Don hat in seiner Einstimmung auf Le Mans bereits die Siege der Underdogs gegenüber den großen Werken herausgestellt, und je nachdem, wie man gewisse Dinge sieht, war der letzte Sieg eines privaten Underdogs in Le Mans im Jahre 1997 als Joest auf dem TWR-Porsche den Werksmannschaften mit ihren McLaren F1, Nissans 390 GT1 oder 911 GT1 ein Schnippchen schlug, aber eben auch das Jahr 1980, als eben jener Jean Rondeau triumphierte.
Die jetzige Situation erinnert aber auch etwas an die Jahre 1992 bzw. 1993 als damals Joest Racing mit einem eigens umentwickelten 962 den damaligen Werksmannschaften Siege streitig machen konnte, obwohl das Fahrzeug auf einem alten eigentlich nicht siegfähigen Chassis basierte. Jener 962 hat zwar in den 80er Jahren die Langstreckenrennen dominiert, war aber 1993 bereits über 10 Jahre alt und hatte kaum eine Chance gegen die Jaguar XJR-14, Mercedes Sauber oder Peugeot 905. Daher beschloss man bei Joest das vorhandene Chassis zu nehmen, die Kühlung und vor allem die Aerodynamik des Wagens massiv weiter zu entwickeln. Ergebnis war der legendäre 962 Doppeldecker-Porsche. Durch den deutlich nach unten gezogenen Heckflügel sowie eines neuen Unterbodens wurde die Aerodynamik massiv verbessert und der Wagen war somit fast wieder auf Augenhöhe mit den deutlich jüngeren und moderneren Konkurrenten. Das Ergebnis waren damals mehrere Podestplatzierungen 1993 in der IMSA, sehr schnelle Testzeiten beim Vorest zu den 24H von Le Mans, sowie relativ knapp verpasste Siege in Daytona und Sebring. Siegreich war man damals mit jenem Fahrzeug 1993 auf der Elkhart Lake. Dies war auch gleichzeitig der letzte Sieg eines Porsche 962 überhaupt. Der ein oder andere Leser wird sich vermutlich fragen, warum ich diese Geschichte in Einstimmung auf die Vorschau der diesjährigen LMP1 wähle. Die Antwort ist einfach: Sie könnte sich in gewisser Weise wiederholen, diesmal aber nicht in Amerika, sondern in Le Mans.
Alles begann vor einem knappen Jahr, als Porsche Ende Juli den Ausstieg aus der WEC bekannt gegeben hat. Ab diesem Zeitpunkt hatte der ACO einen wahren Scherbenhaufen in seiner Topklasse vorfinden müssen. Das einzige private Team hat nach dem letzten Rennen am Nürburgring seinen Rückzug aus der Saison erklärt, womit der ACO zu diesem Zeitpunkt maximal die zwei TS050 von Toyota für die Klasse hatte, wobei darüber gewaltige Fragezeichen schwebten. Nach Jahren des fast nichts Tun musste der ACO also handeln. Man hat Toyota und mögliche interessierte private Teams wie SMP Racing, Rebellion oder ByKolles an den Tisch geholt und gerade den privaten versprochen, sie auf ein Level mit den Werksboliden von Toyota zu hieven. Gleichzeitig betonte man aber auch, dass die Hybride einen Vorteil in der Reichweite haben dürften, damit Toyota noch einen Anreiz hat, in der WEC bleiben zu können. Aufgrund dieser Tatsache fielen bei Rebellion (mit Oreca) und SMP-Racing mit ihren Partner Dallara die Entscheidung, jeweils exisitierende LMP2-Chassis auf die veränderten Regularieren der LMP1 zu entwickeln, da man nun Gesamtsiegfähig sein sollte wie der ACO betont hat.
