Die beiden Klassen, in denen es bei den Rennen in Le Mans am engsten zugeht, sind die beiden GT-Klassen. Doch dieses Mal gab es teilweise lange Phasen des Stillstands.
Dass Porsche in diesem Jahr in Le Mans besonders stark sein würde, hatte sich schon früh angekündigt. Der RSR, der nun in seinem zweiten Jahr ist, stellte sich bisher als ausgreift und vor allem als sehr, sehr schnell dar. Während beim Testtag die Marken relativ eng zusammen lagen, zeigte die Quali ein anderes Bild. Porsche ließ die Hosen runter und Gianmaria Bruni knallte eine unglaubliche 3.47.504min hin. Das also konnte der Porsche, wenn die Strecke leer war. Offenbar hatte Bruni mit seiner Runde aber auch wirklich Glück gehabt. Der zweitplatzierte Porsche, die #92 („Sau“) war ganze 1.5 Sekunden langsamer. Im gleichen Rahmen lag der Ford #66, der nur ein Zehntel langsamer war. Die Überraschung war aber BMW. Bisher waren die M8 langsam und das sowohl in der IMSA als auch in der WEC. Mehrere BoP-Veränderungen zugunsten der Münchner folgten, die aber offenbar auch (wie alle anderen) schwer gemauert hatten. Kam man in allen Le Mans-Sessions nur mühsam unter 3.54min gelang in der Quali immerhin eine 3.50.5min. Laut BMW war man auch nicht im Quali- sondern im Renntrim unterwegs. So zeigte sich vor dem Rennen ein geteiltes Bild. Die Ford und die Porsche vorne weg, es folgte ein kleiner Abstand zu den Ferrari und BMW. Die Corvette hingen etwas hinterher. Abschlagen waren die Aston, die grundsätzlich zu langsam waren, wie man selber zugab. Zwar regelte der ACO noch am Freitag die BoP nach, aber das half auch nichts.
Das Rennen startete famos. Die beiden Porsche #91 und #92 vorne weg, knapp gefolgt von den Ford, Ferrari und BMW. Die setzten sich dann im Verlauf der ersten Stunden immer besser in Szene. Hatte man vorne zunächst ein Dreier-Paket aus Porsche und Ford, gesellte sich nach ein paar Stunden auch ein BMW M8 hinzu. Dahinter kämpften Ford, Ferrari und eine Corvette erbarmungslos um die Plätze. Es waren sensationelle Bilder, die man zu sehen bekam. Weil bei den Prototypen eher wenig los war, konzentrierte sich die Regie auf die GTE-Pro. Zwei oder drei Autos nebeneinander waren keine Seltenheit, mehrere Positionswechsel in nur einer Runde ebenfalls nicht. Es war ein richtiges Feuerwerk, das die GTE-Pro da abrannte. Und da der ACO die maximale Stintlänge vorgeschrieben hatte, änderte sich daran zunächst auch nichts.
Doch wie in der LMP2 sorgte eine Safety Car-Phase für eine Vorentscheidung. In der fünften Stunde kam der Porsche #92 eine Runde vor dem Rest des Feldes an die Box. Der vermeintliche Nachteil sollte sich als Vorteil erweisen. Denn just in diesem Moment gab es eine SC-Phase. Die #92 war das einzige Auto, das das erste Safety Car erwischte, folglich bekam man rund eine Minute geschenkt, da der Rest hinter dem zweiten SC hing. In Le Mans gibt es wegen der Streckenlänge bekanntermaßen drei SC, die das Feld dann einsammeln und in einem Abstand von jeweils einer Minute voneinander aufteilen.
Diese geschenkte Minute war die Grundlage für den Sieg der #92. Zu keiner Zeit im Verlauf des Rennens betrug der Abstand zu den Verfolgern weniger als 90 Sekunden. Die #92 konnte also auch nach einem Stopp ihre Führung verteidigen und tat dies auch bis in Ziel. Kevin Estre, Laurens Vanthoor und Michael Christensen blieben in ihrer Fahrt fehlerlos. Die schöne rosa Lackierung der „Sau“ war am Ende nur durch den Gummiabrieb in Mitleidenschaft gezogen.
Was die #92 freute, ärgerte den Rest des Feldes und die Fans. Da der ACO die maximale Stintlänge festgelegt hatte, gab es keinen Raum für alternative Strategien. Die Ferrari, denen es etwas an Leistung fehlte, haben in der Vergangenheit oft gezeigt, dass man über den Verbrauch und längere Stints Plätze gut machen kann. Auch wurden durch die festen Stints „Glücksmomente“ vereitelt. Verschiebt man seine Stints, rutscht man eventuell auch mal ein Safety Car nach vorne und kann so viel Boden gut machen.
