Die WEC bot am Sonntagmorgen ein spannendes und abwechslungsreiches Rennen, wobei die beiden Profiklassen jeweils erst kurz vor Ende entschieden worden sind.
Es war DIE Szene des Wochenendes. Jose Maria Lopez, wollte in seinem Toyota TS050 in Führung liegend 40 min vor Ende in der Anfahrt zur hinteren aufmachenden Schneckenkurve ebenso wie ein überrundeter 919 Hybrid an einem LMP2 und mehreren GTE vorbei. Der Porsche konnte sich gleich nach dem ersten Scheitel der immer weiter aufmachenden Rechtskurven innen vorbei schieben, während der Toyota sich am ersten GTE vorbei drückte und dann in der Mitte auf Höhe des zweiten GTE lag. Das Problem war aber: Just an dieser Stelle ziehen sowohl die GTE als auch die LMP1 und LMP2 von außen links nach innen rechts zum Scheitel um dann möglichst früh auf die folgende Lange Gerade beschleunigen zu können. Dies ist hier die optimale Linie und entsprechend zog der Porsche mit der #91 auch nach innen, denn gleich rechts neben ihm lag der Toyota und somit auch im Toten Winkel. Es kam dann wie es kommen musste. Durch das nach innen ziehen kollidierte der bis dato um Platz 1 kämpfende Porsche mit dem Toyota recht heftig und damit entschied Jose Maria Lopez 2 Klassen gleichzeitig.
Der Toyota mit der #7 lag nämlich relativ komfortabel vor seinem Schwesterauto, während die Porsche jeweils mind. 1 Runde zurück lagen. Insofern ist diese aggressive Herangehensweiße kaum zu verstehen, zumal Maria Lopez auf der nachfolgenden Geraden alle Zeit der Welt gehabt hätte. Da durch den Crash seine linke Aufhängung beschädigt worden ist, musste dieser an die Box kommen und ca. 7 Runden repariert werden. Damit war nur noch Platz 4 drin, anstelle des sicheren Sieges. Der zweite leidtragende war der Porsche mit der #91. Dieser lag auf Platz 2 in der Klasse dicht hinter dem Ford GT und dank neuerer Reifen war er sogar etwas schneller, wobei der Ford den Vorteil des höheren Topspeeds auf seiner Seite hatte. Durch die Kollision hat der Porsche dann eben auch entsprechend Boden verloren, welchen Richard Lietz zwar einigermaßen wieder gut machen konnte, aber am Ende immer noch 12 Sekunden Rückstand bedeutete. Sowohl für Toyota als auch für Porsche ein sehr ärgerlicher Unfall, wobei Richard Lietz im 911er nichts dagegen tun konnte und auch keine Schuld trifft. Dies wäre der erste Saisonsieg des 911 in der WEC geworden und auch Toyota hätte einen Doppelsieg einfahren können. Überhaupt war der Kampf in der GTE-Pro sehr eng. Konnte zwar im Qualy noch der Aston Martin mit den dominierend Ford GT und Porsches mithalten, so bot sich im Rennen ein anderes Bild. Da der Asphalt sehr reifenmordend ist und die Dunlops aufgrund der nicht so warmen Temperaturen nicht ins richtige Betriebsfenster kamen, hatten die Aston Martin schon nach wenigen Runden mit etwas stärker abbauenden Reifen zu tun. Nutzniesser waren davon eben die Porsche und auch Ferrari, welche sich damit im Vergleich zum Zeittraining immer Stück für Stück nach vorne schieben konnten. Die große Frage war daher: Wer geht von den beiden schnellsten Fahrzeugen am besten mit den Reifen um ? Die Ford GT waren zwar am Anfang des Stints etwas schneller als die Porsche, diese konnten aber mit der neuen homologierten Mischung im Laufe der Doppelstints wieder Boden gut machen. Dazu kam, dass man die #91 auf eine etwas alternierende Strategie schickte, was dazu führte, dass Lietz im letzten Stint neue Reifen aufgezogen hatte, während der nur wenige Sekunden vor ihm fahrende Ford ältere Reifen hatte. Die Bühne war also für einen 40 min langen Kampf bis zum Ende bereitet, aber wie schon angesprochen hatte eben Pechito Lopez etwas dagegen und auch sich selbst die Siegchance geraubt. Der zweite Porsche konnte in diesen Kampf nicht eingreifen, da die #92 schon früh einen Motorschaden erlitt und somit ausfiel. Erstaunlich war hier aber, wie schnell Porsche den Motorschaden zugegeben hat. Dies ist eigentlich etwas erstaunlich, denn solche Schäden werden von Herstellern oft nur sehr ungerne zugegeben.