In Folge dessen sind der R13, basierend auf dem Oreca 07 aus der LMP2 mitsamt modifiziertem Gibson-Motor, sowie der BR01-Dallara mitsamt dem weiterentwickelten AER-Motor entstanden. Dazu kommen noch der Dragonspeed BR01, allerdings mit dem Gibson-V8 und die beiden eh schon angekündigten Ginetta LMP1, sowie ein überarbeiteter ByKolles CLM 01 mit einem Motor von Nissan. Diesen Teams steht das scheinbar übermächtige Werksteam von Toyota gegenüber, welches nach Rücksprache mit dem ACO sich entschieden hat nun doch in der gesamten Superseason anzutreten. Wenn man die reinen Zahlen ansieht, dann kann nur Toyota der große Favorit sein. Deren TS050 wurde in einer Zeit enwickelt, als selbst Toyota knapp über 100 Mio / Jahr in der WEC ausgegeben hat und welcher 2016 und 2017 drauf und dran war Porsche vom Thron zu stoßen. Die privaten Teams hatten nur einen Bruchteil dessen zur Verfügung und ihre Fahrzeuge sind, wie bei Rebellion, teilweise erst kurz vor dem Prologue überhaupt das erste mal gefahren.
Dazu hat sich immer mehr rauskristallisiert, welche genauen Absprachen zwischen dem ACO und Toyota getroffen wurden: So soll der Toyota auch einen Rundenzeitenvorteil von 0,5 sek / Runde bekommen und weiterhin den Reichweitenvorteil besitzen. Nichts desto trotz gibt es acht Fahrzeuge, welche die Chance am Schopfe packen wollen und den Sieg in Le Mans erben wollen. Denn das Toyota gewinnt ist keineswegs klar – Le Mans schreibt nach wie vor seine eigenen Gesetze. Die Mannschaft, welche bislang die besten Voraussetzungen dafür mitbringt, kommt aus der Schweiz.
Rebellion Racing
Nachdem man letztes Jahr relativ knapp den Klassensieg an der Sarthe verpasst hat, kehrt man heuer wieder in die Topklasse zurück. Als letztes der privaten Teams hat man sich zu jenem Schritt entschieden. In Folge dessen wurde der Oreca 07, welcher bis dato das absolut dominierende LMP2-Fahrzeug ist bei Oreca weiterentwickelt und an die geänderten Regularieren der LMP1 angepasst. In Folge der Performance-Erleichterungen dürfen die seitlichen Flaps jeweils 50mm nach links und rechts überstehen. Der Heckflügel darf nun auch 2000mm breit sein und auch der Diffusor darf nun etwas weiter vorne beginnen und das Fahrzeuggewicht beträgt nun nur noch 833 kg. Auch hat man in Folge des größeren Kühlluftbedarfes und einer Analyse der Durchströmung die interne Aero des Fahrzeuges im hinteren Bereich geändert, wie man schön an der Position des Auspuffes sehen kann. Dieser mündet nun wie bei den anderen auch oben bei der Abdeckung über dem Getriebe und sitzt nicht mehr wie bei den LMP2-Oreca im Undercut vor der Hinterachse.
Als Motor kommt der 4,5l V8 von Gibson zum Einsatz, welcher auf dem 4,2l der LMP2 basiert, aber an die veränderten Rahmenbedingungen wie fuel flow restrictor angepasst wurde. Bei den nun bestätigten 108 kg/h Kraftstoffdurchfluss leistet jenes Aggregat zwischen 720 und 740 PS, was in etwa 150-180 PS mehr sind, als es der Verbrennungsmotor des TS050 schafft. Dies würde bei gleichen Luftwiderstand wie beim Toyota dazu führen, dass das Fahrzeug auf den langen Geraden 15-20 kmh schneller wäre als der Toyota, welcher allgemein als Vergleich dient. Allerdings hat Rebellion sich dazu entschieden, nicht die Flügel flachen zu stellen, sondern dieses mehr an Topspeed dazu zu nutzen, den Abtrieb zu erhöhen. Dies konnte man bereits beim Testtag sehen, als man sogar unter 31.0 Sekunden im ersten Sektor fuhr, dann aber auf der langen Haunerdierre kaum einen besseren Topspeed als der Toyota hatte. Dies spricht daher stark dafür, dass die R13 eher auf Abtrieb getrimmt wurden, was auch insofern nachvollziehbar ist, als dass man damit die größten Rundenzeitengewinne erreichen kann.
