Da hat in diesem Jahr bisher noch kein Fahrer mehr als einen Lauf am gleichen Renntag gewinnen können und dann macht es in Croft ausgerechnet Ashley Sutton im bislang unterlegenen Subaru. Bei der fünften Saisonstation erlebten die weiß-blauen Rennwagen aus dem Hause BMR eine Renaissance, die man bildsprachlich tatsächlich am besten mit dem Phönix, der aus seiner eigenen Asche zu neuem Leben erwacht, vergleichen kann. Der Debütsieg von Dan Lloyd im BTC Norlin-Honda geriet angesichts der Subaru-Vorstellung fast schon zur Nebensache.
Beim Ausblick auf die Rennen in Croft habe ich im letzten BTCC-Bericht noch prognostiziert, dass die BMWs auf dem Kurs, der Hecktrieblern besonders entgegen kommt, kaum zu schlagen sein werden und dann geschrieben: „Ob dagegen Subaru und insbesondere Ash Sutton auch nur ansatzweise an die überlegene Darbietung aus dem Vorjahr anknüpfen kann, ist mehr als fraglich.“ Wie man sich nur täuschen kann! Ashley Sutton und Jason Plato zeigten bereits in den freien Trainings und im Qualifying, dass die Subarus in Croft wie ausgewechselt sind, holten sich geschlossen Startreihe Eins, dann einen Doppelsieg im ersten Lauf – jeweils in der Reihenfolge Sutton vor Plato – und schließlich einen weiteren Sieg durch Sutton im zweiten Lauf.
Auch wenn zu erwarten war, dass es in Croft dank der Vorteile durch den Heckantrieb tendenziell besser laufen sollte, als noch vor zwei Wochen in Oulton Park, kam diese Leistungsexplosion doch mehr als überraschend – vor allem, wenn man bedenkt, dass Suttons beste Platzierung im Jahr 2018 bislang ein mühsam errungener vierter Platz beim Saisonauftakt war und Plato bis dato noch keinen einzigen Punkt holen konnte. Die allgemeine Verwunderung im Fahrerlager und bei den Fans war entsprechend groß. Insbesondere in den sozialen Medien wurde am Wochenende heiß diskutiert und schnell machten auch Verschwörungstheorien die Runde. Zu hören war etwa, dass die TOCA den Subarus heimlich unter die Arme gegriffen habe oder dass man bei BMR aus reinem Kalkül bislang extremes Sandbagging betrieben hat, um ab jetzt allen um die Ohren zu fahren.
Das ist natürlich recht abstrus und weit hergeholt, es zeigt aber auch, wie schwer der plötzliche Aufstieg der Subarus zu erklären ist. Nüchtern und möglichst objektiv betrachtet lässt sich statt einer großen Änderung eher ein Zusammenspiel vieler kleiner Faktoren ausmachen. Im Wesentlichen sind dies:
- Eine Erhöhung des Ladedrucks durch die TOCA hat es tatsächlich gegeben, aber hier sprechen wir von gerade mal kolportierten 20 Millibar, was in etwa 3 bis 5 PS Leistung ausmacht. Im Gegensatz zu vielen geäußerten Mutmaßungen hat die TOCA also nicht am ganz großen Rad gedreht – was der Subaru-Motor vermutlich ohnehin nicht verkraftet hätte, denn …
- Bis Oulton Park hatte man den Ladedruck seitens des Team freiwillig noch weiter runtergedreht, da der Motor mit höherem Druck ständig in einen thermisch kritischen Bereich geriet und ständig zu überhitzen drohte. In Croft hat man nun aber doch wieder vollen Druck aus dem Lader zugelassen und damit billigend in Kauf genommen, dass die Motoren die Rennen nicht durchhalten würden. Mindestens einen Motor hat man dadurch auch platt bekommen, denn an Jasons Plato Auto musste das Triebwerk in der Nacht von Samstag auf Sonntag getauscht werden.