Somit war der Weg für den Ford mit der #67 und Andy Priaulx und Harry Tinknell frei, welche sich den Sieg holen konnte, während Lietz und Makowiecki den zweiten Platz vor James Calado und Alessandro Piere Guidi im AF Corse Ferrari einfahren konnten. Platz 4 ging an den zweiten Ford, wobei dieser auch nur 10 Sekunden hinter dem Ferrari lag mit Stefan Mücke und Oliver Pla am Steuer. Platz 5 ging dann an den Aston Martin mit Marco Sorensen und Nicki Thiim, während der zweite Ferrari vor dem zweiten Aston Martin das Ergebnis komplettiert. Gerade die Ferrari haben sich hier mit dem höheren Reifenverschleiß im Rennen gesteigert, obwohl man im Qualy die letzte Reihen einnehmen musste, während es für die Astons im Vergleich zum Qualy fast nur nach hinten ging. Im Kampf um die Fahrermeisterschaft hat dieses Rennen dazu geführt dass sich die Situation vorne noch mehr zusammen geschoben habt. Es führt weiter das Duo Piere Guidi und James Calado mit nun 135 Punkten 2 Punkte vor Richard Lietz und Mackowiecki, sowie 7,5 Punkte vor Andy Priaulx und Harry Tinknell. Da in der WEC die gleichen Punkte wie in der F1 vergeben werden (25-18-etc.) und es auch für die Pole einen Bonuspunkt gibt, können alle 3 Paarungen aus eigener Kraft noch den Titel holen. In der Herstellerwertung hat Ferrari den Titel sicher, während im Kampf um Platz 2 nun Ford 1,5 Punkt Vorsprung auf Porsche hat, womit die Entscheidung in Bahrain denkbar knapp werden kann. Ganz ausser Acht lassen darf man hier Aston Martin nicht, welche zwar 19,5 Punkte Vorsprung haben, aber da es in Bahrain gerne sehr heiß wird, hier normal deutlich besser aussehen sollten.
Ebenfalls einen gro0en Einfluss auf das Ergebnis hatte der Reifenverschleiß in der LMP1. Toyota reagierte darauf, indem das Paket für mehr Abtrieb an ein paar kleinen Stellen im Rahmen des Reglements überarbeitete. Am auffälligsten waren hier die zusätzlichen Flaps vorne an den Radkästen sowie eine Rekonfiguration der Vortex-Generatoren, am Frontsplitter / Flügel. Das sind jene kleine nach unten stehende Zacken, welche die Reynoldszahl der umströmenden Luft massiv erhöhen und somit die Strömung von Laminar in Turbulent wandeln. Diese Vortex-Generatoren werden unter anderem dazu genutzt den Luftstrom besser kontrollieren zu können und ein Abreißen der Luft erst weiter hinten zu erzeugen, da turbulente Strömung etwas später abreißt als laminare. Ergänzt wurde das ganze durch eine leicht veränderte Zwischenöffnung zwischen dem Frontsplitter und dem Frontflügel sowie leicht veränderten Luftleitelementen am Heck unter der Motorabdeckung. Damit konnte gerade an der empfindlichen Vorderachse der Abtrieb erhöht werden, was den Reifenverschleiß, gerade am stark belasteten Reifen vorne links minimiert. Porsche hatte hierzu keine zusätzliche Lösung am Start, wodurch Toyota eigentlich das ganze Rennen sowohl über eine Runde als auch gerade im Renntrimm besser aussehen lies. Somit ergab sich eigentlich ein recht ungefährdeter Doppelsieg, wenn Lopez nicht nach Silverstone wieder ein sehr optimistisches Manöver gesetzt hätte, was für sein Auto Platz 4 bedeutete und für Porsche den Gewinn in der Hersteller und Fahrerwertung der WEC, wodurch Brendon Hartley, Timo Bernhard und Earl Bamber Fahrerweltmeister sind! An dieser Stelle Glückwunsch an das ganze Team!