Ansonsten unterscheiden sich gerade im Frontbereich die Aero des R13 nicht so stark vom LMP2 Oreca. Man bleibt bei der geschlossenen Frontpartie und nur leicht modifizierten Radhäusern, wohingegen man die hinteren Radhäuser etwas vereinfacht hat und hier nun auch die Bremsbelüftung untergebracht ist, was sie beim LMP2 nicht ist. In Sachen Fahrer ist Rebebellion sicher am besten aller privaten aufgestellt. In der #1 fährt mit Andre Lotterer, Brunno Senna und Neel Jani wohl sogar das ausgeglichenste und schnelle LMP1-Trio im gesamten Feld, während in der #3 mit Matthais Beche, Gustavo Menezes und dem letztjährigen Rookie auf the Year, Thomas Laurent jene Paarung sitzt, welche beim Test auf Platz 2 mit einer 3:19.6 sogar die Doppelspitze der Toyotas durchbrechen konnten.
Dies ist insofern sehr erstaunlich, denn das gesamte Auto fuhr erst vor kurz vor dem Prologue in Paul Ricard die ersten Runden und hat deutlich weniger Testkilometer als Toyota oder der BR01 hinter sich. Trotzdem war man auch schon in Spa das schnellste Auto der privaten LMP1. Sollte also ein privates Team den Toyotas die Stirn bieten können, dann ist es def. Rebellion Racing, wobei ich ehrlich gesagt massive Bedenken bzgl. der Zuverlässigkeit habe, denn dafür hat das Auto einfach bislang sehr wenig testen können.
SMP Racing
Das Team, welches wohl dahinter liegt, wird SMP Racing sein. Als erstes Teams hat man sich entschieden in der LMP1 an den Start zu gehen. Zusammen mit Dallara hat man deren LMP2 weiterentwickelt und eben wie an Rebellion an die gleichen veränderten Regeln angepasst. Dazu zählt auch ein überarbeiteter Frontsplitter samt Frontflügel, welcher beim LMP2 für Probleme gesorgt hat sowie die Adaptierung des Chassis für den Motor von AER, welche die B-Version des 2,4l V6 Biturbo darstellt, welcher 2016 bei Kolles und Rebellion verbaut war und dort regelmäßig Feuer und Flamme war. Das Fahrzeug basiert grundsätzlich mehr auf dem LMP2 als dies beim Oreca der Fall ist, jedoch konnte man bei den Testfahrten mit sehr starken Zeiten aufwarten, als man teilweise nur 0,5 sek. hinter den Toyota in Aragon lag. Dabei stellte man auch mit Topspeeds von jenseits der 350 kmh auf der fast 2 km langen Geraden unter Beweis, dass das Auto auch auf der Bahn in Frankreich gut gehen sollte.
Beim Vortest in Paul Ricard, dem Rennen ins Spa und vor gut zwei Wochen beim Le Mans Vortest folgte dann aber jeweils die Ernüchterung. Man war jeweils hinter den Rebellion zu finden und hat auch diverse Schwierigkeiten mit den Michelin-Reifen das Fahrzeug gut abzustimmen. Viel fataler war aber noch das Wochenende in Spa. Hier hob Matecos Issaakjan unerwartete in der Eau Rouge, ähnlich den alten G1-Boliden Ende der 90er Jahre, ab und überschlug sich einmal komplett. Zum Glück blieb er unverletzt, aber fliegende Prototypen will keiner sehen. Nach diversen Untersuchungen hat nun Dallara am Fahrzeug nachgebessert und dabei die Luftführung zum Unterboden verändert, wodurch nun von oben mehr Luft hineinkommt. Auch hat man wohl die Vortex-Generatoren an der Unterseite vorne etwas entschärft. Dies soll ein Abheben verhindern, verschlechtert aber auch die Aerodynamische Performance des Fahrzeuges, da man in Le Mans ursprünglich mit sehr wenig Abtrieb fahren wollte um somit den Topspeed zu maximieren.
