Die 57. Ausgabe des Bathurst 1000 verspricht eine der spannendsten der letzten Jahre zu werden. In den vergangenen Jahren wurde das Rennen meist vom Duell Red Bull Racing gegen Prodrive geprägt, doch in diesem Jahr zählt seit längerem auch wieder das Team von DJR-Penske zu den Favoriten.
Dick Johnson und der Mount Panorama sind untrennbar miteinander verbunden. 1980 sorgte ein auf die Strecke gerollter Stein beinahe dafür, dass Johnson seine Karriere hätte beenden müssen. Doch dank der Unterstützung zahlreicher Fans und einer finanziellen Hilfe durch Ford konnte Johnson 1981 zurückkehren und in den folgenden Jahren drei Bathurst-Siege und fünf ATCC-Meisterschaften einfahren. Das letzte Podium von DJR in Bathurst liegt mittlerweile aber auch schon zehn Jahre zurück und beim letzten Sieg im Jahr 1994 fuhr Dick Johnson (damals mit John Bowe) sogar noch selber.
Dementsprechend motiviert wird man nun an den Mount Panorama reisen, denn vor allem dank der Zusammenarbeit mit Roger Penske sind die Chancen auf einen Erfolg so groß wie lange nicht. Und auch bei den Fahrerpaarungen ist DJR-Penske vorne mit dabei: Sowohl Tabellenführer Scott McLaughlin (mit Alex Prémat) als auch Fabian Coulthard (mit Tony D’Alberto) sollten siegfähig sein, wenn auch mit leichten Vorteilen für McLaughlin. Sowohl für ihn als auch für Coulthard wäre es übrigens der erste Sieg dort.
Das Sandown 500 hat aber auch gezeigt, dass die Konkurrenz bestens aufgestellt ist. Allen voran Prodrive wird nach dem Sieg von Cam Waters und Richie Stanaway und Platz drei von Chaz Mostert und Steve Owen mit viel Rückenwind anreisen und wird sich berechtigte Hoffnungen auf den ersten Sieg seit 2014 machen.
Mark Winterbottom / Dean Canto traue ich auch zu, vorne rein zu fahren, obwohl sie in Sandown ein eher schwieriges Rennen hatten. Nachdem man von Platz neun gestartet war, wurde Canto noch in der ersten Runde umgedreht und so war man gezwungen, das Feld von hinten aufzurollen. Am Ende hatten sie sich bis auf P10 zurückgearbeitet, und rückten nach der Disqualifikation von Tim Slade / Ash Walsh wieder auf Rang neun vor. Bleiben sie in Bathurst von solchen Schwierigkeiten verschont, halte ich ein Top-Fünf-Ergebnis für realistisch.
Jason Bright und Garry Jacobson im letzten Prodrive-Ford dagegen hatten in Sandown keine gute Pace und man rieb sich mit Kämpfen im Hinterfeld auf. Eine Pitlane Penalty früh im Rennen machte ein gutes Resultat unmöglich, sodass man sich mit Platz 22 abfinden musste. In Bathurst wäre es schon ein Erfolg, wenn man in die Nähe der Top Ten kommen sollte.
Beim Red Bull Holden Racing Team gilt es vor allem Jamie Whincup im Meisterschaftsrennen zu halten. Nach Platz sechs in Sandown, wo ein Reifenschaden einen möglichen Sieg zunichte machte, soll es am kommenden Wochenende nun besser laufen. Vier Bathurst-Siege hat Whincup bereits auf dem Konto, der letzte liegt nun aber auch schon fünf Jahre zurück. Seitdem schrammte der sechsmalige Supercars-Champion immer nur knapp am fünften Erfolg vorbei: 2013 verpasste er den Sieg um eine halbe Sekunde gegen Winterbottom, 2014 ging ihm in Führung liegend der Sprit aus, 2015 überholte er 20 Runden vor Schluss das Safety Car und im vergangenen Jahr verhinderte die Kollision zwischen ihm, McLaughlin und Garth Tander einen Sieg. In diesem Jahr soll es nun endlich klappen.
