Home Motorsport 24H Le Mans: BoP, EoT und das Safety Car – Eine Kritik

24H Le Mans: BoP, EoT und das Safety Car – Eine Kritik

von DonDahlmann
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Die Rennen in Le Mans sind immer etwas Besonderes. Aber es gibt ein paar Dinge, die vom ACO schleunigst geändert werden müssen.

Das diesjährige Reglement ist eine Notlösung. Nach dem Ausstieg von Porsche sah sich der ACO in einer schwierigen Lage. Sollte man die LMP1 streichen und stattdessen nur die LMP2 fahren lassen? Nur zur Erinnerung: noch im Oktober gab es in der LMP1 nur den ByKolles, der fest zugesagt hatte. Weder Rebellion, SMP oder Manor hatten zugesagt und Toyota schon mal gar nicht. Die Japaner monierten zu Recht, dass wohl kaum ein so hochentwickeltes Auto, wie das ihrige, gegen einen ByKolles auf gleicher Ebene antreten kann. Das wäre so, als würde Liberty Media mangels Startern in der F1 ein F2-Team zulassen und Ferrari nun so lange eingebremst wird, bis es passt. Die EoT so hinzudengeln, dass alle zufrieden sind, war eh nicht möglich. Aber dennoch gibt es ein paar Dinge, die wirklich richtig schlecht gelaufen sind.

EoT
Absurd wurde die immer kompliziertere EoT in den letzten Monaten durch zwei Dinge. Zum einen durch die Festlegung, dass die Privaten per Reglement nicht näher als 0,5 Sekunden an die Toyota pro Runde ran kommen durften. Zum anderen durch die Festlegung der maximalen Stintlänge, sowohl für die Toyota, wie für die Privaten.

Was den Zeitunterschied angeht: der war in Le Mans zu groß. Was man schon in Spa sehen konnte und wie wie wir und eigentlich alle Experten mehrfach betont haben. Dennoch gab der ACO den Privaten nicht etwa mehr Leistung, sondern weniger. Die schnellste Runde eines privaten Team (Rebellion) lag im Rennen bei 3.20.046min. Der schnellste Toyota fuhr 3.17.658min. Die „langsamste“ schnellste Runde eines Toyota lag bei 3.19.130min. Letztere wäre dann im Vergleich zu den Privaten ungefähr im Zielkorridor des ACO gewesen, aber das wollte man nicht.

Schaut man sich die Durchschnittszeiten über alle Stints an, lagen die Rebellion und SMP bei ungefähr 3.22min, die Toyota bei 3.20min. Das war zu viel. Der SMP konnte nur deswegen den Abstand einigermaßen klein halten, weil man extrem sparsam unterwegs war und eine Regel ausnutzte. Die besagte, dass die vorgeschriebene maximale Stintlänge von zehn Runden für die Privaten dann aufgehoben war, wenn es während eines Stints irgendwann mal eine Slow Zone oder ein Safety Car geben würde. So fuhr der SMP #17 dann zeitweise bis zu 13 Runden und hatte bis zu seinem Ausfall sogar weniger Stopps, als die Toyota. Hätte man die Privaten länger fahren lassen, wäre das Rennen enger gewesen, aber das wollte Toyota nicht.

Und so ergaben sich zwei weitere, völlig absurde Regeln. Zum einen die maximale Stintlänge, die auch für Toyota festgelegt war (elf Runden, die Privaten zehn Runden) und die maximale Menge an verbrauchter Energie. Was als „Schutz“ für die Privaten gedacht war, damit Toyota nicht beliebig den Hybrid-Vorteil ausnutzen kann, entwickelte sich als Boomerang. So wurde in der letzten Stunde der Toyota #7 bestraft. Kobayashi hatte seinen Boxenstopp nach elf Runden verpasst. In der 12. Runde seines Stints ging ihm der Sprit aus. In einem Notprogramm schleppte sich der Toyota um den Kurs und erreichte noch die Box. Dabei verlor die #7 eine Runde auf die #8 und man wurde nun zusätzlich noch zweifach bestraft. Zum einen, weil man halt 12 statt elf Runden gefahren war, zum anderen, weil man so mehr Sprit (Energie) als erlaubt in einem Stint verbraucht hatte. Das mag im Sinne des Reglement richtig sein, zeigt aber gleichzeitig den gesamten Irrsinn der EoT. Davon abgesehen versteht es kein Fan.

Der ACO sollte die EoT dringend vor dem nächsten Rennen in Silverstone überarbeiten, indem man sich mit allen Beteiligten an einen Tisch setzt. Sonst droht eine fürchterliche Langeweile bis zum Ende der Superseason.