Es wäre wohl eine gute Ecke weniger Abtrieb und Luftwiderstand gewessen, als der Rebellion fährt um somit auch hier auf gute 350 kmh + X an Topspeed zu kommen. Dies ist jetzt nach dem Update aber hinfällig geworden. Auch soll wohl der AER-Motor trotz Turbo nicht der leistungsstärkste sein, wie man anfangs vermuten dürfte, sondern er soll wohl ein paar PS weniger als der Gibson haben, was doch eine ziemliche Überraschung wäre. Insofern sehe ich SMP eher hinter Rebellion, zumal die Fahrerpaarungen zwar nicht schlecht sind, aber mit Michael Aljoschin, welcher der Entwicklungsfahrer war und Vitalj Petrov in der #11 und Matewos Issaakjan, Jegor Orudschew, Stephane Sarrazin in der #17 ist man bei Leibe nicht so stark augestellt, auch wenn die #11 prominente Unterstützung von Jenson Button erhält. Der ehemalige F1-Weltmeister, welcher für Honda in der Super GT in der GT500 antritt, bestreitet hier sowohl sein Debüt in Le Mans als auch in der WEC. Man darf gespannt sein, wie schnell er sich an die neue Umgebung gewöhnt, denn gerade das Fahren in der Nacht ist etwas, was man gerade in Le Mans so kaum simulieren kann, allerdings hat die GT500 schon oft gezeigt, dass eine Klasse ist, welche hervorragende Sportwagen- und Prototypenfahrer ihr eigen nennt.
Dragonspeed Racing
Der dritte BR01 wird derweil von Dragonspeed Racing eingesetzt, allerdings nicht mit dem AER-Motor wie bei SMP, sondern hier vertraut man ebenfalls auf den 4,5l V8 von Gibson. Das Chassis ist mehr oder weniger das gleiche wie SMP Racing, auch wenn es mittlerweile das 2. Fahrzeug ist, welches das Team bei Dallara erwerben musste. Nach dem fürchterlichen Abflug von Pietro Fittipaldi im Zeittraining von Spa, bei dem das Chassis vorne unten und dadurch Pietros Beine brachen, war das Fahrzeug ein Totalschaden. Innerhalb kurzer Zeit musste daher Dallara zwei neue Fahrzeuge fertigstellen, denn auch der SMP BR01 von Issaakjan war nach dessen Überschlag ein Totalverlust. Lange war nicht klar, ob das Team überhaupt die Saison weiterführen wird, da man zum einen nicht so viel Geld wie Rebellion oder SMP hat, zum anderen man aber auch nur weiterfahren wollte, wenn ausgeschlossen ist, dass ein solcher Unfall nicht noch einmal passiert. Denn der BR01 hatte schon neben jene Abflügen in Spa wohl noch einen sehr heftigen in Aragon, bei dem sich damals Aljoschin den Arm gebrochen hat. Daneben hat man auch noch wichtige Testzeit verloren, wodurch die Mannschaft mit der #10 wohl eine Devise haben wird: Sicher ankommen und hoffen dass vorne die Autos sich zu Tode hetzen. Eine andere Strategie macht auch insofern keinen Sinn, denn mit Renger van der Zande und Ben Handley hat man zwar 2 sehr gute Fahrer am Steuer. Aber Hendrick Hedman, seines Zeichens Geschäftsmann und Amateur und Großsponsor in jenem Team ist als Bronzefahrer eingestuft und darf nur aufgrund einer Ausnahmeregelung in der LMP1 starten, denn normal dürfen dies keine Bronzefahrer. Hendrick Hedman hat schon in Spa mehrere Sekunden auf die anderen LMP1 verloren und in Le Mans wird er wohl nur die Mindestfahrzeit von 2,5h absolvieren, wodurch sich Hanley und van der Zande die restliche Arbeit aufteilen müssen, was eine enorme Belastung für jene Piloten ist.
ByKolles Racing
Das zweite private Einwagenteam ist die Mannschaft rund um Colin Kolles aus Greding. Nachdem man nach den 6 Stunden vom Nürburgring nicht mehr an der WEC teilgenommen hat und sich auf die Verbesserung des mittlerweile doch schon etwas betagten Chassis konzentriert hat, hat man nur das Fahrzeug wieder für die ganze Saison genannt. Das Chassis wurde unter anderem für die neuen Regeln angepasst, was auch bedeutete, dass das Fahrzeug etwas abspecken musste, denn mit dem 3,0l V6 Turbo von Nissan war man letztes Jahr schon sehr hart an der Gewichtsgrenze und die Jahre davor sogar deutlich über 830kg. Dazu wurde das Fahrzeug in Sachen Aero überarbeitet, was man nun an den geänderten Seitenkästen mit teilweise integrierten Rückspiegeln, der geänderten Heckflügelhalterung sowie an der Neugestaltung der vorderen Abdeckelemente zwischen dem Monocoque und den Radkästen sieht. Im Kern basiert das Fahrzeug aber immer noch auf dem Chassis von 2014. Ein neues Chassis wäre zwar in Sachen Performance sehr zuträglich, allerdings ist das Team, welches über das geringste Budget in der gesamten WEC verfügt, halt Sparsamkeit gewöhnt. Man ist zwar in Sachen Piloten mit Oliver Webb, Tom Dillmann und Dominik Kraihammer sich nicht schlecht aufgestellt, allerdings landete man beim Vortest lediglich vor den beiden Ginetta von Manor und auch der Motor ist nicht ganz ohne Sorgen. Zum einen generiert er wohl nicht die Leistung wie der Gibson, zum anderen hatte das Team gerade im letzten Jahr des öfteren mit sehr starken Vibrationen zu kämpfen, die Sekundärschäden am nachgeschalteten Antriebsstrang sowie am Chassis verursacht haben und das Team teilweise schon nach wenigen Runden zur Aufgabe gezwungen haben. Dazu gilt der Motor in Sachen Kühlung als nicht gerade einfach, womit es für das Team wohl ein Erfolg wäre, wenn man die erste Rennhälfte ohne große Probleme absolvieren kann.
