Scott Dixon gewann mit einer sehr beeindruckenden Leitung das Rennen auf dem Texas Motorspeedway. Damit übernahm der Fahrer von Chip Ganassi Racing zur Halbzeit der IndyCar-Saison auch die Führung in der Meisterschaftswertung.
In Qualifikation und den ersten Rennrunden zeigte sich aber erst einmal die erwartete Chevrolet-Dominanz. Mit Josef Newgarden, Simon Pagenaud und Will Power sicherten sich die Penske-Chevrolets die ersten drei Positionen am Start. Diese sollten sie die ersten 59 Runden auch behalten. Zum Ende des ersten Stints offenbarten sich aber zwei große Probleme: Benzinverbrauch und Reifenverschleiß. Schon in besagter 59. Runde kam Josef Newgarden an die Box. Dies war doppelt erstaunlich, da man mit einer Stintlänge von etwa 62 Runden gerechnet hatte, was einer 3-Stopp-Strategie entsprochen hätte, und es zu Rennbeginn auch eine Caution über 7 Runden, der Wagen von Matheus Leist hatte Feuer gefangen, gegeben hatte. Bis Runde 64 kamen mit Charlie Kimball, Ed Carpenter, Will Power und Simon Pagenaud ausschließlich Wagen mit Chevrolet-Motoren an die Box. Die Frage nach einem höheren Benzinverbrauch im Vergleich zu den Hondas war somit berechtigt.
Bei Team Penske war aber der Reifenverschleiß das größere Problem. Die Lauffläche von Pagenauds rechtem Vorderreifen durchzogen durch Blasenbildung tiefe Furchen. Er hatte am Ende mehr Ähnlichkeit mit einem Rillenreifen aus ehemaligen Formel-1-Tagen als mit einem Slick. Auch mit untergehender Sonne und damit einhergehender kühlerer Strecke trat keine Besserung ein. So musste Josef Newgarden in Runde 97 einen unplanmäßigen Stopp einlegen, weil starke Vibrationen das Auto erschütterten. Eine große Blase am rechten Hinterrad hatte ein ordentliches Stück der Lauffläche herausgerissen. Aber auch bei anderen Teams trat Blasenbildung auf. So musste Sebastien Bourdais schon sehr früh, in Runde 51, auf eine alternative Strategie ausweichen.
Während also einige Fahrer Probleme hatten, fuhren sich andere in den Vordergrund. Allen voran wieder Robert Wickens, der den Eindruck machte als wäre er schon immer mit über 200 mph Rad-an-Rad mit den Kontrahenten durch Ovale gefahren. Ich kann man mich an keinen Rookie, mit europäischer Ausbildung erinnern, der so schnell so gut in den Ovalen zu Recht kam. Als erstes kommt mir noch Nigel Mansell in den Sinn, der 1993 sein drittes Ovalrennen, damals auf der Milwaukee Mile, gewinnen konnte. Mit Michigan, New Hamshire und Nazareth lies er drei weitere Ovalsiege noch folgen. Das war aber noch vor meiner IndyCar-Zeit.
