMW von Rob Collard geschleudert wurde. Collards BMW wurde dabei so unglücklich getroffen, dass entweder die Aufhängung oder die Lenkung brachen und Collard im anschließenden Linksknick vor Becketts dem Streckenverlauf nicht mehr folgen konnte und bei vollem Tempo in die nasse Wiese fuhr. Nach einigen Pirouetten kreuzte er dann fatalerweise wieder die Fahrbahn hinter Becketts und geriet voll in den Pulk vorbeifahrender Autos.
Der arme Will Burns hatte keine Chance, dem plötzlich von rechts auf ihn zuschießendem BMW auszuweichen, traf ihn mit hohem Tempo und wurde seinerseits direkt vom hinter ihm fahrenden Andrew Jordan zusätzlich auf die Hörner genommen. Während Burns zunächst aus eigener Kraft noch in einen Notausgang rollen konnte und Jordan sein Auto an der Box abstellte, waren alle Augen zunächst auf den mitten auf der Strecke stehenden, fürchterlich zugerichteten Collard-BMW gerichtet. Glücklicherweise stieg Collard nach einiger Zeit aus eigener Kraft aus dem Auto aus und sah sich staunend sein Wrack an. Zwar hielt Collard sich seinen Rücken und war ordentlich durchgeschüttelt, eine Untersuchung im Krankenhaus gab aber glücklicherweise Entwarnung.
Nicht so glimpflich ging die Sache dagegen für Will Burns aus, der unbemerkt von den Kameras aus seinem Auto gestiegen und danach wohl zusammengebrochen war. Auch die Rennleitung bekam erst nach einigen Runden hinter dem Safety Car mit, dass sich Burns ernsthafter verletzt hatte und zückte dann folgerichtig die rote Flagge. Im Krankenhaus wurden mehrere gebrochene Rippen und eine verletzte Lunge diagnostiziert. Immerhin konnte er das Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlassen, aber nach dem Massenunfall in Croft ist das nun schon der vierte Fahrer in dieser Saison, der sich bei einem Unfall schwer verletzt.
Dass weder Will Burns noch Rob Collard an den beiden anderen Läufen teilnahmen ist natürlich logisch. Und dass Will Burns beim Saisonfinale in Brands Hatch an den Start gehen wird ist so gut wie ausgeschlossen. Für Rob Collard, der vor den Rennen in Silverstone noch Drittplatzierter in der Meisterschaft war, endeten die letzten minimalen Hoffnungen auf den Titel damit besonders unrühmlich. Auch wenn der Unfall schlimm war, muss man fast schon glücklich sein, dass Burns Collards BMW hinten rechts und nicht auf Höhe der Fahrertür getroffen hatte, wie es beim Unfall von Luke Davenport in Croft der Fall gewesen war.
Das Saisonfinale der diesjährigen BTCC Saison findet am 1. Oktober auf dem altehrwürdigen Grand Prix-Circuit von Brands Hatch statt. Ash Sutton hat mit zehn Punkten Vorsprung (aber auch mehr Zusatzgewicht an Bord) die bessere Ausgangslage gegenüber Colin Turkington. Sicher darf sich der Subaru-Pilot aber keineswegs sein. Wie auch an diesem Wochenende wieder gesehen, liegen Glück und Pech in der BTCC eng beieinander.
Auch in der Herstellerwertung geht es nach wie vor eng zwischen BMW und Subaru zu, während Team BMW (West Surrey) in der Teamwertung einen komfortablen Vorspung vor Honda Yuasa Racing (Team Dynamics) und Adrian Flux Subaru Racing (Team BMR) hat. In der Independent-Wertung führt Tom Ingram mit 31 Punkten vor Jack Goff. Auch hier können wir uns auf ein spannendes Finale in Brands Hatch freuen, wenngleich 31 Punkte Vorsprung schon eine echte Hausnummer sind.
Der erste Champion dieser Saison konnte dagegen bereits in Silverstone gekürt werden. Vauxhall-Pilot Senna Proctor liegt in der Jack Sears-Trophy für den besten Rookie uneinholbar in Führung und sichert sich damit den Titel. Alle Meisterschaftsstände können hier als PDF abgerufen werden.