Ginetta / Manor Racing
Ein äußert schwieriges Rennen werden die beiden Ginetta von Manor Racing haben. Im letzten Jahr erfolgte der schon länger geplante Entschluss, mit der LMP2 zu brechen, wo man relativ erfolgreich war und in die Topklasse aufzusteigen. Als Chassis wählte man damals das komplett neue Chassis von Ginetta mitsamt dem Motor von Mecchachrome. Das Projekt ist anfangs mit sehr großen Ambitionen von Lawrence Tomlinson, seines Zeichens britischer Geschäftsmann und Besitzer von Ginetta, initiert worden. In der Entwicklung hat man sich unter anderem die Unterstützung von Williams Advanced Engineering gesichert, welche bereits beim Porsche 919 hybrid in der Aeroentwicklung tätig waren. Auch hat man einige ehemalige Mitarbeiter von Peugeot für das Projekt gewinnen können.
Allerdings sind bereits im letzten Jahr diverse Probleme über das Projekt hereingebrochen. Es war mal geplant kurz nach der 2017er Ausgabe von Le Mans mit dem testen zu beginnen. Allerdings sind zum einen diverse Probleme in der Entwicklung aufgetreten, sowie die Tatsache dass bis Oktober kein einziges Chassis verkauft wurde. Es gab bis dato lediglich eine Absichtserklärung, aus der aber nichts wurde. Als Konsequenz hat sich die Entwicklung und der rollout immer weiter nach hinten geschoben, so dass dieser erst Ende 2017 stattfand. Für ein neues Auto mitsamt neuem Motor und komplizierter Elektronik ist das sehr wenig Zeit. Dazu kommt, dass sich der neue 3,0l V6 Turbo von Mechacrome als großes Sorgenkind entpuppt hat.
Der Motor feierte heuer sein Debüt in der F2 und wird in etwas modifizierter Version im LMP1 verbaut. Wie die F2-Teams leidet auch hier das Chassis unter der sehr geringen Zuverlässigkeit jenes Triebwerks. Bislang ließ dies kaum Testkilometer zu, da der hohe Kraftstoffdurchfluss von 108 kg /h eine gute Ecke höher ist als im F2, ebenso wie der daraus resultierende Leistungsoutput. Dazu kommt, dass der Motor wohl der mit Abstand schwächste in der LMP1 ist und deutlich hinter den Triebwerken von Gibson und AER zurückliegt. Die Rede ist davon, dass er weit weg von 700 PS liegt, wohl unter 650 PS, was das Radio Mulsanne so sendet.
Als wäre dies nicht noch genug, so gab es kurz vor Spa die nächste Hiobsbotschaft für das Team. CEFC, der Hauptsponsor aus China hat wohl diverse Ungereimtheiten mit seiner Buchaltung bzw. seinem Zahlungsverkehr, wodurch das Unternehmen unter staatlicher Kontrolle liegt und der Staat hat natürlich erstmal alle Zahlungen auf Eis gelegt. Darunter sind auch diverse Zahlungen für das Leasing der Chassis, denn Manor hat diese von Ginetta nicht gekauft sondern geleased. Da aber keine Kohle vorhanden war, konnte man zum einen in Spa nicht fahren und auch kaum Testfahren mehr durchführen. Dank der sehr schlechten Absatzzahlen konnte Ginetta somit auch kein Aero-Paket für Le Mans entwickeln, sondern man muss mit der Aero von den normalen Sprintrennen für mehr Abtrieb antreten. Das einzige, was man noch ändern konnte, war das demontieren der vorderen Flaps.