Neben Wickens, der in Runde 95 die Führung von Simon Pagenaud übernahm, schoben sich auch Scott Dixon und Alexander Rossi sukzessive nach vorne. Ab Runde 114 bildeten diese drei Fahrer die Spitze des Feldes. In Runde 123 kam Scott Dixon an die Box. Er hatte davor etwas mehr als 2 Sekunden Rückstand auf Robert Wickens. Als drei Runden später Wickens nach seinem Stopp auf die Strecke kam, fand er sich 4 Sekunden hinter Dixon wieder. Das sollte die entscheidende Situation des Rennens sein. Mit Clean-Air auf dem Frontflügel war Scott Dixon nicht mehr aufzuhalten. Also schauen wir uns die entsprechenden Rundenzeiten genauer an:
Runde | Scott Dixon [Sekunden] |
Robert Wickens [Sekunden] |
---|---|---|
122 | 24,0676 | 24,8830 |
123 | 35,8549 | 24,5726 |
124 | 61,5668 | 24,7904 |
125 | 24,1168 | 24,6501 |
126 | 23,6508 | 35,5382 |
127 | 23,5362 | 63,8694 |
128 | 23,4578 | 24,3391 |
Summe | 216,2509 | 222,6428 |
In der Runde vor dem Stopp war Dixon schon 0,8 Sekunden schneller als Wickens, als beide noch auf gebrauchten Reifen unterwegs waren. Und auch als sie beide neue Reifen hatten, betrugt der Vorteil für Dixon fast 0,9 Sekunden. Dagegen ist die halbe Sekunde in Runde 125 sehr wenig. Der Under-Cut-Vorteil mit neuen Reifen war also eher gering. Es macht den Anschein, dass die Reifen mehr als eine Runde brauchten, um den maximalen Gripp aufzubauen. Robert Wickens absolvierte so erst in Runde 131 mit 23,6572 Sekunden seine schnellste Runde. Aber auch in dieser Disziplin war Scott Dixon mit 23,4578 Sekunden in Runde 128 besser. Auffällig ist auch, dass Dixon mit In- und Out-Lab, sowie der Standzeit, Wickens 2 Sekunden abnahm. Insgesamt verlor der Kanadier in diesem Zeitraum von nur 7 Runden 6,4 Sekunden auf den Neuseeländer.
Kurze Zeit später musste Robert Wickens auch Alexander Rossi passieren lassen, der zu dieser Zeit einfach das bessere Auto hatte. Gegenüber Scott Dixon war aber auch er chancenlos. Bis Runde 157 hatte dieser fast 12 Sekunden Vorsprung auf Rossi herausgefahren und in Runde 167 überrundete er Will Power, der auf Platz 7 lag. Ohne Caution wäre er früher oder später auch im Rückspiegel von Wickens und Rossi aufgetaucht.
In Runde 173 versuchte Robert Wickens Ed Carpenter ein weiteres mal zu überrunden. Der blieb auf seiner Ideallinie und schloss die kleine Lücke für Wickens innen immer mehr. Beide kollidierten und rutschten in die Wand. Beim Stopp von Alexander Rossi, während der Gelbphase, gab es ein Problem. Der Tankschlauch ließ erst nach etlichen Versuchen anschließen. Er verlor so viel Zeit, aber nur drei Plätze. Der Rest des Feldes hatte schon Rundenrückstand. Dank des Wave-Arounds kamen Will Power, Graham Rahal, Zachary Claman de Melo und Ed Jones wieder zurück in die Führungsrunde. Nach dem Restart war James Hinchcliffe erster Verfolger von Scott Dixon. Er musste diese Position aber schon eine Runde später an Simon Pagenaud, der einige Runden mit neuen Reifen immer noch sehr schnell war, abgeben. Auch Ryan Hunter-Reay auf Platz 4 machte sich noch Hoffnungen auf das Podium. Insgesamt mussten aber alle Fahrer Benzin sparen, um ohne weiteren Stopp das Ziel zu erreichen.
Zachary Claman de Melo sparte in Runde 204 wohl kein Benzin und fuhr mit einem Geschwindigkeitsüberschuss auf eine enge Gruppe, bestehen aus Hunter-Reay, Power und Rahal, auf. Er ging außen an Rahal vorbei und versuchte dies auch bei Power. Der konnte oder wollte, im direkten Windschatten von Hunter-Reay, nicht die engere Linie halten und driftete nach außen, direkt in die Linie von Claman de Melo. Beide schlugen in Folge hart in die Mauer ein. Für Will Power war das natürlich ein großer Rückschlag in der Meisterschaftswertung. Es war es auch noch sein Fehler, beziehungsweise der seines Spotters, so dass es einen noch übleren Nachgeschmack haben dürfte. Die Bestrafung durch die Rennleitung erfolgte nach Rennende. Trotzdem darf man auch fragen, was Claman de Melo da außen auf der doppelt geknickten Start- und Zielgeraden zu suchen hatte.