Das Rennen hätte aber dennoch was werden können, wenn nicht zwei weitere Umstände hinzu gekommen wären. Zum einen wurden die beiden BMW früh von technischen Problemen ereilt. Bei beiden M8 musste man vorne die Dämpfer wechseln, was sehr viel Zeit kostete. Die #82 verabschiedete sich dann später mit einem Unfall. Blieben also die vier Ford, die teilweise im Formationsflug unterwegs waren. Zeitweise rückten zwei Ford an den auf Platz liegenden Porsche heran und begannen Druck zu machen.
Doch in der Nacht brach die Performance der Ford GT schlagartig ein. Statt aufzuholen, verloren sie viel Zeit. So viel, dass sogar ein Ferrari und eine Corvette teilweise auf Platz drei lagen. Der Grund für den Speed-Verlust war zunächst nicht klar, zeigte sich aber, als die Sonne wieder aufging. In dem Moment, in dem die Streckentemperatur wieder hoch ging, legten die Ford auch wieder zu. Dabei war die Temperatur in der Nacht mit 15 Grad nicht sonderlich niedrig, da hat man in Le Mans schon weniger gesehen. Diese Leistungsschwankung war neu für die Ford. In Daytona, wo es nachts noch kühler wird, war sie jedenfalls nicht zu sehen. Ein bisschen merkwürdig war das aber schon, zumal es am Vormittag dann wieder so gut lief, dass die Ford (die #68 und #66) den zuvor eingehandelten Rückstand wieder komplett aufholen konnten.
In den letzten Stunden kam es dann zu einem dramatischen Zweikampf zwischen der #91 mit Makowiecki am Steuer und Sebastian Bourdais im Ford #68. Der Franzose war zu diesem Zeitpunkt klar schneller, aber „Mako“ machte den RSR sehr breit. Teilweise wechselte er mehrfach die Spur, was jetzt auch nicht die feine Art war. Über Runden bekriegten sich beide im Millimeterabstand und begeisterten das Publikum. Am Ende zog Bourdais vorbei, musste aber dann auch gleich wieder an die Box. Nachdem er aus dem Auto war, explodierte er förmlich vor den Mikrofonen. Er beklagte, nicht ganz zu Unrecht, die unfaire Fahrweise von Makowiecki und – wo er dabei war – schimpfte über die BoP und den ACO.
Der Rest des Feldes hatte mit dem Ausgang des Rennens überhaupt nichts zu tun. Die beiden anderen Porsche vom US-Team kamen nie so in Schwung, wie die der Manthey-Mannschaft. Die #94 fiel mit einem Schaden an der Aufhängung früh aus, die hochfavorisierte #93 mit den Le Mans-Siegern Nicky Tandy und Earl Bamber, sowie Patrik Pilet hatten Probleme mit der Elektronik.
Die Ferrari hatten ein rabenschwarzes Wochenende. Zum einen fehlte der Grundspeed. Zum anderen handelte man sich gleich reihenweise unnötige Strafen ein (zu schnell unter Gelb, zu schnell in der Boxengasse etc.). Dazu kamen technische Probleme. So lag am Ende der bestplatzierte Ferrari nur auf P5, noch hinter der Corvette #63. Der gelben Flunder merkte man in Le Mans ihr Alter an, aber nächstes Jahr soll eine neue Corvette mit Mittelmotor kommen.
Komplett raus waren die Aston. Der neue GTE war schlicht zu langsam. Auf der Geraden fehlte Speed, aber die meiste Zeit verlor man beim Anbremsen und in den Kurven. Darren Turner gab zu, dass dies keine Sache der BoP sei. Der Wagen sei einfach nicht gut genug.
So gewann am Ende die #91 („Sau“) vor der #91. Ein schönes Ergebnis zum 70. Geburtstag der Firma Porsche. Auf P3 landete der Ford #68.