BoP

Das Renen in der GTE Pro war zeitweise sensationell, zeitweise aber auch ein wenig öde, vor allem in der Nacht. Das hatte viele Gründe, die nicht mal zwingend etwas mit der BoP direkt zu tun hatten. Die BMW, in Le Mans überraschend stark, waren technisch zu anfällig und fielen als Konkurrenz zu den Porsche schnell weg. Die Ford hatten in der Nacht massive Probleme, die wohl mit den kühleren Asphalttemperaturen zusammenhingen. Als die Sonne wieder raus kam, war der Speed wieder da. So konnte Porsche vorne relativ entspannt (also für Pro-Verhältnisse) unterwegs sein. Die Ferrari waren von der BoP benachteiligt, ebenso die Corvette. Die Aston waren einfach generell zu langsam. Die BoP wurde, natürlich, von allen außer Porsche hart kritisiert. Aber die Hersteller sind selber schuld. Der Unterscheid in den Zeiten zwischen dem Test und der Quali betrug zum Beispiel beim BMW vier Sekunden. Bei Porsche waren es sechs (!) Sekunden, usw. Die „Sandsack Pro“ machte ihrem Namen alle Ehre. Wie soll da eine BoP-Kommission die richtige Einstellung finden?

Die IMSA bestraft die Sandsack-Fraktionen mittlerweile hart. Wenn ein Auto plötzlich im Rennen schneller als eine halbe Sekunde verglichen zum Test ist, wird man bestraft. Ergebnis: in Daytona überschritt niemand diese Grenze. Vielleicht sollten FIA und ACO dies auch mal überlegen, anstatt sich von den Herstellern auf der Nase rumtanzen zu lassen. Nur so bekommt man auch eine gute BoP hin, wie die IMSA dieses Jahr beweist.

Gleichzeitig hatte sich der ACO in Le Mans aber auch selber ein Bein gestellt. Man hatte auch in der Pro die maximale Länge der Stints festgeschrieben. Mehr als 14 Runden durften es nicht sein. Auf dem Papier hätte eine ausgeglichene BoP bei gleicher Stintlänge für ein dauerhaft enges Rennen sorgen sollen. Doch der ACO hatte offenbar vergessen, dass es in Le Mans drei Safety Car gibt. Das Feld wurde zwangsweise auseinander gerissen. Das Problem: weil die BoP teilweise so eng war und weil man nicht mit den Stintlängen spielen konnte, war es kaum möglich, den durch die SC-Phasen verlorenen Boden wieder gut zu machen. Das Feld blieb auseinander gezogen. Dabei hätte Ferrari vielleicht mit einer anderen Strategie, bei der man ein oder zwei Stopps hätte einsparen können, vorne mitfahren können.

Safety Car
Die Safety Car-Regeln in Le Mans sind seit Jahren ein dauernder Quell des Ärgers. Es gibt drei SCs, die an unterschiedlichen Punkten auf die Strecke fahren und das Feld einsammeln. Der Abstand zwischen den SCs beträgt ungefähr eine Minute. Dadurch kann es passieren, dass ein Team plötzlich einen Vor- oder Nachteil hat. Da vor allem in der LMP2 und den GTE-Klassen die Teams um Sekundenbruchteile kämpfen, kann man einen Rückstand von einer Minute kaum aufholen.
Ich verstehe, dass ein SC oft nötig ist, vor allem, wenn an der Strecke gearbeitet wird, viele Trümmer auf der Strecke liegen oder ein Fahrer geborgen werden muss. Im Gegensatz zu einer VSC oder einer Slow Zone kann ein Safety Car zur Not das Feld anhalten, wenn Menschen auf der Strecke sind. Unglücklich ist die Situation für die Teams dennoch.

Überlegungen, die Gruppen vor einem Restart zusammenzuführen gab es oft, aber die wurden aus verständlichen Sicherheitsgründen immer wieder verworfen. Wenn sich die LMP1 und LMP2 bei einem Restart von hinten durch das Feld der GT’s wühlen müssen, die ihrerseits nach einem Restart um jeden Millimeter kämpfen, ist das zu gefährlich.

Die Idee mit den Slow Zones ist eigentlich schon sehr gut. Allerdings hat der ACO diese Zonen zu lang gestaltet. Als am Sonntag ein Gullydeckel lose war, befand sich die Stelle genau am Anfang einer vordefinierten Slow Zone in Tetre Rouge. Das Ende der Slow Zone befand sich aber erst nach der ersten Schikane. Die Autos gondelten also sinnlos langsam die Gerade runter.

Vielleicht sollte sich der ACO mal die Regelung von der Nordschleife anschauen. Dort werden temporäre Code 60 Stellen eingerichtet. Diese beginnen weit vor einer Unfallstelle und enden kurz dahinter. Sollten Arbeiten an der Strecke notwenig sein, wird der Streckenteil mit Sicherungsfahrzeugen und Pylonen abgetrennt, so dass nichts passieren kann.

Code 60 Phasen würden in Le Mans sehr oft ausreichen und man wäre das lästige Safety Car los. Das würde man dann nur bei wirklich schwerwiegenden Zwischenfällen benötigen, zum Beispiel bei der Bergung eines Fahrers.

Bilder: FIA WEC

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