Vier Weltmeistertitel. Das haben nun wirklich nicht viele in der Geschichte der Formel Eins geschafft. Als erster Brite erreicht Hamilton diese Marke. Dabei war es dieses Jahr wirklich schwer.
Nach dem Rennen in Australien gab es bei Mercedes schon ein paar ernste Gesichter. Wie aus dem Nichts kommend, hatte Ferrari mit Vettel das Rennen nach Belieben dominiert. Hamilton rettete sich zwar auf den zweiten Platz, musste aber eingestehen, dass er gegen den Speed von Ferrari nichts ausrichten konnte. Um so wichtiger war dann sein Sieg in China. Hätte Ferrari hier erneut gewonnen, dann wäre klar gewesen, dass Mercedes in großen Problemen stecken würde. Aber wirklich rund lief für Hamilton zum Start der Saison wirklich nicht. In Bahrain deklassierte Ferrari die Mercedes erneut, die sich aber mit einem Sieg in Russland wieder vorne zeigten. Dort siegte allerdings Bottas, während Hamilton nach diversen Problemen nur auf den vierten Rang kam. Vor dem Rennen in Spanien, war dies der WM-Stand:
VET: 83 Punkte
HAM: 73 Punkte
BOT: 63 Punkte
Hamilton hatte in den ersten vier Rennen nicht mehr machen können, als den Schaden zu begrenzen. Vettel konnte zweimal Siegen, einmal in Australien, einmal in Bahrain. Hamilton blieb nur der Sieg in China und die Erkenntnis, dass der Ferrari auf allen Strecken gut funktionierte.
Die erste Wende
Spanien brachte, wie jedes Jahr, den Start der Europa-Saison. Und mit diesem Start auch viele neue Teile, die man nach den Wintertests produziert hatte. Mercedes überraschte die Konkurrenz dabei deutlich. Das, was man in Barcelona an den Start brachte, war eigentlich eine B-Variante des W08. Eine komplett neue Nase, neue Bargeboards, neuer Unterboden, neue Kühlschächte, eine neue Finne, neuer Heckflügel, neuer Diffusor. Und das Auto funktionierte sofort. Zwar gewann Hamilton nur knapp, aber es war ein wichtiger Sieg.
Monaco erbrachte den erwarteten Sieg von Ferrari, aber danach ging dann für Ferrari fiel schief. In Kanada wurde man klar von Mercedes gebügelt. Und zwar deutlicher, als man das erwartet hatte. Aber dann kam das wilde Rennen in Baku und der Ausrastet von Vettel, der Hamilton während einer SC-Phase ins Auto fuhr. Dafür wurde Vettel zu Recht bestraft. Doch ohne den Blackout hätte Vettel das Rennen gewinnen können. Immerhin landete der Deutsche noch vor dem Briten im Ziel.
Es war aber weiter nicht klar, welches Chassis denn nun das bessere war. Kanada war als Strecke zu eigenartig, ebenso Baku. Das Rennen in Österreich brachte zwar wieder einen Mercedes Sieg, aber durch den „falschen“, nämlich Bottas. Für Hamilton lief es überhaupt nicht gut, er wurde nur Vierter. Zu diesem Zeitpunkt sah es in der WM schlecht für den Briten aus.
VET: 171 Punkte
HAM: 151 Punkte
BOT: 136 Punkte
Obwohl Ferrari vier sehr schwache Rennen hatte und kein einziges Rennen gewinnen konnte, war es den Italienern gelungen, den Vorsprung in der Fahrer-WM auszubauen. Das versprach zwei spannende Rennen in Silverstone und Ungarn.
Silverstone zeigte Mercedes kann
Der GP von Grossbritannien war eine Ohrfeige für die Ferrari. Mercedes und Hamilton dominierten nach Belieben. Am Ende deklassierte Bottas auch noch die Ferrari. Obwohl letzter nach der ersten Runde, erreicht er am Ende noch P2. Die Sieg für Hamilton war das eine, das andere war die Sache, wie er zustande kam. Offensichtlich war das B-Chassis von Mercedes vor allem auf Kursen stark, auf denen es a) schnelle, fließende Kurven gab und b) der Asphalt wenig von den Reifen forderte. Und davon sollten im Herbst noch so einige Strecken folgen. Hamilton hielt sich, trotz vieler Schwierigkeiten, schadlos und kämpfte verbissen um jeden Punkt.
Das Ferrari in Ungarn gewinnen würde, war zu erwarten. Der Doppelsieg der Roten schmerzte und das man Bottas nicht angewiesen hatte, Hamilton auf P3 vorbeizulassen, überraschte nicht wenige im Fahrerlager. Denn es stand zu vermuten, dass die zweite Hälfte der Saison sehr, sehr eng werden würde. Da konnte jeder Punkt zählen. Vor der Sommerpause stand es um die Chancen von Hamilton aber immer noch gut, vor allem dank des Sieges in Silverstone.