- Die Zeit zwischen den Rennen in Oulton Park und Croft wurde genutzt, um die Motorkühlung sowie die Anströmung des Ladeluftkühlers neu zu gestalten, um so die genannten thermischen Probleme wenigstens etwas in den Griff zu bekommen und zu verhindern, dass der Motor in den Notmodus geht und plötzlich gar keine Leistung mehr abgibt (wie in Oulton Park noch geschehen). Parallel hat man bei der Gelegnheit auch die Aerodynamik noch ein wenig verbessert, was aber eher weniger ins Gewicht fallen dürfte.
- Croft ist und bleibt die Strecke, auf der Hecktriebler am allerbesten von allen BTCC-Strecken funktionieren – ein Blick in die Ergebnislisten der letzten Jahre verdeutlicht das recht rasch. Wenn ein Subaru oder BMW allen anderen Autos in Croft um die Ohren fährt, lässt sich daraus nicht direkt eine absolute Überlegenheit auf allen anderen Strecken ableiten. In der Top Speed-Messung gehörten die Subarus beispielsweise nach wie vor zu den langsamsten Autos im Feld. Ihre Vorteile hatten sie dank Heckantrieb und dem niedrigen Schwerpunkt des Boxermotors vor allem in den Kurven und beim Herausbeschleunigen. Insbesondere im kurvigen dritten Streckensektor ging der Subaru im Vergleich mit anderen Autos wie auf Schienen.
- Kein Zusatzgewicht in der Quali und im ersten Lauf. Gleichwohl zeigten Sutton und Plato dann im zweiten Lauf, dass es auch nicht so viel ausmacht, wenn plötzlich 70 Kilo mehr an Bord sind …
- Und als keinesfalls zu unterschätzender ebenfalls entscheidender Faktor: Ashley Sutton
Für Subaru war Croft die optimale Strecke, um mit den oben genannten Verbesserungen an den Start zu gehen. Wie gut die Autos nun tatsächlich sind und wie schwer die thermischen Probleme weiter ins Gewicht fallen werden die nächsten Rennen zeigen. Snetterton, das als Strecke sowohl Heck- wie Frontrieblern ganz gut liegt, ist dafür kein schlechter Gradmesser. Über die jetzt anstehende Sommerpause wird sich die TOCA zudem noch mal alle Fahrzeugeinstufungen genauer ansehen und dabei mit Sicherheit ein genaues Auge auf die jüngsten Leistungsdaten der Subarus werfen. So oder so hat diese BTCC-Saison mit der Croft-Vorstellung von Subaru schon mal eine interessante Story mehr ;-)
Lauf 1
Wie bereits erwähnt gewann Sutton den ersten Lauf souverän vor Jason Plato. Das interessantere Rennen der beiden hatte dabei eindeutig Plato, der nach dem Start zunächst von Andrew Jordan überholt wurde, dem Pirtek-BMW aber wie ein Schatten folgte und in Runde zehn von 17 schließlich wieder vorbeigehen konnte. In den letzten Runden wurde es dann an der Spitze noch mal etwas spannend, als Plato bis auf unter eine Sekunde an den führenden Sutton herankam, der im Gegensatz zu seinem Teamkollegen auf dem härteren Optionsreifen unterwegs war. Einen Angriff probierte Plato aber nicht mehr und kreuzte die Ziellinie als Zweiter.
Andrew Jordan warf kurz vor Rennende seinen sicher geglaubten dritten Platz mit einem Ausritt in der ersten Kurve noch weg und bescherte dem an diesem Wochenende besten Fronttriebler Tom Ingram einen Platz auf dem Podium. Dahinter rettete Sam Tordoff einen guten vierten Platz über die Ziellinie, den er das gesamte Rennen über gegen die BMWs von Colin Turkington und Rob Collard verteidigen musste. Im Schlepptau der BMWs holte sich Josh Cook im Vauxhall Astra Platz Sieben, gefolgt von Dan Lloyd, der bei seinem erst zweiten BTCC-Auftritt in diesem Jahr konstant schneller als sein Teamkollege Chris Smiley war. Platz Neun ging nach einem kämpferischen Rennen an Matt Neal, der am Samstag wie fast alle Hondas noch mit fehlendem Grip zu kämpfen hatte und nur von Platz 15 startete. Andrew Jordan beschloss nach seinem unglücklichen Ausritt die Top Ten des ersten Laufs.
