Sie ist gerade mal 12 Jahre jung und bereits eine Formel-3-Pilotin: Juju Noda, Tochter des ehemaligen Formel-1- und IndyCar-Fahrers Hideki Noda, eroberte die japanischen Fans bereits im Sturm. Nun gewinnt sie auch im Westen an Popularität.
In Japan ist sie bereits ein kleiner Star. Nun wird auch der Westen auf die erst zwölfjährige Juju Noda aufmerksam, nachdem sie im Rahmen von Super-GT-Testfahrten in Okayama bereits zum wiederholten Male einen Formel-3-Boliden testete. Die Begeisterung der Veteranen in den sozialen Netzwerken ist gerechtfertigt, viele hiesige Experten bezeichnen ihr Talent gar als einzigartig. Große Aufmerksamkeit erhielt sie in Nippon, als sie mit bereits neun Jahren als weltweit jüngste Pilotin in das Cockpit des FIA-zertifizierten Dome F110 der japanischen Formel-4-Meisterschaft kletterte. Mit 10 brach sie gar den F4-Rundenrekord in Okayama in der U17-Kategorie – und war dabei nur rund 0,7 Sekunden langsamer als die Pole-Position-Zeit der nationalen Formel-4-Meisterschaft im gleichen Jahr.
Das Rennfahren liegt Juju im Blut. Ihr Vater ist der ehemalige Formel-1-, IndyCar- und Le-Mans-Pilot Hideki Noda, der in einem Interview mit dem japanischen Fernsehen das natürliche Talent seiner Tochter hervorhebt: „Ihr Talent ist deutlich größer als meines“, erklärt Noda mit einem Lächeln im Gesicht. „Juju hat die Gabe, das Limit ihres Rennwagens und der Reifen zu spüren und die Bedingungen auf der Strecke einzuschätzen. Das ist nicht etwas, was ich ihr beibringen könnte.“ Tatsächlich war, so Juju Noda, einer der wichtigsten Ratschläge ihres Vaters, ihren eigenen Stil zu finden sowie auf der Strecke zu experimentieren. Das Resultat ist beeindruckend: Die von den hiesigen Medien getaufte „Prinzessin des japanischen Motorsports“ agiert absolut gelassen hinter dem Steuer, wenn sie mit 240 km/h über die Start- und Zielgerade des beheimateten Okayama International Circuit brettert.
Juju Noda ist Schülerin an der von ihrem Vater geleiteten NODA Racing Academy. Als größtes Talent der Schule erhält sie natürlich einen besonderen Fokus in ihrer Ausbildung. Mit bereits 3 Jahren saß Juju Noda erstmals in einem Gokart. Als Vierjährige gewann sie direkt bei ihrem Debüt. Ein Jahr später wurde sie Meister in den 30cc- und 40cc-Klassen. Seitdem dominierte Juju Noda die Kart-Szene in Japan und triumphierte in nahezu allen Kategorien, in denen sie antrat. Als sie im Alter von gerade mal 9 Jahren das Angebot erhielt, einen Formel-4-Boliden zu testen, schreckte sie nicht zurück. Das Jahr darauf brach sie den zuvor angesprochenen Formel-4-Rundenrekord auf der ehemaligen Grand-Prix-Strecke. In der U17-Kategorie gewann Juju Noda bereits. Dabei setzte sie sich unter anderem gegen 5-6 Jahre ältere Nachwuchspiloten durch. Ende 2017 pilotierte sie als jüngste Pilotin erstmals den Dome F110 über den Suzuka Circuit. Furcht kennt Juju nicht. Die pfeilschnelle und oftmals als Mutkurve betitelte 130R meistere sie mit Bravour, bezeichnete ihre Fahrt durch diese gar als „gemütlich“.
