Wie jedes Jahr erfolgt der Blick in die Glaskugel. Und wie jedes Jahr wird es immer schwerer eine Rangordnung zu erkennen.
Die Teams sind ein paar Jahren dazu übergangen mit Autos zu testen, die mehr oder weniger fertig sind. Renault hat zum Beispiel schon gesagt, dass man die letzte Variante ihres Wagens erst in Australien sehen wird. Schwierig ist das mit den Zeiten auch, weil man ja nie weiß, wie viel Sprit im Auto ist und mit welchem Mapping man unterwegs ist. Allerdings gelten auch immer zwei Regeln, die den Beobachtern das Leben etwas einfacher machen. Ein schnelles Auto ist halt schnell und irgendwann bei den Tests fahren alle mal ähnliche Programme. Man muss also die Zeiten der gesamten Testwoche anschauen.
Macht man das, findet man erst einmal keine große Überraschung. Mercedes ist schnell, ebenso Ferrari. Beide setzen auf Evolutionen des letztjährigen Autos und da war man halt sowieso rund 1.5 Sekunden schneller als der Rest der Welt. Die Ausnahme ist Red Bull, die scheinbar die Form aus dem Herbst über den Winter mitgenommen haben. Der RB13 hatte zum Start massive Schwächen, die Adrian Newey dann im Laufe des Jahres ausgebügelt hat. Aufbauen auf den Erfahrungswerten mit dem RB13 sollte der RB14 also knapper dran sein, was sich in Barcelona auch teilweise zeigte. Wie knapp man dran ist, wird man erst in den ersten drei Rennen sehen.
Auffallend war allerdings, dass der Mercedes die Bestzeit auf den Medium gefahren ist. Ferrari nutzte die Soft, McLaren die Hypersoft. Aber wie immer: man kennt die Spritmenge nicht. Zwar ist Mercedes normalerweise immer sehr konservativ unterwegs, aber genau weiß man es natürlich nicht.
Zuwachs in der Spitzengruppe könnte es aber dennoch durch McLaren geben. Die waren aus dem Stand, trotz einiger technischer Probleme, sehr schnell. Nimmt man die Zeiten von Dienstag, könnte McLaren knapp hinter Red Bull liegen. Die schnellen Zeiten fuhr man allerdings auf den Hypersoft, während die Konkurrenz zwei Mischungen darunter lag. Wegen der sehr kühlen Temperaturen ist es allerdings schwer zu sagen, wie groß die Unterschiede zwischen den Mischungen sind. Jedenfalls macht der McLaren einen starken Eindruck, zu Mal man auch einige interessante Detaillösungen bietet.
Renault hat einen Schritt nach vorne gemacht. Es ist davon auszugehen, dass die Franzosen am der Spitze der Verfolger stehen. Allerdings gab es auch ein paar Rundenzeiten, die das Team in Richtung Red Bull brachten. Wegen der fehlenden Sektor- und Long Run-Zeiten ist das allerdings schwer einzuschätzen. Generell vermute ich, dass Renault sich vor allem über die Saison stark entwicklen wird, weil das Team von allen Werksteams die meiste Luft nach oben hat.
Williams hat zwar ein sehr interessantes Auto, aber bei den Tests gefielen sie mir auf Anhieb nicht. Toto Wolff wurde mit den Worten zitiert, dass der Williams einige spannende Lösungen biete, die man sich genau anschauen wolle. Aber wie das mit komplexen Ideen so ist – man braucht etwas länger um das volle Potenzial zu finden. Siehe Mercedes im letzten Jahr mit dem W08. Die Zeiten des FW41 waren bestenfalls in Ordnung, aber aus dem Stand weit von der Spitze entfernt.
Als gutes Zeichen für Williams kann man allerdings bewerten, dass Force India (oder wie auch immer sie demnächst heißen) auch nicht schneller war. Der rosa Renner lieferte eine solide Figur ab, ohne weiter aufzufallen. Wenn man die Zeiten von Dienstag als Basis nimmt, sind Williams und Force India gleichauf.
Die Überraschung des Tests war sicher Honda und Toro Rosso. Zum einen ging nicht ein Motor von Honda kaputt. Das kann man ja dann schon als keine Sensation feiern. Zum anderen war der Toro Rosso aus dem Stand schnell. Man darf nicht vergessen, dass James Key bei Toro Rosso wenig Zeit hatte, den Wagen zu bauen. Und man musste ein komplett neues Chassis entwickeln, da der Honda ein anderes Konzept hat, als der Renault. Toro Rosso war aus dem Stand jedenfalls bei Williams und Force India, was ein gutes Zeichen für das Team ist.
HaasF1 ist schwer einzuschätzen. Zunächst hielt man sich zurück, aber am letzten Tag kamen dann doch sehr gute Zeiten, die das Team ins vordere Mittelfeld schoben. Da ist es allerdings mächtig eng. Zwischen einem Platz in den Top Ten und und P18 werden es wenige Zehntel sein.
Hinten dran sind wohl Sauber Das neue Auto wirkte von allen Neuerscheinungen mit am interessantesten. dazu kommt der Ferrari Motor und die technische Zusammenarbeit mit Alfa. So über dem Daumen gepeilt scheinen Sauber im Moment noch rund eine Sekunde auf das sehr schnelle und kompakte Mittelfeld zu fehlen. Bei den Schweizern gilt allerdings ein bisschen dasselbe, was auch für Williams gilt. Das neue Auto hat eine komplexe und interessante Aerodynamik, die man erst einmal kennen lernen muss. Überraschungen halte ich da für nicht ausgeschlossen.
Die erste Einschätzung ist dieses Jahr wirklich schwer, weil es in Barcelona zu kalt war (um die 5 Grad) und es zudem auch noch schneite bzw. regnete. Ein bisschen mehr werden wir in der zweiten Testwoche erfahren, denn da soll es warm und trocken sein. Zu dem gehen die Teams in der zweiten Woche mehr auf die Long Runs, was ebenfalls einen tieferen Einblick ermöglicht.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1
Anmerkung: Warum gibt es keine Bilder von Red Bull oder Toro Rosso?
Die Teams stellen die PR-Bilder normalerweise zur Verwendung für Presseberichte mit einer speziellen Lizenz zur Verfügung. Diese ist zeitlich nicht limitiert und gilt weltweit. Red Bull hat sich entschlossen, Bilder nur noch für 6 Monate zu lizenzieren. Das bedeutet, dass wir die Bilder nach sechs Monaten löschen müssten, um nicht Gefahr zu laufen, eine Abmahnung, Rechnung etc. zu bekommen. Der Aufwand dafür ist nicht gerechtfertigt. Wir werden also in Zukunft leider keine Bilder mehr von Red Bull verwenden. Dies gilt auch für Bilder von Toro Rosso, da sie über die gleiche Plattform vermarktet werden.