Shane van Gisbergen konnte bislang „nur“ die 12h von Bathurst gewinnen, ein Sieg bei den 1000 km fehlt ihm dagegen noch. Im vergangenen Jahr hätte er es beinahe geschafft, doch am Ende fehlte ihm nur eine Zehntelsekunde auf das Siegerduo Will Davison / Jonathon Webb. Van Gisbergens Co-Driver Matt Campbell hat in Sandown nicht nur sein Team beeindruckt, als er lange Zeit die Pace der Main Driver mitgehen konnte und somit nach Startplatz 21 fast noch einen Podestplatz für Red Bull einfahren konnte. Doch auch ihnen kam ein Reifenschaden dazwischen, sodass nur der 15. Platz heraussprang. Um die Meisterschaft wird es bei van Gisbergen angesichts von 400 Punkten Rückstand nun nicht mehr gehen, doch auch er und Campbell werden in Bathurst zum Favoritenkreis gehören.
Sollte es bei Whincup oder van Gisbergen wieder nicht klappen, hätte Red Bull ja noch ein drittes Ass im Ärmel. Craig Lowndes und Steven Richards kommen zusammen auf 47 Starts in Bathurst und sind mit insgesamt über 1000 Supercars-Rennen das erfahrenste Duo im Feld. Sie gehören vielleicht nicht mehr zu den schnellsten, doch bei einem Rennen über 1000 Kilometer und im Schnitt sechs bis sieben Stunden Rennzeit, ist auch Erfahrung ein entscheidender Faktor.
Aber auch auf andere sollte man ein Auge haben: Allen voran wäre da GRM mit Garth Tander / James Golding und James Moffat / Richard Muscat. In Sandown konnte man mit den Plätzen vier und sieben glänzen, weshalb sie in Bathurst für mich zu den Geheimfavoriten zählen. Sollten zudem Erebus zur Form aus der ersten Saisonhälfte zurückfinden, sollten auch David Reynolds / Luke Youlden in diese Kategorie gehören.
Die Sieger der letztjährigen Ausgabe Will Davison und Jonathon Webb werden in diesem Jahr eher nicht zum Favoritenkreis gehören. Das waren sie 2016 zwar auch nicht, aber sie bräuchten schon einiges an Glück, um den Erfolg zu wiederholen. Zumal Davisons Saison bislang recht unkonstant verläuft. In Sandown konnte man immerhin vom letzten Startplatz (Grid Penalty nach dem Hazelwood-Unfall) noch auf den 12. Rang fahren. Ganz abschreiben sollte man sie daher nicht.
In Bathurst werden auch Tim Blanchard und Todd Hazelwood wieder mit von der Partie sein. Nach Hazelwoods schwerem Unfall im ersten Quali-Heat in Sandown musste Brad Jones Racing ein komplett neues Chassis aufbauen. Dieses wurde in der vergangenen Woche fertig und hat auch schon seinen Shakedown hinter sich. Ihr Start ist also nicht in Gefahr.
Ganz anders sieht es dagegen bei einem anderen BJR-Duo aus. Ash Walsh testete vor einer Woche einen nicht näher beschriebenen Prototypen auf Phillip Island und muss dabei einen heftigen Abflug gehabt haben. Der Wagen soll aufgestiegen sein und sich danach mehrfach überschlagen haben. Walsh erlitt eine Lungenquetschung und mehrere Prellungen. Ob Walsh am Rennen wird teilnehmen können, steht noch nicht fest. Zuerst muss er den „Driver Exit Test“ absolvieren. Ist dieser erfolgreich, hat er grundsätzlich erstmal grünes Licht. Sollte er auch in seiner ersten Trainingssession keine Beschwerden haben, wird er aller Voraussicht nach auch am Sonntag starten können.
Wer am Ende die Peter Brock Trophy gen Himmel strecken darf, ist natürlich komplett offen. Nicht umsonst heißt es, dass der Berg sich seine Sieger selber aussucht.