Es wäre daher schon ein großer Erfolg, wenn das Team zumindest drei oder vier Stunden lang ohne Probleme fahren könnte, denn den Sonntag wird man wohl nicht erleben. Eigentlich ist das sehr schade, denn das Projekt ist anfangs sehr gut aufgezogen worden. Auch die Fahrerpaarungen sind relativ gut mit Leo Russel, Charles Robertson und Mike Simpson in der #5, während die #6 mit Alex Brundle, Oliver Turvey und Oliver Rowland besetzt ist und wohl hauptsächlich von Ginetta finanziert wird um damit Werbung für das Fahrzeug zu machen. Immerhin konnte kurz vor Le Mans noch ein neuer Geldgeber präsentiert wird und Baxi, eine chinesische Eiskette, übernimmt einen Teil des Budgets.
Toyota
Der haushohe Favorit auf den Sieg in der Klasse und im Gesamtklassement ist heuer natürlich Toyota. Nachdem man bislang so oft versucht hat, den Gesamtsieg zu erreichen und oft kurz vor dem Ziel gescheitert ist, soll es 2018 endlich so weit sein. Einzig und allein deswegen ist man noch in der WEC aktiv, obwohl die Serie eigentlich kaum mehr von Interesse für Toyota ist, aber man will endlich diesen verdammten Sieg an der Sarthe holen. Da man aufgrund der de facto BoP in der LMP1 kaum einen Anreiz hat den TS050 schneller zu machen, halten sich die Änderungen im Vergleich zum Vorjahr in Grenzen.
Optisch erkennt man unter anderem vorne an den Radhäusern jeweils einen kleinen zusätzlichen Flap um den Luftstrom um die Vorderräder besser kontrollieren zu können. An der Seite hat man vor den Radkästen ein kleines zusätzliches Luftleitelement hinzugefügt. Am Heck kann man über dem Diffusor unter anderem ein weiteres horizontales Luftleitelement erkennen, ebenso hat man den Ansatz der Heckflügelhalterung sowie die der seitlichen Spiegel etwas modifiziert. Am meisten hat man sich eher auf die Technik unter der Haube konzentriert.
Hierbei wurde zum einen die Kühlung überarbeitet und vor allem die Reparaturfreundlichkeit des Toyota verbessert. Hätte man nämlich 2017 beim Defekt des vorderen KERS nicht auch die Batterie an der #8 tauschen müssen, wäre man in etwa so schnell wie Porsche beim Stopp gewessen. Gerade in 2018 kann dies sehr wichtig werden, denn vermutlich wird das Rennen nicht über die Geschwindigkeit sondern über die Haltbarkeit entschieden. Ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass entweder die Rebellion oder die SMP Das Rennen ohne Probleme überstehen. Sollte also Toyota das Rennen mit einem Fahrzeug ohne große Probleme absolvieren können, werden sie das Rennen gewinnen. Allerdings wähle ich hier bewusst den Konjunktiv.
In der Vergangenheit hatte Toyota schon oft das schnellere Auto. Wie 2014 als man das Rennen durch eine schlecht verarbeitete Steckverbindung verlor, oder 2016 als kurz vor Ende das Verbindungsrohr von Turbolader und Ladeluftkühler zu Bruch ging, oder 2017, als man in der Qualitätssicherung geschlampt hat, was den Defekt an der #8 auslöste, weil man nicht erkannte dass bei einem Zulieferteil eine Schraube nicht mit Loctite gesichert war. Im gleichen Jahr hatte man auch die fehlerhafte Entscheidung getroffen, bei sehr wenig Batteriestand keine Extra Freigabe über einen Schalter am Lenkrad zu implementieren, womit Mike Conway bei Rot aus der Box fuhr, dann folgerichtig stehen blieb und beim erneuten Anfahren nicht mit dem KERS sondern per Verbrenner und einer dafür nicht ausgelegten Kupplung anfahren musste. Das Ergebnis war hier ein Kupplungsschaden und somit das Aus. Komplementiert wird das ganze noch, dass die #9 letztes Jahr zu schnell nach einem Reifenplatzer zur Box fuhr und somit das Auto irreparabel beschädigt wurde.