Team Analysis, LMGTE Pro, Fastest max. 50 Laps @FIAWEC @24hoursoflemans #LeMans24: the much-vaunted @PorscheRaces vs @CGRsportscar battled was resolved in favour of the German marque, but an interloper from @CorvetteRacing ensured that it wouldn’t only be a two-horse race pic.twitter.com/jD7jmyrFJf
— The B Pillar (@thebpillar) 18. Juni 2018
GTE Am
Auch in der GTE Am-Kategorie waren die Porsche die Favoriten. Was schlichtweg daran lag, dass man das modernste Auto im Feld hatte. Die Vorjahres-RSR zeigten schon in der Quali, was geht. Da fuhr man mitten ins GTE Pro-Feld rein. Als Konkurrenz hatten die Porsche nur die Ferrari F488, die aber ohne das neue EVO-Paket auskommen mussten, und den betagten Aston Martin. Nach der Quali hatten die immerhin die Hoffnung, dass man im Rennen über die Distanz und durch den Einsatz der vielleicht besseren Bronze-Piloten etwas reißen könnte.
Danach sah es aber lange nicht aus. Der Dempsey-Proton-Portsche #88 übernahm vom Start weg das Kommando. Roda, Al Qubaisi und Carirola bliesen vorne weg, knapp gefolgt vom Gulf-Porsche mit Davison, Barker und Wainwright. Letzterer versenkte den RSR dann auch in der Leitplanke und das Rennen war gelaufen. In die Lücke sprintete dann der zweite Dempsey-Proton, die #77 mit Christian Ried, Julien Andlauer und Matt Campbell. Die übernahmen dann auch die Spitze, nachdem die #88 eine Strafe wegen Nicht-Einhaltung der Track Limits bekommen hatte.
Hinter der nun führenden #77 balgten sich der JMW Ferrari, der Project 1 Porsche, der Spirit of Race Ferrari und dann auch der Aston mit Lauda, Lamy und Dalla Lana. Der wiederum versenkte den Aston Eingangs der Porsche Kurven derart nachhaltig, dass an ein Weiterfahren nicht zu denken war. Danach begann eine fast herzzerreißende Zeit, als Dalla Lana über Stunden (!) versuchte, den Aston mit Bordmitteln zu reparieren. Auch hinzu geeilte Mechaniker konnten aber mit ihren Ratschlägen nichts am Ausfall ändern.
Über die Nacht tat sich wenig. Die #77 fuhr ein Polster heraus, das teilweise bei knapp zwei Minuten lag. Dahinter war es allerdings sehr eng. Zu den beiden Ferrari gesellte sich ein dritter, der Keating-Risi-Ferrari. Jeroen Bleekemoolen hatte den Wagen gleich zu Beginn kurz in den Kies gesetzt, in der Nacht war man aber wieder in den Top 3. Ebenfalls in der Nacht robbte die #88 wieder an das Führungstrio ran. Es war dann ausgerechnet Gold-Pilot Matteo Cairoli, der den Porsche dann am Morgen in den Ford-Kurven so nachhaltig versenkte, dass der Wagen ausfiel. Auch der JMW-Ferrari verabschiedete sich mit einem langen Ausflug ins Kiesbett.
Am Ende waren dann der Keating- und der Spirit of Race-Ferrari hinter dem Porsche übrig. Die beiden schmolzen den Vorsprung der #77 auf teilweise unter 30 Sekunden ein, was aber an unterschiedlichen Boxenstrategien lag. Im Grunde war die #77 auch in den letzten Stunden ungefährdet. Dahinter balgten sich dann die beide Ferrari, wobei der Spirit of Race am Ende knapp die Nase vor dem Keating hatte, nachdem Ben Keating selbst den Wagen in Mulsanne in den Kies bugsiert und so den zweiten Rang verloren hatte. Auf Platz vier landete, mit nur 80 Sekunden Rückstand, der Proton-Porsche #88. Erneut ein undankbarer vierter Platz für Spencer Pumpelly, der das Wort „Vierter“ wohl nicht mehr hören kann.
Es war ein sehr gutes und spannendes Rennen in der GTE-Am, das aber mal wieder kaum im Fernsehen zu sehen war. Aber das ist ja nichts Neues in Le Mans.
Team Analysis, LMGTE Am, Fastest max. 50 Laps @FIAWEC @24hoursoflemans #LeMans24: @spiritofrace had the fastest average thanks largely to @OfficialFisico, while @ProtonRacing had the very evenly matched @mattcampbell22_ and @JAndlauer to thank for bringing home class victory pic.twitter.com/7lguA8SPUu
— The B Pillar (@thebpillar) 18. Juni 2018
Bilder: Porsche AG, FIA WEC, BMW AG
Kurzer Hinweis: Gerne hätten wir mehr Bilder aus der GTE Am gezeigt. Das Problem in diesem Jahr ist, dass der ACO/FIA kaum noch Bilder zu Pressezwecken bereit stellt und die Team keinen eigenen Media-Bereich haben.