Lauf 2
Der Start zum zweiten Lauf sah dann einen zu früh startenden Jason Plato, einen eher mäßig startenden Ash Sutton und einen famos startenden Tom Ingram. Das Ergebnis war, dass der Toyota das Feld vor beiden Subarus aus der ersten Runde zurückführte. Während Plato sich zum Absitzen seiner Drive Through-Strafe verdrückte, setzte Sutton im zweiten Umlauf in der Haarnadelkurve vor Start-Ziel eine Überraschungsattacke auf Ingram, der die Tür etwas zu weit offen gelassen hatte, und holte sich die Führung zurück. Wie stark die Subarus in Croft waren offenbarte sich in den nun verbleibenden Rennrunden: Sutton schaffte es trotz der zugeladenen 75 Kilo Erfolgsballast scheinbar mühelos dem Feld zu enteilen und kreuzte am Ende mit fast fünf Sekunden Vorsprung die Ziellinie. Derweil schloss Jason Plato nach wenigen Runden wieder zum Feld auf, überholte die Hälfte der Kontrahenten und wurde am Ende 14.
Tom Ingrams Toyota vergaß derweil, dass er eigentlich ein frontgetriebenes Auto ist und brachte seinen Piloten zu einem souveränen zweiten Platz. Colin Turkington konnte dahinter zwar Druck auf Ingram ausüben, kam aber nicht in eine gute Position für einen Angriff und begnügte sich letzten Endes mit Platz Drei. Sam Tordoff beendete ein unauffälliges Rennen zum zweiten Mal an diesem Tag auf dem vierten Rang während sich Andrew Jordan einige Positionen verbessern konnte und Fünfter wurde. Pech hatte dagegen der dritte BMW-Pilot Rob Collard, der ebenfalls lange auf dem fünften Rang gelegen hatte, aber vier Runden vor Schluss mit einem Plattfuß um die Strecke humpeln musste.
Dahinter wurde munter um die weiteren Positionen gekämpft. Letzten Endes profitierte am meisten Tom Chilton, der sich in diesem Lauf vom 15. auf den 6. Platz verbessern konnte. Matt Neal, der zwischenzeitlich nach einer Kollision mit Dan Lloyd noch mehrere Positionen zurückgefallen war, aber sich wieder nach vorne kämpfen konnte wurde Achter. Senna Proctor, Dan Lloyd und Rory Butcher komplettierten die Top Ten, während Josh Cook der prominenteste Ausfall dieses Laufs war. An seinem Vauxhall versagten bereits in der ersten Runde die Bremsen und Cook schoss vehement in die an die Strecke angrenzende landwirtschaftliche Nutzfläche, die mangels einer Absperrung oder Streckenbegrenzung traditionell als erweiterte Auslaufzone fungiert.
Lauf 3
Die Pole Position für den dritten Lauf ging dann an Dan Lloyd, der bereits vor zwei Jahren bei seinem BTCC-Debüt eine tolle Vorstellung in Croft gezeigt hatte. Beim Start behielt der Seriensieger der TCR UK dann auch die Oberhand, während sich dahinter Senna Proctor Tom Chilton geschlagen geben musste. Chilton gelang es in den nächsten Runden Druck auf Lloyd aufzubauen, war aber nicht schnell genug, um dem Honda ernsthaft gefährlich werden zu können. Gegen Rennende gingen an Chiltons Auto zudem die Reifen ein und er geriet in noch unter Bedrängnis vom drittplatzierten Proctor. Letzten Endes gab es an den ersten drei Positionen aber keine Änderung mehr und Dan Lloyd gewann sein erstes BTCC-Rennen, welches zugleich den ersten Erfolg des BTC Norlin-Teams darstellt. Nachdem beide Autos des Teams in Oulton Park in einem Startunfall stark beschädigt worden waren, stellte der Sieg auf jeden Fall einen mehr als verdienten Lohn für die ein oder andere Nachtschicht in den letzten beiden Wochen dar.