Beim bislang einzigen Lauf der WEC in Spa war man auch nicht fehlerfrei. Im Qualyfying hat man die erlaubte Energiemenge an der #7 deutlich überschritten und im Rennen an der #8 einmal die Gurte nicht richtig festgezurrt und zugleich hatte man in jenem Auto ab Mitte des Rennens mit zu hohen Temperaturen im Getriebe zu kämpfen, wodurch die Fahrer deutlich eher schalten mussten. Das Rennen um den Gesamtsieg ist also bei Leibe noch nicht entschieden, denn obwohl ich Toyota so sehr den Sieg gönnen würde, denn sie kämpfen seit 2012 so tapfer dafür, desto größer ist trotzdem mein Magengrummeln, wenn ich daran denke, dass für einen Sieg trotzdem kaum ein Fehler passieren darf.
Etwas unverständlich ist daher die Tatsache, dass man heuer wiederum nur mit zwei Fahrzeugen antritt, denn sowohl das Budget als auch die Manpower wären für ein drittes Fahrzeug vorhanden. Auch hat man die beiden Fahrerpaarungen verändert. In der #8 kehrt wie schon lange bekannt Anthony Davidson nicht in das Cockpit zurück, dafür darf hier Fernando Alonso sein Debüt feiern. Aus PR-Sicht ist das für Toyota und die WEC natürlich ein großer Coup, allerdings ist dies erst das 3. Langstreckenrennen für Alonso und das erste mal, dass der Spanier in Le Mans antritt. Die Entscheidung mit Anthony Davidson wird insofern auch etwas unverständlich, denn auf der #7 hat man Jose Maria Lopez im Auto behalten, obwohl dieser im letzten Jahr oft Probleme hatte mit den Teamkollegen mitzuhalten, zum anderen aber auch gerade in den 6h-Rennen durch diverse Zwischen und Unfälle aufgefallen ist. Anthony Davidson war hier halt ein deutlich souveränerer Fahrer, zumal gerade Le Mans eine Strecke ist, wo man gerade bei Nacht nicht so schnell am Limit sicher fährt. Ein folgenschwerer Fehler ist hier schneller passiert als einem lieb ist und wenn man bedenkt dass eine alte Weisheit sagt: „Ein Auto verliert man durch Defekt, ein anderes durch einen Unfall“, dann kann hier für Toyota die totale Blamage schneller passieren als die Jungs von TMG EoT aussprechen können.
Die Unterschiede in Sachen Taktik und EoT zwischen privaten und Toyota
In den letzten Wochen wurde viel über die Unterschiede zwischen dem TS050 und den privaten gesprochen. Ein Umstand, denn ich mal aufgreifen möchte und ein paar Dinge erklären will. Es wurde zwar in der EoT der Kraftstoffdurchfluss von 110 auf 108 kg/h verringert und auch die Tankgröße etwas verkleinert, aber grundsätzlich gilt nach wievor dass, was ich hier festgehalten habe. Im Grunde hat Toyota zwei Vorteile: Der eine liegt in der Stintlänge, denn Toyota wird 11 Runden pro Stint fahren können, während die privaten 10 Runden schaffen. Dies errechnet sich einfach durch die Zeit unter Vollgas mal Kraftstoffdurchfluss und jenes Ergebnis teilt man durch den Tankinhalt von knappen 52kg. Ein zweiter und viel mehr diskutierter Grundsatz ist jener, dass die Hybride durch die EoT einen Vorteil von einer halben Sekunde haben sollen. Dies ist eim Umstand, welcher meines Erachtens sehr viel negatives Echo erzeugt und der ACO hatte gut daran getan dies so nicht in den Regeln festzuhalten, einfach da es nicht nötig wäre.
Die Privaten können zwar knappe 53% mehr Kraftstoff pro Runde in Le Mans verbrennen und per se hat der Toyota weniger Hybridenergie / km als in Spa, allerdings kommt die Streckencharakteristik dem Toyota hier viel mehr zu Gute. Im Gegensatz zu Spa hat man hier deutlich mehr harte Bremszonen, was das Aufladen des Batteriepackets erleichtert und man hat auch mehr enge Kurven zum Herausbeschleunigen, was für den Allrad des Toyota ideal ist. Gerade aus diesen engen Ecken kann man damit viel Zeit herausholen, was man z.B. 2016 oder 2015 in Le Mans schön sehen konnte, als die Werksboliden dem privaten Rebellion aus jeder engen Ecke mehr als 100m abgenommen haben.