Lediglich einmal hat sie zusätzliche Motivation durch ihren Vater gebraucht, als sie in Okayama verunfallte, einer ihrer seltenen Fehler. Es benötigte eine kurze Zeit, bis sie wieder auf das Niveau ihrer alten Rundenzeiten zurückkehrte. „Mein Vater erklärte mir, dass diese Dinge im Motorsport einfach passieren. Wenn es zu furchteinflößend ist, kannst du kein Rennfahrer sein. Du kannst aufgeben, wenn du möchtest, und das ist vollkommen in Ordnung. Aber wenn du weitermachen willst, musst du diese Furcht überwinden“, erzählt Juju Noda über die Worte ihres Vaters im japanischen Fernsehen. „Ich habe aber nicht aufgegeben und ihm gesagt, dass ich weitermachen werde.“
Seitdem gelang Juju Noda ein gewaltiger Sprung. Ende 2017, mit gerade mal 11 Jahren, pilotierte sie erstmals einen Formel-3-Boliden der hiesigen National-Klasse auf dem Okayama International Circuit. Seitdem absolvierte sie mehrere Testfahrten, bei denen sie sich immer weiter ans Limit herantastet. „Ich dachte ich wäre jung gewesen, als ich mit 14 Formel 3 testete“, kommentierte der IndyCar-Pilot Max Chilton ein Video des Super-GT-Fahrers Jann Mardenborough, der die Testfahrt der seit Februar zwölfjährigen Juju Noda als „das Beeindruckendste, was ich je gesehen habe“, bezeichnete. Auch andere Piloten wie Joao Paulo de Oliveira oder Heikki Kovalainen loben die Nachwuchspilotin. Der finnische Grand-Prix-Sieger und Super-GT-Champion von 2016 scherzte gar, dass er froh sei, vermutlich niemals gegen sie antreten zu müssen. Denn während seine Karriere sich bereits langsam im Ausklang befinde, fängt ihre erst an. Der physische Anspruch auf ihren sich noch im Wachstum befindlichen Körper dürfte beim pilotieren des Dallara F312 enorm sein. Denn bereits bei den Aufnahmen ihrer Formel-4-Fahrten ist auffallend, wie sehr ihr Kopf bei den Fliehkräften um die 4G nach vorne wippt. Beim Fahren selbst spürt das junge Nachwuchstalent dabei jedoch nichts. „Erst einen Tag später spüre ich, wie meine Muskeln, insbesondere mein Nacken, etwas weh tun“, erklärt sie in einem Interview gegenüber NHK World. Über den zusätzlichen Anspruch der mehr als 220 PS starken Formel-3-Boliden ist sich Juju Noda bewusst, weshalb sie nicht nur ihre Muskeln und Körperkraft stärker trainieren, sondern auch ihren individuellen Stil finden möchte. Hierfür hat die Zwölfjährige noch genügend Zeit. Denn an offiziellen Formel-4-Rennen kann sie erst im Alter von 16 Jahren teilnehmen. Möglicherweise könnte sie diese Klasse gar überspringen und direkt in die Formel 3 einsteigen. Hierfür müsste sie jedoch ins Ausland reisen, denn ohne einer etwaigen Ausnahmeregelung des japanischen Automobilverbandes JAF wird die entsprechend benötigte Lizenz erst ab 18 Jahren vergeben.
She’s 11. In a F3 car!!!!!!! 👏🏾 pic.twitter.com/0sZU3X0FYO
— Jann Mardenborough (@Jannthaman) February 22, 2018
Trotz ihres noch jungen Alters agiert Juju Noda bereits hochprofessionell. Sitzt sie nicht im Rennwagen, übt sie im Simulator. Nach den Testfahrten studiert sie, zusammen mit ihrem Vater, ausgiebig die Telemetriedaten und wertet ihre Rundenzeiten aus. Auch bei den zahlreichen Fernsehauftritten gibt sie sich stets gelassen. Das auf sie gerichtete Rampenlicht der japanischen Medien dürfte selbstredend den Druck der zahlreichen vor ihr stehenden Herausforderungen erhöhen. Juju gibt sich jedoch selbstsicher: „Ich werde damit klarkommen.“ Ihr ultimativer Traum? Natürlich die Formel 1. Doch während sie über die Erfolge von Pilotinnen wie Lella Lombardi, die beim spanischen Grand Prix 1975 als bisher einzige Frau in die Punkteränge fuhr, Bescheid weiß, greift Juju nach mehr. Ihr Ziel: als erste Frau einen Formel-1-Grand-Prix zu gewinnen.