Der Restart war für viele Fahrer die letzte Chance Plätze gut zu machen. Das dachte sich auch Josef Newgarden und legte einen Frühstart hin. Die fällige Drive-Through-Penalty warf ihn auf Platz 13 zurück. Insgesamt hat die Rennleitung erfreulich hart durchgegriffen. So wurden Gabby Chaves für Blocking, sowie Zach Veach und Ed Jones ebenfalls für Frühstarts bestraft. Auch Simon Pagenaud versuchte einen erfolglosen Angriff auf Scott Dixon, der aber einfach zu stark war. Nach wenigen Runden trat bei Pagenaud auch wieder die Blasenbildung auf und er musste kämpfen um überhaupt vor Alexander Rossi ins Ziel zu kommen.
Platz 4 ging an James Hinchcliffe vor Ryan Hunter-Reay und Graham Rahal. Mit Takuma Sato, Sebastien Bourdais und Ed Jones kamen drei weitere Honda-Fahrer noch in der Führungsrunde ins Ziel. Auf Platz 10, und damit als zweitbester Chevrolet-Pilot, hatte Charlie Kimball eine Runde auf Dixon verloren.
Das ganze Ergebnis kann man als PDF auf der Seite der IndyCar Series nachlesen.
Insgesamt war es ein richtig gutes Oval-Rennen der IndyCar-Series. Es hatte viele enge Rad-an-Rad-Duelle und auch das Überholen war kein Problem. Dazu war vom gefürchteten Pack-Racing nichts zu sehen. Nur zwei Punkte trübten den guten Gesamteindruck. Firestone muss sich dringend hinsetzten und Problem der Blasenbildung in den Griff bekommen. Es kann nicht angehen, dass sich direkt reihenweise die Laufflächen der Reifen auflösen. Nicht auszudenken was passiert, wenn ein Reifen im Rennen man komplett aufgibt und explodiert. Der andere Knackpunkt war sicherlich die Stärke von Scott Dixon. Spannung an der Spitze kam in de zweiten Rennhälfte eigentlich nicht auf. Ohne die Cautions hätte er wohl das ganze Feld überrundet. Die Top-7 hatte er in Runde 170 schon überrundet und auf Platz 2 mehr als eine halbe Runde Vorsprung herausgefahren. Das war eine wahnsinnig gute Performance.
Mit seinem zweiten Saisonsieg hat Scott Dixon (357 Punkte) nun auch die Führung in der Meisterschaftswertung vor Alexander Rossi (334 Punkte) übernommen. Will Power (321 Punkte) und Josef Newgarden (289 Punkte) mussten in Texas einen Rückschlag hinnehmen. Zwischen den beiden Penske-Piloten liegt aktuell Ryan Hunter-Reay (308 Punkte). Graham Rahal (250 Punkte) hat auf Platz 6 schon mehr als 100 Punkte Rückstand.
Die IndyCar-Series gönnt sich ein freies Wochenende, das erste seit Anfang Mai, und trägt erst am 24. Juni den Kohler Grand Prix in Elkhart Lake aus. Für Scott Dixon, Sebastien Bourdais und Tony Kanaan hingegen gibt es kein freies Wochenende, denn sie nehmen stattdessen an einem nicht ganz unbedeutenden Rennen über 24 Stunden in Frankreich teil.
(c) Photos: IndyCar Media; Christopher Owens, Chris Jones
3 Kommentare
Power sagte noch während des Rennens (auf die schon ausgesprochene Strafe angesprochen) quasi, es sei eigentlich nicht sein Fehler, denn er hätte zum Zeitpunkt des Crashs mit der Box kommuniziert so dass es ausgerechnet da keine Möglichkeit gab, seinen Spotter zu hören. Er könne es aber auch „dem anderen Fahrer“ nicht anlasten, weil der eigentlich nichts falsch gemacht habe.
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht und er hat nunmal den Unfall verursacht.
Kein Mensch bestreitet dass er den Unfall verursacht hat, nichtmal er selbst. Es ging allein um das wie und warum, da die Frage auch im Artikel angerissen wird. Und zum Glück wird Sport gemeinhin nicht anhand von Bauernregeln und Kalendersprüchen offiziiert.
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