Auf der anderen Seite kann man eine solche zeitlich Differenz pro Runde auch gar nicht vernünftig in den Regeln festhalten. Man kann zwar die Energiemengen angleichen, aber es spielt z.B. auch eine große Rolle, wie gut die Piloten sind und wie gut der Reifen über die Stints genutzt wird. Das sind Faktoren die schlagartig mehr als diese halbe Sekunde pro Runde ausmachen. Es kann ja auch Rebellion nichts dafür, wenn z.B. Toyota in Sachen Abstimmung und Reifenwahl massiv verwachst und somit aus einem Vorsprung von 2 Sekunden plötzlich ein Rückstand von 1 Sekunde wird. Per Reglement müsste man hier seitens ACO und FIA eingreifen und z.B. die EoT verändern oder Rebellion eine Strafe verpassen, weil man dann theoretisch gesandbagt hat.
Wenn man aber überlegt, dass Toyota letztes Jahr im Qualy eine 3:14.7 in den Asphalt gebrannt hat oder in Spa eine 1:53. gefahren ist, dann muss man bedenken, dass dies Zeiten sind, an die ein privates Team einfach nicht rankommen kann. Dafür fehlt das Budget, welches Toyota in den TS050 gesteckt hat, und auch viele Testkilometer oder die Simulatorstunden, aber auch die Daten zur Abstimmung von den letzten Jahren. So verstehen viele Leute die Regel so, als dass hiermit Toyota künstlich zum Sieg verholfen werden soll, damit sie in der Szene bleiben. Ein Umstand der irgendwie ein Geschmäckle hat und der ACO hätte sehr gut daran getan, diesen Passus mit den 0,5 sek. / Runde gleich gar nicht ins Reglement mit auf zu nehmen, denn wie schon oben geschrieben wird das nicht den Unterschied machen, sondern eher die Zuverlässigkeit und die Besonnenheit im Verkehr.
In Sachen Strategie ist die Sache auch relativ einfach: Dadurch dass die privaten 10 Rundenstints fahren können und Toyota 11 Runden pro Stint, spart sich Toyota bei einem Rennen über 400 Runden etwa 3 Stopps was in etwa 3 Minuten entspricht. Theoretisch müsste also ein Rebellion also etwa eine knappe halbe Sekunde schneller fahren als die Toyotas. In Sachen Reifennutzung sieht die Sache relativ ähnlich aus. Dadurch dass pro Fahrzeug 12 Sätze für das Rennen zur Verfügung stehen, und die Stints nicht mehr 13 oder 14 Runden sondern nur noch 10 oder 11 Runden lang sind, muss jedes Fahrzeug größtenteils 4fach Stints fahren. Durch das weniger Wechseln der Reifen kann man im Prinzip keine Zeit mehr gewinnen, denn seit diesem Jahr dürfen 4 Mechaniker mit 2 Schlagschrauber gleichzeitig zum Betanken die Reifen wechseln, womit der Reifenwechsel nicht mehr zeitentscheidend ist.
Für den Fall dass ein zu größeren technischen Problemen bei den LMP1 kommt: Diese können ca. 1 Runde pro Stunde auf die LMP2 aufholen, was also unterm Strich ca. 20-24 Runden wären, die sie potentiell aufholen können, wenn alles andere perfekt läuft. Sollte es aber noch zu größeren Problemen bei Toyota kommen, rückt ein Sieg eines LMP2 in greibare Nähe, da ich wie oben geschrieben kaum glaube dass einer der privaten die 24 Stunden durchhält. Wenn also jemand etwas Geld verdienen will, dann kann man ruhig nen 10er auf nen LMP2-Sieg setzen, wobei auch hier ab Samstag 15.00 Uhr gilt: „when the flat drops, the bullshit stops“ In diesem Sinne wünsche ich allen ein gutes und unfallfreies Rennen und uns Zuschauern möglichst viele und spannende Zweikämpfe.
Bilder: FIA WEC