Matt Neal konnte Platz Vier erfolgreich gegen Colin Turkington und Ash Sutton verteidigen. Der zweifache Tagesieger hatte in diesem Rennen deutlich mehr Arbeit und Abenteuer zu überstehen als in den beiden vorangegangenen Läufen: Bereits in der achten Runde hatte Sutton sich vom neunten bis auf den vierten Platz vorgearbeitet, geriet dann in der ersten Kurve aber mit dem konternden Neal aneinander, rodelte durch den Kies, schlug leicht in die Streckenbegrenzung ein und verlor wieder drei Plätze. Wenige Runden später überholte Sutton dann den Sechstplatzierten Andrew Jordan, nahm dabei aber nach Ansicht der Rennkommissare etwas zu viel Hilfe seiner Stoßstange in Anspruch und wurde nach Rennende wieder einen Platz hinter Jordan auf Rang Sieben zurückversetzt.
Während sich Sam Tordoff und Tom Ingram in einem Fotofinish um den achten Platz balgten (besseres Ende für Tordoff), traf es den ursprünglich zehntplatzierten Tom Oliphant noch schlimmer als Sutton. Im Kampf mit Rory Butcher hatte Oliphant zuvor recht großzügig die Schikane nach Start-Ziel umfahren, weswegen er nachträglich wieder hinter Butcher auf Platz 14 zurückversetzt wurde. Platz Zehn erbte Dan Cammish, der nach verheißungsvollem Saisonauftakt nun bereits zum zweiten Mal in Folge das ganze Wochenende über klar im Schatten seines Teamkollegen Matt Neal stand.
Adam Morgan auf Platz 13 und Oulton Park-Überraschungssieger Matt Simpson auf Platz 15 holten erstmals an diesem Tag Punkte. Weder die Mercedes noch die Eurotech-Honda kamen auf dem Kurs in Yorkshire zurecht und hatten, wie beispielsweise Morgan im ersten Lauf, auch mit Ausfällen zu kämpfen. Jack Goff, vor Croft noch Zweiter in der Meisterschaft, erlebte ein absolut miserables Wochenende und reist komplett ohne Punkte ab, was ihn in der Tabelle fünf Ränge zurückwirft und punktgleich (!) mit Ash Sutton macht.
Meisterschaftstand und Ausblick
Colin Turkington führt dank dreier solider Punkteresultate weiterhin die Meistserschaft an und scheint sich eher aufs Punkte verwalten verlegt zu haben. Mit den beiden Podiumsplatzierungen in den ersten beiden Läufen liegt Tom Ingram mit gerade einmal 13 Punkten Rückstand auf Platz Zwei, gefolgt von Matt Neal (-35), Andrew Jordan (-43), Tom Chilton (-44) und Adam Morgan (-47). Bereits dahinter taucht mit 50 Punkten Rückstand Ash Sutton auf, der logischerweise auch die größte Punkteausbeute aus Croft mitnimmt. In der Independent-Wertung führt Tom Ingram vor Tom Chilton, Adam Morgan und Jack Goff und bei den Teams hat West Surrey die Nase vor Dynamics und Power Maxed, was sich auch in der Herstellerwertung niederschlägt, wo BMW vor Honda und Vauxhall führt.
Aller Meisterschaftsstände und alle Resultate der Rennen in Croft können wie üblich auf der Website von TSL Timing abgerufen werden.
Die BTCC macht nun erst mal fünf Wochen Sommerpause, bevor es dann am 28. und 29. Juli in Snetterton in die zweite Saisonhälfte geht. Anlässlich ihrer 60. Jubiläumssaison wartet die BTCC dort zudem mit einem besonderen Rennformat auf: Der dritte Lauf in Snetterton wird über die doppelte Distanz gefahren. Es gibt außerdem doppelte Punkte, ein separates Qualifying für diesen Lauf und alle Fahrzeuge treten komplett ohne Zusatzballast an.
Bildquelle: btcc.net