Den Fahrertitel hätten am Wochenende auch liebend gerne Ho Ping Tung, Oliver Jarvis und Thomas Laurent in der LMP2 zementiert, aber an diesem Wochenende hatten sie zwar ein schnelles Auto aber Pech. So wurde man gegen Mitte des Rennens Eingangs der ersten Kurve vom G-Drive Oreca mit Nico Müller abgeschossen. Dieser kam gerade aus der Box und wollte sich innen in die Kurve quetschen, während Ho Pin Tung von außen in die Kurve zog. Der folgende Zusammenstoß kostete beiden Autos einige Sekunden und nahm die Reifen des Jacki Chan Oreca doch stärker in Mitleidenschaft, wodurch dieser mit einem höheren Verschleiß zu kämpfen hatte. Dieser kostete dem Team 1-2 Plätze, wodurch nach einem stark rausgefahrenen Sieg nun Bruno Senna und Julien Canal mit 4 Punkten Vorsprung die Wertung anführen. Der alles entscheidende Punkt war gerade hier eben die mechanische Abstimmung des Orecas aufdie Einheitsreifen von Dunlop, weil hier die Doppelstints ebenso obligatorisch waren wie in der LMP1, wobei es sich noch mehr auszahlte gerade am Anfang etwas langsamer die Stints anzugehen, um den Reifen möglichst schonnend zum arbeiten zu bekommen. Eine Kunst, welche gerade bei den Herrenfahrern die Spreu vom Weizen trennt und hier doch ein größeres Gefällte erzeugt, als es noch die letzten Jahre der Fall war, da man hier teilweiße Einfachstints gehen konnte und der langsameren LMP2 weniger Verschleiß hatten. Auf Platz 2 konnte sich der Signatech Alpine einordnen, nachdem man jeweils einen Stopp weniger als der nachfolgende Rebellion sowie der schon angesprochene Jacki Chan Oreca benötigte. Auf Platz 5 landetete derweil der erste Oreca von Manor, welche wohl laut diversen Gerüchten wohl doch nicht die Käufer von den ersten 3 Ginetta sind, sondern wohl mit TRS nur 1 Ginetta gekauft haben und in der nächsten Saison wohl mit je einem Auto auf beiden Hochzeiten in der Prototypenklasse tanzen möchte.
In der GTE-Am ging das ganze diesmal aber relativ deutlich aus: Der Aston Martin mit Paul Dalla Lana, Pedro Lamy und Niki Lauda gewann mit 1 Runde Vorsprung vor dem Gulf UK Porsche und diese waren wiederum 1 Runde fleißiger als der Proton-Porsche, womit die Paarung im Christian Ried nun 10 Punkte Rückstand auf die Fahrer des Aston Martin haben, während der Clearwarter Ferrari um Weng Sun Mok weitere 9 Punkte Rückstand auf die Porsche-Besatzung haben. Die Zusammensetzung der GTE-Am könnte übrigends für nächstes Jahr sehr interessant werden. Nachdem Proton 3 911 RSR gekauft hat, Gulf UK einen zweiten RSR an den Start bringen möchte und wohl auch Tolimit / Project 1 aus dem PSC in die GTE-Am aufsteigen möchte, wären dies alleine 3 zusätzliche RSR in der Klasse, während Beachdean AMR und TFS Sport wohl vorhaben mit jeweils einem Aston Martin an den Start zu gehen. Dazu verdichten sich wohl die Anzeichen, wonach Ford den GT wohl wirklich an Kundenteams verkaufen möchte, womit hier evtl. auch noch ein Ford an den Start gehen könnte. Eine Entscheidung dazu, soll wohl in 2 Wochen beim Rennen in Bahrain getroffen werden, welche den Saisonabschluss und das Ende der LMP1-Ära von Porsche bedeutet.
1 Kommentare
Niki Lauda, auch bekannt unter dem Namen Matthias. :)
Junge Junge, der Lopez hat aber auch nicht so richtig Lust auf eine Fortsetzung seiner LMP-Karriere in einem Top Team, oder?
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