Hier noch einmal die komplette Entrylist in der Übersicht:
Startnummer | 1. Fahrer | 2. Fahrer | Team | Fahrzeug |
---|---|---|---|---|
1 | Jamie Whincup | Paul Dumbrell | Red Bull Holden Racing Team | Holden ZB Commodore |
97 | Shane van Gisbergen | Earl Bamber | Red Bull Holden Racing Team | Holden ZB Commodore |
888 | Craig Lowndes | Steven Richards | Red Bull Holden Racing Team | Holden ZB Commodore |
2 | Scott Pye | Warren Luff | Walkinshaw Andretti United | Holden ZB Commodore |
25 | James Courtney | Jack Perkins | Walkinshaw Andretti United | Holden ZB Commodore |
5 | Mark Winterbottom | Dean Canto | Tickford Racing | Ford Falcon FG X |
6 | Cameron Waters | David Russell | Tickford Racing | Ford Falcon FG X |
55 | Chaz Mostert | James Moffat | Tickford Racing | Ford Falcon FG X |
56 | Richie Stanaway | Steve Owen | Tickford Racing | Ford Falcon FG X |
7 | Andre Heimgartner | Aaren Russell | Nissan Motorsport | Nissan Altima |
15 | Rick Kelly | Garry Jacobson | Nissan Motorsport | Nissan Altima |
23 | Michael Caruso | Dean Fiore | Nissan Motorsport | Nissan Altima |
78 | Simona de Silvestro | Alex Rullo | Nissan Motorsport | Nissan Altima |
8 | Nick Percat | Macauley Jones | Brad Jones Racing | Holden ZB Commodore |
14 | Tim Slade | Ashley Walsh | Brad Jones Racing | Holden ZB Commodore |
21 | Tim Blanchard | Dale Wood | Tim Blanchard Racing (BJR) | Holden ZB Commodore |
9 | David Reynolds | Luke Youlden | Erebus Motorsport | Holden ZB Commodore |
99 | Anton de Pasquale | Will Brown | Erebus Motorsport | Holden ZB Commodore |
12 | Fabian Coulthard | Tony D'Alberto | DJR Team Penske | Ford Falcon FG X |
17 | Scott McLaughlin | Alexandre Prémat | DJR Team Penske | Ford Falcon FG X |
18 | Lee Holdsworth | Jason Bright | Charlie Schwerkolt Racing (Preston Hire Racing) | Holden ZB Commodore |
19 | Jack Le Brocq | Jonathon Webb | Tekno Autosport | Holden ZB Commodore |
33 | Garth Tander | Chris Pither | Garry Rogers Motorsport | Holden ZB Commodore |
34 | James Golding | Richard Muscat | Garry Rogers Motorsport | Holden ZB Commodore |
35 | Todd Hazelwood | Bryce Fullwood | Matt Stone Racing | Holden Commodore VF |
230 | Will Davison | Alex Davison | 23Red Racing | Ford Falcon FG X |
Bathurst 1000
Der Mount Panorama Circuit ist bei Fans und Fahrern gleichermaßen beliebt. Wenn der Berg ruft, pilgern zehntausende Zuschauer an den Berg im Osten des Bundesstaates New South Wales und sorgen für eine einzigartige Stimmung. Ich glaube ja, dass es schon reicht, wenn man vom Mount Panorama Motorengeräusche hört, oder dort die Lichter in der Boxengasse angehen, um die Fans an die Strecke zu locken. Fast wie wenn man im Ruhrgebiet das Stadionlicht einschaltet.
Schon Tage vor dem Rennen werden die Quartiere aufgeschlagen, Grills aufgebaut und mit fahrbaren Kühlboxen (Eskys genannt) durch die Gegend gedüst – leider nicht immer im nüchternen Zustand. Und wer Glück hat, besitzt eines der (Ferien-) Häuser direkt an der Strecke.
Bathurst ist der Mittelpunkt des australischen Motorsports. Wer hier gewinnt, hat einen Platz in der Sport-Historie sicher, und deshalb ist für viele ein Sieg beim „Great Race“ wichtiger als die Meisterschaft. Und wenn man in die Siegerliste schaut, versteht man auch warum: „King of the Mountain“ Peter Brock gewann hier ganze neunmal, Jim Richards siebenmal, Larry Perkins, Mark Skaife und Craig Lowndes sechsmal. Weitere mehrfache Sieger des Rennens sind unter anderem Allan Moffat oder Dick Johnson. Allesamt Legenden des Sports, zu denen sich auch Greg Murphy zählen darf. Er gewann zwar nie die Meisterschaft, dafür aber eben viermal das Bathurst 1000. Unvergessen auch seine „Lap of the Gods“ im Jahre 2003.
Auf den knapp sechs Kilometern verteilen sich nicht nur 23 Kurven, sondern mindestens auch genau so viele Geschichten:
Turn 1 ist eine 90°-Linkskurve und nennt sich Hell Corner. Danach geht es die Mountain Straight hinauf, Schauplatz vieler Windschattenduelle und hart geführter Zweikämpfe. Hier duellierten sich Winterbottom und Whincup 2013 in der letzten Runde um den Sieg.