VET: 202 Punkte
HAM: 188 Punkte
BOT: 169 Punkte
Die zweite Hälfte
Ich hatte mir selber ein paar Notizen in der Sommerpause gemacht. Wo Mercedes stark sein würde, wo Ferrari. Die Liste mit den letzten Rennen sah so aus:
Spa: Mercedes
Monza: Mercedes
Singapur: Ferrari
Malaysia: Ferrari
Japan: Unentschieden
Austin: Mercedes
Mexiko: Unentschieden
Sao Paulo: Ferrari
Abu Dhabi: Ferrari
Für mich war klar, dass die entscheidenden Rennen für Hamilton Japan, Austin und Mexiko sein würden. Konnte er diese Rennen gewinnen, war der WM-Ttiel nah. Gleiches galt natürlich für Vettel. Allerdings hatte niemand damit gerechnet, dass das Ferrari-Team implodieren würde. Mercedes hatte, wie alle anderen, über den Sommer neue Updates entwickelt, die auch sofort funktionierten. Spa konnte Hamilton nur knapp gewinnen, in Monza demontierte man Ferrari allerdings. Nicht nur schlug man Ferrari vor dem eigenen Publikum, Hamilton übernahm zum ersten Mal in der Saison die WM-Spitze.
Das Mercedes die ersten beiden Rennen nach der Sommerpause gewinnen konnte, kann Ferrari nicht überrascht haben. Dennoch saß der Frust sichtbar tief. Spa hatte verloren, obwohl man dass etwas bessere Chassis hatte. Aber Monza war ein eine reine Motorenschlacht, die man krachend verlor.
Aber es war auch noch etwas anderes passiert: Hamilton war mental stark aus dem Sommerurlaub zurück gekommen. Das kam nicht unerwartet. Der Brite mag die langen Pausen, Mercedes lässt ihm auch die Freiheit in der Zeit zu machen, was Lewis machen will. Machte der Hamilton vor allem zu Beginn der Saison noch einen leicht müden Eindruck, hatte sich das Bild schon nach dem Rennen in Silverstone leicht verändert. In Spa und Monza sah man wieder den klasssischen, alten Hamilton, der bis unter die Haarwurzel motiviert war.
Singpur brachte Lewis dann das Glück des Tüchtigen. Auch das benötigt man, wenn man Weltmeister werden will. Der Doppelausfall der Ferrari und der Umstand, dass die Ferrari gleich noch Verstappen mit in Aus bugsierten, machte die Bahn frei für Hamilton, der mit einem Sieg nicht gerechnet hatte.
Wenn es drei Wendepunkte in der Saison gibt, dann waren das Spanien, Silverstone und Singapur. Silverstone und Spanien waren gut fürs die Psyche, aber Singapur brachte Hamilton zum ersten Mal einen satten Vorsprung in der WM (28 Punkte). Dass Ferrari dann in Malaysia und Japan patzte war dann auch wieder Glück für den Briten. Malaysia hätte Mercedes verloren, das zeigten alle Indikatoren. Japan wäre eine enge Kiste geworden, aber Speed von Räikkönen in Japan zeigte, dass Mercedes hier eigentlich unterlegen war.
Das Unvermögen von Ferrari hat Hamilton die WM früher in die Hand gegeben, als man damit rechnen konnte. Was aber keineswegs bedeutet, dass der Brite seinen vierten WM-Titel geschenkt bekommen hat. Er war, bis auf die etwas schiefen Rennen in Russland und Monaco, immer aus eigener Kraft vorne. Er hat nicht nur die meisten Poles geholt, er hat die auch die meisten schnellstens Runden in diesem Jahr gefahren. Er hat sich kaum einen Fehler erlaubt, war immer da, wenn es Punkte zu holen gab.
Das Talent von Hamilton steht außer Frage. Er kann auch mit einem Auto schnell sein, wenn es nicht zu 100% passt. Und man wird nicht aus Versehen Weltmeister, schon gar nicht so oft. Mit 32 Jahren gehört er weiter zu den besten Piloten im Feld, sein Speed auf eine Runde ist weiter da. Er gehört zu den komplettesten Rennfahrern im Feld, er rechnet während des Rennens genau aus, was zu tun ist. Und machmal ist er im Auto beim Call für den Boxenstopp besser, als die versammelten Ingenieure und Computer bei Mercedes. Dazu kommt: Wenn er hart fahren muss, dann kann er auch hart fahren. „Hammertime“ nennt das Mercedes.
Sein Bild außerhalb der Strecken hat sich auch gewandelt. Aber und zu blitzt immer noch mal eine gewisse Weinerlichkeit beim ihm durch, aber sie ist selten geworden. Er lässt sich nicht mehr ablenken. Warum auch. Er hatte bisher drei WM-Titel, er war schon der erfolgreichste britische Rennfahrer, der in einem Atemzug mit Graham Hill, Jackie Stewart und dem Monument Jim Clark genannt wurde. Jetzt hat er sie alle hinter sich gelassen. Und es sieht nicht so, als habe Hamilton vor den Helm an den Nagel zu hängen. Der fünfte Titel würde ihn auf eine Stufe mit Fangio bringen. Und damit endgültig als einen der besten Fahrer etablieren, die jemals einen Formel Eins bewegt haben.
Und klar ist jetzt schon: Wer 2018 Weltmeister werden will, muss erst einmal an ihm vorbei.