Der Weg in die selbsternannte Königsklasse des Motorsports ist jedoch steinig. „Viele Faktoren werden einen Einfluss auf ihre Karriere haben“, erklärt der ehemalige Formel-1-Pilot Ukyo Katayama gegenüber NHK World. „Nicht nur Glück, sondern Dinge wie die weltweite Wirtschaftssituation, Dinge die außerhalb ihrer Kontrolle liegen. Das Wichtigste ist jedoch, dass sie Talent hat. Der Weg wird sich für sie öffnen.“ Dem ist sich auch Juju Noda bewusst, weshalb sie unter anderem auch Interesse an Elektroautos, speziell der Formula E, äußert. Anfang Dezember reiste sie zusammen mit Hideki Noda zum Saisonauftakt nach Hong Kong, um einen Eindruck dieser noch jungen Motorsportkategorie zu gewinnen. Zuvor hielt sie bereits eine Talk-Show mit dem amtierenden Meister Lucas di Grassi auf der Tokyo Motor Show 2017 ab. Von Vorteil ist, dass sie bereits seit Ende 2016 von der japanischen Kindermode-Kette Micki House gesponsort wird. Seitdem sind mit SBY, der Fast-Food-Kette Fatburger sowie dem Okayama International Circuit weitere Sponsoren hinzugekommen. Glänzte ihr Formel-3-Bolide im Dezember 2017 noch in weißer Farbe, erstrahlt dieser nun in einem metallischen Rot-Pink-Gemisch.
Juju Noda ist nicht die einzige Nachwuchspilotin in Japan. Neben dem von der dreimaligen Le-Mans-Teilnehmerin Keiko Ihara sowie der „Mazda Women in Motorsport Initiative“ geförderten, exklusiven Frauen-Mannschaft namens Love Drive Racing in der Super Taikyu, waren auch in der japanischen Formel-4-Meisterschaft im vergangenen Jahr gleich mehrere junge Damen unterwegs. Ebenfalls Geschichte schrieb Ai Miura, als sie 2014 als erste Frau überhaupt ein Rennen der National-Klasse innerhalb der japanischen Formel-3-Meisteschaft gewann. 2017 errang sie als erste Fahrerin Punkte in der Hauptkategorie, als sie unter anderem in Okayama nur knapp das Podium auf dem vierten Rang verpasste. Frauen im (japanischen) Motorsport sind noch immer ein seltenes Bild. Für eine zusätzliche Förderung sorgt deshalb unter anderem der ehemalige Le-Mans-Sieger Masanori Sekiya, der letztes Jahr den Kyojo Cup gründete. Hierbei handelt es sich um eine Rennserie ausschließlich für Frauen, in dessen Debütsaison die Super-Taikyu- sowie Formel-4-Pilotin Miki Koyama dominierte.
Obgleich Juju Noda, vor allem auch wegen ihres Alters, die größte Aufmerksamkeit der Medien erhält, könnte der berechtigte Rummel als Tor für eine ganze Generation von jungen Mädchen dienen, die sich wegen ihrer Leistung ebenfalls für Motorsport interessieren und eine ähnliche Karriere verfolgen könnten. Die Zukunft wird möglicherweise Juju heißen. Ein Name, den sich die internationale Motorsportwelt auf jeden Fall merken sollte.
Copyright Photos: NODA Race Academy, Tatsuya Endo
2 Kommentare
Danke für den tollen Artikel – mehr davon :-)!
Vielleicht könnte neben all der motorsportlichen Jubelperserei dann doch auch mal ein kritischer und differenzierender Blick auf die Frage möglich sein, ob es wirklich so eine dufte Idee ist, ein noch nichtmal ansatzweise pubertierendes Kind all diesem Zirkus und den damit einhergehenden Belastungen und Gefahren auszusetzen.
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