In Griffins Bend, einer mittelschnellen Rechtskurve, ging 1994 der Stern von Craig Lowndes auf, als er John Bowe außenherum überholte.
Danach geht es hoch zu The Cutting, einer engen nicht einsehbaren Linkskurve. 2005 gingen sich hier Marcos Ambrose und Greg Murphy nach einem Unfall, der die Strecke blockierte, fast an die Gurgel.
In Quarry Corner lag 1980 der oben erwähnte Stein, der Dick Johnson auf dem Weg zum sicher geglaubten Sieg aufhielt.
Anschließend muss man sich noch durch Reid Park, Frog Hollow und Sulman Park schlängeln, ehe man den Gipfel erreicht hat. In Reid Park erwartet einen in der schnellen Links der Metal Grate, ein Gullideckel in einer Senke, außen kurz vor der Mauer. Die Supercars erreichen dort um die 200km/h. Wenn man am Grate einen Fehler macht, landet man unweigerlich in der Wand. Scott Pye bekam das 2015 zu spüren.
Nun geht es noch über Brock’s Skyline und dann beginnt der Abstieg durch die Esses und The Dipper. 2015 verunglückte dort Chaz Mostert und brach sich dabei den linken Oberschenkel. Er erwischte dabei noch einige Streckenposten, die zum Glück mit leichten Verletzungen davon kamen.
Es folgt mit Forrest’s Elbow die Stelle, in der 1992 ein Unfall die Strecke teilweise blockierte, dem Jim Richards in Führung liegend nicht mehr ausweichen konnte. Bei sintflutartigem Regen hatte er sich bereits in Reid Park seinen Wagen beschädigt und versuchte sich an die Box zu retten. Nach dem Unfall brach die Rennleitung das Rennen ab, und Richards wurde dem Regelwerk entsprechend zum Sieger erklärt. Die Zuschauer, mehrheitlich Johnson-Fans, buhten ihn und Mark Skaife daraufhin gnadenlos aus. Richards‘ Kommentar: „You’re a pack of assholes!“
Auf der folgenden Conrod Straight beschleunigen die Supercars auf 300 Stundenkilometer. Danach geht es in The Chase. Eine Schikane, die 1987 eingeführt wurde, da die FIA keine Geraden mehr erlaubte, die über 1200m lang sind. Hier befindet sich auch eine Gedenkplakette für Mike Burgmann, der hier 1986 tödlich verunglückte.
Die letzte Kurve ist schließlich Murrays Corner, die einen wieder Richtung Start-Ziel führt – und die Hatz beginnt wieder von vorne.
Zahlen und Fakten
Strecke: Mount Panorama Circuit
Länge: 6,213 km
Av. Speed: 178km/h
Top Speed: 300km/h
Lap Record: 2:07.1226 (Jamie Whincup, 2015)
Pole-Zeit 2016: 2:05.4263 (Jamie Whincup)
Sieger 2016: Will Davison / Jonathon Webb
Aufgrund der in diesem Jahr bereits mehrfach erwähnten Schwierigkeiten mit der neuen Reifengeneration von Dunlop (vor allem auf Phillip Island), kommen in Bathurst übrigens die Reifen von 2016 zum Einsatz, da Dunlop nicht garantieren konnte, dass die neuen Reifen den Belastungen der schnellsten Strecke im Kalender standhalten können. Sowohl für die Supercars als auch für Dunlop ist das sicherlich eine peinliche Geschichte. Ich hoffe mal, dass die 2018er Variante besser funktioniert. Meiner Meinung nach wäre man besser bei den Reifen vom letzten Jahr geblieben, da zumindest für mein Empfinden das Racing auch besser war.
Zeitplan
Freitag:
06:50 Uhr – Qualifying – 40 min.
Samstag:
08:10 Uhr – Top 10 Shootout – 45 min.
Sonntag:
02:10 Uhr – Bathurst 1000 – 161 Runden (1000km; jeder Fahrer muss mindestens ein Drittel der Renndistanz absolvieren)
(Alle Zeiten in MESZ und ohne Gewähr.)
Beitragsbild/Header: Leigh Ellis